Vielen Dank, Kollege Knöchel, für die Berichterstattung. - Bevor Kollegin Schindler zu Punkt b) fortsetzt, begrüßen wir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Gemm-Sekundarschule aus Halberstadt. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/3985 mit dem Titel „Umfassende Asylkostenerstattung langfristig sicherstellen“ hat der Landtag in der 89. Sitzung am 24. April 2015 zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen. Mitberatend wurden die Ausschüsse für Arbeit und Soziales sowie für Finanzen beteiligt.
Die antragstellende Fraktion möchte, dass der Landtag die Landesregierung beauftragt, sich auf Bundesebene für eine stärkere und dauerhafte Involvierung des Bundes bei der Übernahme der Kosten, die durch die Unterbringung, Betreuung und Versorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen entstehen, einzusetzen.
Außerdem soll der Landtag die Landesregierung beauftragen, eine gesetzliche Grundlage für die vollumfängliche Erstattung aller für die Unterbringung und Betreuung Asylsuchender anfallenden Kosten an die Kommunen zu schaffen.
Schließlich soll sich der Landtag dafür aussprechen, neben den reinen Kosten für Unterkunft und Betreuung auch die erforderlichen Mittel für die Ausgestaltung einer Willkommenskultur, für Betreuungsleistungen und Sprachkurse für Asylsuchende, die Koordinierung und Unterstützung von Hilfsangeboten und des ehrenamtlichen Engagements sowie gegebenenfalls notwendige Investitionskosten durch das Land bereitzustellen.
Die einbringende Fraktion hält es für dringend geboten, die Übernahme von Kosten durch den Bund verbindlich und dauerhaft zu regeln und nicht von Zusagen in aktuellen Belastungssituationen abhängig zu machen.
Der Ausschuss für Inneres und Sport kam überein, diesen Beschluss im Zusammenhang mit den Beratungen zum Nachtragshaushalt 2015/2016 zu behandeln. Er befasste sich daher in der 65. Sitzung am 9. Juli 2015 mit diesem Antrag.
Im Ergebnis der Beratungen empfahl er den mitberatenden Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie für Finanzen in einer vorläufigen Beschlussempfehlung mehrheitlich, den Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen.
Der Ausschuss für Finanzen schloss sich in seiner Sitzung am 2. September 2015 der vorläufigen Beschlussempfehlung an. Gleiches tat der Ausschuss für Arbeit und Soziales in seiner Sitzung am 7. Oktober 2015.
Im Anschluss daran befasste sich der federführende Ausschuss für Inneres und Sport in der 72. Sitzung am 25./26. November 2015 erneut mit dem Antrag und den Beschlussempfehlungen der mitberatenden Ausschüsse. Er erarbeitete die Ihnen in der Drs. 6/4602 vorliegende Beschlussempfehlung. Dem Landtag wird darin mehrheitlich empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schindler. - Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Bullerjahn das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Folgerichtung und systemgerecht wird in dem Ihnen vorliegenden Änderungsgesetz zum kommunalen Finanzausgleich die in § 2 Abs. 2 FAG enthaltene Revisionsklausel umgesetzt. Unter Verrechnung der Mindereinnahmen bei Steuern und der Herabsetzung der Preissteigerungsrate von 1,9 % auf 1,4 % sind die kommunalen Zuweisungen insgesamt um rund 1,3 Millionen € für das Jahr 2016 zu senken.
Da die Revisionsklausel bereits seit dem Jahr 2013 Inhalt des Finanzausgleichgesetzes ist, kann der Ausgang nicht überraschen; denn er ist fernab aller Diskussion über die Auskömmlichkeit, glaube ich, mittlerweile nachvollziehbar.
Im Übrigen kommt der Gesetzentwurf der Forderung der kommunalen Spitzenverbände, den Kostenausgleich im Asylbereich künftig über das Aufnahmegesetz zu regeln, nach. Für das Jahr 2016 wurden sowohl Mittel aus der Auftragskostenpauschale in Höhe von 25 Millionen € als auch die in § 4a zusätzlich für Asyl eingestellten Mittel in Höhe von 23 Millionen € vollständig in das Aufnahmegesetz überführt.
Nebenbei sei angemerkt: Es gab seinerzeit Gründe, dass es umgekehrt war. Man sollte das Gesetz nicht nach Belieben ändern, je nachdem, wie man sich die größten Vorteile daraus errechnet. Insoweit sei mir diese Anmerkung an dieser Stelle gestattet. Ich hoffe, dass das Gesetz nunmehr längere Zeit Bestand hat.
Im Gesetzgebungsverfahren wurde sodann die Finanzausgleichsmasse der Jahre 2015/2016 um jeweils 25 Millionen € zur Stärkung der Finanzkraft erhöht. Die Regierungsfraktionen haben das inhaltlich ausgefüllt. Ich denke, damit ist den Kommunen geholfen. Unterstützung dazu fand sich im gesamten Parlament. Das zeigt, dass das Land SachsenAnhalt seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht wird, ohne dass wir es dabei übertreiben; denn das Land hat bezüglich der Asylsuchenden und Flüchtlinge den größten Kostenblock bereitzustellen.
Diese Mittel - das sage ich sehr deutlich - sind nicht auf den Asylbereich beschränkt, sondern für alle kommunalen Aufgaben einsetzbar. Das war auch der politische Wille der Regierungsfraktionen. Die Verteilung erfolgt proportional nach den Schlüsselzuweisungen des Jahres 2015, sodass auch hierbei auch die Steuerstärke der Kommunen berücksichtigt wird.
Die Finanzausgleichsmasse beträgt für das Jahr 2015 rund 1,517 Milliarden € und für das Jahr 2016 rund 1,446 Milliarden €. Dazu kommen weitere Gelder wie die aus den Stark-Programmen. Insofern glaube ich schon, dass man sich im Konzert der Länder bei der Unterstützung der Kommunen sehen lassen kann.
Ich selbst habe in der mittelfristigen Finanzplanung, die in dieser Woche im Kabinett besprochen worden ist, gemeinsam mit dem Innenministerium und den Ressorts einige Vorschläge für Debatten bezüglich des kommunalen Bereichs in der nächsten Wahlperiode einmal monetär untersetzt. Die bekannten Themen wie Benchmark, Abschreibung und Ähnliches sind diesbezüglich dargestellt worden. Das kann man dann für zukünftige Diskussionen, wenn nötig, heranziehen.
Ganz kurz zum Aufnahmegesetz, das in der Zuständigkeit des Innenministeriums liegt. Der Text ist mit dem Ministerium abgestimmt, da er von dort vorgelegt wurde. Schwerpunkt des Gesetzentwur
fes ist die Neugestaltung der Finanzbeziehungen von Land und Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme. Die Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte für die Aufnahme von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern wird auf der Grundlage einer Fallpauschale neu geregelt.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 des Aufnahmegesetzes bildet die Grundlage für die zukünftige Kostenerstattung für die Aufnahme insbesondere von Asylsuchenden und Geduldeten im Wege einer Fallpauschale. Die Höhe der Pauschale beträgt vierteljährlich 2 150 € und somit jährlich 8 600 €. Diese soll per Verordnung des Ministeriums festgesetzt werden.
Die Gesundheitskosten sind grundsätzlich in der Fallpauschale enthalten. Um die Aufnahmekommunen aber nicht mit besonders kostenintensiven Gesundheitsausgaben zu belasten, werden Krankheitskosten, wenn sie sich je Person auf über 10 000 € jährlich belaufen, gesondert abgerechnet. Es handelt sich somit um zusätzliche Mittel für die Aufnahmekommunen.
Eine gesonderte Abrechnung erfolgt gemäß § 2 Abs. 3 auch für die in den Landkreisen und kreisfreien Städten entstehenden Kosten hinsichtlich der in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes untergebrachten Personen. Mit einem Betrag in Höhe von 8 600 € erhalten die Aufnahmekommunen des Landes eine im Bundesvergleich im oberen Bereich befindliche Kostenerstattung. Nur drei Bundesländer mit einem pauschalen Kostenerstattungssystem zahlen höhere Pauschalen, die aber im Gegensatz zur Regelung im Land SachsenAnhalt alle zeitlich befristet und insofern nur eingeschränkt vergleichbar sind. Auch der Bund erstattet den Ländern künftig für die Zeit der Unterbringung in den Erstaufnahmeeinrichtungen lediglich 670 € pro Monat, also 8 040 € im Jahr.
Ich war gestern im Stabilitätsrat des Bundes und der Länder. Dort war das Thema Aufnahmegesetze und Asylkostenerstattung. Das Erste, was Frau Schindler sagte, war auch eine Forderung der Finanzminister: Die Planbarkeit der Zuweisungen des Bundes an die Länder über das Jahr 2016 hinaus muss bald erfolgen; denn Sie werden es in unseren Betrachtungen zur mittelfristigen Finanzplanung sehen: Später sitzen wir allein auf den Kosten.
Da es aber den großen Wunsch gibt, dass die Kommunen kaum oder gar nicht belastet werden und der Bund sich vielleicht überhaupt nicht mehr engagiert, bleibt alles beim Landeshaushalt hängen. Ich befinde mich aber hier im Landtag und weder in einer Kommunalvertretung noch in einem Bundestagsausschuss. Deswegen bitte ich, dass wir diese Diskussion sachlich führen.
terschiedlichkeit der Kosten in den Ländern ist enorm. Das Land Sachsen-Anhalt leistet diesbezüglich einen großen Beitrag. Man kann sich andere Länder anschauen und sieht dann, wie diese ihre Verantwortlichkeiten wahrnehmen.
Man muss fairerweise auch zugestehen, dass die Kostenstruktur sehr unterschiedlich ist. Es gibt einige Länder, die haben Immobilien vom Bund, und es gibt Stadtstaaten, die investiv alles selbst stemmen müssen. Demzufolge ist es richtig, sich sachlich mit diesen Themen zu befassen und nicht nur Versprechungen für die Zukunft abzugeben, weil andere es erwarten.
Deswegen bin ich dankbar, wie das jetzt im Ausschuss geregelt wurde. Ich glaube schon, dass wir eine auskömmliche Kostenerstattung vorgeschlagen haben. Die Landesregierung nimmt aber - das sage ich als Finanzminister auch ganz klar - die seitens der Kommunen geäußerte Kritik an der Höhe der Fallpauschale ernst und hat daher bereits auf dem Asylgipfel am 20. Oktober 2015 eine Überprüfung der Kostenpauschale angekündigt. Die Regierungsfraktionen haben diesen Punkt aufgegriffen und den Regierungsentwurf im Zuge der parlamentarischen Beratungen an dieser Stelle ergänzt.
Um eine vollständige Erstattung der notwendigen Kosten der Aufnahmekommunen sicherzustellen, ist eine sogenannte Revisionsklausel, wie auch bei Bund und Ländern, eingefügt worden. Ich bin dankbar, dass es keine Spitzabrechnung wurde, sondern wir bei dem System der Pauschale geblieben sind; denn ich sage schon, dass auch darüber zu reden ist, warum es so unterschiedliche Kostenbestandteile bei Einzelnen gibt. Es kann nicht die Aufgabe des Landes sein, das alles klaglos hinzunehmen.
Demnach werden die Kosten auf der Grundlage einheitlicher Kriterien nach Anhörung der kommunalen Spitzenverbände durch das Innenministerium ermittelt. Die Pauschale ist auf dieser Grundlage jährlich bis zum 31. März zu überprüfen und neu festzusetzen.
Eine Differenz gegenüber dem Vorjahr wird im Folgejahr ausgeglichen. Ich füge hinzu - ich habe es im Ausschuss schon gesagt -: Sollten Kostenbetrachtungen ergeben, dass überbezahlt wurde, habe ich die Zusage der Regierungsfraktionen, dass das dann auch aus dem System herauszunehmen ist. Klammer auf: Ich bin schon 26 Jahre in diesem Parlament; das würde ich gern einmal erleben wollen.
Ich sage dies so offen, weil ich es auch im Ausschuss gesagt habe. Ich habe zudem angeboten, dass ich auch aus dem Ruhestand heraus dem Ausschuss anerkennende Unterstützung zukommen lassen würde. Also machen wir uns an dieser Stelle nichts vor.
Ich bin froh, wenn sachlich gerechnet wird und abgewartet wird, bis diese Rechnungen vorliegen. Wir haben auch zugesagt, dass das schnellstmöglich abgeschlossen werden soll, um die im Jahr 2015 entstandenen Aufwendungen der Aufnahmekommunen zu erfassen, auszuwerten und Neubewertungen vorzunehmen.
Noch kurze Erläuterungen zu einer weiteren Änderung, die sich im Zuge der parlamentarischen Beratungen ergeben hat. Ein intensiv diskutierter Punkt war die Frage, inwieweit für eine Aufnahmekommune, auf deren Gebiet sich eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes befindet, die Aufnahmequote reduziert wird.
Grundsätzlich erfolgt die Verteilung der Asylbewerber entsprechend der Einwohnerzahl der Landkreise und kreisfreien Städte. In einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes leben fortlaufend mehrere Hunderte oder sogar Tausende Asylbegehrende. Sie können bei der Beurteilung der Aufnahmepotenziale einer Kommune nicht unberücksichtigt gelassen werden. Eine vollständige Berücksichtigung, wie sie bisher für den Landkreis Harz erfolgt ist, kann allerdings nicht erfolgen, da dies zu einer starken Belastung anderer Kommunen führen würde.
Ich weiß, dass es eine intensive Debatte zu diesem Thema gibt in Bezug auf die Betroffenheit unterschiedlichen Gebietskörperschaften.
Das war auch gestern ein Thema zwischen den Ländern. Ich habe es schon mehrfach angedeutet und es ist gestern erstmals offen angesprochen worden: Es gibt Länder, die darauf achten, dass die Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgt. Die echten Kosten bei einigen Ländern bewegen sich aber exorbitant nach oben. Deswegen müssen wir an dieser Stelle aufpassen, dass wir nicht so tun, als ob alle Kostenbestandteile auf kommunaler Ebene anfallen, wir das alles zu 100 % bezahlen und es hinterher doppelt und dreifach denen erstatten müssen, die die Kosten wirklich haben.
Auch hierbei helfen immer ein offenes Wort und eine Klarheit in der Auseinandersetzung sowie eine Solidarität zwischen den Kommunen, dem Land und dem Bund. Es kann nicht sein, dass einige Kommunen letztlich unter dem Strich mehr haben, weil sie ihre Infrastrukturen damit ausbauen.
Ich sage das offen; denn es wurde auch gestern im Stabilitätsrat so besprochen. Diese Revisionsklausel wird nicht nur zwischen den Ebenen bestehen, sondern auch zwischen den Ländern.
Ich will das nächste Parlament bereits jetzt darauf einstimmen, dass es hierzu Diskussionen geben könnte, bei denen Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Berlin und andere Länder anführen, dass es große Unwuchten zwischen dem Soll und dem Ist gibt.
Insofern ist die jetzt vorgeschlagene Regelung in Bezug auf die Verteilung zwischen den Kreisen vernünftig. Hierzu fanden gute Beratungen statt. Danke auch für die zügigen Beratungen. Ich hoffe auf große Unterstützung hierfür.
Vielen Dank, Herr Minister. - Da der Tagesordnungspunkt aus zwei Unterpunkten besteht, wurde hierfür eine Zehnminutendebatte vereinbart. Für die Fraktion DIE LINKE spricht zunächst der Kollege Knöchel. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Heute sprechen wir wie alle Jahre wieder über die Kommunalfinanzierung. Und alle Jahre wieder sage ich Ihnen, dass diese nicht auskömmlich ist. Aber in diesem Jahr sprechen wir darüber im Zusammenhang mit dem Aufnahmegesetz. Damit haben die Landesregierung und die Koalition einen großen Schritt auf uns zu getan.