Das bedeutet, dass sich diese sogenannte Aufgabenbezogenheit auch im Gesetzentwurf der Landesregierung verflüchtigt hat. Es werden weiterhin Äpfel mit Birnen vertauscht. Es wird angerechnet, was nicht dazugehört oder erst noch erwirtschaftet werden soll.
So sollen Zinsforderungen aus den Jahren 1991 bis 1995 in Höhe von etwa 11 Millionen € nicht mehr zurückgefordert werden. Was diese Summe mit einer aufgabenbezogenen Finanzausstattung und dem FAG zu tun haben soll, bleibt offen.
- Nicht erbrachte Einnahmen spiegeln sich im Gesamthaushalt wider, Herr Finanzminister. Es geht nicht in erster Linie darum, es dem FAG zuzuorten. Es gibt dabei weiß Gott noch größere Sünder, die nicht erwähnt werden. Dort sollte man erst einmal nachfragen und das Geld einfordern.
Noch am 29. September 2011 werden rund 30 Millionen € denjenigen Kommunen versprochen, die im Rahmen der Gemeindegebietsreform freiwillig fusioniert haben. Diese Summe sowie 30 Millionen € für Vernässungsopfer kommen ebenfalls aus Einsparungen im laufenden Haushaltsjahr 2011. Das würde bedeuten, dass es die Landesregierung zum damaligen Zeitpunkt mit der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit offensichtlich nicht ernst gemeint hat.
Umso erstaunlicher war heute die Information aus der Presse, dass es nunmehr einen Nachtragshaushalt geben soll. Das unterstützen wir ausdrücklich.
Wann aber ist damit zu rechnen? Er wird frühestens im November 2011 eingebracht. Wenn wir es ernst meinen und dieser Gesetzentwurf dem Zweilesungsprinzip unterliegt, könnte er frühestens im Dezember 2011 verabschiedet werden. Die Landtagssitzung im Dezember 2011 würde nach dem Kassenschluss stattfinden. Damit würde der Nachtrag in diesem Jahr nicht mehr kassenwirksam werden.
Sagen Sie doch klipp und klar: Okay, dann nehmen wir diese 110 Millionen € und geben sie ins Kontor des nächsten Jahres, statt hier den Eindruck zu erwecken: Ich bin ja der große Gönner und gebe euch noch mal 110 Millionen €.
Am Dienstag vergangener Woche wurde angekündigt, dass der kreisangehörige Bereich mit Mitteln aus dem Ausgleichsstock in Höhe von 20 Millionen € gestärkt werden soll. Schaut man aber in den Gesetzentwurf der Landesregierung, stellt man fest, dass dazu keine Regelung zu finden ist.
Es gibt auch keine zusätzlichen Mittel; denn der Ausgleichsstock ist Bestandteil des Finanzausgleichsgesetzes.
Die zeitliche Verzögerung der Abschmelzung der Investitionshilfen von 153 Millionen € im Jahr 2010 auf nunmehr 128 bzw. 125 Millionen € jährlich soll die Verrechnung der rund 32,4 Millionen € aus dem positiven Finanzierungssaldo der Kommunen in 2010 durch die Landesregierung kaschieren.
Rechnet man diese Summen zusammen, wird sichtbar, dass es überhaupt keine Erhöhung der Gesamtmasse geben wird. Im Gegenteil: Damit fehlen den Kommunen in jedem Jahr und bereits ab diesem Jahr 20 Millionen €.
Die Fraktion DIE LINKE unterstützt daher den Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes, im Gesetzentwurf der Landesregierung zukünftig die Investitionspauschale steuerkraftunabhängig nach dem Verteilungsmaßstab 75 % Einwohner und 25 % Fläche an die Kommunen auszureichen.
Mit dem Programm Stark III soll hochverschuldeten Kommunen trotz Haushaltskonsolidierung die Aufnahme neuer Schulden über die Europäische Investitionsbank ermöglicht werden. Abgesehen davon, dass diese Regelung derzeit weder in den Kommunen bekannt ist, noch Unterlagen konkret vorliegen, konterkariert dieses Vorgehen eigentlich das Entschuldungsprogramm Stark II.
Der eigentliche Zweck, meine Damen und Herren, scheint ein anderer zu sein. Das Land hat seine Kofinanzierungsverpflichtung für europäische Strukturfonds in den letzten Jahren offensichtlich nicht eingehalten und die Mittel für die Finanzierung anderer Vorhaben eingesetzt. Nunmehr ist der Finanzierungsanteil für die Gesamtlaufzeit von 25 % Landesmitteln bis zum Jahr 2013 nicht mehr zu erfüllen - es sei denn, man erhöht die Kofinanzierungsverpflichtung. Dies soll nunmehr durch den kommunalen bzw. privaten Anteil von 30 % sichergestellt werden. Dies ist zwar besser als 50 % Eigenanteil, verkennt aber die Finanzschwäche der Kommunen. Daher Stark III. Das soll keine Abwälzung von Lasten auf die Kommunen sein?
Was bleibt, ist, dass trotz des Teilentschuldungsprogramms Stark II keine nennenswerte langfristige Entlastung der Kommunen erfolgt, die Konsolidierungserfolge der Kommunen nicht honoriert und die Höhe der Kassenkredite von rund 1 Milliarde € nicht nachhaltig reduziert werden.
Aber auch im Gesetzentwurf der Landesregierung werden die bekannten Schwachstellen nicht beseitigt. So werden Verkaufserlöse aus Kommunalvermögen im Verwaltungshaushalt berücksichtigt, jedoch bleiben zum Beispiel bei der Berechnung des Finanzbedarfs die damit geschmälerten Vermögenshaushalte außer Betracht.
fordert, unterbleibt. Es werden Kassenstatistiken der letzten drei Jahre bemüht, aber die über die Haushaltskonsolidierung bereits realisierten Einsparungen außen vor gelassen. Statt der aufgabenbezogenen Vollkostenerhebung werden Waren- bzw. Aufgabengruppen gebildet, welche aus unserer Sicht jedoch eine tatsächliche Bestandsaufnahme nicht ermöglichen.
Für die Fraktion DIE LINKE ist darüber hinaus zu kritisieren, dass die Aufgabe des Landesverfassungsgerichtes zum interkommunalen Finanzausgleich auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung nicht umgesetzt wird.
Diese kurze Zusammenfassung macht deutlich, dass die jetzige Landesregierung den akuten Handlungsbedarf ignoriert und weiterhin nach Gutsherrenart die kommunale Selbstverwaltung auf der Grundlage der Landesverfassung weder finanziell, geschweige denn aufgabenbezogen sicherstellt.
Herr Minister Bullerjahn, es hat mich schon ein Stück weit gewurmt: Sie vermitteln der Öffentlichkeit den Eindruck, dass Sie keine Zeit gehabt hätten. Sie sagten, in sechs Wochen oder drei Monaten sei das alles nicht zu schaffen. Nach meiner Kenntnis sind Sie schon in der letzten Wahlperiode Finanzminister gewesen. Spätestens seit dem Jahr 2007 stand das FAG auf der Tagesordnung. Es war also genug Zeit. Was gefehlt hat, war die intensive Beratung sowohl im Finanzausschuss als auch im Innenausschuss.
Meine Damen und Herren! Nach Artikel 88 Absatz 1 der Landesverfassung hat das Land dafür zu sorgen, dass die Kommunen über die Finanzmittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Dies gilt gleichermaßen für den eigenen wie den übertragenen Wirkungskreis.
Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, der Ihnen in Drs. 6/441 vorliegt, stärkt die aufgabenbezogene Finanzausstattung und berücksichtigt die Konsolidierungsbemühungen der Kommunen. Das Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die öffentliche Daseinsvorsorge in den Kommunen aufrechtzuerhalten und die kommunale Handlungsfähigkeit zu sichern. Ohne Vollkostenerhebung baut unser Gesetzentwurf auf dem seit dem 1. Januar 2010 gültigen Finanzausgleichsgesetz auf und berücksichtigt die seitdem gewonnenen Erfahrungen.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes will die Fraktion DIE LINKE unter anderem Folgendes festgeschrieben wissen:
Die mit dem FAG im Dezember 2009 beschlossenen Kürzungen sollen zurückgenommen werden. Den Kommunen soll in den Haushaltsjahren 2012
und 2013 eine Finanzausgleichsmasse in Höhe von 1,713 Milliarden € pro Jahr zur Verfügung gestellt werden.
Darüber hinaus sollen die Kommunen in den Jahren 2012 und 2013 dadurch finanziell entlastet werden, dass der Unterschied zwischen der vorläufigen und der endgültigen Feststellung für 2009 nicht verrechnet wird. Dies würde für die Kommunen bedeuten, dass tatsächlich 1,713 Milliarden € zur Verfügung stehen und dieser Betrag nicht durch eine Verrechnung der rund 53 Millionen €, also jährlich 26,65 Millionen €, gekürzt werden würde.
Die Mittel für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises werden nicht gekürzt. Bei den Landkreisen soll die Summe des Jahres 2011 in Höhe von 152 742 000 € für die Jahre 2012 und 2013 fortgeschrieben werden. Bei den kreisfreien Städten halten wir eine Anhebung auf rund 95 Millionen € in beiden Haushaltsjahren für angemessen. Die kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden sollen zukünftig ohne Größenklassenstaffel zusammengefasst werden und sollen in jedem Jahr 86,5 Millionen € erhalten.
Es dürfen auch keine Kürzungen bei den bisherigen besonderen Ergänzungszuweisungen - gemeint sind hierbei die §§ 7 und 11 des geltenden Finanzausgleichsgesetzes - vorgenommen werden. Es ist unseres Erachtens ein Skandal und nicht nachvollziehbar, dass trotz der unklaren wirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklung jährlich mehr als 70 Millionen € in diesen Bereichen gekürzt werden sollen.
Besondere Ergänzungszuweisungen soll es nach unserer Auffassung zukünftig für die Schülerbeförderung mit jährlich 20,5 Millionen € und für die Baulastträger der Kreisstraßen mit jährlich 20 Millionen € geben. Im geltenden FAG werden diese Kosten aus den allgemeinen Zuweisungen der Landkreise und kreisfreien Städte bestritten.
Bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs soll es vermieden werden, die freiwilligen Aufgaben als sogenannte verbleibende Restgröße zu behandeln Die Gesamthöhe der neuen Teilmasse „Besondere Ergänzungszuweisungen für die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben im eigenen Wirkungskreis“ in Höhe von jährlich 50 Millionen € orientiert sich an den bereinigten Gesamtausgaben der Kommunen - das sind 1 % - im jeweils vorletzten Jahr, hier also im Jahr 2009.
Nach der Gemeindegebietsreform und den teilweise dramatischen finanziellen Einschnitten im Finanzausgleichsgesetz 2010/2011 sollte der kreisangehörige Bereich mit einer besonderen Ergänzungszuweisung zur Stärkung der gemeindlichen Leistungsfähigkeit in Höhe von jährlich 50 Millio
nen € stabilisiert werden. Aufgrund der teilweise riesigen Größe der neuen Gemeindestrukturen muss dem Faktor Fläche dabei ein angemessenes Gewicht verliehen werden. Ich denke, dass das ein Stück weit in die Richtung dessen geht, was die Landesregierung mit dem Nachtragshaushalt angekündigt hat, dass es diese Hilfen gibt und mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung auch der Faktor Fläche - ich hatte es vorhin schon erwähnt - Einzug halten soll.
Wir gehen davon aus, dass die kreisfreien Städte nach ihren Funktionen bezahlt werden, das heißt nach ihren oberzentralen Versorgungsaufgaben. Demzufolge muss es dazu keine Unterscheidung bei der sogenannten Bedarfsmesszahl mehr geben. Hier sollten also alle drei kreisfreien Städte aufgrund ihrer Stellung im Gesamtgefüge des Landes angemessen und entsprechend gleich behandelt werden.
Angesichts des auslaufenden Konjunkturpaketes II, der vielerorts notwendigen Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen und des erheblichen öffentlichen Investitionsbedarfs - bei den Beratungen am 15. August wurden Sie darauf angesprochen, dass neben der Frage der Straßen sicherlich auch die Frage der Brücken zunehmend eine Rolle spielt - muss die Investitionspauschale aus unserer Sicht mindestens auf dem Niveau von 2010 gehalten werden. Das würde 150 Millionen € bedeuten.
Die tatsächlich zur Verfügung stehende Summe im Ausgleichsstock soll unserer Meinung nach auf 40 Millionen € angehoben werden. Durch Verordnung ist dabei sicherzustellen, dass die Leistungen nach einheitlichen und nachvollziehbaren Kriterien und Maßstäben vergeben werden.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Für meine Fraktion ist die zukunftsfähige Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs eine der wichtigsten Aufgaben des Landtages der sechsten Wahlperiode. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Kommunen in unserem Land über die Finanzmittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Gemeinsam sollte es uns darum gehen, den neuen kommunalen Gebietsstrukturen auf Kreis- und Gemeindeebene gerecht zu werden, die unterschiedliche Siedlungsdichte hinreichend zu berücksichtigen und gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu ermöglichen.
Ich bitte um Überweisung unseres Gesetzentwurfs und des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Gesetzentwurf der Landesregierung bringt jetzt der Minister der Finanzen Herr Bullerjahn ein. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Grünert, warum hat mich Ihre Rede überhaupt nicht überrascht? Es ist wie immer, wenn Sie hier vorne stehen: Wir machen alles falsch und Sie machen alles richtig.
Sie stellen sich das wie zu Weihnachten vor: Packen wir hier noch 50 Millionen € und dort noch 50 Millionen € drauf. Aber ich habe nicht einen einzigen Satz von Ihnen gehört, woher all das Geld kommen soll. Aber das ist ohnehin meine und nicht Ihre Sache. Bei 200 Millionen € mehr hätte ich gern zumindest einen halben Satz gehört, wie Sie sich vorstellen, woher das Geld dauerhaft kommen könnte.