Protocol of the Session on October 6, 2011

(Zustimmung bei der CDU)

Diese Reform wird einen Paradigmenwechsel hin zu mehr Qualifizierung und schnellerer Integration in den ersten Arbeitsmarkt einläuten.

(Unruhe bei der LINKEN)

Dazu war es jedoch notwendig, den Instrumentenkasten neu und übersichtlicher zu strukturieren. Die Instrumente mussten flexibler und passgenauer gestaltet und mit sehr viel mehr örtlicher Entscheidungsfreiheit versehen werden, weil die Akteure vor Ort besser wissen, was zu tun ist. Das bedeutet gerade nicht den so oft wie ein Schreckgespenst an die Wand gemalten Kahlschlag bei den Instrumenten. Es geht vielmehr um einen effektiven und effizienten Einsatz der Arbeitsmarktinstrumente.

Es geht um die Beschleunigung der Integration in den ersten Arbeitsmarkt.

Es geht um die Neuordnung der öffentlich geförderten Beschäftigung, damit die Beschäftigungs

fähigkeit und die gesellschaftliche Teilhabe stabilisiert werden können, weil ein unmittelbarer Übergang in ungeförderte Beschäftigung nicht möglich ist.

Es geht um effektive dezentrale Entscheidungskompetenzen für den Einsatz der Instrumente der aktiven Arbeitsmarktförderung unter Einbindung der örtlichen Beiräte.

Zudem geht es um mehr Flexibilität und Passgenauigkeit durch mehr Spielraum bei der freien Förderung und zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten unterschiedlicher Instrumente.

Kollege Rotter, würden Sie Zwischenfragen zulassen?

Nein. Fragen bitte am Schluss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allerdings stehe ich diesem Gesetz auch nicht gänzlich unkritisch gegenüber.

(Oh! bei der LINKEN)

- Darüber staunen Sie.

(Zuruf von der LINKEN: Ja! - Herr Gallert, DIE LINKE: Dass Sie es hier verraten, dar- über staunen wir! - Heiterkeit bei der LIN- KEN)

- Herr Kollege Gallert, was für eine Meinung Sie von mir haben. Die muss ja furchtbar sein.

(Heiterkeit)

Auch ich halte die Umwandlung des Zuschusses für Existenzgründer von einer Pflichtleistung in eine Ermessensleistung nicht für zielführend; denn gerade beim Gründungszuschuss handelt es sich um ein Instrument, das direkt in Erwerbstätigkeit führt, das die Chance bietet, weitere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu schaffen, und das gleichzeitig auch wirtschaftspolitische Impulse setzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade für uns in Sachsen-Anhalt mit einer - gemessen an anderen Bundesländern und am Bundesdurchschnitt - höheren Arbeitslosenquote ist der Weg aus der Arbeitslosigkeit über die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit absolut wichtig.

Ein Blick auf die Selbständigenquote in unserem Bundesland bestätigt dies. Waren im Bundesdurchschnitt im Jahr 2010 10,9 % der Erwerbstätigen selbständig, so lag Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von 9 % nicht nur unter dem Bundesdurchschnitt, sondern auch an drittletzter Stelle unter allen Bundesländern.

Dieser Vergleich zeigt, wie wichtig weitere Anstrengungen in dieser Richtung sind; denn eine

hohe Selbständigenquote ist nicht nur Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb, sie wirkt sich vielmehr auch außerordentlich positiv auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes aus.

Im Durchschnitt schafft jeder Existenzgründer in Deutschland drei bis vier Arbeitsplätze. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass der Bundesgesetzgeber nicht dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt ist - noch dazu, wo es sich beim Gründungszuschuss in seiner bisherigen Ausgestaltung um ein durchaus anerkanntes und ein erfolgreiches Instrument der Arbeitsförderung gehandelt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Steppuhn hat in der Begründung zu dem Antrag für diese Aktuelle Debatte davon gesprochen, dass im Sinne der Menschen unseres Bundeslandes in einer verantwortungsvollen Investitionspolitik die verbleibenden Mittel - hierbei sollte nicht unerwähnt bleiben: dabei handelt es sich um Mittel in nicht unbeträchtlicher Höhe - so eingesetzt werden, dass arbeitsuchende Mitbürger und Mitbürgerinnen eine realistische Chance auf Beschäftigung erhalten.

Das - so habe ich es verstanden - ist Grundanliegen dieses Gesetzes. Deshalb ist es mir unverständlich, dass Sie, Herr Kollege Steppuhn, von enormen negativen Folgen speziell für unser Bundesland sprechen. Aus Ihrem Vortrag ist nicht deutlich geworden, warum Sachsen-Anhalt von diesem Gesetz stärker als andere Bundesländer betroffen sein soll.

(Herr Steppuhn, SPD: Das habe ich nicht gesagt!)

Herr Kollege Steppuhn, leider haben Sie in Ihrem Redebeitrag so düster gemalt, dass es Ihnen völlig entgangen zu sein scheint, welche Möglichkeiten diese Instrumentenreform bietet.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 haben sich CDU/CSU und FDP für eine effektive und effiziente Arbeitsmarktpolitik ausgesprochen. Diese soll Arbeitslose dabei unterstützen, rasch wieder in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Das erklären Sie mal Ihrem Bürgermeister!)

Ziel aktiver Arbeitsmarktpolitik muss es sein, Auszubildende und Arbeitsuchende erfolgreich in Beschäftigung zu vermitteln. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die spezifische Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt haben und einen großen Bedarf an Qualifizierung aufweisen. Arbeitsmarktpolitische Instrumente der Arbeitsförderung müssen an diesem Ziel ausgerichtet sein und stetig weiterentwickelt werden.

Das Gesetz zielt darauf ab, durch einen effektiven und effizienten Einsatz der Arbeitsmarktinstrumen

te die zur Verfügung stehenden Mittel für die Integration in Erwerbstätigkeit besser als bisher zu nutzen und bei wachsender Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes die Integration in Erwerbstätigkeit zu beschleunigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei aller durchaus berechtigten Kritik an einzelnen Punkten dieses Gesetzes halte ich es in seiner Gänze für geeignet, die gesteckten Ziele dieser Reform zu erreichen.

Erreicht werden sollen die Ziele durch mehr Dezentralität, Stärkung der örtlichen Entscheidungskompetenzen, höhere Flexibilität, durch überschaubare, flexibel einsetzbare Arbeitsmarktinstrumente, die auf unterschiedliche Bedarfssituationen zugeschnitten werden können, und durch größere Individualität, indem die individuelle Betreuung und Unterstützung verbessert wird.

Des Weiteren soll eine höhere Qualität durch Stärkung der Qualitätssicherung bei der Einbindung von Arbeitsmarktdienstleistern erreicht werden. Zudem soll durch Verbesserung der Adressatenorientierung sowie ein klar gegliedertes und übersichtliches Instrumentarium mehr Transparenz erreicht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sinne der Menschen in unserem Bundesland, die von Arbeitslosigkeit und damit einhergehend oft von Resignation und gefühlter Perspektivlosigkeit betroffen sind, hoffe ich, dass die neuen Spielräume und Möglichkeiten, die dieses Gesetz bietet, zum Vorteil der Arbeitslosen genutzt werden.

An dieser Stelle möchte ich die Bundesregierung, aber auch unsere Landesregierung und alle am Prozess Beteiligten darum bitten, genau zu beobachten, wie sich der neue Instrumentenkasten in der Praxis bewährt, und diesen von Zeit zu Zeit auf einen eventuellen Handlungs- und Änderungsbedarf hin zu überprüfen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Kollege Rotter. Es gibt zwei Fragen. Sie haben erklärt, dass Sie sie beantworten möchten.

Wenn ich es kann.

Zunächst fragt Frau Dr. Klein, dann Frau Kollegin Dirlich.

Danke, Herr Präsident. - Herr Rotter, ich weiß nicht, wie die Kommunikation innerhalb Ihrer Partei ist.

Aber welchen Rat würden Sie dem Bürgermeister Schwarz der Einheitsgemeinde Gerbstedt geben, der feststellen muss, dass fast alle Ergebnisse, die durch die Bürgerarbeit in den letzten Jahren erreicht wurden, aufgrund des Instrumentenkastens der Bundesregierung, den Sie jetzt so hervorgehoben haben, in den nächsten Wochen bis zum Jahresende zunichte gemacht werden?

Die Bücherei, die geschaffen wurde, muss zum Jahresende schließen. Das Museum muss ebenso schließen wie weitere Einrichtungen, weil bestimmte arbeitsmarktpolitische Instrumente nicht mehr greifen, die Kommune sich in der Haushaltskonsolidierung befindet und die Menschen nicht einstellen kann. Welchen Rat würden Sie ihm auf die Frage geben, wie mit diesen Dingen umgegangen werden soll?

Das kann ich ganz kurz beantworten. Da ich die Einschätzung des Bürgermeisters so nicht teile, würde ich ihm dazu überhaupt nichts raten.

Eine weitere Anfrage kommt von Frau Kollegin Dirlich.

Herr Rotter, auch Sie haben - genau wie die Ministerin - wieder geleugnet, dass der Sparzwang der Grund für den Gesetzentwurf ist. In dem Gesetzentwurf findet sich in dem Abschnitt „Problem und Ziel“ folgender Satz:

„Nach dem von der Bundesregierung im Juni 2010 beschlossenen Zukunftspaket muss die Bundesagentur für Arbeit Effizienzsteigerungen und strukturelle Einsparungen in Höhe von 2,5 Milliarden € im Jahr 2012 und von jeweils 3 Milliarden € ab dem Jahr 2013 haushaltswirksam werden lassen.“

Ich habe das bisher für einen seltenen Moment von Offenheit gehalten. Halten Sie das für eine Falschmeldung?

(Beifall bei der LINKEN)