Protocol of the Session on October 6, 2011

- Ja, das kann man sich alles anschauen. - ver.di hat sich auf seinem Kongress vor wenigen Tagen für einen gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen, und zwar beginnend mit 8,50 € und dann schnell steigend auf 10 €. Der DGB hat sich dafür im Mai ausgesprochen und die IG Metall wird sich auf ihrem Kongress am Ende des Jahres auch dafür aussprechen. 70 % der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wollen einen Mindestlohn. Geben Sie sich einen Ruck und unterstützen Sie unseren Antrag!

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Rogée. - Herr Steppuhn möchte noch einmal für die SPD-Fraktion sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist vieles gesagt worden. Ich begrüße es sehr, dass DIE LINKE unseren Antrag zumindest begrüßt, auch wenn es noch einen weitergehenden Antrag gibt. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass auch die Sozialdemokraten in diesem Land für einen gesetzlichen Mindestlohn sind.

Wir wissen aber auch, dass die politischen Mehrheiten dafür in Berlin gemacht werden müssen. Dort wird entschieden, ob es irgendwann einen gesetzlichen Mindestlohn geben wird. Wenn Sie mich fragen, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es flächendeckend gesetzliche Mindestlöhne in Deutschland geben wird, weil die Zahl der Befürworter größer wird.

Ich wünsche Herrn Rotter und der CDA natürlich viel Glück und Erfolg auf dem CDU-Bundesparteitag. In den Anträgen, die Sie dort stellen wollen, sprechen Sie zwar von einer Lohnuntergrenze, aber letztlich ist das das Gleiche. Das sind auch Mindestlöhne. Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg und dass Sie sich damit durchsetzen. Es ist gut, dass auch bei der CDU diese Diskussion stattfindet.

Für uns als Sozialdemokraten ist Folgendes wichtig - ich sage immer, der Weg ist das Ziel -: Je mehr Mindestlöhne wir haben, umso näher kommen wir einem gesetzlichen Mindestlohn. Wenn der Weg zu mehr Mindestlöhnen in Deutschland über das Arbeitnehmerentsendegesetz führt, dann sollten wir diesen Weg auch gehen.

Die Ausweitung des Entsendegesetzes ist auch Bestandteil der Koalitionsvereinbarung; das habe ich eingangs gesagt. Wir haben uns in den Koalitionsverhandlungen beim gesetzlichen Mindestlohn zugegebenermaßen - ich sage: noch - nicht durchgesetzt, aber der Preis dafür war, dass wir das Entsendegesetz auf weitere Branchen ausweiten. Das ist in der Koalitionsvereinbarung beschrieben. Da wir Sozialdemokraten an dieser Stelle koalitionstreu sind,

(Zustimmung bei der SPD)

werden wir unseren Antrag zur Abstimmung stellen und den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen.

Wir werden die Landesregierung bitten, über den Fortgang der Dinge in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie für Wirtschaft und Wissenschaft zu berichten. Ich bin überzeugt davon, dass es in nicht allzu langer Zeit auch im Bundesrat einen Antrag geben wird - vielleicht nicht vom Land Sachsen-Anhalt, sondern von einem anderen Bundesland -, in dem es darum geht, das Entsendegesetz auszuweiten. Es wäre gut, wenn wir dann eine Beschlusslage haben, die vorsieht, dass das

Land Sachsen-Anhalt dem zustimmt. - In diesem Sinne vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Steppuhn, es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Rotter. Möchten Sie diese beantworten?

Herr Rotter, bitte sehr.

Kollege Steppuhn, stimmen Sie mir zu, dass es durchaus einen Unterschied gibt zwischen einer von den Tarifpartnern ausgehandelten Lohnuntergrenze und einem gesetzlichen Mindestlohn?

Herr Rotter, ich stimme Ihnen darin zu, wobei das Ergebnis am Ende das gleiche sein kann.

(Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE)

- Deshalb führen wir diese Diskussion. - Wir haben Branchen, in denen es möglich ist, per Tarifvertrag Mindestlöhne oder Lohnuntergrenzen zu vereinbaren, die dann mit der Allgemeinverbindlichkeit nachvollzogen werden. Unser Problem in Deutschland ist aber, dass es Branchen gibt, in denen es keine Tarifvertragsparteien gibt bzw. diese nicht stark genug sind, selbst Lohnuntergrenzen zu vereinbaren. Für diese Branchen werden wir irgendwann einen Mindestlohn brauchen.

Wenn wir, wenn die Leiharbeiter hinzukommen, 3,5 Millionen Menschen in Deutschland haben, die Mindestlohn erhalten, dann können wir doch den übrigen Beschäftigten in den Niedriglohnbranchen nicht erklären, dass sie keinen Mindestlohn bekommen. Deshalb wird hierfür in Zukunft Handlungsbedarf bestehen.

Es gibt eine weitere Nachfrage von Frau Rogée. Möchten Sie diese beantworten?

Bitte schön, Frau Rogée.

Herr Steppuhn, Sie sind ja auch Gewerkschafter. Die Forderung der Gewerkschaften nach einem

gesetzlichen Mindestlohn ist die Forderung eines Tarifpartners, also der Beschäftigten und der Gewerkschaften. Wissen Sie, wie viele Allgemeinverbindlichkeitserklärungen bei Tarifverträgen in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren abgeschlossen worden sind, die zu einem Mindestlohn geführt haben? Ich spreche jetzt nur von Sachsen-Anhalt; denn die anderen werden auf der Bundesebene abgeschlossen und dort sind es nur zehn.

Die erste Frage war, ob ich Gewerkschafter bin. Diese kann ich bejahen. Die Anzahl der Tarifverträge, die in den letzten Jahren für allgemeinverbindlich erklärt worden sind, kann man wahrscheinlich an einer Hand abzählen.

Genau.

Es sind nicht allzu viele gewesen.

Ich möchte aber deutlich machen, dass auch Tarifverträge, die zu Mindestlöhnen führen, von den Gewerkschaften gewollt sind. Das war bislang der einzige Weg, zu Mindestlöhnen zu kommen. Sie haben die klassischen Niedriglohnbereiche genannt, aber ich denke, wir sollten auch die guten Branchen für Mindestlöhne nennen, zum Beispiel den Dachdecker mit 10,80 € oder die Arbeiter auf dem Bau mit über 11 € oder die Maler und Lackierer, deren Stundenlohn bei 9,75 € liegt.

Mit den Mindestlöhnen ist eine Entwicklung in Gang gesetzt worden, die weitergehen wird. Am Ende brauchen wir flächendeckende Mindestlöhne. Ich sage sehr deutlich: Dort, wo Tarifvertragsparteien - darin stimme ich mit Herrn Rotter überein - das ermöglichen können, soll es getan werden. Aber letztlich wird es immer Branchen geben, die das allein nicht schaffen. Dazu muss eine gesetzliche Untergrenze geben. Ob das nun „Mindestlohn“ oder „Lohnuntergrenze“ heißt, sei dahingestellt, aber es muss eine Grenze geben, unter die der Lohn nicht sinken darf.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr. - Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 6/421 und über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/464. Eine Überweisung ist nicht beantragt worden.

Wir stimmen also über den Beratungsgegenstand ab, zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt diesem zu? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koali

tionsfraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/421 ab. Wer stimmt diesem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Der Antrag ist somit angenommen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 9 beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung

Brenntage in Sachsen-Anhalt abschaffen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/435

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Weihrich. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Passend zum Start der Brennsaison am 1. Oktober bzw. am 15. Oktober diskutieren wir heute über unseren Antrag, der vorsieht, die Verbrennung von Gartenabfällen zu unterbinden.

Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte sich bereits im Wahlprogramm zur Landtagswahl eindeutig gegen die Verbrennung von Gartenabfällen ausgesprochen. Dass wir bereits heute diesen Antrag einbringen, liegt unter anderem an den vielen Bürgerbeschwerden, die uns erreicht haben.

(Zuruf von der CDU)

Ich möchte stellvertretend für die vielen Beschwerden aus einem Brief zitieren, den uns das Kurzentrum Bad Suderode geschickt hat. Darin heißt es - ich zitiere -:

„Einerseits vergeben wir den Titel Luftkurort und Bad, andererseits lassen wir zu, dass die gleichen Orte und damit auch die Kurgäste im beißenden Qualm stehen.“

(Zuruf: Wie lange ist das her?)

Weiter heißt es:

„Tourismus und Brenntage sind nicht vereinbar. Regelmäßig beschweren sich Touristen massiv und klagen über die stark beeinträchtigte Luftqualität mit weiß-gelb verhangenen Luftschichten und einem unerträglichen Gestank.“

Es kam gerade die Frage, wie lange das her sei. - Das ist ganz aktuell. Wir sind seit einem knappen halben Jahr im Landtag vertreten. Dieser Brief hat uns vor ca. drei Monaten erreicht.

Ich denke, allein diese Passagen sprechen für sich und veranlassen uns dazu, diesen Antrag heute einzubringen. Aber auch der Blick in die rechtlichen Regelungen zeigt deutlich, dass wir Ausnahmen vom Verbrennungsverbot in SachsenAnhalt nicht länger tolerieren dürfen.