Protocol of the Session on October 6, 2011

Ich denke, allein diese Passagen sprechen für sich und veranlassen uns dazu, diesen Antrag heute einzubringen. Aber auch der Blick in die rechtlichen Regelungen zeigt deutlich, dass wir Ausnahmen vom Verbrennungsverbot in SachsenAnhalt nicht länger tolerieren dürfen.

(Unruhe)

Herr Weihrich, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Es ist zu viel Gemurmel im Saal. Man kann den Redner kaum verstehen, obwohl er relativ laut spricht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bitte Sie um etwas mehr Disziplin. - Bitte sehr, Herr Weihrich.

Danke sehr. - Nach dem Abfallgesetz sind Abfälle in ihrer Menge und Schädlichkeit so gering wie möglich zu halten. Ist dies nicht möglich, sind sie stofflich bzw. energetisch zu verwerten. Da Gartenabfälle in der Regel nicht vermeidbar sind, sind sie grundsätzlich durch Verrotten, Untergraben, Unterpflügen oder durch Eigenkompostierung zu verwerten. Darüber hinaus dürfen Abfälle zum Zwecke der Beseitigung nur in dafür vorgesehenen Anlagen oder Einrichtungen behandelt, gelagert oder abgelagert werden.

Ich denke, aus diesen Rechtsgrundlagen lässt sich für den Umgang mit pflanzlichen Abfällen ein grundsätzliches Verbrennungsverbot außerhalb der dafür zugelassenen Anlagen ableiten. Ausnahmen von diesen Regelungen können durch die zuständige Behörde im Einzelfall unter Vorbehalt des Widerrufs zugelassen werden, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und wenn das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.

Die Landesregierung hat bereits im Jahr 1993 die Entscheidung über diese Ausnahmen auf die Landkreise verlagert und die Landkreise haben zunächst von den Ausnahmemöglichkeiten umfassend Gebrauch gemacht. In den letzten Jahren haben allerdings immer mehr Landkreise die Ausnahmegenehmigungen zum Verbrennungsverbot, die sie ursprünglich zugelassen hatten, wieder zurückgenommen. Grund dafür waren die starken Beeinträchtigungen und die unzumutbaren Belästigungen, die die Landkreise nicht länger rechtfertigen konnten.

In einigen Landkreisen ist die Verbrennung nach wie vor noch erlaubt, und zwar nicht ausschließlich aus phytosanitären Gründen, also um bestimmte Erreger von Pflanzenkrankheiten abzutöten, sondern lediglich mit zeitlichen Beschränkungen. Das bedeutet aber, dass die Gärtner ihre anfallenden Gartenabfälle ablagern, zwischenlagern und dann verbrennen, wenn es zeitlich erlaubt ist.

Meine Damen und Herren! Diese Praxis widerspricht aus meiner Sicht eindeutig dem Abfallgesetz, weil hierfür kein Bedürfnis besteht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Abfallwirtschaft in Sachsen-Anhalt hat sich so weit entwickelt, dass flächendeckend Entsorgungsmöglichkeiten für das in den Gärten anfallende Material zur Verfügung stehen. Die Kreise, in denen die Ausnahmen vom Verbrennungsverbot nicht zugelassen werden, zeigen, dass es möglich ist, die Gartenabfälle auch ohne Verbrennung zu entsorgen. Hinzu kommt - es ist klar, Sie alle erwarten, dass dieser Verweis noch kommt; dafür stehe ich als Grüner hier -, dass die Gartenabfallverbrennung zur Luftbelastung beiträgt.

Das Landesamt für Umweltschutz hat in seiner Fachinformation 4/2011 einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Gartenabfallverbrennung und der hohen Feinstaubbelastung nachgewiesen. Bei ungünstigen Austauschbedingungen kann es sogar dazu kommen, dass der zulässige Grenzwert für Feinstaub von 50 µg/m³ überschritten wird.

Meine Damen und Herren! Wer die Diskussion über die Umweltzonen in Halle und Magdeburg verfolgt hat, dürfte keinerlei Verständnis dafür aufbringen, dass die Landesregierung auf der einen Seite restriktiv gegen Luftbelastung vorgeht, auf der anderen Seite aber, bei der Gartenabfallverbrennung, eine Luftverschmutzung ohne erkennbaren Grund zulässt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Gartenabfallverbrennung entstehen darüber hinaus noch weitaus problematischere Schadstoffe als Feinstaub und Kohlenmonoxid. Die Verbrennungsversuche, die ebenfalls vom Landesamt für Umweltschutz am Institut der Feuerwehr in Sachsen-Anhalt durchgeführt wurden, haben ergeben, dass bei der Verbrennung von Gartenabfällen auch krebserregendes Benzpyren entsteht und sogar die Supergifte Dioxin und Furan in - ich zitiere wörtlich - „sehr hohen Konzentrationen im Rauchgas auftreten“.

Allein das dürfte für uns Anlass dafür sein, die Praxis der Verbrennung von Gartenabfällen im Land Sachsen-Anhalt hier und heute zu beenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die von mir eingangs gebrachten Zitate belegen außerdem, dass die Rauch- und Geruchsentwicklung regelmäßig zu massiven Beschwerden aus der Bevölkerung führt. Es werden insbesondere starke Belästigungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen beklagt. Bereits vorbelastete Bevölkerungsgruppen wie Asthmatiker und Allergiker sind besonders betroffen. Für mich steht daher fest: Die Verbrennung von Gartenabfällen beeinträchtigt das Wohl der Allge

meinheit. Deswegen sind Ausnahmen nicht zulässig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Mein Fazit lautet: Die Verbrennung von Gartenabfällen ist anachronistisch und muss so schnell wie möglich beendet werden. Wir brauchen eine landeseinheitliche, zeitgemäße Regelung für Sachsen-Anhalt. Deswegen muss die Gartenabfallverordnung aufgehoben werden. Angesichts der Problemlage ist dies längst überfällig. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr für die Einbringung, Herr Weihrich. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Aeikens.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hält die gegenwärtige Rechtslage, wonach Regelungen zur Gartenabfallverbrennung nicht zentral durch das Land, sondern bei Bedarf auf kommunaler Ebene getroffen werden können, nach wie vor für sachgerecht.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Damit können wir den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen. Das, meine Damen und Herren, entspricht auch der Vorgehensweise der überwiegenden Zahl der Flächenländer. Wer das Land Sachsen-Anhalt kritisiert, der kritisiert gleichzeitig die Umweltminister der meisten Flächenländer - übrigens auch die Umweltministerin des Saarlands, die bekanntermaßen Mitglied bei den GRÜNEN ist und für dieses Thema Verantwortung trägt.

Im Land Sachsen-Anhalt wird die Erlaubnis laut Pflanzenabfallverordnung für das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen nur unter bestimmten Voraussetzungen, das heißt bei Einhaltung bestimmter Auflagen, erteilt. Ein wesentliches Kriterium für diese Ausnahmeregelung ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. So ist es und so soll es auch in Zukunft bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Gestattet ist das Verbrennen in der Regel nur dann, wenn es keine alternativen Entsorgungsmöglichkeiten in der Umgebung gibt. Auch andere Landesgesetzgeber haben Verordnungen erlassen, welche die Kommunen ermächtigen, spezielle Regelungen zu treffen.

Die Entwicklung zeigt, dass bei uns in SachsenAnhalt die Landkreise und kreisfreien Städte ihrer

Verantwortung im Hinblick auf die Regelung der Ausnahmen für die Verbrennung pflanzlicher Abfälle gerecht werden. Die Verbrennung von Gartenabfällen ist in großen Städten anders zu beurteilen als in dünn besiedelten ländlichen Regionen.

Herr Weihrich, Ihren Antrag kann man auch als Misstrauen gegenüber unseren Landkreisen und kreisfreien Städten begreifen. Und das haben unsere Landräte und Oberbürgermeister nicht verdient.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Warum tragen Sie die Diskussion nicht in die kommunalen Parlamente? - Es kann doch nicht die Lösung sein, die Kommunen zu entmündigen und die Entscheidungsgewalt auf der Landesebene anzusiedeln, wenn einem die kommunalen Entscheidungen nicht gefallen.

Übrigens: Eine Überprüfung der bestehenden Regelung im Jahr 1997 durch das damals von einer Grünen-Ministerin geführte Umweltministerium hatte die Beibehaltung der damals gefundenen Regelung als Ergebnis.

Auch jetzt besteht kein Anlass für eine Rücknahme der Verordnungsermächtigung in Umsetzung eines landesweiten generellen Brennverbotes in Sachsen-Anhalt. Dieser Kompetenzverlagerung auf das Land bedarf es nicht.

Die Landkreise und kreisfreien Städte sind verpflichtet, ihre Regelungen zur Verbrennung von Gartenabfällen zu prüfen, um sie an eventuell veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Dieser Verantwortung sind sich unsere kreisfreien Städte und Landkreise sehr wohl bewusst. Das zeigt auch die Entwicklung in den letzten Jahren.

Zur Beratung bei der Einrichtung von Sammelsystemen ist zu sagen: Die Landkreise und kreisfreien Städte sind seit Inkrafttreten des Landesabfallgesetzes 1991 als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger insbesondere für die Entsorgung der in ihrem Gebiet anfallenden und überlassenen Abfälle aus privaten Haushalten zuständig. Diese Aufgabe gehört zum eigenen Wirkungskreis und ist in den Entsorgungssatzungen geregelt.

Zur Entsorgung der Fraktion der Bio-, Park- und Gartenabfälle gibt es hinreichend dem Stand der Technik entsprechende Technologien, die den Kommunen bekannt sind. So erübrigt sich eine Beratungspflicht. Allenfalls besteht im Einzelfall und zu speziellen Fragen ein Beratungsbedarf. Dem verschließt sich die Landesregierung selbstverständlich auch weiterhin nicht.

Das bisherige Regelwerk hat sich in unserem Bundesland bewährt. Wir haben Vertrauen zu unseren kommunalen Entscheidungsträgern. Des

halb würde ich die Ablehnung dieses Antrages begrüßen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Herr Minister. - Wir haben eine Fünfminutendebatte. Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Bergmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Thema Verbrennung von Gartenabfällen habe ich Folgendes auszuführen:

Herr Kollege Weihrich, gegen Ihre rechtlichen Untersetzungen und die Beschreibung der Gesamtproblematik ist fachlich sicherlich nichts einzuwenden. Das sehe ich in gewisser Weise genauso. Es gibt aber immer zwei Seiten einer Medaille.

Ich kam vorgestern, nachdem wir uns im Arbeitskreis lange unterhalten hatten, in die Fraktion und sagte: Wir sind letztendlich zu dem Ergebnis gekommen, den Antrag der Grünen abzulehnen. - Dann sah ich, wie einige aus der Fraktion zuckten. Als wir daraufhin genauer sondierten, stellte sich heraus, einige hatten Angst, dass wir das Verbot völlig aufheben wollten, und einige freuten sich schon darauf, endlich wieder das Streichholz zu ziehen und im Garten richtig Furore zu machen. Da spielt natürlich die - ich sage einmal - persönliche Einstellung eine große Rolle. Der eine oder andere - auch für mich trifft das manchmal zu - hat sicherlich eine gewisse pyromanische Veranlagung. Ein bisschen Flackern ist ganz schön.

Fakt ist aber Folgendes: Sie haben die Bürgerbeschwerden angesprochen. Natürlich gibt es diese. Selbstverständlich gibt es sie in einer Stadt öfter als auf dem flachen Land. Sie werden feststellen - da gebe ich Ihnen 100-prozentig Recht -: Es macht wenig Sinn, das in Magdeburg freizugeben; denn dann könnte man sich das Theater mit der Umweltzone usw. sicherlich einsparen.

Damit erreicht man aber noch lange nicht alle Bürger im ländlichen Raum. Ich berichte einmal von einem Gespräch vor vier Tagen mit meinem Nachbarn, der 87 Jahre alt ist und eine Menge Lebenserfahrung hat. Er sagte zu mir: Was stand da in der Zeitung? Das soll verboten werden? Ihr seid wohl völlig bekloppt. Früher - so hat er weiter gesagt - haben wir das Feuer bei einer Hochdruckwetterlage angemacht. Das Reisig war trocken. Dann zog der Rauch gleich hoch und war weg. Das alles war kein Problem. Heute bin ich durch die lokalen Satzungen auf wenige Brenntage eingeschränkt. Was soll ich denn machen? Wenn es nass ist, halte ich ein Feuerzeug dran. Eine andere Möglichkeit habe ich gar nicht. Gegebenenfalls

schütte ich vorher ein bisschen Benzin darüber, damit es richtig brennt.

Das ist eigentlich genau das, was wir nicht wollen. Das sind die Probleme, die die Leute vor Ort haben. Man muss einmal direkt in die Gärten gucken und mit den Leuten reden. Dann stellt man fest, dass die Stimmungslage eine andere ist, als wir das an der einen oder anderen Stelle aus Recht und Gesetz ableiten können.