Protocol of the Session on October 19, 2006

In Sachsen-Anhalt sind im Laufe der letzten 15 Jahre eine Menge Verfahren durchprobiert worden. Da es keinen Standard gab, hat man über das Nordrhein-Westfalen-Modell und das hessische Modell bis hin zum verbal-argumentativen Modell, wie in Brandenburg, eigentlich alles durchexerziert.

So war es nötig - das hat sich auch als richtig erwiesen -, ein eigenes Bewertungsverfahren einzuführen, das nun den Standard darstellt, vielleicht mit Ausnahme der Bauleitplanung, bei der wir noch an andere Dinge gebunden sind und die Planungshoheit der Gemeinden zu berücksichtigen haben.

Die Ökokontoverordnung vom Jahr 2005 ist noch jung. Ich halte sie für sehr gut, durchaus auch beispielgebend für andere Länder. Aber man muss auch sagen, man braucht Zeit, um zu evaluieren, um genau zu gucken, wie es funktioniert. Daher sind wir der Meinung, dass es für eine Evaluierung vielleicht noch etwas zu früh ist.

Es ist sicherlich nie verkehrt, Zwischenergebnisse auszuwerten. Das kann man tun. Um der Regierung und auch dem Ministerium Handlungsspielraum zu lassen,

haben wir den Antrag geändert und schlagen vor, eine Evaluierung im Jahr 2007 - selbst das halte ich für sehr früh - durchzuführen.

Ich könnte mir vorstellen, dass Sie diesem Änderungsantrag folgen können müssten. Letztlich haben wir alle das gleiche Ziel.

Vielleicht nur ein Beispiel. Wir könnten das Ökokonto mit einem Sparkonto vergleichen. Nach anderthalb Jahren hat sich darauf noch nicht viel getan. Das ist ganz normal. Viel länger haben wir die Verordnung noch nicht. Wir sollten in dem Sinne, dass wir das Geld lieber ein bisschen länger auf dem Sparkonto liegen lassen, auch die eingebuchten Ökokontomaßnahmen länger liegen lassen, bevor wir eine wirklich aussagekräftige Evaluierung durchführen können.

In diesem Sinne bitte ich, dem Änderungsantrag der SPD und der CDU zu folgen, und hoffe auf Ihre Zustimmung. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Herr Bergmann. - Für die Linkspartei.PDS spricht der Abgeordnete Herr Lüderitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ökokonto bewegte das Hohe Haus in der vierten Legislaturperiode im Rahmen der Naturschutzgesetzdebatte in umfangreichem Maße und teilweise sehr kontrovers. Die Regelungen in § 20 des Naturschutzgesetzes haben dazu geführt, dass es eine Verordnungspflicht des Ministeriums gibt und auch die Ausgestaltungspflicht beim Ministerium liegt.

Das positive Fazit, Herr Bergmann, das Sie eben gezogen haben, kann ich aus der Sicht eines Kreistagsabgeordneten und langjährigen Kommunalpolitikers nicht teilen. Ich muss sagen, dass der Runderlass, der damals als Erfolg gewertet wurde - nach dem Motto: das Ökokonto schafft mehr wirtschaftliche Freiräume -, zumindest in der Harzregion nicht so umgesetzt wurde und man eigentlich auf das kritische Resümee, das hier gezogen werden soll, gespannt sein darf.

Dieses kritische Resümee, welches in dem Antrag der FDP eingefordert wird, begrüßen wir durchaus. In der Harzregion zum Beispiel gibt es nach wie vor kein solches Ökokonto, in vielen anderen Landkreisen auch nicht. Gegenüber dem Ministerium wurde mehrfach, zuletzt im Februar 2006 durch den Landkreistag, kritisiert, dass der vorliegende Runderlass wenig praktikabel für die Verwaltung einerseits sowie für die Landwirte und Investoren andererseits ist.

Aus der Sicht des Landkreises Wernigerode ist ein vielfältiges Ökokonto mit Maßnahmen unterschiedlichen Inhalts notwendig. Das heißt, es muss ein direkter Zusammenhang zwischen dem Eingriff und dessen Kompensation bestehen. Tatsächlich verloren gehende Funktionen im Naturhaushalt müssen wieder in der Art hergestellt werden, wie sie vorher vorhanden waren. Es geht nicht darum, dort, wo ich einen Ausgleich für eine Verrohrung erzielen will, Bäume zu pflanzen. Sinn und Zweck kann es also nicht sein, irgendwann irgendwo irgendwas durchzuführen. Es geht darum, wie dies geändert werden kann.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende. - Dass es auch anders geht, kann man sich meiner Meinung nach in der Region Leipzig anschauen. Dort wird ein Ökokonto im Rahmen eines Flächenmanagements in nachhaltiger Form geführt und erfolgreich praktiziert. Auch darauf zielt meines Erachtens der FDPAntrag richtigerweise ab. Er fordert einen Vergleich mit anderen Bundesländern heraus.

Vor dem Hintergrund der Leipziger Erfahrungen hinsichtlich der Auswirkungen des Flächenmanagements, des Stadtumbaus und vieler anderer Dinge schlagen wir vor, auch im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr Bericht zu erstatten. Wir werden deshalb den Antrag der FDP-Fraktion unterstützen und bitten darum, dass er möglichst zeitnah im Rahmen einer Berichterstattung behandelt wird.

Nach Information des Landrates Herrn Dr. Ermrich gibt es diesbezüglich bereits einen Diskussionsprozess zwischen dem Ministerium, dem Landesverwaltungsamt und den Landkreisen, sodass man eine zeitnahe Lösung anstreben sollte. Erst danach sollte man einen überarbeiteten Runderlass zum Ökokonto auf die Landkreise „loslassen“. - Danke.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Lüderitz. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Brumme. - Entschuldigung, Herr Bergmann, Sie wollten eine Frage stellen. Bitte sehr.

Herr Lüderitz, Sie hatten bemängelt, dass auch in Ihrem Landkreis noch keine praktikable Regelung vorliegt oder dass es nicht gemacht wird.

Meine Frage an Sie lautet: Haben Sie als Kreistagsmitglied schon einmal den Antrag gestellt, dass der Landkreis als Gebietskörperschaft eine solche Fläche für ein Ökokonto zur Verfügung stellt? - Wenn Sie es getan hätten, dann wären Sie an der Stelle vielleicht auch weiter gekommen.

Ich kann es kurz machen. Wir haben das Thema bereits mehrfach im Umweltausschuss behandelt. Wir haben durchaus Flächen dafür in Vorbereitung. Aber es ist, wie gesagt, bisher weder von Investoren noch von den Landwirten angenommen worden. Die Probleme, die insbesondere die Flächen der Landwirtschaft betreffen, hat Herr Hauser meines Erachtens richtigerweise angesprochen. Es geht dabei auch um Rekultivierung und um andere Dinge.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr. - Jetzt hat Herr Brumme für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes im

Frühjahr 2002 wurden die gesetzlichen Vorgaben zum Ausgleich und zum Ersatz von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft präzisiert. Diese Vorgaben wurden fristgerecht in Landesrecht umgesetzt.

Neu gegenüber den bisherigen Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes ist unter anderem die Einführung des Ökokontos. Die Voraussetzung für die Anerkennung von Naturschutzmaßnahmen, die ohne öffentlich-rechtliche Verpflichtung durchgeführt wurden, als spätere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist, dass diese Maßnahmen in irgendeiner Weise erfasst und bewertet werden. Dafür wurde ein Bewertungs- und Bilanzierungsmodell entwickelt. Das Grundprinzip solcher Modelle besteht darin, dass der Zustand jeder Fläche - das ist, so denke ich, nachzuvollziehen - vorher und hinterher bewertet wird. Dann werden entsprechende Maßnahmen festgelegt.

Nun haben wir aber ein Problem. Das Verfahren gilt zwangsläufig auch für die Fläche, auf welcher der Eingriff, zum Beispiel der Bau einer Straße, durchgeführt wird. Natürlich muss das Verfahren auch dann gelten, wenn die Naturschutzmaßnahme - das ist der Regelfall - erst nach dem Straßenbau oder bestenfalls zeitgleich durchgeführt wird. Das schränkt den Gestaltungsspielraum gewaltig ein.

Wenn ich mir den Antrag der FDP-Fraktion ansehe, kann ich nur vermuten, dass in dieser Fraktion Kenntnisdefizite hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen bestehen.

(Lachen bei der FDP)

Vielleicht kann ich diese Defizite, meine Herren, heute noch ein wenig beheben. Denn diese begriffliche Gemengelage, die hier vorliegt, ist nicht korrekt.

(Herr Kley, FDP: Was?)

Eingriffe sind vorrangig durch Ausgleichsmaßnahmen zu kompensieren. Das bedeutet, die zerstörten Werte und Funktionen des Naturhaushalts sind in gleicher Weise wiederherzustellen. Das gilt grundsätzlich auch für das Landschaftsbild.

Soweit Ausgleichsmaßnahmen nicht ausreichen, hat die Eingriffskompensation sogar in sonstiger Weise zu erfolgen. Das sind die so genannten Ersatzmaßnahmen. Bei Ausgleichsmaßnahmen muss ein sehr enger räumlichfunktioneller Zusammenhang zwischen dem Eingriff und der Naturschutzmaßnahme bestehen. Bei Ersatzmaßnahmen kann dieser Zusammenhang gelockert werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Kley?

Später; vielleicht hat sich das dann schon geklärt. - Kurz gesagt: Die durchzuführenden Maßnahmen unterliegen nicht der Beliebigkeit.

Kommen wir zum Ökokonto. Entsprechend den eindeutigen rahmenrechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes, die zwangsläufig in Landesrecht übernommen werden mussten, kann lediglich der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Eingriff und der Kompensation gelockert werden. Der räumlich-funktionelle Zusammenhang zu dem jeweiligen Eingriff ist nach wie vor Voraussetzung für die Anrechenbarkeit solcher Maßnahmen.

Das bedeutet, die Ökokontomaßnahmen können nicht einfach in Punkte umgerechnet oder beliebig irgendwelchen eingriffsrelevanten Vorhaben zugeordnet werden, wie es beispielsweise vom Saarland vor der Anpassung des Landesrechts an das neue Bundesnaturschutzgesetz gehandhabt wurde. Das war damals rechtens. Aber verlassen wir das kleine Saarland, wo zumindest der räumliche Zusammenhang zwischen dem Eingriff und der Kompensation fast automatisch gegeben ist.

Kommen wir zurück auf unser Ökokonto. In § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes wird das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt ermächtigt, nähere Einzelheiten, insbesondere zum Verfahren, zu den Zuständigkeiten, zu den Bewertungs- und Anrechnungsgrundsätzen und zu den Grundsätzen über den Handel, durch Verordnung festzulegen. Das ist, wie Ihnen bekannt ist, mit der Ökokontoverordnung vom 21. Januar 2005 geschehen.

Eine Voraussetzung für die Handhabung des Ökokontos war jedoch die Etablierung eines landeseinheitlichen Bewertungs- und Bilanzierungsverfahrens für die Abarbeitung der Eingriffsregelungen. Das ist der Knackpunkt. Dieses Verfahren wurde durch einen Runderlass vom 16. November 2004 verbindlich eingeführt. Im Rahmen einer Erprobungsklausel war dieser Runderlass vorerst auf zwei Jahre befristet worden. Die unbefristete In-Kraft-Setzung muss spätestens bis Ende Dezember 2006 erfolgen. Ich denke, das wird auch so kommen.

Änderungen im Bewertungsmodell, die darauf abzielen, irgendwelche Ökomaßnahmen höher einzustufen, sind gefährlich. Das kann zu erhöhten Aufwendungen für Investitionen führen und diese letzten Endes sogar verhindern. Das ist mit den Fraktionen der CDU und der SPD nicht zu machen.

Um der FDP die Gelegenheit zu geben - die Redezeit ist abgelaufen, die Lampe blinkt schon -, etwas über die Anwendung des Bewertungsmodells nicht nur im Zusammenhang mit den Regelungen zum Ökokonto zu erfahren, haben wir, die regierungstragenden Parteien, einen Änderungsantrag eingebracht.

Mit dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD wird die Landesregierung ersucht, bis Ende 2007 im Ausschuss für Umwelt und im Ausschuss für Landwirtschaft über die Richtlinie zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Sachsen-Anhalt und über deren Handhabung im Genehmigungsverfahren zu berichten. Ich denke, diese Frist ist angemessen. Der Zeitraum bis Ende 2007 ist relativ kurz gefasst. Aber bis zum Jahr 2007 sollten auswertungsrelevante Ergebnisse vorliegen.

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen und den Antrag der FDP Fraktion aufgrund der vorgesehenen zeitlichen Abfolge abzulehnen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Brumme. - Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Kley.

Sehr geehrter Kollege Brumme, ich glaube, Sie haben sich etwas im Ton vergriffen, als Sie uns unterstellten, wir hätten keine Ahnung vom Naturschutzrecht. Diese Unterstellung können Sie sicherlich untersetzen.

Die gegenwärtige Bewertungsrichtlinie würde zum Beispiel zu dem Resultat führen, dass man eine Fläche, etwa einen Acker mit fünf Wertungspunkten, positiver gestalten kann, wenn man eine Straße darauf baut, deren Bankette rechts und links allein mit 16 Wertungspunkten zu Buche schlagen.

Wie sehen Sie diese Problematik im Zusammenhang mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen? Wie sehen Sie die Bewertung der wasserhaushaltlichen Gewichtung von Ödland- und Grünlandflächen im Verhältnis zu Waldflächen? Ist das dort ausreichend wiedergegeben? Haben Sie diese Richtlinie so intensiv studiert, dass Sie sagen können, sie sei hervorragend und nicht zu verbessern und die FDP erzähle nur Blödsinn?

(Beifall bei der FDP)