„Ist dem Gesetzgeber die abschließende Entscheidung über die Festsetzung der Gebührenhöhe vorbehalten, übernimmt er politische Verantwortung für die Gebührenhöhe. Damit kann er auch zur Sicherung der Akzeptanz der Entscheidung bei den Bürgern beitragen, und zwar insbesondere dadurch, dass er die Interessen der Gebührenzahler in seine Entscheidung einbezieht.“
Gerade wegen dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann es der Politik nicht verwehrt sein, in Rundfunkgremien mitzuwirken. Ansonsten würde der politischen Verantwortlichkeit keinerlei Möglichkeit zur Gestaltung und Mitentscheidung gegenüberstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es die SPD mit ihrem Antrag auf die Aktuelle Debatte tatsächlich ernst meint, dann muss sie sich die Frage gefallen lassen, warum sie nicht handelt - die Vorredner gingen darauf ein - und sich nicht an die Spitze der Bewegung setzt, indem sie alle ihre Mitglieder aus den Rundfunkgremien abzieht.
In einem weiteren Schritt muss sie sich darüber hinaus fragen lassen, was sie mit ihren Medienbeteiligungen insbesondere an den großen deutschen Tageszeitungen machen will.
Ich verrate hier wohl kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die Sozialdemokratische Partei Deutschlands die einzige politische Partei in Deutschland ist, die große Medienbeteiligungen hält.
Die SPD sollte ernsthaft überlegen, wie es mit der journalistischen Unabhängigkeit der Presse bestellt ist - Sie haben die Frage aufgeworfen, nicht ich -;
denn Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes schützt neben der Rundfunkfreiheit eben auch die Pressefreiheit als Gewähr für freie, individuelle und öffentliche Meinungsbildung.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Rede mit folgendem Satz beenden: Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen - das ist eine alte Weisheit - und sich insbesondere seine Themen für die Aktuelle Debatte reiflich überlegen. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Borgwardt, für Ihren Beitrag. - Wir kommen dann zum Debattenbeitrag der Partei DIE LINKE. Der Abgeordnete Herr Gebhardt erhält das Wort. Bitte schön, Herr Gebhardt.
Guten Morgen, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern wählte der ZDF-Verwaltungsrat Herrn Peter Frey zum neuen Chefredakteur. Natür
lich wünscht auch meine Fraktion dem neuen Chefredakteur des ZDF alles Gute. Wir wünschen ihm vor allem, dass er es schafft, parteipolitisch unabhängig zu arbeiten, und sich nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis von CDU-Ministerpräsidenten begeben muss
die Aktuelle Debatte, die von der SPD beantragt wurde, weil es in den vergangenen Wochen und Monaten massive Angriffe auf die journalistische Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gab
Die Angriffe gipfelten dann in der Abwahl des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender durch eine von der CDU organisierte Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat. Das geschah, obwohl - Frau Budde hat darauf hingewiesen - ZDF-Intendant Markus Schächter sich deutlich hinter seinen Chefredakteur stellte und ihn erneut für diese Position vorgeschlagen hatte.
Die journalistische Kompetenz von Nikolaus Brender wurde nicht nur vom Intendanten geschätzt. Wenn ich richtig informiert bin, hat sich auch der Fernsehrat des ZDF in einer Abstimmung hinter den Chefredakteur gestellt. Mehrere Chefredakteure überregionaler Tageszeitungen, der Deutsche Journalistenverband, Gewerkschaften und andere gesellschaftlich relevante Organisationen stellten sich hinter Nikolaus Brender. Der I-Punkt war dann, dass er in dieser Woche vom Medienmagazin „Medium“ zum Journalisten des Jahres gekürt wurde.
Dennoch verweigerte der Verwaltungsrat des ZDF eine Vertragsverlängerung, was einen Tabubruch darstellt.
Meine Damen und Herren! Derartige Tabubrüche und Angriffe auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Staatsferne sind jedoch nicht neu. Wenn man einen Blick in die Geschichte unseres Rundfunksystems wirft und sich einmal vor Augen hält, wie unser Rundfunksystem und auch das ZDF entstanden sind - -
Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie unser Rundfunksystem entstanden ist und warum die Kontrollmechanismen heute so sind, wie sie sind.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand im geteilten Deutschland auf der einen Seite, nämlich im Osten, ein
lupenreiner Staatsrundfunk. Ich glaube, dass niemand im Saal sich ernsthaft nach so etwas zurücksehnt.
Die Erfahrung aus der Nazi-Zeit führte in der Bundesrepublik Deutschland zum Aufbau einer föderalen Rundfunkstruktur.
in den 50er-Jahren dazu, dass in der Bundesrepublik eine föderale Rundfunkstruktur entstand. Parallel dazu entwickelte sich in der DDR ein Staatrundfunk. Das habe ich eben gesagt.
(Herr Scharf, CDU: Können Sie vielleicht ein paar Ausführungen zu den Konsequenzen des Staats- vertrags machen?)
Im Jahr 1950 gründeten sich eigenständige Landesrundfunkanstalten, die sich im gleichen Jahr zur ARD zusammenschlossen. Als Vorbild hierfür diente die britische BBC.
In der Bundesrepublik wurde seitdem der Rundfunk durch Gebühren finanziert und mit Kontrollorganen versehen. In der ARD sind das bekanntlich die Rundfunkräte, die aus Vertretern gesellschaftlich relevanter Organisationen bestehen und die die Aufgabe haben, die plurale Programmgestaltung sowie die Einhaltung ethischer Grundsätze zu kontrollieren. Da die ARD allerdings von Anfang an kein Bundesfernsehen war, sondern ein Zusammenschluss von Länderanstalten, gab es von Beginn an politische Konflikte. Die waren vorprogrammiert, weil viele Bundesländer auch zu damaliger Zeit SPDregiert waren, die Bundesregierung allerdings von der CDU gestellt wurde. Seitdem trägt die ARD auch im CDU-Jargon den nicht liebevoll gemeinten Titel „Rotfunk“.