Protocol of the Session on June 27, 2008

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Felke, SPD)

Sechstens. Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass es richtig sein wird, die Mittel aus der in reiner Landeszuständigkeit liegenden Wohnungsbauförderung in den Stadtumbaustädten vorrangig zu investieren. Auch das wird ein zusätzlicher Impuls sein. Sachsen-Anhalts Zukunft wird in diesen Städten liegen.

Meine Damen und Herren! Vielleicht als Abschluss meiner Rede eine persönliche Bemerkung, um noch einmal deutlich zu machen, dass wir über den wohnungswirtschaftlichen Ansatz weit hinaus sind.

Ich glaube, jeder von uns im Landtag wird es so sehen: Es gibt eigentlich kein Thema, das den Landtag bei sehr schmerzlichen Anpassungsprozessen ressortübergreifend derart beschäftigt wie die Frage des demografischen Wandels. Das Stadtumbauprogramm ist wie kein anderes Programm symbolträchtig für eine politische Bewältigungsstrategie dieses demografischen Wandels.

Vielleicht eine Kurzformel: Die Wohnmenge schrumpft, aber die Wohnqualität steigt. So kann man für den demografischen Wandel sagen, dass trotz schmerzlicher Schrumpfungsprozesse und Anpassungsstrategien in Sachsen-Anhalt qualitatives Wachstum möglich bleibt. Kein anderes Programm als das Stadtumbauprogramm Ost symbolisiert das auf trefflichere Weise. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schröder, für Ihren Beitrag. - Ich erteile jetzt dem Abgeordneten Herrn Schrader für die FDP

das Wort. Herr Schrader, es ist heute Ihre erste Rede in dieser Legislaturperiode. Viel Glück! Viel Fortune!

Bei diesem Thema ist das vielleicht nicht ganz so dramatisch. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Tempo, mit dem die Koalition bzw. die SPD-Fraktion hier Probleme und Themen aufgreift, ist schon atemberaubend. Heute wird also ein Bericht debattiert, der erst im Herbst 2008 veröffentlich wird.

(Herr Felke, SPD: Ergebnisse gibt es seit voriger Woche!)

Dass der Bericht erst veröffentlicht wird, können Sie auf der Internetseite Ihres Kollegen Herrn Tiefensee nachlesen.

(Zuruf von Herrn Felke, SPD)

- Schön, dass wir bei dem Thema jetzt endlich auch ein bisschen in die Debatte hineinkommen.

Das ist etwa so, als wenn wir heute debattieren und analysieren, wie das Endspiel der Fußball-EM am Sonntag ausgegangen ist.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Felke, SPD: Deutschland gewinnt!)

- Prima.

Herr Felke, seit 17. Juni 2008 liegen die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen des Gutachtens vor

(Herr Felke, SPD: Sie sagen es!)

und auch die Lenkungsgruppe hat ihre Stellungnahme vorgelegt.

(Zuruf von der SPD)

Aber Ihre Beantragung der Aktuellen Debatte bezieht sich auf den Bericht und der kommt wirklich erst im Herbst.

Stadtumbau Ost ist aber derart wichtig, dass man sich durchaus jederzeit damit beschäftigen sollte. Deshalb nutzen auch wir die Aktuelle Debatte, um unsere Positionierung darzustellen.

Beim Stadtumbau Ost im Jahr 2008 fällt der enorm breite politische Konsens auf - es gibt das eine oder andere, das von der Fraktion DIE LINKE eingebracht wurde -, ich aber behaupte, ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Das war nicht immer so. Denken Sie einmal daran: Ende der 90er-Jahre, um die Jahrtausendwende wollte die damalige SPD-geführte Landesregierung von Abriss überhaupt nichts wissen,

(Frau Weiß, CDU: Das stimmt!)

obgleich der Plattenbauleerstand damals schon sehr offensichtlich war. Es wurden 100 Millionen schwere Programme für den Neubau aufgelegt. Meine Damen und Herren! Daran sollten wir erinnern, wenn wir heute über einen breiten Konsens sprechen. Es war nämlich nicht immer so.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Die wichtigste Schlussfolgerung der Evaluierung ist im Moment nach den Vorberichten: Der Stadtumbau Ost ist erfolgreich und soll deshalb weitergeführt werden. Das ist auch unsere Auffassung. Der Vorschlag geht dahin, dass das Programm bis zum Jahr 2016 fortgesetzt wer

den soll. Die Fördermittel in Höhe von knapp 1 Milliarde € jeweils für Abriss und für Aufwertung bis 2007 sind also gut angelegtes Geld gewesen. Deshalb soll es fortgesetzt werden.

Es ist auch wichtig, dass der kommunale Eigenanteil beibehalten wird. Über die Höhe wird diskutiert werden; das ist klar. Es geht um 20 bis 30 %, und es geht auch um die Frage, ob man den Kommunen eventuell den Eigenanteil erlassen kann. Aber ich sage: Es ist wichtig, auch die kommunale Verantwortung an dieser Stelle mit hineinzunehmen.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Wer nichts dazu bezahlt, hat es auch nicht verdient, dass dort etwas gemacht wird. Es muss den Kommunen ganz einfach wichtig sein.

(Zustimmung bei der SPD, von Herrn Gürth, CDU, und von Herrn Weigelt, CDU)

Meine Damen und Herren! Es ist schon vieles zu Zahlen gesagt worden. Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der immer ein wenig im Hintergrund steht, der aber für meine Begriffe sehr wichtig ist. Das betrifft die Verantwortung der Städte selbst und das bürgerschaftliche Engagement.

Wir reden immer über die Mittel des Landes und des Bundes, aber die Stadt selbst, das bürgerschaftliche Engagement und die Entscheidungen der Stadtparlamente sind ebenso wichtig. Deshalb ist es in erster Linie eigentlich gar nicht eine Angelegenheit von Stadtplanern und Architekten, von Wohnungsunternehmen, von Stadtwerken und anderen Energieversorgern. Stadtumbau ist nicht irgendeine Fördermittelverteilung, sondern ein Prozess, der nachhaltige Konsequenzen für die Städte und ihre Bevölkerung hat.

Stadtumbau steht für Veränderungen in den Städten und in der Gesellschaft und es hat ihn immer gegeben. Deshalb kommt den Bürgern und den Städten hierbei eine besondere Verantwortung zu. Stadtumbau ist eine Chance für die Städte, die sie nutzen wollen. Aber ebenso gibt es Beispiele von Städten, die diese Chancen gerade nicht nutzen. Wohin das führt, kann man deutlich sehen. Ich denke, so eine Debatte ist auch dazu angetan, dass man durchaus einmal konkret wird.

Nehmen wir einmal zwei Städte. Nehmen wir - ich bin hinsichtlich dieser Städte nicht befangen - Aschersleben und Weißenfels. Vielleicht kann man sagen, dass diese Städte nicht unbedingt gleiche Ausgangsbedingungen hatten.

(Frau Weiß, CDU: Na ja!)

Aber 18 Jahre nach der Wende kann man durchaus sagen, dass es Unterschiede gibt. Fahren Sie nach Aschersleben, das einen sehr attraktiven Innenstadtbereich und eine belebte Innenstadt hat. Ursachen hierfür sind für meine Begriffe - wir waren erst kürzlich mit dem Ausschuss dort - mutige städtebauliche Entscheidungen, Kontinuität, eine klare Linie und Eigenengagement.

Was in Weißenfels die Ursachen sind, vermag ich nicht zu sagen. Aber ich vermute, dass die Verantwortung dafür, dass man dort noch nicht so weit ist wie in Aschersleben, ein Stück weit auch bei den städtischen Verantwortungsträgern liegt. Ich habe die Bitte an die Städte, die bisher nicht den Mut dazu aufgebracht haben, dieses in Zukunft besser zu nutzen.

Meine Damen und Herren! Städte, das Zusammenleben und die Lebensgewohnheiten ihrer Bürger haben sich in der Geschichte immer verändert. Stadtumbau hat immer stattgefunden. Das ist keine Erfindung der Neuzeit. Meist sind Städte gewachsen. Aber es gab immer schrumpfende Städte. Viele Städte sind - denken Sie einmal an die Historie - von der Landkarte verschwunden, aus welchen Gründen auch immer.

Dem Stadtumbau Ost lastet der Makel an, dass es nur Abriss ist, weil die Bevölkerung schrumpft. Diesem Makel muss entgegengetreten werden. Die demografische Entwicklung wird immer angeführt. Ich denke, es ist oftmals selbst eingeredet; denn es gibt Kommunen, Städte und Regionen, die wachsen. Man muss sich ernsthaft fragen: Warum ist das so? Warum wachsen diese?

Schaut man genauer hin, stellt man fest: Es geht in erster Linie um die Arbeitsplätze, die dort existieren oder neu geschaffen wurden. Es geht aber auch um das Image der Stadt insgesamt, um die Attraktivität und um das Selbstbewusstsein der Stadt.

Ich erinnere mich sehr gut an eine Ausschusssitzung, die vor einigen Jahren in der Harzregion stattgefunden hat. In einer Stadt wurde uns selbstbewusst berichtet, was man alles geschaffen hat, was man noch alles vorhat und dass es hier oder da noch ein kleines Problemchen gibt, bei dem die Landesregierung vielleicht helfen könnte. Die Stadt - ich muss ihren Namen nicht nennen - blüht, geht voran und wächst auch.

An demselben Tag besuchten wir eine andere Stadt, die uns vorgejammert hat, wie viele Probleme sie hat, dass dieses und jenes nicht funktioniert, dass sie hier und da nicht weiterkommt und dass es ohne das Land überhaupt nicht mehr geht.

Ich frage Sie: Wo geht ein Investor oder eine junge Familie hin, wenn sie so etwas hört? - Sie geht natürlich in die attraktive Stadt, die Selbstbewusstsein nach außen produziert.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das Programm Stadtumbau Ost setzte zunächst beim Abriss an; jetzt geht es um die Aufwertung. Es ist richtig, dass die erste Hälfte der Stadtumbauförderung zunächst auf den Abriss konzentriert war. Das war die wesentliche Aufgabe, um viele Probleme zu lösen. Jetzt geht es um die Neukonzipierung. Wir begrüßen, dass das Programm fortgeführt werden soll und dass in Zukunft 50 % der Mittel für die Aufwertung eingesetzt werden sollen.

Meine Damen und Herren! Es wird in den Zwischenberichten immer wieder darauf hingewiesen, dass es in Sachsen-Anhalt noch ein Problem gibt, welches in anderen ostdeutschen Bundesländern so wahrscheinlich nicht existiert. Darauf sollte man schauen. Es geht um die Einbindung der privaten Hauseigentümer, bei der es anscheinend besondere Probleme gibt. Es geht oftmals um nicht vorhandenes Eigenkapital und um die Vielfalt der Hauseigentümer, die bei Altbauquartieren mehrfach auch als Erbengemeinschaften vorhanden sind. Ich denke, an dieser Stelle sollte man besondere Anstrengungen unternehmen. Wenn man das nämlich nicht in die Reihe bekommt, dann kann man solche Altbauquartiere nicht sanieren. Ich möchte die Regierung darum bitten, hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen.

Ein letzter Punkt. Die IBA 2010 muss man als Kompetenzlabor und als einzigartiges Modell zur Erprobung

neuer Stadtkonzepte würdigen. Hierbei hat Sachsen-Anhalt eine ganz besondere Stellung im Stadtumbau und sollte diese weiterhin nutzen. Ich denke, die IBA ist bereits jetzt zu einem Qualitätsmerkmal dafür geworden, wie mit Stadtumbau umgegangen werden soll. Wir sollten als ganzes Land durchaus mit Stolz auf dieses Thema blicken.

(Zustimmung bei der FDP und von Minister Herrn Dr. Daehre)