Protocol of the Session on June 27, 2008

(Zustimmung bei der FDP und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Meine Damen und Herren! Es ist viel geschehen. Die Städte in Sachsen-Anhalt haben in den letzten 18 Jahren alle ihr Gesicht verändert. Fragen Sie Leute, die vor 15 Jahren zum letzten Mal hier gewesen sind, sich Städte angeschaut haben und nach 15 Jahren wieder hierher kommen. Diese Leute sagen Ihnen alle ausnahmslos: Das, was in so einer kurzen Zeit passiert ist, hätten wir nicht gedacht.

Uns, die wir es jeden Tag sehen, fällt es natürlich nicht so auf. Aber es bleibt noch viel zu tun. Lassen Sie uns das Stadtumbauprogramm mit neuer Ausrichtung nutzen, um auf diesem Weg weiterzugehen. Dann ist mir um das Land nicht bange. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Schrader. - Ich sehe keine weiteren Wünsche, die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt fortzuführen. Beschlüsse hierzu werden entsprechend unserer Geschäftsordnung nicht gefasst. Das erste Thema der Aktuellen Debatte ist damit abgeschlossen.

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Abflauende wirtschaftliche Dynamik in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/1348

Die Reihenfolge der Redebeiträge ist wie folgt vereinbart worden: FDP, SPD, DIE LINKE, CDU. Zunächst erteile ich Herrn Franke für die Antragstellerin, die FDP-Fraktion, das Wort. Anschließend wir Herr Minister Dr. Haseloff sprechen. Bitte schön, Herr Franke.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wirtschaftsdynamik in Sachsen-Anhalt flaut ab. So titelte nicht nur eine Regionalzeitung im Land, so beschreiben es auch die Ergebnisse des so genannten Bundesländerrankings der „Wirtschaftswoche“ und der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft in ihrer neuesten Veröffentlichung. Sachsen-Anhalt fällt im Dynamikranking dramatisch von Platz zwei auf Platz zehn. Beim Bestandsranking fällt das Land Sachsen-Anhalt auf den letzten Platz und ist damit noch hinter Mecklenburg-Vorpommern. Bundesweit haben wir im Mai 2008 wieder die Rote Laterne bei der Arbeitslosenquote.

Die Frage ist: Wohin geht die Entwicklung? Wird Sachsen-Anhalt wieder Schlusslicht im deutschlandweiten Vergleich?

Im ersten Ranking, das die „Wirtschaftswoche“ durchführte, wurde der Zeitraum vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2002 herangezogen, also die Entwicklung in den

letzten Jahren der Regierung Höppner. Damals fand sich Sachsen-Anhalt auf dem zwölften Rang wieder. Nach dem Regierungswechsel kam es unter einem FDP-geführten Wirtschaftsministerium zu den Platzierungen vier, neun und fünf.

(Beifall bei der FDP)

Im vorigen Jahr waren wir zwar nicht mehr an der Regierung beteiligt, aber der Betrachtungszeitraum erstreckte sich auf die Jahre 2004 und 2006. In diesem Zeitraum konnte Sachsen-Anhalt sogar die zweitstärkste Wirtschaftsdynamik vorweisen.

In diesem Jahr werden als Vergleichzeitraum die Jahre 2004 und 2007 herangezogen. Der Abfall der Wirtschaftsdynamik im Jahr 2007 schleudert Sachsen-Anhalt von einem der dynamischsten Länder auf das untere Mittelfeld zurück.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Unglaublich!)

Kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, dass die Statistiken nicht richtig sind oder dass das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2007 falsch berechnet wurde. Es scheint eher so, als habe die Regierung mit der FDP die treibende Kraft, sozusagen den Motor verloren.

(Beifall bei der FDP - Oh! bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: Tätä, tätä, tätä! - Zuruf von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Der Pfeil zeigt abwärts.

(Unruhe)

Dieser Eindruck verfestigt sich, wenn man auf das so genannte Bestandsranking schaut.

(Herr Gürth, CDU: Ja, ist denn heute schon Kar- neval?)

- Herr Gürth, das sind die Istwerte und beim Vergleich dieser Istwerte schließt sich der Kreis. Sachsen-Anhalt ist wieder hinter Mecklenburg-Vorpommern auf den letzten Platz gefallen. Dort stand Sachsen-Anhalt das letzte Mal im Jahr 2002 als Ergebnis der acht Jahre HöppnerSPD-Regierung.

(Beifall bei der FDP)

Ich könnte an dieser Stelle eine umfassende Analyse dieses Rankings vornehmen. Die positiven Werte betreffen die Kategorien Standort, Kinderbetreuung oder Schulabgänger ohne Abschluss. Doch machen wir uns nichts vor, gerade in diesen Bereichen liegen die Werte der Bundesländer äußerst dicht beieinander, sodass uns vom 15. Platz Bremens kaum etwas trennt.

Beim Arbeitsmarkt liegen wir mit einem sechsten Platz auch im Vorderfeld. In dieser Kategorie liegen allerdings alle ostdeutschen Länder vorne, da sie aufgrund ihrer hohen Arbeitslosenquoten auch einen stärkeren Abbau der Arbeitslosigkeit infolge der wirtschaftlichen Belebung vorweisen können.

Ein besseres Ergebnis als Platz 6 blieb Sachsen-Anhalt indes verwehrt, da es das einzige Bundesland ist - ich wiederhole: das einzige -, in dem sich die Erwerbstätigenzahlen negativ entwickelt haben.

Oder die negativen Kategorien wie Struktur, Pro-KopfVerschuldung oder Wohlstand: Auch da könnte man jetzt noch einmal in die Tiefe gehen. Ich verzichte hier auf

eine tiefgründigere Analyse; denn zusammenfassend ergibt sich das Bild eines Landes, das einmal auf einem guten Weg war, das an Geschwindigkeit zulegte und Fahrt aufnahm, inzwischen jedoch wieder in Stagnation zurückfällt.

(Unruhe bei der CDU und bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Herr Kollege, Herr Kollege!)

Manch einer gibt nicht viel auf derartige Rankinglisten. Lassen Sie uns deshalb noch einen Blick auf den aktuellen Arbeitsmarktbericht vom Mai werfen. Die Zahlen zeigen, dass die Arbeitslosenquote im Mai mit 14,5 % leicht geringer ausfällt als im April. Die Arbeitslosenquote ist auch im Vergleich zum Mai 2007 gesunken. Das ist jedoch nur die eine Seite der Medaille.

Die Zahlen zeigen auch: Sachsen-Anhalt ist in diesem Bereich wieder hinter Mecklenburg-Vorpommern zurückgefallen, und das noch vor der Saison. Wir brauchen uns keinen Illusionen hinzugeben, in den nächsten Monaten wird Sachsen-Anhalt hinter Mecklenburg-Vorpommern zurückbleiben. Sachsen-Anhalt wird nicht nur vorübergehend, sondern auch im Jahresdurchschnitt 2008 erstmals seit 2003 wieder die Rote Laterne bei den Arbeitslosen übernehmen.

Wie reagiert nun der Wirtschaftsminister des Landes auf diesen Fakt? In einer Pressemitteilung vom 29. Mai kritisiert er die Arbeitsgemeinschaften, dass sie in zu geringem Maße aktive Arbeitsmarktförderung betreiben.

Herr Minister Haseloff, die Arbeitsgemeinschaften können unsere strukturellen Probleme auch mit noch so vielen Arbeitsmarktprogrammen nicht lösen. Sie setzen hierbei die falschen Schwerpunkte. Keine Arbeitsagentur und auch kein Arbeitsmarktprogramm wird langfristig Arbeitsplätze schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe es im letzten Monat gesagt und ich sage es wieder: Nur Unternehmen schaffen Arbeitsplätze.

(Beifall bei der FDP)

Doch wo bleibt die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Unterstützung der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks? Wo bleibt der von der Koalition angekündigte Abbau der Überregulierung und der Bürokratie und die Fortsetzung der Politik der Entbürokratisierung?

(Frau Budde, SPD, unterhält sich mit Herrn Gürth, CDU)

- Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag, Frau Budde. Frau Budde, hören Sie doch mal zu! Ich will Ihnen ein Stück aus Ihrem Koalitionsvertrag vorlesen:

„Wir streben auf Bundesebene an, Modellregion für Bürokratieabbau und besonders schnelle Genehmigungsverfahren zu werden.“

Bislang vermisse ich jegliche Initiative. - Ich zitiere weiter aus dem Koalitionsvertrag:

„Alle beschäftigungs- und investitionshemmenden Vorschriften sollen evaluiert und so weit als möglich verändert werden. Berichtspflichten wie statistische Erhebungen sollen verringert werden. Hierzu erforderliche Maßnahmen im Kompetenzbereich des Landes Sachsen-Anhalt sollen bis Ende des zweiten Quartals 2007 auf den Weg gebracht werden.“

Wo bleibt diese Evaluierung? Wo bleiben die Maßnahmen? - Das Gegenteil ist der Fall. Die statistischen Meldepflichten gegenüber den Unternehmen nehmen weiter zu. Aufgrund immer mehr zusätzlicher Regulierung und neuer Auflagen werden die Bearbeitungszeiten von Genehmigungsverfahren immer länger. Es scheint, als suchten die Ämter und Behörden zusätzliche Arbeit und hätten sich die Unternehmen als Zielgruppe zur Lieferung von statistischen Daten und Erhebungen auserkoren.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Mit Ihrer Rankingsucht, damit Sie hier heute überhaupt reden können! - Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Aber auch gute Ansätze verkehren sich ins Gegenteil. Die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen zum Beispiel haben für kleine Unternehmen keine Vereinfachung gebracht, was das Ziel war, sondern haben den Zeitaufwand erheblich gesteigert. Was ein Handwerker früher für den Arbeitnehmer in zehn Minuten per Hand erledigte, dauert heute aufgrund der zusätzlichen elektronischen Lohnsteuerbescheinigung mit Beantragung der Zertifikate, den Downloads, aber noch ohne Zusendung von Aktivierungscodes mindestens zwei Stunden, im ISDN-Bereich - das ist auf dem flachen Land die Regel - noch länger. Die Ämter wälzen ihre Arbeit auf die Unternehmen ab.

Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag:

„Die Koalition setzt sich für die Erarbeitung gemeinsamer wirtschaftspolitischer Entwicklungsstrategien der ostdeutschen Länder ein. Ziel ist es, die länderübergreifende Harmonisierung von Förderprogrammen voranzutreiben und eine bessere Abstimmung von Verwaltungsverfahren zu erreichen.“

Ich kenne bisher keine Aktivitäten.

Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag: