Protocol of the Session on June 27, 2008

schaftliche Situation der Wohnungsunternehmen. Es geht um das Zinsniveau, um §6a-Unternehmen und deren Ertragslage. Es geht um die fehlende positive Eigenkapitalrentabilität, die wirtschaftliche Situation der privaten Einzeleigentümer und natürlich auch um die Entwicklung der Investitionstätigkeit.

In dem Gutachten werden die Segnungen der als Teil des Stadtumbaus Ost geltenden erhöhten Investitionszulagen bis zum Jahr 2004 gerühmt, die zu zusätzlichen Modernisierungsmaßnahmen in den innerstädtischen Altbaugebieten führten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Als langjähriger Interessenvertreter der Bauwirtschaft ist mir der verblichene Reiz der Investitionszulage für die Baubetriebe sehr gut vertraut. Nur: Wer investiert bei fehlender Nachfrage?

Das Gutachten äußert sich nicht über die Wertung von Steuersparmodellen zulasten von Einnahmeausfällen bei der öffentlichen Hand, was übrigens auch für das aktuelle zweite Klimaschutzpaket der Bundesregierung gilt. Das darf eben auch nicht ein Ersatz für den in SachsenAnhalt um 30 % eingebrochenen Wohnungsbau werden; denn das Ganze ist dann pflichtgemäß vom Bürger zu finanzieren.

Wir müssen uns auch darüber unterhalten - das hätte ich auch gern vom Minister erfahren -, wie sich die Landesregierung zu den sich daraus ergebenden finanziellen Zusatzbelastungen für die Bürger positioniert. Wir müssen eben auch bedenken, dass es zu einem zentralen Bestandteil der Politik gehört, Wohneigentum als zentrale Form der Altersvorsorge zu fördern. Aktuell liegt der Entwurf des Eigenheimrentengesetzes mit allem Für und Wider vor.

Herr Dr. Daehre hat mit Recht bekannte Zahlen genannt, beeindruckende Zahlen. Die zentrale Aussage des Gutachtens kann man aber eigentlich auf die Projektion hinsichtlich der künftigen Leerstandsentwicklung zusammenfassen. Ich zitiere:

„Um das Ziel zu erreichen, den Leerstand bis 2020 nicht ansteigen zu lassen... und die erreichten Erfolge zu sichern, sind auch weiterhin erhebliche Förderanstrengungen... nötig.“

In dieser zentralen Aussage liegt der Grund für die Bewertung des Gutachtens durch meine Sprecherkollegin aus der Bundestagsfraktion der LINKEN Heidrun Bluhm. Sie fordert wörtlich: Der Stadtumbau muss mehr sein als ein Begleitprogramm für den wirtschaftlichen Niedergang Ostdeutschlands; denn insgesamt fehlt es noch immer an einem Gesamtkonzept für den Aufbau Ost mit dem Ziel, den Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit, Abwanderung, Geburtenrückgang und sich abzeichnendem punktuellen Fachkräftemangel zu durchbrechen.

Das Stadtumbauprogramm konzentriert sich eben sehr stark auf die Wohnungsbauwirtschaft und darf sich nicht nur um Leerstandsdebatten drehen. Es geht auch darum, Lebensqualität und Lebenschancen der Menschen dauerhaft zu verbessern. Dazu gehört auch, dass ein weiterer Abbau der öffentlichen Daseinsvorsorge oder deren Privatisierung oder die Ausdünnung des ÖPNV soziale Spannungen verschärfen.

Vorhandene kleine Förderprogramme, so gut sie auch gemeint sein mögen, wie zum Beispiel das Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - Die soziale Stadt“ oder auch unser Landesfördermittelwett

bewerb „Städte- und wohnungsbauliche Modellprojekte in Sachsen-Anhalt“ enthalten doch schon im Namen den singulären Ansatz. Das genügt aber nicht.

Die IBA-Planung - Herr Minister hat darauf hingewiesen - versucht diesbezüglich die gedankliche Erweiterung, bleibt jedoch immer auf die teilnehmenden Städte beschränkt.

Der Stadtumbau muss ein Gesamtkonzept zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sein. Er muss darüber hinaus zu einem Leitbild der alten- und familiengerechten Wohnkultur finden. Deswegen war die Frage der Kollegin Mittendorf nach den Mitteln für Kleingärten nicht unberechtigt. Nur, die Konsequenz ist dann wieder, dass diese Mittel möglicherweise für die Wohnungswirtschaft fehlen werden.

Es freut mich zu hören, dass auch die Bundesspitzen der Koalitionsparteien nun den Osten neu entdecken, wie wir der heutigen Zeitung entnehmen können. Aber in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ist auch ein treffender Kommentar unter der Überschrift zu lesen: Es handelt sich eben doch um „harmlose Allgemeinplätze“.

(Frau Weiß, CDU: Ha, ha!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der erste Statusbericht der Bundestransferstelle zum Stadtumbau stellte bereits im Jahr 2006 fest, dass erkennbar ist, dass die ostdeutschen Städte erst am Anfang eines langfristigen und tiefgreifenden Schrumpfungsprozesses stehen. Die Verbände der Wohnungswirtschaft konstatierten im April 2008 noch deutlicher, dass es ab dem Jahr 2010 eine zweite Leerstandswelle geben wird, die die bisherigen Dimensionen überschreiten wird. Herr Felke hatte das erwährt.

Um nicht missverstanden zu werden noch einmal ganz deutlich: Auch die Fraktion DIE LINKE sieht die Notwendigkeit einer Fortsetzung des Stadtumbauprogramms Ost - das betone ich - über das Jahr 2009 hinaus. Unser Blick geht jedoch über die reine wohnungswirtschaftliche Bestimmung hinaus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Während des letzten Treffens mit dem Bund der Architekten im Mai 2008 in Halle sollte über konzeptionelle Lösungen für die Stadt der Zukunft beraten werden. Noch vor der Präsentation einzelner Lösungsbeispiele wurde die gesamte bisherige Stadtumbauförderung sehr sarkastisch charakterisiert. Ich zitiere:

„Die bisherige Förderung bedient die Lobby der Immobilienwirtschaft und alimentiert den Mittelstand.“

Aber mit der Frage „Wem gehört die Stadt?“ sind nicht nur die Eigentumsverhältnisse, genauer die prozentuale Verteilung des Immobilienbesitzes gemeint, sondern auch die Aufgaben und Funktionen einer Stadt, die in den Mittelpunkt gerückt werden müssen. Das ist eine Herangehensweise, die ich ausdrücklich unterstütze.

Mit der Großen Anfrage unserer Fraktion zur Raumentwicklungspolitik, deren Beantwortung seit Ende Mai 2008 vorliegt, sollte unter anderem auf die künftige Fähigkeit der Kommunen hingewiesen werden, Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht nur in größeren Städten, sondern auch in der Fläche zu gewährleisten.

Klärungsbedarf gab und gibt es für die Fraktion DIE LINKE besonders nach dem gesetzgeberischen Schnellverfahren vom Dezember 2007 zu den Grundsätzen der

Landesentwicklungsplanung, auf deren Fragwürdigkeit und drohende negative Auswirkungen Dr. Uwe Köck für unsere Fraktion nachdrücklich hinzuweisen veranlasst war.

Auf die Fragestellungen nach den öffentlichen Aufgaben einer Stadt oder nach den Stadt-Umland-Beziehungen gehen weder das Gutachten noch die Stellungnahme der Lenkungsgruppe in nennenswertem Maße ein.

Wie verhalten wir uns nun zu einer weiteren zentralen Forderung nicht nur aus dem Gutachten, sondern auch aus den letzten Erklärungen der Verbände der Wohnungswirtschaft, wonach das Stadtumbauprogramm Ost in Zukunft flexibler sein und es um Planungssicherheit für die Kommunen und die Träger des Stadtumbaues gehen muss? Das Verhältnis von Rückbau und Aufwertung müsse in konkrete und bestandssichere Handlungsstränge auch bezüglich der unterschiedlichen Verantwortungen gesetzt werden. Ich zitiere:

„Die Praxis jährlicher Verwaltungsvereinbarungen muss beendet werden, kommen sie doch erst in der zweiten Jahreshälfte bzw. im dritten Quartal des jeweils laufenden Jahres zum Tragen.“

Kurz: Der Widerspruch zwischen mittel- und langfristig zu organisierenden Umbauprozessen und jährlicher Finanzierung muss beseitigt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

In diesem Zusammenhang wird von allen Beteiligten regelmäßig auch die Verfahrensvereinfachung, also das Stichwort Entbürokratisierung, angemahnt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits während der Debatte am 28. Februar 2008 zur Nutzung der IBA 2010 als Kompetenzforum zum Stadtumbau sind sich alle Redner darin einig gewesen, diese Diskussionen im Fachausschuss für Landesentwicklung und Verkehr fortzusetzen.

Herr Stappenbeck aus dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr hatte sich auch während der auswärtigen Beratung am 7. Mai 2008 in Aschersleben erwartungsgemäß als kompetenter Berichterstatter erwiesen. Die Diskussion blieb gering. Vielleicht weil er dem Ausschuss vorgeschlagen hatte, über die Ergebnisse der Wirkungsanalyse, eben jenes Gutachtens und der Stellungnahme der Lenkungsgruppe, die vom Land Sachsen-Anhalt aktiv begleitet wurde, nach der Sommerpause zu berichten, stimmte ihm der gesamte Ausschuss widerspruchslos zu.

Warum genügt das nun nicht mehr? Warum diese beschlusslose Aktuelle Debatte?

Für künftige Beratungen im Fachausschuss wünsche ich uns konkrete Auswertungen, die sich von jenen unterscheiden müssen, die ich eingangs zur Drs. 5/1124 erwähnen musste. Dann sollte es uns gelingen, eine vorrangige Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zum Stadtumbau tatsächlich mindestens gleichrangig mit den Themen Stadtentwicklung, Wirtschafts- und Sozialentwicklung sowie Erfüllung kommunaler Aufgaben zu verbinden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Henke, herzlichen Dank für Ihren Beitrag. - Wir kommen zum nächsten Debattenbeitrag. Für die Frak

tion der CDU hat der Abgeordnete Herr Schröder das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man stelle sich einmal vor, es würde den Stadtumbauprozess in Sachsen-Anhalt nicht gegeben haben: mehr Leerstand, mehr Verfall, kommunale Finanzkrisen durch möglicherweise insolvente Wohnungsunternehmen, mehr Baulücken, mehr Brachen in jeder Stadt, 55 000 mehr leer stehende Wohnungen als jetzt und 264 Millionen € weniger Fördermittel für die Aufwertung unserer Städte. Vielleicht hätten wir heute eine Aktuelle Debatte über insolvente Wohnungsunternehmen, kommunale Finanzkrisen und den Domplatz voller protestierender Mieter. Zum Glück haben wir heute eine Aktuelle Debatte zur Zukunft des Stadtumbaus und das ist gut so.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Wir haben seit sechs Jahren Erfahrungen mit dem Programm, und es ist gut, dass wir dieses Programm haben. Wir haben unsere Situation im Land stabilisiert, aber die Probleme haben wir noch nicht gelöst. Der verfügbare Wohnraum im Verhältnis zur Einwohnerzahl wächst sogar wieder an. Es ist richtig, dass wir das Know-how, dass wir in den letzten sechs Jahren gewonnen haben, auch international mit der Internationalen Bauausstellung IBA 2010 zu vermarkten beginnen.

Natürlich ist diese wohnungswirtschaftliche Bestimmung des Themas nicht allein ausreichend. Herr Henke hat darauf hingewiesen, aber DIE LINKE ist dort nicht allein, sondern im Klub aller Fraktionen, wie das auch durch die Vorreden und auch durch die Rede des Ministers dargestellt worden ist.

Wenn man alle Bund-Länder-Programme und die kommunalen Mittel einmal zusammenrechnet, stehen für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 allein für die IBA-Modellstädte etwa 96 Millionen € zur Verfügung. Wenn sich zum Beispiel in meiner Heimatstadt Sangerhausen eine japanische Regierungsdelegation ansagt und nicht zu den Rosen will, sondern sich die Modellstadt Sangerhausen anschauen und Erfahrungen sammeln will, wie wir in Sachsen-Anhalt mit dem Stadtumbau umgehen, dann sind wir auf einem guten Weg, und ich möchte, dass wir diesen Weg gemeinsam fortsetzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Es hat Empfehlungen zur Evaluierung des Bund-LänderProgramms Stadtumbau Ost gegeben. Das ist der Anlass unserer heutigen Debatte, und es ist gut, dass es einen politischen Konsens darüber gibt, dass wir nicht darüber streiten, ob wir das Programm fortsetzen, sondern darüber, wie wir den Stadtumbau in Sachsen-Anhalt fortsetzen. Ich möchte kurz für unsere Landtagsfraktion auf einige wesentliche Punkte hinweisen, die für uns dabei von besonderer Bedeutung sind:

Erstens. Natürlich wollen auch wir, dass der Stadtumbau in Sachsen-Anhalt über das Jahr 2009 fortgesetzt wird. Empfohlen wird ein Zeitraum bis 2016. Wenn wir über eine Verlängerung von sieben Jahren nachdenken, dann sollten wir nach wie vor zum Zwecke der Planungssicherheit prüfen, die abzustimmenden Verwaltungsvereinbarungen möglicherweise mehrjährig zu gestalten. Wir brauchen - darauf hatte ich hingewiesen - weiterhin

eine deutliche Komponente für den Abriss und beim Thema Aufwertung nach wie vor die Ermächtigung für die Länder, den kommunalen Eigenanteil auf 20 % abzusenken.

Zweitens wollen wir die vollständige Inanspruchnahme der Strukturfondsmittel in Höhe von 60 Millionen € aus der EU-Förderperiode bis 2013 für den Zweck des Städtebaus.

Drittens wollen wir bei der Frage der Altschuldenproblematik die schon angesprochene flexible Handhabung der Härtefallregelung und die Verlängerung der Abrissfrist bis 2013.

Viertens wollen wir, dass wir den Bereich der notwendigen technischen Infrastrukturanpassung in unseren Städten als separaten Fördertatbestand ansehen und ressortübergreifend weiter unterstützen.

Fünftens. Das ist für die CDU ganz wesentlich; Herr Henke hat es angedeutet: Stadtumbau ist nur erfolgreich, wenn es uns gelingt, privates Kapital einzubinden. Es ist gut, dass wir nicht nur bei der Frage der Alterssicherung, sondern auch bei landesspezifischen Regelungen - ich erwähne unsere Wohneigentumsförderung - versuchen, über Wohneigentumsförderung auch im Bestand privates Kapital stärker zu akquirieren.

Als Fachpolitiker möchte ich sagen: Ich würde es schon begrüßen, wenn es gelänge, die Investitionszulage, die im Jahr 2004 abgeschafft worden ist, wenigstens für Bestandsinvestitionen im Altbaubereich wieder einzuführen. Auch das wäre eine Möglichkeit, privates Kapital zu gewinnen.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Felke, SPD)