Zu den konkreten Dingen haben wir einen Alternativantrag formuliert, der Ihnen allen vorliegt. Ich verweise insofern auf die fünf Punkte, die wir darin aufgeführt haben.
Ansonsten bleibt mir noch zu vermelden, dass seit Ende Juni 2007 ein inzwischen zwischen allen Ministerien des Bundes abgestimmter Entwurf des Eisenbahnneuord
nungsgesetzes vorliegt. Die dis dato bestehenden verfassungsrechtlichen und bilanziellen Bedenken wurden inzwischen ausgeräumt. Minister Herr Dr. Daehre wies bereits darauf hin, dass es in den folgenden Beratungen im Bundestag, aber insbesondere auch im Bundesrat darum gehen wird, die Interessen der Länder weiter zu konkretisieren und in den weiteren Verhandlungsablauf einzubringen.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass seit dem 1. Januar 2007 alle Eisenbahnverkehrsunternehmen in Europa ihre Verkehre auch in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anbieten können.
Insofern muss es der DB als der größten europäischen Bahn letztlich gelingen, sich entsprechend auch in Europa aufzustellen. Hierfür reicht es nicht aus, sich auf den deutschen Markt zu konzentrieren. Dort wird ohne Zweifel durch mehr Wettbewerb auch ein Verlust an Marktanteilen eintreten, den man aber sicherlich mit einer gut aufgestellten Deutschen Bahn AG als Konzern im europäischen Maßstab zumindest wieder wettmachen kann. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Alternativantrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Doege, Sie nahmen Bezug auf die gemütliche Deutsche Reichsbahn. Ist Ihnen bekannt, dass diese gemütliche Deutsche Reichsbahn vor ca. 80 Jahren die gesamten Reparationen des Deutschen Reiches aus dem Ersten Weltkrieg in Höhe von 600 Millionen Goldmark gezahlt hat?
Ist Ihnen darüber hinaus bekannt, dass diese gemütliche Deutsche Reichsbahn im Gegensatz zur heute wirkenden Deutschen Bahn AG äußerst lukrativ und gewinnbringend gefahren ist und gewirtschaftet hat und darüber hinaus auch dem Allgemeinwohl gedient hat?
Herr Heft, wie wirtschaftlich Verkehre in den bewussten 40 Jahren betrieben worden sind, konnten wir uns, glaube ich, an der Infrastruktur, ob auf der Straße, der Schiene oder auf dem Wasser, ansehen.
Ich weiß nicht, was dort in den 40 Jahren an Wirtschaftlichkeit passiert ist. Wir haben heute eine Menge Nachholbedarf an der Schieneninfrastruktur, aber auch auf den Straßen und auf den Wasserstraßen, weil zu DDRZeiten vieles auf Verschleiß gefahren worden ist und weil die Unterhaltungsmaßnahmen, die notwendig gewesen wären, letztlich nicht realisiert worden sind. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Doege. - Nun spricht für die FDPFraktion Herr Wolpert. - So glaubte ich zumindest. Es spricht jedoch Herr Professor Paqué. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die ursprüngliche Planung, die vorsah, dass dieser Tagesordnungspunkt am gestrigen Abend behandelt werden sollte, geändert worden ist, habe ich die Ehre, heute zu diesem Thema zu sprechen.
Lieber Herr Heft, bei der Lektüre dieses Antrages der Linkspartei.PDS fühlte ich mich an den gestrigen Antrag zur Verlängerung des Briefmonopols der Post erinnert. Es ist in der Tat so, Herr Heft, dass man, wenn man historisch zurückblickt, denjenigen, die die Reichsbahn in der Kaiserzeit und in der Zeit der Weimarer Republik aufgebaut haben, nicht unbedingt einen Vorwurf machen kann. Die Reichsbahn war für die damalige Zeit sicherlich gut aufgestellt.
Aber man darf auch daran erinnern, dass anschließend in der DDR-Zeit 40 Jahre lang auf Verschleiß gefahren wurde. Als Sie vorhin den privaten Betreibern vorwarfen, sie hätten eine Neigung dazu, auf Verschleiß zu fahren, musste ich doch ein bisschen schmunzeln. Wenn man sich den Zustand der Infrastruktur am Ende von 40 Jahren Sozialismus angesehen hat, dann musste man feststellen, dass dieser katastrophal war, und das auch dank der Tatsache, dass ein staatssozialistisches Unternehmen die Sache betrieb.
Jetzt halten Sie ein Plädoyer für einen Staatsmonopolkapitalismus; das haben Sie bereits gestern im Zusammenhang mit der Post gemacht. Das ist absolut nicht überzeugend. Die Zeiten haben sich geändert.
Wir müssen auch im Bereich des Verkehrs Wettbewerb zulassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS, wenn Sie Wettbewerb so eng definieren, wie Sie das vorhin getan haben, dass zur gleichen Zeit auf der gleichen Schiene ein privater oder öffentlicher Zug fährt, dann - Gott im Himmel - gibt es natürlich nirgends in der Welt Wettbewerb. Denn Wettbewerb besteht darin, dass auch die Angebote ein bisschen nach der Qualität, nach der Zeit oder Sonstigem differenzieren. Wettbewerb ist in diesem Sinne etwas Kreatives.
Selbst wenn es im Ergebnis tatsächlich einmal so ist, dass nur ein Anbieter da ist, heißt das noch nicht, dass dort kein Wettbewerb herrscht, solange der Marktzutritt offen ist. Dieser offene Marktzutritt sorgt auch für eine entsprechende Preisbildung.
An dieser Stelle muss ich Minister Herrn Dr. Daehre Recht geben. In Sachsen-Anhalt hat sich das Element von Konkurrenz, welches wir im privaten Sektor durch private Betreiber haben, sehr vernünftig entwickelt. Wir können zwar nicht sagen, dass das ein riesiger Anteil ist, aber es ist ein vernünftiges Element des Wettbewerbs.
Deswegen ist der Weg in die Richtung der Privatisierung des rollenden Materials, also das Zulassen des Wettbewerbs auf den Schienen, grundsätzlich völlig richtig. Auch der Weg in die Richtung einer Teilprivatisierung ist richtig. Wir als FDP unterstützen dies.
Was das Netz betrifft, muss - das wurde mehrfach gesagt - Folgendes absolut gewährleistet sein: Die Interessen der Länder müssen an dieser Stelle vernünftig aufgenommen werden. Herr Daehre hat das im Detail angesprochen. In diesem Bereich ist sicherlich noch eine Menge zu klären. Das sollte möglichst auch im zuständigen Ausschuss geschehen. Die Materie ist nämlich sehr kompliziert. Es gibt wenige Bereiche, die derart kompliziert sind, sofern es um den Wettbewerb und die infrastrukturellen Voraussetzungen des Wettbewerbs geht.
Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass ein fairer Wettbewerb auf den Schienen stattfindet. Insofern müssen die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein. Man muss sich deshalb das Eigentumsmodell, das hier in Rede steht, sehr genau ansehen.
Das kann nur unter den Fachleuten im Ausschuss geschehen. Deswegen würden wir dafür plädieren, beide Anträge an den Ausschuss zu überweisen und dort über die anstehenden Fragen unter den Fachleuten intensiv zu diskutieren. - Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Professor Paqué, möchten Sie noch eine Frage von Herrn Dr. Köck beantworten? - Nein. Wir kommen zum Beitrag der CDU-Fraktion. Ich erteile nun Herrn Schröder das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Heft, Sie entführen uns mit Ihrem Antrag in eine Welt sozialistischer Schwarz-Weiß-Malerei. Diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen.
Das ist eine ganz einfache Welt: Es gibt ein Grundbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger an Mobilität. Ein attraktiver Schienenverkehr gehört dazu. Der Staat hat das selbstverständlich zu garantieren. Die Willkür - so haben Sie sich ausgedrückt - privater Monopolisten verbietet sich. Das Allgemeinwohlinteresse geht vor Shareholder Value. - Und schon ist das Buch zu.
Meine Damen und Herren! Die Welt mag für Sie so einfach sein - für uns ist sie es nicht. Für die Ziele der Bahnreform, nämlich den Steuerzahler zu entlasten und Verkehre auf die Schiene zu verlagern, haben Sie kein Rezept. Sie negieren, verneinen und kritisieren sehr ausführlich, sehr umfassend und mit sehr vielen Zahlen den politischen Antwortversuch, diese Ziele durch einen fairen Wettbewerb zu erreichen. Aber ein Rezept haben Sie nicht.
Sie schießen nicht nur falsch; Sie schießen auch zu schnell. Der Minister hat darauf hingewiesen. Sie fordern die Landesregierung auf, einen Gesetzentwurf abzulehnen, den es de facto nicht mehr gibt. Nach meinen Informationen liegt ein Entwurf vom 29. Juni 2007 vor, der im Bundeskabinett am 24. Juli 2007 beraten werden soll. Erst dann gibt es einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, in den die Länder einzubinden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werbe für unseren Alternativantrag. Wir wollen die Landesregierung auffordern, sich bundespolitisch für eine Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG nach dem Eigentumsmodell einzusetzen, bei dem die Infrastrukturver
antwortung des Bundes und damit ein diskriminierungsfreier Netzzugang und ein fairer Wettbewerb umfassend gesichert sind.
Meine Damen und Herren! Nur dieses Eigentumsmodell und nur der Börsengang ohne Netz wahrt am ehesten die Interessen der öffentlichen Hand und sichert langfristig den Einfluss des Landes auf die Netzentwicklung.
Das, was jetzt geplant ist, muss vor diesem Hintergrund und auch hinsichtlich der Zustimmungsfähigkeit im Bundesrat bewertet werden. Im Zuge der Privatisierung von Konzernteilen ist dafür unbedingt eine Bewertung des Netzzustandes erforderlich. Nur dadurch gibt es Klarheit über den tatsächlichen Investitionsbedarf auf der Schiene.
Wir möchten, dass sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung für klare, transparente Kontroll- und Sanktionsmechanismen zur Entwicklung und Instandhaltung der Bahninfrastruktur einsetzt. Wir wünschen uns eine Vereinbarung mit dem Bund, bei der die Investitionsplanungen der Deutschen Bahn AG und ihre Investitions- und Instandhaltungsmaßnahmen nicht nur bei den Bahnhofsgebäuden und Stationen, sondern auch im Schienennetz des Nah- und Fernverkehrs in Sachsen-Anhalt transparent gemacht werden können.
Wir wollen, dass darauf hingewirkt wird, dass auch die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die zwischen dem Bund und den jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu verabschieden ist, im Benehmen mit den Ländern erfolgt und dass wir hierbei unser Mitspracherecht wahrnehmen.
Meine Damen und Herren! Das liegt auch daran, dass nicht nur die Länder elementar berührt sind von einer Teilprivatisierung der Bahn, sondern das liegt vor allen Dingen auch daran, dass wir die besten Kunden der Bahn sind. Denn die Deutsche Bahn AG finanziert sich ganz maßgeblich aus den bestellten Nahverkehrsleistungen der Bundesländer.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Deutsche Bahn AG ist nicht nur einer der größten Arbeitgeber im Land Sachsen-Anhalt, sondern sie trägt auch die Verantwortung für ein intaktes Schienennetz und für kundenfreundliche Tarifstrukturen. Eine leistungsstarke Entwicklung des Schienenpersonennahverkehrs und des Schienengüterverkehrs und eine nachhaltige Instandhaltung der Infrastruktur berühren elementare Interessen des Landes Sachsen-Anhalt. Genau diese Wahrung der Interessen Sachsen-Anhalts wird den Minister und uns im Parlament in den nächsten Monaten beschäftigen.
Herr Schröder, Sie sprachen davon, dass ein Ziel der Bahnreform in den Jahren 1993/1994 die Entlastung des Bundeshaushalts gewesen sei bzw. auch nach wie vor sei. - Nun hat der Bund mit der Bahnreform im Jahr 1993 die Deutsche Reichsbahn und die damalige Deutsche Bundesbahn vollkommen entschuldet. Die Deutsche Bahn AG ist mit einem Saldo von plus/minus null ge
startet. Heute hat diese Deutsche Bahn AG einen Schuldenstand von 20 Milliarden €. Wie bewerten Sie diese Situation?
Es ist richtig, dass die Bahnreform neben der Verlagerung von Verkehr auf die Schiene auch lang- und mittelfristig sicherlich die Entlastung des Steuerzahlers zum Ziel hatte. Sie können allerdings nicht einen Schuldenstand beziffern, ohne diesem die Werte, die Engagements, das Investitionsvolumen, die Werthaltigkeit und die Nachhaltigkeit der Investitionen der Bahn AG seit dieser Zeit gegenüberzustellen. Das ist Schwarzmalerei; das geht an diesem Punkt einfach nicht auf.
Aber ich sage auch, dass dieser Prozess Chancen und Risiken hat. Fairer Wettbewerb ist der Versuch, diese Ziele zu erreichen. Er hat Chancen und Risiken; er kann gelingen, er muss es aber nicht.
Das Problem, das ich mit Ihrem Antrag habe, ist folgendes: Sie kritisieren diesen Prozess und wollen, dass der Staat dieses Mobilitätsbedürfnis auf lange Sicht garantiert, Sie haben aber kein Konzept, wie Sie diese Ziele annähernd umsetzen können. Das funktioniert eben nicht. - Herzlichen Dank.