Protocol of the Session on July 13, 2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind am Anfang eines Prozesses, von dem ich eines deutlich sagen muss: Wenn wir über das Thema Teilprivatisierung reden, dann sollten wir dies ernsthaft tun, weil wir nur über diesen Weg die Möglichkeit haben - davon bin ich überzeugt -, fremdes Kapital in die Infrastruktur einzubringen, damit der Börsengang ermöglicht wird.

Aber ich sage auch ganz deutlich: Die Länderinteressen sind hierbei noch nicht ausreichend berücksichtigt. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten viel Gesprächsbedarf haben. Auf der Verkehrsministerkonferenz am 2. August 2007 werden wir die ersten Pflöcke einschlagen, damit die Länderinteressen und der Schienennahverkehr, aber auch der Güterverkehr über den Netzzustandsbericht des Bundes eine klare Chance bekommt, damit wir auch in Zukunft sagen können: Wir haben in Sachsen-Anhalt ein attraktives Schienennetz. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Daehre. Möchten Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten?

Ja, selbstverständlich.

Bitte, Herr Gallert, fragen Sie.

Ich gebe gern zu: Das ist eine sehr schwierige Materie. Ich habe mit Mühe das verstanden, was Uwe Heft dazu gesagt hat. Aber ich habe nicht alles verstanden, was Sie gesagt haben. Unter dem Strich komme ich zu dem Ergebnis, dass mit dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung eine Menge Risiken auf die Länder zukommen, die alle noch einer Klärung bedürfen.

Ich habe die ganze Zeit auf den Satz gewartet, der erklärt, warum diese Teilprivatisierung eigentlich Sinn machen soll. Nun haben Sie, Herr Daehre, ganz am Ende gesagt, Sie erhofften sich dadurch, dass privates Kapital in diese ganze Geschichte hineinkomme. Jetzt frage ich Sie am Ende Ihrer Rede: Sind Sie der Meinung, dass diese Teilprivatisierung der DB AG aus der Sicht der Länder unter dem Strich wirklich notwendig und zielführend für die Qualitätssicherung ist?

Herr Minister, bitte.

Als Christdemokrat - Sie fragen mich sicherlich auch als einen solchen - bin ich natürlich für Privatisierungen,

(Herr Gallert, DIE LINKE: Als Mensch und als Pi- onier!)

weil sich meistens herausgestellt hat, dass Privatisierungen positive Effekte haben, dass der Wettbewerb positive Effekte hat.

Darin, dass wir die Netze nicht ausschreiben sollten, stimme ich jedoch mit Ihnen überein. Das wollen wir nicht. Das Netz soll in einer Hand bleiben. Die Frage ist, ob wir, wenn wir es beim Bund belassen, wie es jetzt ist, für die Zukunft garantieren können, dass alle Netze in Deutschland so attraktiv sind - es wird zusätzlichen Verkehr geben -, dass wir genügend Mittel zur Verfügung haben.

Wenn ich die Diskussion in diesem Landtag darüber verfolge, Mittel, auch Landesmittel, für die Infrastruktur einzusetzen, dann habe ich Bedenken. Gestern haben wir zum Beispiel mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts Mittel für Infrastrukturmaßnahmen bewilligt. Sie, Herr Gallert, haben dagegen gestimmt. Es ging unter anderem um Mittel in Höhe von 4,5 Millionen € für Infrastrukturmaßnahmen bei der Eisenbahn. Wir müssen also auch wissen, ob wir uns durchgängig in einer Linie befinden oder ob wir nur einmal etwas herausnehmen.

Wir bemühen uns, den Güterverkehr wieder attraktiv zu gestalten. Ich muss aber erleben, dass Sie dabei - vielleicht aus anderen Gründen; darüber will ich jetzt aber gar nicht weiter diskutieren - nicht mitgehen.

Unter dem Strich noch einmal: Für uns ist entscheidend, dass bei der Teilprivatisierung garantiert ist, dass die Netze attraktiv modernisiert werden für die nächsten Jahre, damit wir einen attraktiven Schienenpersonennahverkehr und einen attraktiven Güterverkehr erhalten können. Das geht mit den Mitteln des Bundes allein nicht.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

Vielen Dank. Möchten Sie noch eine Frage von Herrn Heft beantworten?

Gern, ja.

Bitte, Herr Heft.

Herr Präsident! Herr Minister, Sie sagten eben, dass Sie pro Wettbewerb seien. Das kann ich verstehen. Ich habe gelernt - ich bin aber für Korrekturen offen -, dass Wettbewerb unter anderem dann gegeben ist, wenn der Kunde aus mindestens zwei Angeboten, die ihm zum Beispiel zeitgleich vorliegen, jedoch in den Konditionen unterschiedlich sind, wählen kann.

Bei dem System Rad-Schiene ist der Kunde der Fahrgast. Mir ist bisher noch nicht bekannt, dass ich als Fahrgast zum Bahnhof gehen und dort zwischen zwei Zügen von unterschiedlichen Anbietern wählen kann, die zur gleichen Zeit auf ein und demselben Gleis in ein und dieselbe Richtung fahren, ein und dasselbe Ziel haben und ein und dieselbe Fahrtzeit benötigen, die sich lediglich im Komfort, im Preis etc. unterscheiden. Ich kann nicht erkennen, wo hier ein Wettbewerb stattfinden soll. Können Sie mir das bitte einmal erläutern? - Danke.

Bitte, Herr Minister.

Das habe ich früher bei der Modelleisenbahn gemacht; da habe ich zwei Züge nebeneinander fahren lassen. Das geht aber nur bei der Modelleisenbahn.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Kosmehl, FDP, lacht)

Bei der realen Eisenbahn schreiben wir vorher aus.

Ich sage es noch einmal: Der Wettbewerb auf der Schiene, was den Schienenpersonennahverkehr angeht, hat sich in Sachsen-Anhalt positiv ausgewirkt. Weil wir das Nordharznetz ausgeschrieben haben, das ein anderer bekommen hat, musste sich die Bahn bewegen, weil jetzt natürlich immer geschaut wird, was der andere macht. Ich kann jedem nur empfehlen, einmal mit dem Zug von Magdeburg nach Halberstadt zu fahren. Das ist ein Erlebnis.

(Herr Tullner, CDU: Oder von Halle nach Halber- stadt! - Herr Miesterfeldt, SPD: Richtig!)

- Oder von Halle nach Halberstadt. - Die Bahn muss sich bewegen. Deshalb hat sich der Wettbewerb positiv ausgewirkt.

Die Netze will keiner ausschreiben. Das bringt natürlich nichts. Dann hätten wir englische Verhältnisse. Veolia in England können Sie nicht mit Veolia in Sachsen-Anhalt vergleichen. Ich muss sagen, dass sich das Unternehmen hier bisher positiv bewährt hat. Deshalb brauchen wir Geld für die Investitionen. Der Bund allein wird es mit den Mitteln in Höhe von 37,15 Milliarden € nicht packen. Also brauchen wir andere Mittel.

Ich sage Ihnen, dass ich - deshalb bin ich auch ein Befürworter der Privatisierung - noch niemanden gesehen habe, der dort investiert und nicht am Ende etwas herausholen will. Er kann nur etwas herausholen, wenn er die Schienennetze modernisiert. Das ist nicht nur meine Hoffnung, sondern davon bin ich überzeugt.

Unter dem Strich sind wir mit dem Bund noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem die Länderinteressen ausreichend berücksichtigt sind. Ich rufe Sie dazu auf, in den nächsten Wochen und Monaten mit uns zu diskutieren. Ich bin davon überzeugt, dass die Koalitionsfraktionen auch in Berlin ihren Einfluss geltend machen werden, damit wir in Zukunft sagen können: Auf unseren Schienennetzen kann man beruhigt, sicher, schnell und zügig fahren. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Daehre. - Wir kommen jetzt zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Für die SPDFraktion spricht Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor, der sich mit dem Thema Privatisierung der Deutschen Bahn beschäftigt. Dieses Thema war bereits mehrfach Gegenstand unserer Beratungen im Landtag. Auch im Bundestag haben bereits mehrere Anhörungen zu der Thematik stattgefunden, bei denen zum Teil recht kritische Bedenken geäußert worden sind, die auf verfassungsrechtliche, finanzielle oder auch ordnungsrechtliche Aspekte zurückzuführen waren.

Wir konnten aus den Äußerungen zu der Thematik, insbesondere bei der Behandlung im Bundestag, erkennen, dass die Hauptkritiker dieser Bahnprivatisierung, nämlich die FDP, am liebsten die Zerschlagung des DB-Konzerns erreichen möchten, insbesondere durch Herauslösung von Schenker, der ein recht lukrativer Konzernteil

ist, der sich sicherlich recht leicht an die Börse bringen lassen würde. Der traurige Rest in Form des Netzes soll dann sicherlich beim Bund verbleiben.

Von den LINKEN war dazu auch heute im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag zu vernehmen, dass man die Bahnreform als solche letztlich zurückdrehen will, dass man sich generell gegen die Privatisierung ausspricht.

Das zeigt sich auch in einem Entschließungsantrag, der in der Drs. 16/3553 in den Bundestag eingebracht worden ist, in dem die LINKE unter anderem die Etablierung einer wirksamen Einflussnahme auf die strategische Ausrichtung der DB AG und eine detaillierte Kontrolle des Einsatzes der Mittel für die Schiene fordert. Eine Verbesserung der finanziellen Situation der DB AG will sie durch den Verkauf von Beteiligungen, die aus ihrer Sicht nicht zum Kerngeschäft gehören, realisieren. Last, but not least wollen Sie die Einsetzung eines Managements, das sich durch Kompetenz und Leidenschaft für die Bahn auszeichnet.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Außerordentlich ver- nünftig!)

Wenn ich das werte, Herr Gallert, dann fällt mir zu dem Ersten die Rückkehr zur alten Deutschen Reichsbahn ein, so gemütlich, wie wir sie damals vielleicht hatten.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Herr Tullner, CDU: Dampf- loks!)

Das ZK beschließt dann, ob wir die Güter per Schiff, per Straße oder per Eisenbahn transportieren. Und - last, but not least - als Bahnmanager setzen wir vielleicht Uli Kasten, den leidenschaftlichen Kämpfer für die Interessen der Bahn, ein. - Ich glaube, hierbei können Sie nicht auf unsere Unterstützung zählen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass es auch in der SPD durchaus kritische Stimmen gibt, was die Privatisierung der Bahn anbelangt.

(Frau Bull, DIE LINKE: Ach gucke! - Herr Gallert, DIE LINKE: ZK!)

Herr Doege, möchten Sie eine Frage von Herrn Heft beantworten?

Am Ende. - Allerdings geht es bei uns um inhaltliche Fragen

(Frau Bull, DIE LINKE, lacht - Herr Gallert, DIE LINKE: Ach so!)

und nicht darum, dass wir die Privatisierung selbst infrage stellen.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

Zu den konkreten Dingen haben wir einen Alternativantrag formuliert, der Ihnen allen vorliegt. Ich verweise insofern auf die fünf Punkte, die wir darin aufgeführt haben.