Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat in ihrem Haushaltsplanentwurf heute die finanziellen Zuweisungen für die Agrarmarketinggesellschaft um 42 % gekürzt und damit drastisch beschnitten. Sie hat dies vor allem in dem Bereich getan, der direkt Marketingmaßnahmen bezuschusst.
Ich gebe zu: Die Landesmittel für Marketingmaßnahmen waren nie besonders üppig, auch bei uns war es nicht so. Aber bei den für dieses Jahr in einer Höhe von rund 1 Million € zur Verfügung stehenden Mitteln stellt sich natürlich die Frage, was man damit überhaupt anfangen soll. Sachsen gibt demgegenüber mehr als 4 Millionen € aus und selbst das kleine Thüringen hat für Agrarmarketing mehr als 2 Millionen € übrig.
Die Mitglieder des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurden vor vier Wochen über den Nutzen bisheriger Agrarmarketingmaßnahmen ausführlich informiert. Es wurde belegt, dass neue Arbeitsplätze in den letzten drei Jahren fast ausschließlich in den Firmen entstanden, die mit der Agrarmarketinggesellschaft Marketing betreiben. Dabei handelt es sich um mehrere hundert Arbeitsplätze. Es ist also deswegen schon interessant zu erfahren, welches Konzept die Landesregierung hat, um diesen Bereich weiter zu entwickeln.
Ich fasse zusammen: Die Agrarmarketinggesellschaft des Landes ist ein wichtiger Bestandteil der Vermarktung von Produkten der Land- und Ernährungsgüterwirtschaft. Die finanzielle und materielle Absicherung ihrer Tätigkeit liegt im Landesinteresse. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, ein entsprechende Marketingkonzept vorzulegen.
Vielen Dank, Herr Oleikiewitz. - Für die Landesregierung erteile ich nun Frau Ministerin Wernicke das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ernährungsgüterwirtschaft ist mit über 19 500 Beschäftigten und einem Umsatz von ca. 4 Milliarden € eine der stabilsten Säulen der Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, man kann auch sagen, die stärkste Säule. Das Land hat Investitionsvorhaben von Unternehmen dieser Branche in erheblichem Umfang finanziell gefördert und damit zu deren positiver Entwicklung beigetragen. Die Umsätze und die Beschäftigtenzahlen steigen nach wie vor kontinuierlich.
Das Land hat sich aber auch bei der Unterstützung des Absatzes von Produkten der Land- und Ernährungsgüterwirtschaft fachlich wie finanziell engagiert. Seit dem Jahr 1993 werden die Aufgaben der Absatzförderung von der Agrarmarketinggesellschaft in Abstimmung mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt wahrgenommen bzw. koordiniert. Die Agrarmarketinggesellschaft wurde zwischenzeitlich teilprivatisiert. Das Land hält noch 52 % der Anteile, die Berufsverbände und die Ernährungsindustrie 48 %.
Die inzwischen gute Position der Unternehmen der sachsen-anhaltischen Ernährungswirtschaft und ihrer Produkte am Markt, insbesondere der Unternehmen, welche sich im Pool der Agrarmarketinggesellschaft befinden, wurde in der Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 18. Oktober 2002 durch den Vertreter der Agrarmarketinggesellschaft überzeugend dargestellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bestandsaufnahme der neuen Landesregierung nach dem Regierungswechsel hat eine Beteiligung an über 40 Gesellschaften ergeben. Daher wurde beschlossen, sich auf die eigentlichen Aufgaben einer Regierung zu besinnen und sich so weit wie möglich als Gesellschafter aus einzelnen Bereichen zurückzuziehen. Gleichzeitig soll damit anderen die Möglichkeit gegeben werden, sich einer größeren Verantwortung als Gesellschafter zu stellen und sich stärker wirtschaftlich zu betätigen, als es bisher möglich ist.
Die bisherige institutionelle Förderung hat das erforderliche wirtschaftlich-effektive Arbeiten in einigen Bereichen oft behindert. Außerdem wird die institutionelle Förderung vor dem Hintergrund der EU-Werberichtlinien derzeit durch die Europäische Union überprüft. Hiervon sind auch vergleichbare Gesellschaften in anderen Bundesländern betroffen.
Zurzeit wird geprüft, in welchen Schritten sich das Land - natürlich in Abstimmung mit den Gesellschaftern - aus der Agrarmarketinggesellschaft zurückziehen kann. Die Gesellschafter vertreten die Auffassung, dass die Agrarmarketinggesellschaft bestehen bleiben soll. Es wurde Interesse signalisiert, die Anteile der Landesregierung zu übernehmen. Wie und in welchem Zeitrahmen, darüber wird zurzeit verhandelt. Es ist denkbar und sicher auch möglich, dass die Agrarmarketinggesellschaft mehrjährige Projekte, auch EU- und CMA-kofinanzierte Projekte übernimmt. Darüber muss im Rahmen der Haushaltsberatungen noch gesprochen werden.
Angesichts der positiven Entwicklung des Umsatzes der Unternehmen, die im Pool der Agrarmarketinggesellschaft versammelt sind, um 200 Millionen € in den letzten vier Jahren kann man wohl erwarten, dass diese nicht nur über eine Übernahme der Gesellschafteranteile
nachdenken, sondern die Gesellschaft auch weiterhin für ihr Branchenmanagement und für ihr Unternehmensmarketing nutzen.
Herr Oleikiewitz, Sie nannten einige Betriebe der Ernährungsbranche, denen es gut geht und die als so genannte Leuchttürme bezeichnet werden. Warum sollten diese Betriebe die Agrarmarketinggesellschaft nicht für ihre Werbezwecke nutzen und nicht auch dafür bezahlen, um diese, wenn sie so gut arbeitet, wie es die Unternehmen weitgehend zum Ausdruck bringen, am Leben zu erhalten?
Die Landesregierung hat weiterhin - das habe ich mit diesem Beitrag zum Ausdruck gebracht - ein erhebliches Interesse daran, dass die im Land erzeugten Produkte der Land- und Ernährungswirtschaft zu angemessenen Konditionen abgesetzt werden können. Aus diesem Grund und weil die Voraussetzungen dafür bereits geschaffen werden bzw. vorbereitet sind, erübrigt sich meines Erachtens Ihr Antrag. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Wernicke. - Für die CDUFraktion erteile ich Herrn Geisthardt das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit am heutigen Abend muss ich die Ausführungen von Frau Ministerin Wernicke weder im Einzelnen noch im Generellen wiederholen. Der Antrag der SPD - so schön er ist - würde die Effektivität der Agrarmarketinggesellschaft mit Sicherheit nicht verbessern. Die Voraussetzungen sind geschaffen worden.
Ich darf für die Fraktion der CDU erklären, dass wir den Antrag ablehnen. Im Übrigen gebe ich meine Rede zu Protokoll.
Das Land hat ein festgelegtes Interesse an Werbung und Absatz der land- und ernährungswirtschaftlichen Produkte; dazu kann sich das Land auch Dritter bedienen. Bisher wurden diese Aufgaben koordinierend von der Agrarmarketinggesellschaft wahrgenommen.
Die Entwicklung der Ernährungswirtschaft in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass die Marketingaktivitäten substanziell zur besseren Marktstellung der Produkte aus Sachsen-Anhalt beigetragen haben. Ungeachtet dessen wird auch weiterhin eine Unterstützung des Ernährungs- und Landwirtschaftssektors notwendig sein.
Im Jahr 2002 waren für eine institutionelle Förderung 204 500 € vorgesehen, damit werden ca. 50 % der Personal- und Sachkosten der Agrarmarketinggesellschaft getragen. Die andere Hälfte wird über Eigenmittel durch die AMG eingeworben. Fraglich ist, inwieweit die institutionelle Förderung aus EG-rechtlichen Gründen aufrechterhalten werden kann. Grundsätzlich wird aber zu prüfen sein, inwieweit das Land an den unterschiedlichsten Landesbeteiligungen festhalten soll; insofern ist auch der Agrarmarketingbereich nicht ausgenommen.
Über eine Veränderung im Status der AMG (Auflösung) könnte diese nur selbst beschließen. Die CDU-Fraktion spricht sich dafür aus, dass die Arbeit der AMG weitergeführt werden soll, dies insbesondere über Projektförderung. Dies soll zur weiteren Erhöhung der Effektivität der Marketingmaßnahmen beitragen, wie dies in Sachsen bereits erfolgt. Im Übrigen ist durch die Projektförderung eine Erhöhung der Flexibilität und Effektivität der Arbeit gegeben.
Im Bedarfsfall kann der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Problematik Marketingmaßnahmen im Agrarbereich im Rahmen der Selbstbefassung jederzeit auf die Tagesordnung nehmen. Der Antrag der SPD würde den Prozess der Effektivierung der Marketingmaßnahmen nicht wesentlich stützen, da die Landesregierung bereits die erforderlichen Verhandlungen mit den Gesellschaftern führt. Er ist daher entbehrlich. Die CDU-Fraktion lehnt ihn ab.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag lautet: „Konzept für Marketingmaßnahmen im Agrarbereich“. Gemeint war aber das, was auch wir darunter verstehen, nämlich die eindeutige Ausrichtung auf die Ernährungswirtschaft. Das war unser Problem.
Ich kann unsere Landesministerin natürlich verstehen, wenn sie sich aus der einen oder anderen Gesellschaft zurückziehen will und auch muss, weil der Finanzminister auf das vom Land gehaltene Stammkapital von immerhin 52 % bzw. von rund 100 000 € schielt. Die berufsständischen Vertretungen und die Ernährungswirtschaft tragen pari jeweils 24 % des Stammkapitals. Das ergibt die von Frau Ministerin Wernicke genannten 48 %.
Für uns ist der Antrag durchaus unterstützenswert. In der Ausschusssitzung am 18. Oktober 2002 wurde von der Agrarmarketinggesellschaft unterstrichen, dass mit wenig Aufwand doch sehr viele Arbeitsplätze gehalten werden. Das ist auch unser Ansatz, um weiter Unterstützung zu gewähren.
Aus dem Bericht ging auch hervor, dass in dem Pool der Ernährungswirtschaft namhafte Größen vertreten sind, die in sehr großem Umfang auch im Sponsoring tätig sind - ich werde nicht alle nennen, aber ab 19 Uhr darf man Werbung machen -, wie die Rotkäppchen Sektkellerei, die sich angeschickt hat, auch namhafte westdeutsche Sortimente aufzukaufen, oder die Hasseröder Brauerei, die jetzt in der Gilde-Gruppe zum Verkauf steht. Wahrscheinlich steht sie deshalb zum Verkauf, weil sie so erfolgreich ist.
Der Blick in den Haushalt zeigt uns aber - wie das Kollege Oleikiewitz schon angedeutet hat -, dass im Einzelplan 09 bei Titelgruppe 71 - Marketingmaßnahmen - Titel 683 71 - Zuschüsse zur Absatzförderung landwirtschaftlicher und ernährungswirtschaftlicher Erzeugnisse - gerade die größte Absenkung, und zwar in Höhe von 438 000 €, hinzunehmen ist. Das ist das Geld, das gerade in den Bereich Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft fließt. Die Förderung der Agrarmarketinggesellschaft bleibt fast konstant. Interessant war die Andeutung eben, die Teilprivatisierung weiter fortsetzen zu wollen.
Fast aktuell dazu hat die „Volksstimme“ am 5. November 2002 einen Kommentar zum Thema Ostprodukte und deren Platzierung in die Haushalte geschickt. Es ist eben so, dass auch die Werbewirtschaft und der Handel ein wenig mehr tun müssen. Die Konzepte, die uns Herr Lange von der Agrarmarketinggesellschaft zum Thema Schulmilch vorgestellt hat, würden mich als praktizierender Landwirt schon interessieren. Es konnte eben nicht untersetzt werden, wie hoch hier der Ansatz ist.
Wenn wir einmal ganz ehrlich sind, tut Werbung ein Übriges dazu, dass Kinder denken, die Kuh sei lila und dass man sich bei McDonald's und mit Pommes gesund über den Tag ernähre. Dann haben wir eben das, was wir gerade beklagen, dass wir der Land- und Ernährungswirtschaft unter die Arme greifen müssen.
Wir unterstützen das Anliegen der SPD-Fraktion, auch wenn die Ministerin und die CDU-Fraktion schon signalisiert haben, dass sie es ablehnen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Antrag der SPD-Fraktion, der die Landesregierung auffordert, ein Konzept zur Unterstützung von Marketingmaßnahmen im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu erstellen, lehne ich namens der FDPFraktion ab.
Die Ablehnung gründet sich weniger auf die Sache als vielmehr darauf, dass eine Aufforderung per Landtagsbeschluss nicht notwendig ist. Die Landesregierung kümmerte sich
und kümmert sich weiterhin um das Marketing der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Frau Ministerin hat dazu schon berichtet. Ich will noch einige Worte hinzufügen.
Die Ernährungswirtschaft ist mit 23 % Umsatzanteil und 20 000 Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe Spitze, weit vor der Chemie und weit vor dem Maschinenbau. Das ist eine Spezialität für Sachsen-Anhalt mit hoher Standortbindung und mit hohen Standortvorteilen, mit mittlerweile starken, exportorientierten und stabilen Unternehmen. In der Branche haben wir es erstmals damit zu tun, dass westdeutsche Unternehmen von ostdeutschen aufgekauft wurden. Zum Beispiel hat die Firma Rotkäppchen das getan.
Mit der Agrarmarketinggesellschaft existiert ein Instrument, das gute Arbeit geleistet hat, leistet und auch weiterhin gute Leistungen erbringen wird. Im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat der Geschäftsführer der AMG, Herr Lange, am 18. Oktober 2002 ausführlich berichtet.
Die Frage ist, ob man dieses Instrument als branchenspezifisches Marketinginstrument für die Agrar- und Ernährungswirtschaft nicht noch effektiver, nicht noch marktorientierter und wirtschaftlicher entwickeln kann, und zwar durch eine stärkere Einbindung und eine stär
kere Eigenverantwortung der Branche selbst. Dann könnte man den Weg der Projektförderung gehen. Weg von der institutionellen Förderung hin zur Projektförderung unter Einbindung der heimischen Wirtschaft - ich bin ein starker Verfechter dieser Strategie, übrigens auch für andere Branchen. Diesen Weg sollte man gehen.
Wie bereits gesagt, die Regierung kümmert sich um das Marketing der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Sie kümmert sich insbesondere auch um die anderen Branchen. Wenn Sie fordern, ein Konzept für diese Branche aufzulegen, müsste man es für alle anderen Branchen auch tun. Dann müsste man pauschale Marketingaktivitäten anderer Branchen, die gut dastehen, ebenfalls fördern.
Ich bin für Produktentwicklungsförderung, ich bin für Innovationsförderung, ich bin auch für eine ideelle Förderung im Bereich des Marketings. Das wird oftmals unterschätzt. Die Standortvorteile müssen herausgekehrt werden. Ich bin für eine starke Einbindung der Wirtschaft.
Einer Aufforderung seitens des Landtages bedarf es nicht. Ansonsten müssten auch Aufforderungen für die anderen Branchen ergehen.