Herr Gürth, wie gedenken Sie als CDU-Fraktion das EURecht, das uns das Antidiskriminierungsgesetz auferlegt, umzusetzen? Wie, meinen Sie, will denn Tschechien - Tschechien gehört auch in die EU - das Antidiskriminierungsgesetz einführen? Was würden Sie denn für eine Regelung vorschlagen, wenn Sie meinen, es sei der falsche Zeitpunkt?
Frau Grimm-Benne, zwei Dinge sind zu sagen. Erstens. Wir haben uns klar dazu bekannt, dass wir die EU-Richtlinie im Verhältnis 1 : 1 umsetzen wollen, und ich habe eingangs in meiner Rede auch darauf hingewiesen, dass ein Beispiel dafür Österreich wäre, welches die Richtlinie im Verhältnis 1 : 1 umgesetzt hat. Damit haben wir auch kein Problem und würden das akzeptieren.
Zweitens. Zu Ihrer Frage betreffend Tschechien möchte ich Sie bitten, den tschechischen Ministerpräsidenten zu fragen und nicht mich; das kann ich nicht beantworten.
Herr Kollege Gürth, Sie mögen es mir bitte nachsehen; die Akustik im Raum ist nicht die allerbeste, darum habe ich eine Nachfrage zum Verständnis. Sprachen Sie wirklich von einem „Show-Gipfel“? Nach meiner Erkenntnis hat auch Frau Merkel für die CDU teilgenommen. Können Sie das bestätigen?
Sehr geehrter Herr Czeke, man muss immer vorsichtig sein, was man Ihnen bestätigt. Ob das Ganze letztlich ein Show-Gipfel wird, wird sich daran erweisen, ob in den nächsten Wochen konkrete, spürbare Ergebnisse auf den Tisch kommen, die etwas an der misslichen wirtschaftlichen Lage und der hohen Arbeitslosigkeit ändern können. Wenn nicht, bleibt es ein Show-Gipfel, keine Frage.
Die Tatsache, wie der Zeitpunkt ausgewählt wurde, nämlich an dem Tag, an dem der Visa-Untersuchungsausschuss startete, deutet schon darauf hin, dass seitens des Kanzlers, der den Termin bestimmte, mediale Gesichtspunkte offensichtlich in den Vordergrund gerückt wurden.
Aber das ist mir egal, wenn unter dem Strich Erleichterungen und Wettbewerbsverbesserungen in Deutschland herauskommen. An den Ergebnissen werden wir messen, ob das ein Show-Gipfel war oder nicht.
- Frau Merkel ist immer anwesend, wenn es eine Chance gibt, mehr für Beschäftigung und Investitionen zu tun.
Ich danke für die Einbringung. - Wir treten jetzt in die Debatte ein. Für die Landesregierung hat in Vertretung des Ministers für Gesundheit und Soziales Minister Herr Dr. Rehberger um das Wort gebeten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst in aller Deutlichkeit, damit es wirklich keine Missverständnisse gibt, feststellen, dass die Landesregierung mit aller Entschiedenheit für den Abbau von Diskriminierungen und gegen Intoleranz eintritt.
Wir begrüßen es auch, dass die Europäische Union in vier Antidiskriminierungsrichtlinien für alle Länder verbindlich vorgeschrieben hat, dass bestimmte Regelungen in nationales Recht umzusetzen sind. Uns verwundert aber, dass die Bundesregierung wie auch in anderen Fällen im Falle dieser Richtlinien weit über das hinausgehen will, was europäisches Recht werden soll.
Meine Damen und Herren! Es ist ja nicht der erste Fall, den wir erleben, sondern es ist einer unter vielen. Die Folgen dieses über das EU-Recht hinausgehenden Gesetzgebungsvorhabens sind es, die uns auf die Barrikaden bringen. Denken Sie an das Gentechnikgesetz. Hät
te die Bundesregierung nur das umgesetzt, was die EU vorgibt, müssten wir das Bundesverfassungsgericht nicht anrufen. Aber wir stellen fest, dass in das deutsche Gesetz eine Vielzahl von Normen hineingekommen ist, die sogar gegen das EU-Recht verstoßen.
Oder denken Sie an den Emissionsrechtehandel. Der ist als solches ein sehr interessantes Instrument, um ein ökologisches Problem möglichst ökonomisch zu lösen. Aber dass man in Berlin weit über das hinaus, was Brüssel vorgegeben hat, Regelungen getroffen hat, die genau wie beim Gentechnikrecht für unsere Wirtschaft und für die dort beschäftigten Menschen erhebliche Nachteile mit sich bringen, ist nicht zu begreifen.
Das Gleiche haben wir jetzt auch bei den Richtlinien der EU gegen Diskriminierungen, die wir umsetzen sollten, aber eben im Verhältnis 1 : 1.
Besonders gravierend ist ohne Zweifel, dass die Bundesregierung das, was in der Regel zwischen dem Staat und den Bürgern gilt, immer stärker in das Zivilrecht, in das Verhältnis der Bürger untereinander hineinzufügen versucht, weit über das hinaus, was man in Brüssel zu Recht verlangt.
Wenn man beispielsweise das Alter zu einem Kriterium macht, das Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten sein kann, etwa bei der Einstellung von Mitarbeitern, dann bedeutet das, dass ein Handwerker, der einen Mitarbeiter sucht, in folgende Situation kommt: Ein 30-Jähriger und ein 50-Jähriger bewerben sich. Wenn der Handwerksmeister den 30-Jährigen nimmt, weil er eine junge Nachwuchskraft braucht, kann er von dem 50-Jährigen verklagt werden mit der Begründung, er habe als 50Jähriger eine schlechtere Chance gehabt und es sei entgegen der Richtlinie differenziert worden. Wenn der Handwerksmeister den 50-Jährigen nimmt, weil er einen erfahrenen Mitarbeiter braucht, dann kann der 30-Jährige klagen mit der Begründung, wegen seiner Jugend sei er nicht genommen worden, was sogar in gewisser Weise stimmt.
Es ist nicht so, dass die Sache vor Gericht unbedingt gegen den betroffenen Handwerker entschieden wird, aber allein die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche für den, der vermeintlich ungerecht behandelt worden ist, zu begründen, bedeutet, dass das ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Anwälte und Richter ist
Das war der Grund, weswegen der Bundeskanzler und maßgebliche Persönlichkeiten der Bundesregierung versucht haben, dieses Gesetz in dieser Form zu verhindern. Dass er dann am Schluss doch eingeknickt ist, ist ein Thema für sich. Ich möchte das nicht weiter untersuchen.
Ich sage nur, wir sollten es uns in Deutschland nicht zum Prinzip machen zu glauben, dass wir alles noch viel besser können als das, was wir auf europäischer Ebene gemeinsam festlegen. Wenn wir uns entsprechend verhalten würden, hätten wir wesentlich weniger Probleme in unserem Lande.
Es ist erfreulich, dass die Anhörung zu dem Gesetzentwurf bereits zu einigen Korrekturen geführt hat. Frau
Grimm-Benne hat darauf aufmerksam gemacht. Aber man muss sich doch die Frage stellen, was wir an einer Bundesregierung haben, meine Damen und Herren, die es fertig gebracht hat, einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem zum Beispiel die Haftung des Unternehmers für Diskriminierungen durch Dritte, beispielsweise durch Kunden oder Lieferanten, vorgesehen war.
Kurz und gut: Wenn im Laden eines Einzelhändlers ein Afrikaner und ein Einheimischer sind und der Einheimische etwas Unfreundliches in Bezug auf den Afrikaner bemerkt, sollte nach dem ursprünglichen Entwurf der Unternehmer haften, meine Damen und Herren. Man fragt sich, wie es möglich ist, dass eine Regierung dem Parlament solche Dinge vorlegt.
- Das ist herausgenommen worden. Aber, verehrte Frau Fischer, ich erwähne das nur, um deutlich zu machen, dass die Frage gestellt werden muss, was für eine Bundesregierung das ist, die solchen Unfug in die Welt setzt.
Es kommt hinzu - das ist nicht herausgenommen worden -, dass eine neue Behörde geschaffen wird, eine Antidiskriminierungsstelle - zu all dem, was wir schon an Einrichtungen etwa im Interesse der Behinderten und anderer haben, um deren Interessen zu wahren.
Meine Damen und Herren! Ich kann nur sagen: Lassen Sie uns mit Augenmaß das, was in der Europäischen Union als gemeinsame Linie festgelegt worden ist, umsetzen und lassen Sie uns Abstand nehmen von dem Versuch, in dieser Form, wie das eben geschildert worden ist, die Dinge angeblich zu verbessern. In Wahrheit ist es eine dramatische Verschlechterung.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen, was dabei herauskommt, wenn man sich so verhält wie die Bundesregierung und leider auch die Mehrheit des Bundestages, in anderen Fällen jedenfalls. Der Versuch, mehr Toleranz zu schaffen, der Versuch, Gerechtigkeit und Gleichbehandlung noch stärker zum Tragen zu bringen, wird wegen der überzogenen Regelungen zu dem genau entgegengesetzten Effekt führen, nämlich dazu, dass sich die Leute abwenden und sagen: Ein solcher Unfug ist unzumutbar. - Das heißt, die Akzeptanz der Gesetze wird auf ein Minimum zurückgehen.
Aber Gesetze, bei denen man genau weiß, dass sie das, was sie bewirken sollen, nicht bewirken können, weil sie überzogen sind und weil die Akzeptanz der Menschen nicht da ist, sollte man nicht verabschieden. Deswegen wird die Landesregierung, wie sie das im Bundesrat bereits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, auch weiterhin dafür kämpfen, dass wir die Vorgaben der Europäischen Union im Verhältnis 1 : 1 umsetzen und alle weiteren Veränderungen, alle weiteren Verschlechterungen unterlassen. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Fraktionen der CDU und der FDP, ich hätte mich sehr gewundert, wenn Sie heute keinen entsprechenden Antrag vorgelegt hätten. Ich erhebe in meinem Debattenbeitrag auch nicht den Anspruch, Sie motivieren zu wollen, Ihren Antrag zurückzuziehen. Aber einige Ihrer Behauptungen, Herr Gürth, muss man schon hinterfragen.
Ich weiß nicht - das geht aus der Begründung zu Ihrem Antrag auch nicht so richtig hervor -, auf welchen Verfahrenszeitpunkt Sie sich in Ihrem Debattenbeitrag sowie in Ihrem Antrag und in der Begründung beziehen; denn einige Beispiele gehören inzwischen der Vergangenheit an. Nach den Beispielen, die Sie hier angeführt haben, frage ich mich, welches Menschenbild Sie haben und für wen Sie eigentlich noch Arbeitsplätze schaffen wollen.
Für den starken jungen Mann, und alle anderen können ruhig irgendwo am Rande gucken, wie sie vielleicht auch noch einmal zu ein paar Brötchen kommen?
Sie behaupten zum Beispiel, der Schadenersatzanspruch bleibe zeitlich und in der Höhe unbegrenzt und bestehe für alle Merkmale. Sie haben also offensichtlich nicht die letzten Änderungen berücksichtigt.
Ich erinnere mich noch gut an die langen und schwierigen Diskussionen über das Gesetz für Chancengleichheit und gegen Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen in Sachsen-Anhalt hier in diesem Haus. Schon im Jahr 2000 haben Sie prophezeit, eine Klageflut werde das Land überziehen und kein Behinderter mehr eingestellt werden.
Schon damals haben wir Ihnen versucht zu erklären, warum gerade Behinderte und Benachteiligte die Unterstützung von Gewerkschaften und Verbänden benötigen, wenn sie in eine Klage gehen. Genau durch diese Beratungen und die vielen Anhörungen damals weiß ich, mit welch großen Hoffnungen die Betroffenen einer bundesgesetzlichen Regelung entgegensehen und wie lange sie darauf gewartet haben.
Schon seit dem Jahr 2000 sind die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, ein Antidiskriminierungsgesetz zu schaffen, da Diskriminierungen europaweit verhindert werden sollen. Nun reagiert die Bundesregierung endlich, nach langem Ringen um ein effektives, präventives und auch umfassendes Gesetz.