Protocol of the Session on April 14, 2005

die Sie anstreben, zukünftig nicht mehr wahrgenommen werden kann und dass dies künftig hauptamtlich geschehen muss, was unserer Auffassung nach der Demokratie in diesem Land schaden würde?

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Also das ist doch! - Un- ruhe)

Sie müssen jetzt wirklich bei einer anderen Beantwortung gewesen sein. Frau Dr. Hüskens, es ist richtig - ich sage es noch einmal -: Über die Feuerwehr soll in Zukunft dort diskutiert werden, wo sie hingehört, nämlich in einer Einheitsgemeinde.

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Das war schon immer so und das wird auch so bleiben; denn ich weiß aus achtjähriger Kreistagserfahrung - -

(Zurufe von der FDP - Unruhe)

- Wenn Sie das als Antwort überhaupt nicht nachvollziehen können - -

(Unruhe)

Noch einmal: Es scheint bei Ihnen ja wirklich ein Problem zu sein, den Unterschied zwischen Zwei- und Dreistufigkeit zu begreifen. Das ist Ihr Grundproblem. Die Regionalkreise werden in Zukunft nur noch für eine Handvoll Aufgaben, nämlich im überregionalen Sinne, zuständig sein und nicht für die Feuerwehr in irgendeinem Dorf.

(Unruhe)

Übrigens: Sie können mit der Feuerwehr natürlich ohne Ende Politik machen. Ich glaube, die grundsätzlichen Fragen eines Gemeinderats sind aber von ganz anderer Art.

(Unruhe)

Herr Kosmehl, stellen Sie bitte Ihre Frage.

Herr Bullerjahn, ich komme noch einmal auf das ersten Papier der SPD-Landtagsfraktion zur Bevölkerungsprognose und -entwicklung, an dem Sie wahrscheinlich mitgearbeitet haben, zurück. Sind Sie bereit, heute vor diesem Hohen Hause zuzugeben, dass sich im Vergleich zu der von Ihnen ausgewerteten Bevölkerungsprognose zum 31. Dezember 2004 bereits eine positive Abweichung in der Bevölkerungsentwicklung des Landes Sachsen-Anhalt abzeichnet und dass Sie wohl von Ihrer pessimistischen Auslegung abgehen müssen?

(Lachen bei der SPD - Herr Dr. Polte, SPD: Herr Kosmehl, Sie waren schon besser! - Frau Dr. Kuppe, SPD: Dann können wir die Schulent- wicklungsplanung rückgängig machen! Dann wird die Torschule in Halle nicht geschlossen! - Un- ruhe)

Herr Kosmehl, ich bin es mittlerweile gewöhnt, dass die Diskussion eine Form annimmt, die für mich - ich sage es einmal so - nicht nachvollziehbar ist.

Ich stehe zu dem, was ich gemacht habe. Ich habe vor keinem irgendetwas zurückzunehmen. Ich habe mich einmal hingesetzt - ich glaube, das würde so manchem von Ihnen sehr gut tun -, amtliches Material genommen und es mit ein bisschen gesundem Menschenverstand und der Hilfe vieler zusammengestellt, um zu einem gewissen Zeitpunkt bestimmte politische Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie werden an nicht einer Stelle meines Papiers die Aussage finden, dass ich mich sozusagen für allgegenwärtig halte und dass ich glaube, dass das die einzige mögliche Entwicklung ist.

Darin geht es um die Frage: Was könnte eventuell passieren, wenn nichts passiert? Ich habe damals jeden eingeladen, Ähnliches zu tun. Ich merke aber immer wieder, dass sich viele wie Sie auch heute noch daran abarbeiten, ob die Zahlen richtig sind.

Ich kann damit leben. Mich bringt es in der Diskussion über die Weiterentwicklung des Landes Sachsen-Anhalt weiter. Ich weiß, dass es auch andere demografische Überlegungen gibt. Ich weiß mittlerweile, dass selbst das DIW, das HWWA und andere Institute von einem einprozentigen Wachstum ausgehen, während ich noch andere Zahlen zugrunde gelegt habe. Ich lade dazu jeden gern ein. Nur sage ich: Wenn Sie nach über einem Jahr die Diskussion auf diesem Niveau führen, dann, glaube ich, haben Sie das ganze Problem noch gar nicht erkannt. Es ist schade; denn Sie regieren immerhin.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zurufe von der CDU)

Es ist noch eine Frage von Herrn Schröder offen.

Herr Kosmehl, wenn es Sie tröstet, kann ich Ihnen Folgendes sagen: Ich hoffe, dass mir diese Fragen bis zu den Wahlen erhalten bleiben, weil es mir immer wieder die Chance gibt, gestalterisch zu antworten, während Sie in der Analyse stecken bleiben.

(Unruhe bei der CDU - Frau Weiß, CDU: Oh! - Herr Gürth, CDU: Überhaupt nicht! - Herr Dr. Polte, SPD: Da hat er Recht!)

Ich glaube, hinsichtlich der Frage des Bündelungsprozesses bestand Konsens. Die Frage war, ob man den Bündelungsprozess dezentral steuern kann. Hier gibt es die Meinungsverschiedenheiten. So viel vielleicht noch einmal zur Klarstellung, damit es hier keinen Dissens gibt: Die Frage nach dezentralen Bündelungsprozessen - ja oder nein - beantworten wir unterschiedlich.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Sie sprachen von Zentralitätsfunktionen, die infolge von Marktentwicklungen, der demografischen Entwicklung etc. verloren gehen. Sind Sie mit mir der Meinung, dass es auch eine Form verordneter Zentralität gibt, dass es also Zentralitätsfunktionen gibt, die durch staatliches und auch landespolitisches Handeln steuerbar sind? Wenn Sie diese Frage mit Ja beantworten, sind Sie dann ebenfalls der Meinung, dass es sich bei der Kreisverwaltung, also der Verwaltung der Fläche, um eine solche Verwaltungs- und damit Zentralitätsfunktion handelt?

Die Frage, die sich daran notwendigerweise anschließt, lautet: Wenn Ihr Reformwerk umgesetzt werden würde,

könnten Sie sich dann vorstellen, dass es im Jahr 2020, in dem Sie perspektivisch ein Bundesland Mitteldeutschland bilden wollen, in diesem Land überhaupt noch Mittelzentren gibt, oder läuft Ihr Entwurf letztlich darauf hinaus, dass neben den fünf Städten, die Sie zur Kommunalisierung von Aufgaben auserkoren haben, eigentlich nur noch Grundzentren bestandsfähig sind?

Ich danke Ihnen für die sehr konkrete Frage. Übrigens eines vorweg: Ich weiß nicht, ob Sie es damals in der Fraktion mitbekommen haben. Ich bin eigentlich im Moment immer der falsche Ansprechpartner. Ich bin in dieser Fraktion im Jahr 1993 angetreten, um die regionalisierte Strukturpolitik aufzubauen. Wissen Sie, welchen Effekt die haben sollte? - Strukturschwachen Gebieten mehr zu geben oder Effekte und Prozesse in Gang zu setzen, um dem etwas entgegenzusetzen.

Herr Detlef Gürth hält sich da jetzt immer vornehm zurück. Da gab es immer die klassische Diskussion zwischen der SPD und dem ISW sowie zwischen Herrn Gürth und dem IWH. Dazu kann ich noch Gutachten bemühen. Er weiß schon, warum er ruhig ist. Uns wurde damals vorgeworfen, wir würden sinnlos Geld in der Fläche verplempern, in der es nicht die Effekte bringt.

(Herr Gürth, CDU: Wir haben Recht behalten!)

- Jetzt. Danke. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.

Es gab einen Streit in der Wissenschaft und in der Politik. Wir haben überlegt, was denn falsch gelaufen ist. Deswegen ist es auch eine Antwort von mir, darauf einzugehen und zu sagen: Ja, damals ist manches falsch gemacht worden. Deswegen gibt es jetzt diese politische Überlegung und letztlich auch den Ansatz, dann vielleicht mehr zu konzentrieren, damit angrenzende Räume aus dem Zentrum heraus mit wachsen können.

Das trage ich jetzt vor. Was hält mir jetzt die gleiche Fraktion vor, die mir vorhin genau das Gegenteil vorgeworfen hat? - Dass ich jetzt ein großer Freund der Zentren wäre und das flache Land abhängen wollte. Das ist das, was wir sozusagen sechs bis sieben Jahre gemacht haben.

Ich frage mich manchmal auch, ob wir diesen Rollentausch abgesprochen haben. Aber die Argumente können doch nicht auf einmal alle falsch sein. Deswegen sage ich Ihnen: Es ist so und diese Entwicklung ist gerade in strukturschwachen Regionen wie Ostdeutschland insgesamt eklatant. Sie haben nach europäischem Maßstab überhaupt nur zwei Zentren, nämlich Berlin und Leipzig, und deren Umfeld. Selbst Leipzig fällt bei der Raumordnung schon hinten herunter; denn sogar der Dresdner Raum ist als gewichtiger anzusehen.

Jetzt brechen wir das einmal auf die Landesentwicklung herunter. Da hat übrigens Herr Daehre vorhin etwas Schönes gesagt - der Dessauer Abgeordnete aus der CDU-Fraktion hat sich gleich gemeldet -, er sprach nämlich von Halle und Magdeburg und Dessau könne man nicht dazu rechnen.

(Minister Herr Dr. Daehre: Die Stadt-Umland- Problematik!)

- Ja. Deswegen ist es auch klar. Wir haben, was das betrifft, zwei klassische Oberzentren, die auf ihre Umgebung ausstrahlen. Wir wollen jetzt gemeinsam - so war es, glaube ich, auch gewollt - ein drittes dazustellen, das eine bestimmte Haltefunktion für Ihren Raum hat.

Es ist völlig richtig, Herr Schröder: Wir müssen in den Räumen selbst auch Städte finden, die das auf einer anderen Ebene für ihren Raum machen. Das ist unbestritten. Nur werden sie eine andere Funktion übernehmen; denn sie haben keine überregionale Kultureinrichtung. Sie haben - was die Hochschulen betrifft, bin ich selbst gespannt, was in Zukunft noch sein soll - eine andere Funktion in der Versorgung der Fläche mit bestimmten Aufgaben.

Sie wollen das von unten bei den Grundzentren sehen. Sie wissen genau, was ein Grundzentrum haben muss: eine bestimmte Schule, bestimmte Einrichtungen wie ÖPNV und Kinderbetreuung. Gucken Sie sich bitte die heutigen Grundzentren an und sagen Sie mir, welche Grundzentren das noch alles haben. Das heißt, wir werden dazu kommen, eine gewisse Entwicklung, die es schon gibt, irgendwo auch staatlich nachzuvollziehen. Dabei werden einige Kommunen im Sinne der Raumordnung an Wert verlieren. Das sollte man auch nicht zu schlecht reden.

Es wird in der Altmark auch Lebensumstände geben, die es möglich machen, dass man in der Altmark ein gutes und letztendlich auch ein strukturiertes und erfülltes Leben führen kann.

(Zuruf von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Aber es wird anders sein als in Halle, weil ich ganz andere Umstände habe. Ich denke, es ist ehrlich, den Leuten das zu sagen.

(Beifall bei der SPD - Unruhe bei der CDU)

Herr Abgeordneter Bullerjahn,

(Unruhe bei der CDU - Minister Herr Dr. Daehre: Das war aber schon zu Bismarcks Zeiten so!)

es gibt noch eine Nachfrage.

(Herr Bullerjahn, SPD: Nein!)

- Nein, er möchte nicht mehr.

(Unruhe bei der CDU - Zuruf von Frau Wybrands, CDU)

Ich möchte diese ausgiebige Debatte beenden und in das Abstimmungsverfahren eintreten.

(Unruhe)