Protocol of the Session on December 17, 2004

Ich rufe nun den letzten Tagesordnungspunkt auf, der vom gestrigen Tag verblieben ist, den Tagesordnungspunkt 13:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung und weiterer Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1836

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 4/1926

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/1949

Die erste Beratung fand in der 47. Sitzung des Landtages am 14. Oktober 2004 statt. Ich bitte nun Herrn Kolze, als Berichterstatter des Ausschusses das Wort zu nehmen. Bitte, Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Haus liegt die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres zum Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung und weiterer Vorschriften vor. Mitberatend haben an dieser Beschlussempfehlung der Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie der Ausschuss für Gesundheit und Soziales mitgewirkt.

Diesen Gesetzentwurf hat der Landtag in seiner 47. Sitzung am 14. Oktober 2004 in die genannten Ausschüsse überwiesen. Bereits in der 39. Sitzung am 10 November 2004 hat sich der Ausschuss für Inneres mit diesem Gesetzentwurf befasst und in diesem Zusammenhang die kommunalen Spitzenverbände angehört. Des Weiteren erarbeitete der Ausschuss an diesem Sitzungstag eine vorläufige Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse.

Eingang in diese Beschlussempfehlung fand fraktionsübergreifend der Vorschlag, das kommunale Mitwirkungsverbot für Lehrer aufzuheben. Damit wurde einer Resolution des Kreistages des Landkreises AscherslebenStaßfurt Rechnung getragen. Ebenso fanden die rechtsförmlichen Änderungsvorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes im Ausschuss Zustimmung.

Seitens der SPD-Fraktion wurde ein schriftlicher Änderungsantrag bezüglich des Artikels 1 - Änderung der Gemeindeordnung - sowie des Artikels 3 - Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes - vorgelegt. Bezüglich des Änderungsantrages zu Artikel 1 wurde das Ministerium des Innern mit einer eingehenden Prüfung beauftragt.

Die abschließende Beratung des Ausschusse für Inneres zu diesem Gesetzentwurf erfolgte in der 43. Sitzung am 6 Dezember 2004. Hierzu lagen den Ausschussmitgliedern die Beschlussempfehlungen der mitberatenden Ausschüsse vor.

Der Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr folgte der vorläufigen Beschlussempfehlung mit 7 : 1 : 2 Stimmen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl dem Ausschuss für Inneres einstimmig die Streichung des Artikels 1 Nr. 1, des Artikels 2 und des Artikels 3. - Diesen Vorschlägen ist der Ausschuss nicht gefolgt.

Der Ausschuss für Inneres verabschiedete mit 7 :4 : 0 Stimmen die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung und ich bitte Sie, dieser Ihre Zustimmung zu erteilen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kolze. - Bevor die Fraktionen zu Wort kommen, erteile ich Herrn Minister Jeziorsky das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eines der zentralen Reformvorhaben dieses Jahres im kommunalen Bereich zu einem Abschluss geführt. Dieses Reformvorhaben wurde mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltung vom 13 November 2003 eingeleitet. Es enthält Leitvorstellungen, wie die Verwaltungsstrukturen auf der Ebene der Verwaltungsgemeinschaften wie auch die gemeindlichen Gebietsstrukturen zu optimieren sind, um in unserem Land eine leistungsfähige, bürgernahe und zukunftsfähige kommunale Verwaltung zu schaffen.

Die in diesem Jahr in den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften unternommenen Anstrengungen, um auf der gemeindlichen Ebene die Vorraussetzungen hierfür herbeizuführen, sind bemerkenswert. An dieser Stelle möchte ich den zahlreichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und Gemeinderatsmitgliedern meinen Dank aussprechen, die diesen Reformprozess konstruktiv begleitet und ihm zu einem erfolgreichen Ende verholfen haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Umso wichtiger ist es, dass dem Engagement und dem Gestaltungswillen der Verantwortlichen vor Ort mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen im Kommunalrecht ein Stück weit Rechnung getragen wird. Diese Änderungen sollen übergangsweise Ausnahmetatbestände schaffen, mit denen unbillige Härten als Folgen des Prozesses zur Reform der gemeindlichen Verwaltungsstrukturen vermieden werden.

Die derzeit bestehende Rechtslage wird in einigen Fällen dazu führen, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Mitglieder der Gemeinde- oder Ortschaftsräte ihr Amt nicht weiter ausüben können, weil als Folge der veränderten Verwaltungsstrukturen nachträglich Hinderungsgründe eingetreten sind. Derzeit schließen die im Kommunalrecht formulierten Hinderungsgründe die gleichzeitige Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten und eines kommunalen Mandates aus.

So könnte ein Bürgermeister, der bislang im gemeinsamen Verwaltungsamt einer benachbarten Verwaltungsgemeinschaft hauptberuflich beschäftigt war, nicht mehr ehrenamtlicher Bürgermeister seiner Gemeinde bleiben, weil er nunmehr Bediensteter einer Verwaltungsgemeinschaft wird, welcher auch seine Gemeinde angehört. Eine derartige Situation kann in gleicher Weise auch für die Mitglieder des Gemeinderates entstehen. Die Betroffenen müssten ihr Mandat aufgeben, weil als Folge der geänderten Verwaltungsstrukturen im Nachhinein ein gesetzlicher Hinderungsgrund eingetreten ist.

Dieser Grundsatz der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat soll aufgrund der im Gesetzentwurf vorgesehenen Ausnahmeregelung für einen vorübergehenden Zeitraum keine Anwendung finden, nämlich bis zum Ablauf der jeweiligen Wahlperiode derjenigen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und derjenigen Mitglieder in den Gemeinde- und Ortschaftsräten, bei denen der Hinderungsgrund allein infolge einer Gebietsänderung oder der Neubildung einer Verwaltungsgemeinschaft nachträglich eingetreten ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, dass die vorgeschlagenen Ausnahmeregelungen vertretbar sind, weil sie sich auf einen überschaubaren Zeitraum beschränken. Sie sind jedoch auch gerade deshalb sinnvoll und notwendig, weil sie dazu beitragen, dass der Einsatz von Mandatsträgern und Bürgermeistern bei der Umsetzung eines wichtigen Reformvorhabens des Landes nicht durch einen Verlust ihres Mandats nachträglich entwertet wird.

Es wäre weder den Betroffenen noch den Bürgerinnen und Bürgern, die sie in dieses Amt gewählt haben, zu vermitteln, dass das Engagement für eine zukunftsfähige Kommunalstruktur ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem kommunalen Wahlmandat nach sich ziehen soll. Dies würde nicht nur im Nachhinein die Teilhabe und Unterstützung der kommunalen Mandatsträger für die Strukturveränderung infrage stellen, sondern auch die Akzeptanz vor Ort schwächen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, Sie sind mit mir einer Meinung, dass in der heutigen Zeit bürgerschaftliches Engagement wichtig und notwendig ist und dass gerade die ehrenamtliche Tätigkeit auf kommunaler Ebene unser aller Unterstützung bedarf. Hierzu kann auch der vorliegende Gesetzentwurf einen Beitrag leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz auf die weiteren Inhalte des Gesetzentwurfes eingehen, nämlich auf die vorgesehenen Änderungen im Behindertengleichstellungsgesetz und im Straßengesetz. Ich denke, dass diese Änderungen eine sachgerechte Lösung darstellen um das geltende Recht an die Erfordernisse und Entwicklungen in der kommunalen Praxis anzupassen.

Gerade die vorgeschlagene Änderung des Straßengesetzes verdeutlicht den bestehenden Handlungsbedarf; denn die derzeitige Rechtslage macht die Wahrnehmung einer Aufgabe durch die Kommunen von einem Stichtag abhängig, der auf die Einwohnerzahl des Jahres 1991 zurückgeht und auf die demografische Entwicklung der letzten Jahre keine Rücksicht nimmt. Hier ist eine Anpassung dringend erforderlich.

Mit der beabsichtigten Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes wird an der Bestellung von kommunalen Behindertenbeauftragen festgehalten. Bislang sind diese Regelungen im Kommunalverfassungsrecht verankert. Künftig sollen die Kommunen selbst durch eine Hauptsatzung bestimmen können, ob die Aufgabe hauptamtlich oder ehrenamtlich erfüllt werden soll. Ich denke, dass eine solche Regelung der Organisationsgewalt der Kommunen Rechnung trägt und die kommunale Selbstverwaltung stärkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich Ihnen an dieser Stelle für die zügigen Beratungen in den Ausschüssen danken, die es ermöglicht haben,

dass der Gesetzentwurf heute zur Abstimmung stehen kann. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Nun bitte für die PDS-Fraktion Herr Grünert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung sieht die Streichung des Mitwirkungsverbotes für Lehrerinnen und Lehrer in Bezug auf die Schulentwicklungsplanung vor. Das wird von unserer Fraktion ausdrücklich begrüßt. Ansonsten wurde er durch die Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Opposition im Innenausschuss unverändert verabschiedet.

Zeitgleich mit diesem Gesetzentwurf wurde auch der Entwurf eines Ersten Funktionalreformgesetzes eingebracht und beraten. Beide Gesetzentwürfe verändern nicht nur die Gemeinde- und die Landkreisordnung, sie verändern auch Fachgesetze, die in Kürze durch den Landtag als Vollgesetze novelliert werden. Eine Vereinheitlichung der Gesetzesänderungen in einem Guss ist offensichtlich nicht gewollt oder sie ist durch die Koalition fachlich nicht zustande gekommen.

Während sich die damalige CDU-Opposition in den vergangenen Legislaturperioden dafür ausgesprochen hatte, Gesetzesänderungen gerade in Bezug auf die Kommunalverfassung mit Bedacht und nur in angezeigten Fällen vorzunehmen, scheint es nunmehr zum „Volkssport“ zu werden, die Gemeinde- und die Landkreisordnung permanent zu ändern. Es scheint sich in Anlehnung an ein bekanntes Zitat der Eindruck zu vertiefen, dass die Koalition die Kommunalverfassung so verändert hat, dass es den Kommentatoren langsam schwer fällt, sie zu interpretieren.

Aber damit nicht genug. Gleichzeitig wird aus unserer Sicht neues Unrecht in Gesetzesform gegossen. Wie ist es sonst zu verstehen, dass bezogen auf die hauptamtlichen Bürgermeister die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat - der Minister ist gerade darauf eingegangen - vorübergehend ausgesetzt wird, die ehrenamtlichen Bürgermeister, die zum Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes gewählt werden, jedoch von der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat betroffen sind?

Auch die im Innenausschuss dargestellte Argumentation, dass die ehrenamtlichen Bürgermeister „geborene“ Mitglieder des Gemeinschaftsausschusses sind und sich damit selbst kontrollieren müssten, greift nicht, da die entsendenden Gemeinden anstelle des ehrenamtlichen Bürgermeisters auch ein Mitglied aus der Mitte des Gemeinderates wählen könnten.

Befremdlich sind die Regelungen bezogen auf die Behindertenbeauftragten. Durch die Abstellung auf ein reines Ehrenamt wird die Mitsprachemöglichkeit und die Arbeitsfähigkeit der derzeitig hauptamtlichen Beauftragten erheblich beschnitten. Vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierungen gerade in den kreisfreien Städten ist damit zu rechnen, dass zukünftig die hauptamtlichen Stellen in ehrenamtliche Stellen umgebildet werden.

Die von uns unterstützte Forderung der SPD, im Hinblick auf die zu erwartende Kreisgebietsreform generell hauptamtliche Behindertenbeauftragte sowohl in der Gemeinde- als auch in der Landkreisordnung festzuschreiben, wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Hier sei nur einmal erwähnt, das die Gewährleistung gleicher Lebensverhältnisse für behinderte Menschen sich nicht nur auf eine barrierefreie Zugänglichkeit öffentlicher Gebäude bezieht, sondern diese umfasst die gesamten Lebensumstände.

Einige Beispiele hierfür sollen aufgeführt werden: Was nützt dem Stummen ein Rufbus, den er nicht rufen kann? Was nützt dem Gehörlosen die Ansage auf dem Bahnhof, das der Zug auf einem anderen Gleis ankommt, die er nicht hören kann? Was nützt dem Blinden ein optisches Leitsystem im Krankenhaus, das er nicht sehen kann?

Auch die von der Landesregierung angebotenen Internetportale sind in der Regel nicht barrierefrei. Diese Aufzählung wäre ohne Probleme weiterzuführen, was ich jedoch aus Zeitgründen nicht tun werde.

Offen ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der Kostenübernahme. Im Gesetzentwurf fehlt eine entsprechende Kostendeckungsregelung. Auch der Vorschlag der SPD-Fraktion, durch die Aufnahme eines Merkpostens im Gesetz die nachträgliche Regelung der Kostenübernahme festzuschreiben, wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Hiermit wird der Beschluss des Landesverfassungsgerichtes vom 14. September 2004, in dem das Konnexitätsprinzip beurteilt wurde, schlichtweg ignoriert.

Die Änderung des Straßengesetzes ist eine folgerichtige Korrektur, die auf der veränderten Bevölkerungszahl beruht. Offen bleibt jedoch, wie man mit der Tatsache umgehen will, dass eine Kommune für den Zeitraum eines Jahres wegen des Erreichens der Grenze von 50 000 Einwohnern Straßenbaulastträger für die durch den Ort führenden Landes- und Kreisstraßen wird, diese Trägerschaft jedoch im Folgejahr wegen des Absinkens der Einwohnerzahl wieder abgeben muss. Auch wenn es akademisch klingt, besteht diese Möglichkeit.

Aus der Sicht der Verkehrsteilnehmer, welche augrund von Straßenschäden verunfallen und Anzeige gegen den Straßenbaulastträger stellen wollen, ist dies nicht nachvollziehbar. Man kann auch nicht verlangen, dass diese Verkehrsteilnehmer ständig die Statistischen Jahrbücher der letzen zwei Jahre mit sich herumtragen, um zu wissen, wer gerade zuständig ist.

Die PDS-Fraktion wird aus den von mir genannten Gründen dieses Gesetz ablehnen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Grünert. - Nun bitte ich Herrn Wolpert von der FDP-Fraktion, das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich nichts anderes zu berichten habe als das, was der Minister bereits erläutert hat, bitte ich um die Erlaubnis, meine Rede zu Protokoll geben zu dürfen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)