Protocol of the Session on July 18, 2002

Herr Bullerjahn, möchten Sie eine Frage - -

Das war aus der Rede, das war nicht mein Abschluss.

Die SPD-Fraktion sieht diesen Vorgang viel gelassener und viel politischer. Wenn Herr Becker aus alter Verbundenheit das Aufsichtsratsmandat bei der GSW behalten will, so soll er es tun. Ich denke, er allein muss entscheiden, ob er sich diese Debatte heute antun musste. Die Fraktion wird sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Bullerjahn, möchten Sie zwei Fragen von Herrn Heyer und Herrn El-Khalil beantworten? - Bitte, Herr Heyer.

Herr Kollege Bullerjahn, können Sie uns sagen, wie in der damaligen Debatte um den hoch geachteten Wirtschaftsminister unseres Landes der jetzige Ministerpräsident und der jetzige Justizminister abgestimmt haben? - Falls der heutige Justizminister Becker damals gegen unseren Antrag gestimmt hat, kann ich Sie nicht so richtig fragen. Dann würde ich sagen: Dass ihr heute mit dem Antrag kommt, schämt euch!

(Lachen bei der CDU)

Bei aller, denke ich, sehr leichten Betrachtung des Themas

(Herr Kühn, SPD: Schamlos!)

ist im Lichte dieser Debatte wirklich die Frage zu stellen, ob man sich dies antun musste. Denn ich weiß, dass das damals eine sehr hitzige Debatte war, die dem Klaus Schucht in keiner Weise gerecht wurde. Ihn hat das Bemühen ausgezeichnet, die Aufgabe, die er wahrgenommen hatte - das waren zwei Aufsichtsratsmandate -, vernünftig zu übergeben.

Da ich annehme, dass der Abgeordnete Gürth nicht nur für sich allein gesprochen hat, gehe ich davon aus - das kann ich allerdings nicht beweisen -, dass die beiden angesprochenen Personen sich diesem Votum angeschlossen haben. Aber, Herr Abgeordneter Heyer, ich

habe das nicht so weit getrieben, dass ich das Abstimmungsverhalten Einzelner recherchiert hätte.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Vielleicht waren sie nicht da! - Minister Herr Dr. Daehre: Die waren sicher- lich nicht anwesend!)

Nun bitte Herr El-Khalil.

Ich habe das Glück gehabt, Herrn Schucht bei einigen Veranstaltungen kennen zu lernen. Ich habe ihn sehr geschätzt. Ich bedauere, dass er so früh von uns gegangen ist. Nach meiner Auffassung war er der einzig richtig gute Minister in jener Regierung.

Nun die Frage. Sie hatten gesagt, dass es sich um ein Unternehmen gehandelt habe, das wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Hier geht es nun aber, wie ich gehört habe, um ein gemeinnütziges Unternehmen. Meinen Sie, dass das vergleichbare Fälle sind?

(Frau Budde, SPD: Die können auch gefördert werden! Städtebau oder so! - Herr Dr. Püchel, SPD: Haben sie Fördermittel bekommen?)

Ich habe gehört - dem Antrag ist es wohl so nicht zu entnehmen -, dass dieses Unternehmen

(Unruhe)

- Herr Becker, könnten Sie bitte kurz zuhören - in der Nähe des Wohnsitzes von Herrn Becker eine Niederlassung unterhält. Daher gehe ich davon aus, dass die das nicht nur aus wohltätigen Zwecken machen.

(Zustimmung bei der SPD - Frau Dr. Hein, PDS: Genau!)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Wolpert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die Debatte beim vorherigen Redebeitrag fast schon kabarettistische Züge angenommen hat,

(Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

- das war nicht seine Schuld - kann ich leider doch nicht auf meinen Redebeitrag verzichten.

Ich denke, wenn man den Fall Schucht anführt, muss man einräumen, dass dieser doch etwas anders gelagert war. Damals ging es um eine Beteiligung an der Firma Rank Xerox GmbH Deutschland und um eine Tätigkeit im Aufsichtsrat des Eschweiler Bergwerksvereins EBV. Gerade Ersteres dürfte wohl eher dazu führen, dass ein Wirtschaftsminister des Landes Sachsen-Anhalt in eine Interessenkollision geraten könnte. - Ist er ja nicht.

Die Pflichten- und Interessenkollisionen, die in dem heute in Rede stehenden Fall, also bei der Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft in Sigmaringen, eventuell in Betracht kommen könnten, halte ich bestenfalls für an den Haaren herbeigezogen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Naumburg!)

Die seinerzeitige Argumentation mit dem Hinweis auf Artikel 66 des Grundgesetzes - - Dieser betrifft den Bundeskanzler und die Bundesminister. Das ist etwas anderes. Der Bundeskanzler ist für die gesamte Republik da. Bei einem Minister des Landes Sachsen-Anhalt ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass auch er für ganz Deutschland da ist, aber letztlich ist sein Tätigkeitsfeld vornehmlich auf Sachsen-Anhalt beschränkt.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Aber für Naumburg! - Weitere Zurufe von der SPD: In Naumburg!)

Herr Wolpert, möchten Sie eine Frage beantworten?

Soweit ich das kann, gerne.

Herr Bullerjahn, bitte.

Der Vollständigkeit halber möchte ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass die Ausnahmeregelung für Klaus Schucht seinerzeit nur deshalb getroffen worden ist - das stand auch so in dem Antrag -, um zu erreichen, dass er die Mandate vorübergehend wahrnehmen konnte, bis geeignete Nachfolger für beide Aufsichtsratsmandate gefunden worden waren.

Ich gehe davon aus, dass das einer der ausschlaggebenden Punkte war und dass die Ausnahme nur deshalb genehmigt wurde, weil das nur vorübergehend war.

Sie nannten noch ein weiteres Kriterium, das Sie selbst aufgestellt haben. Ich gehe davon aus, wenn Herr Becker sich diese Auseinandersetzung antut, dann hängt für ihn so viel Herzblut daran, dass man sicher sein kann, dass er das ohne Interessenkollision überstehen wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Sonst möchte niemand mehr dazu sprechen.

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Antrag in der Drs. 4/50. Wer stimmt dem zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die Mehrheit hat zugestimmt. Die PDS-Fraktion hat dagegen gestimmt, die SPD-Fraktion hat sich der Stimme enthalten. Damit ist diesem Antrag mehrheitlich entsprochen worden.

Meine Damen und Herren! In fünf Minuten wollten wir eigentlich den Tagesordnungspunkt 15 behandeln. Dazwischen lägen allerdings noch zwei weitere Tagesordnungspunkte, bei denen die Beratung jeweils mit mehr als einer halben Stunde veranschlagt ist. Ich frage Sie deshalb, ob wir vor dem Punkt 15 noch einen weiteren Tagesordnungspunkt behandeln wollen. Wenn Ihnen das recht ist, werden wir uns sicherlich bemühen müssen, etwas Zeit einzusparen. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Ich rufe deshalb den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung

Gegen die Abschiebung von Arbeitslosenhilfeempfängerinnen und -empfängern in die Sozialhilfe

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/53

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/93

Für die antragstellende Fraktion bitte ich Frau Bull das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überführung der Arbeitslosenhilfe in die Sozialhilfe ist offensichtlich eines der zentralen Vorhaben der Unionsfraktion und der FDP zur Bekämpfung der Arbeitslosen an sich.

(Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

Der eine oder andere CDU-Politiker im Osten hat es mittlerweile verstanden: Das Problem in den neuen Bundesländern liegt eben nicht in der fehlenden Motivation langzeitarbeitsloser Frauen und Männer. Das Problem ist die Alternativlosigkeit, der strukturelle Mangel an existenzsichernden Arbeitsplätzen im Osten, meinethalben auch im Niedriglohnsektor.

Ich kann mich allerdings, meine Damen und Herren, an Debatten hier im Plenum erinnern, so zum Beispiel an die Aussprache über die Große Anfrage der CDUFraktion unter dem Titel „Arbeit statt Sozialhilfe“, bei der die Union genauso weit von dieser Erkenntnis entfernt war, wie der damalige Zeitpunkt vom Wahltag. Erstaunlicherweise kommt diese Erkenntnis nun gerade recht, um gegen die Hartz-Vorschläge zu polemisieren; und das wahrscheinlich in allererster Linie deshalb, weil sie aus der Schröder’schen Ecke kommen. So taugt die Einsicht, werter Herr Kollege Ministerpräsident Böhmer, wenn auch spät, so dennoch dafür, seinem Kontrahenten vor der Wahl noch einmal kräftig ins Knie zu treten.

Die Frage, die die Politik und die Gesellschaft beantworten müssen, ist folgende: Wie gehen wir mit langzeitarbeitslosen Frauen und Männern um? Wie können wir zum einen deren soziale Sicherung realisieren und zum anderen deren Chancen zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ausgestalten? - Und das vor dem Hintergrund, dass es in absehbarer Zeit nicht ausreichend Arbeitsplätze geben wird.