Dazu muss ich einmal sagen: Das ist nun gar keine Verantwortung. Entweder ich bin dafür oder dagegen, gerade bei einer kritischen Frage.
Enthaltung ist natürlich die Situation nach dem Motto: Ich lasse mir alle Türen offen. Ich gehe mit Ihnen mit, dass wir auch über das eine oder andere wirklich noch ethisch diskutieren müssen. Auch wenn Sie mit einem Vorschlag kommen, bei dem Sie sagen: Jawohl, wir sind dafür, aber bei den einen oder anderen Punkten - - Aber Enthaltung - dazu muss ich sagen, liebe werte Frau Budde, wenn Sie das noch einmal begründen würden, warum Sie mit Enthaltung stimmen. Dazu hätte ich gern etwas gehört.
Das mache ich gern, Herr Daehre. Zum einen wird in allen Parlamenten die Möglichkeit eingeräumt, sich zwischen Ja, Nein und Enthaltung zu entscheiden. Das hat auch seinen guten Grund, dass es die Möglichkeit der Enthaltung gibt. Ich habe deutlich gemacht: Es gibt in unserer Fraktion und in unserer Partei grundsätzlich sehr unterschiedliche Auffassungen.
- Das ist ein Thema, Herr Kosmehl, das - nach meiner Überzeugung - nicht einfach mit zufälligen Mehrheiten der hier im Landtag sitzenden Abgeordneten entschieden werden kann.
Es gibt eine grundsätzliche Diskussion zum Thema Biotechnologie. Es wird hier mit einer Enthaltung weder verhindert, dass sich ein Unternehmen weiterentwickelt, noch wird ihm ein Forschungsprojekt oder sonst irgendetwas abgesprochen.
Insofern ist eine Enthaltung in dem Fall eine sehr deutliche Positionierung: Es gibt dazu kein endgültiges Ja oder Nein in der Sozialdemokratie.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ausdrücklich bedanken für die sehr intensive Diskussion, das volle Haus, die große Aufmerksamkeit.
Ich kann mich erinnern: Vor einem Jahr haben wir vor halb leeren Bänken gesessen, das Thema wurde durchgewunken. Die Überweisung ist damals einstimmig beschlossen worden.
Ich sage das vorweg, damit Sie das, was ich jetzt sage, ein bisschen einordnen können. Mir war vor einem Jahr vollkommen klar, dass wir das einstimmige Votum so nicht halten können; denn ich akzeptiere, dass es auch andere Meinungen gibt.
Wir haben vor genau einem Jahr begonnen, und ich habe die Hoffnung gehabt, dass wir das Thema rein fachlich diskutieren, weniger politisch. Man lernt dazu. Politik ist ein harter Job. Ich hatte gehofft, diese hochinteressante Technologie mit den besonderen Potenzialen für Sachsen-Anhalt - darin sind wir alle einer Meinung; es hat keiner gegen die Biotechnologie in Sachsen-Anhalt gesprochen, das sollte man mal hervorheben - intensiv zu beleuchten. Stattdessen - dabei nehme ich aber alle hier Anwesenden aus - waren wir wochenlang Konfrontationen ausgesetzt, mit ideologisierten Vorurteilen. Ich nehme aber ausdrücklich alle hier Anwesenden aus.
Wir haben miterleben müssen, wie mit Ängsten der Bürger Politik gemacht wird, mit welchen Mitteln und Methoden radikale Gruppierungen aus dem Altbundesgebiet, aus ganz Europa, die bewusst auch Rechtsbruch in Kauf nehmen, vorgingen. Wir haben erlebt, wie Themen und Meinungsbildung über Medien gemacht werden und wie in Deutschland ideologiegeprägte Innovationspolitik gemacht wird und auch zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird. Ich sage es noch einmal: Ich nehme alle Parteien in diesem Hause von diesem Vorwurf aus. Sie haben es nicht getan, es waren andere.
Ich meine, dass wir uns von gewissen fortschrittsfeindlichen Kräften in dieser Republik nicht unterkriegen lassen sollten und uns nicht unserer Chancen berauben lassen sollten, gerade in einem solch zukunftsträchtigen Technologiezweig.
Meine Damen und Herren! Alle, die behaupten, das Thema grüne Biotechnologie müsste öffentlich diskutiert werden, haben übersehen, dass es bislang in diesem
Land und auch in Deutschland so eine intensive Diskussion zu diesem Thema nicht gegeben hat. Dieser Landtag hier hat eigentlich bundesweit vorgemacht, dass man sich sehr, sehr intensiv damit beschäftigen kann.
Ich habe verfolgt, dass alle Fraktionen, alle Arbeitskreise in zig Anhörungen und Beratungen sich diesem Thema intensiv gewidmet haben - das hat es bisher so noch nicht gegeben -, einer Technologie, die manche als Risikotechnologie beschreiben, nicht als Fortschrittstechnologie.
Meine Damen und Herren! An die Stelle einer anfänglichen Sensationsberichterstattung - alles hat sich ja um den Erprobungsanbau gedreht, wobei ich sagen muss, das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der ganzen Biotechnologieoffensive - ist, Gott sei Dank, mittlerweile mehr eine unaufgeregte und sachorientierte Berichterstattung getreten. Man sieht es an dem heutigen Tag: Das Haus ist voll, Sie sind aufmerksam, die Presse interessiert es aber nicht mehr, weil der eigentliche „Clou“ wahrscheinlich jetzt schon vorbei ist. Wenn jetzt Berichterstattungen kommen, sind sie sehr sachorientiert und auch von sehr, sehr guten Journalisten gemacht.
Der parteiübergreifende Konsens war bis zum Start des Erprobungsanbaus im Mai dieses Jahres gegeben. Konsens bestand auch darin, dass dieser Erprobungsanbau stattfinden soll. Dann - als Reaktion auf die veröffentlichte Meinung, die wurde erzeugt - sondierten sich die Meinungen. Das akzeptiere ich auch, weil aufgrund der intensiven Beschäftigung mit diesem Thema natürlich der eine oder andere sagt: Ich habe ethische Vorurteile, wenn es um Gentechnik geht. Das ist das gute Recht eines jeden. Aber ich verlange dann auch, dass die Protagonisten ebenfalls gehört werden und mit ihren Sachargumenten auch durchkommen.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir in den Ausschüssen für Wirtschaft und für Landwirtschaft die Konzeption für diesen Erprobungsanbau ausführlich diskutiert haben: das wissenschaftliche Begleitprogramm mit der MLU Halle, die Rolle von Innoplanta, das Thema Ausgleichsmaßnahmen für eventuelle Schäden; alles wurde beredet und ausdiskutiert. Auf der Pressekonferenz, als der Start des Anbaus bekannt gegeben wurde, wurden umfangreiche Unterlagen und Erklärungen abgegeben. Dass dies in den Medien nicht so rüberkam, vielleicht auch nicht so rüberkommen sollte mit den sachorientierten Beiträgen, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Von Anfang an war klar gestellt, dass es nicht der Erprobungsanbau der Landesregierung ist, sondern dass die Landesregierung unterstützend wirkt für diejenigen, die es tun und die Träger sind: die Landwirte und die Saatzüchter. Der Vorwurf, dass hier nicht informiert und das Vorhaben nicht transparent genug durchgeführt worden sei, ist zurückzuweisen. Es hat in der Folge und auch jetzt sehr, sehr umfangreiche Publikationen, Interviews, Veranstaltungen usw. gegeben, was es in dieser Form bisher noch nicht gegeben hat.
Das Thema, an dem sich alles festmachte, war die Geheimhaltung. Machen wir uns nichts vor: Alles lief bestens, bis das Thema Geheimhaltung kam.
In diesem Zusammenhang noch einmal kurz zur Sachlage. Die EU-Kommission hat im Jahr 1998 die Genehmigung für die In-Verkehr-Bringung des Bt-Maises erteilt. Die zuvor durchgeführten sehr umfangreichen Sicherheitsprüfungen - Sie können versichert sein: keine
andere Sorte, keine andere Kulturart ist so durchgecheckt wie transgene Kulturarten - führten zu dem Ergebnis, dass von diesem Mais keine Gefahren für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt ausgehen. Das muss man so akzeptieren.
Seit dem Jahr 1998 wird dieser Mais in Deutschland auf mehreren Hundert Hektar angebaut und es hat bisher überhaupt keinen interessiert. Auch öffentliche Veranstaltungen auf den Feldern wurden als ganz normal eingestuft.
Das Bundessortenamt - jetzt beginnt es eigentlich -, eine Behörde, die dem BMVEL untersteht, hat am 29. Januar dieses Jahres die Vertriebsgenehmigung für 30,5 t Saatgut Bt-Mais erteilt und damit grundsätzlich den bundesweiten Anbau freigegeben, ohne dass weitere behördliche Genehmigungen oder Aufsichten notwendig wären. Das heißt, jedem Landwirt in der Bundesrepublik war damit freigestellt, sich dieses Saatgut zu besorgen und anzubauen. Der Erprobungsanbau mit Bt-Mais auf 29 Standorten in sieben Bundesländern wurde somit auf der Grundlage dieses eindeutig geltenden Rechts gestartet und vollzogen.
Der Unterschied war allerdings, dass der Anbau diesmal mit einem wissenschaftlichen Begleitprogramm durchgeführt wurde, und zwar koordiniert mit dem Ziel, Koexistenzfragen zu klären, die bisher noch nicht behandelt worden waren. Das heißt, zu klären, wie das Nebeneinander von unterschiedlichen Anbauformen zu realisieren sei.
Es ist schon erstaunlich, dass das BMVEL weder die EU-Freisetzungsrichtlinie pünktlich umgesetzt hat, noch der Aufforderung der EU, solch einen Erprobungsanbau durchzuführen, bisher nachgekommen ist, aber trotzdem das Bundessortenamt die In-Verkehr-Bringung genehmigt hat. Das ist doch der eigentliche Punkt.
Deshalb haben, unterstützt von den Ländern SachsenAnhalt, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, Landwirte und Saatgutzüchter einen Erprobungsanbau durchgeführt, weil sie selbst wissen wollten, wie so etwas funktioniert, um Anbauempfehlungen zu erarbeiten. Man muss es noch einmal sagen: Es geht nicht um einen Freisetzungsversuch, sondern um einen Anbau von zugelassenem Saatgut mit dem Ziel, praktische Empfehlungen für den Bt-Mais-Anbau - nur für diesen Bt-MaisAnbau - zu erlangen.
Der Anbau ist so organisiert, dass Nachbarn von Maisfeldern nicht betroffen sind. Das heißt, eine Auskreuzung auf Nachbarfelder mit Mais ist ausgeschlossen.
Noch ein Wort zur Geheimhaltung. Die Verantwortlichen und die Träger des Anbaus sind nicht glücklich darüber, dass die Bt-Mais-Anbaustandorte geheim gehalten werden müssen. Die Strategie war eigentlich von Anfang an - das können Sie mir glauben - eine andere.
Kurz vor der Aussaat hat es aber die Zerstörungen in Bernburg gegeben, durch Greenpeace und dann durch unbekannt. Damit war klar: Die Situation hat sich geändert. Als dann offensive, bis jetzt anhaltende Ankündigungen erfolgten nach dem Motto „Es ist das Ziel, die Flächen herauszufinden, um sie dann zu zerstören“, musste man das ganz einfach berücksichtigen; denn der Schutz der wissenschaftlichen Auswertung und auch der Schutz der Landwirte steht im Vordergrund. Das Risiko der Offenlegung der Standorte ist auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu hoch und zu unberechenbar.
Es besteht keine Pflicht zur Offenlegung. Der letzte Verwaltungsgerichtsentscheid ist Ihnen ja sicherlich zur Kenntnis gelangt.
Der Erprobungsanbau läuft seit nunmehr acht Wochen störungsfrei. So soll es auch bleiben. Wie mit der Geheimhaltung weiter verfahren wird, wird die Zeit zeigen. Insbesondere das Verhalten der potenziellen Störer und das, was die Landwirte dazu sagen - denn nur die Landwirte können entscheiden, ob die Standorte offen gelegt werden oder nicht -, wird entscheidend sein.
Meine Damen und Herren! Die Frage taucht auf, ob der Erprobungsanbau seit der Verabschiedung der Gentechniknovelle im Bundestag, die ja noch nicht in Kraft ist - das wird erst Ende des Jahres erfolgen; übrigens wurde damit ein Gentechnikverhinderungsgesetz und nicht das geschaffen, was die EU angeregt hat, nämlich die Koexistenz zu gewährleisten -, noch Sinn macht. - Ja, kann man nur sagen; denn der Erprobungsanbau und seine zu erwartenden Ergebnisse sind heute wichtiger denn je. Ein Entwurf notwendiger Rechtsverordnungen zur guten fachlichen Praxis dieses Anbaus liegt bisher nämlich nicht vor. Also können die Ergebnisse des Erprobungsanbaus direkt in das Verfahren einfließen.
Des Weiteren bleibt festzustellen, dass Änderungen der politischen Konstellationen in Berlin - darauf beruhen auch unsere Hoffnungen -, die das Thema grüne Gentechnik wieder in einem besseren Licht erscheinen lassen, so fern wohl nicht mehr scheinen.
Zum Abschluss - ich komme zum Ende - noch ein kleiner Ausblick, der die Richtigkeit der Biotechnologieoffensive und des Erprobungsanbaus deutlich machen soll. Ich verzichte auf eigene Erklärungen, sondern versuche wiederzugeben, was wichtige Gremien hierzu mitgeteilt haben:
„Die Entwicklung transgener Pflanzen kann in Zukunft verstärkt dazu beitragen, die Ernährungssituation in Entwicklungsländern zu verbessern.“
Zu diesem Schluss kommt die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen in ihrem diesjährigen Jahresbericht.
Der EU-Forschungskommissar stellte kürzlich ein Konzept für die „Pflanzen der Zukunft“ vor. Der Zeithorizont geht bis zum Jahr 2025. Die Zeitreise führt in eine neue Biowirtschaft, in deren Mittelpunkt neue Produkte aus neuen Pflanzen stehen. Diese Pflanzen werden nicht nur für die Erzeugung wohlschmeckender Nahrungsmittel verwendet, sondern werden auch konkurrenzfähige Stoffe bieten - als nachwachsende Rohstoffe, als Treibstoffe und als Biomaterialien. Der ländliche Raum erlebt durch die akademisch veredelten Pflanzenprodukte eine Renaissance. Auf den Äckern wachsen Medikamente und Europa liefert Pflanzensorten, die dem globalen Klimawandel gewachsen sind und die Ernährung von neun Milliarden Menschen sichern. Der Widerspruch zwischen Gentechnik und Ökologie ist aufgelöst.
Das ist nicht meine Behauptung. Das sagt eine hochrangige Kommission, die von der EU eingesetzt worden ist.
Meine Damen und Herren! Ich plädiere dafür, den Änderungsantrag der PDS-Fraktion abzulehnen, weil wir in die vorläufige Beschlussempfehlung alle wesentlichen
Anforderungen, die die PDS-Fraktion gestellt hat, mit aufgenommen haben. Diese sind nach wie vor Bestandteil der Beschlussempfehlung. Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zu folgen und dieser zuzustimmen. - Danke schön.