Zu der Rückbauverpflichtung ist kurz zu sagen, dass es bei Stilllegungen von Anlagen - Laufzeit ca. 15 bis 20 Jahre - massiv passieren wird, dass keine Verantwortlichen mehr für den Rückbau zu greifen sind. Sie sind einfach nicht mehr da. Weder Bauaufsicht noch Kommunen sind dann in der Lage rückzubauen. Deshalb ist hierfür Vorsorge zu leisten.
Derzeit läuft - Herr Köck, da sind wir wieder näher beieinander - die Neuaufstellung der regionalen Entwicklungspläne seitens der regionalen Planungsgemeinschaften, bei der Eignungsgebiete konkretisiert oder auch ganz abgeschafft werden können. Hierin liegen die entscheidenden Einflussmöglichkeiten der Kommunen, die, wenn sie wollen, diese auch nutzen sollten.
Danke. - Für die SPD-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Felke sprechen. Sie haben das Wort, Herr Felke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns wieder über die Landesbauordnung reden! Ich habe doch den Eindruck gehabt, dass das in den letzten Minuten etwas aus dem Blick geraten ist.
Ein Bekannter, der in einem Ingenieurbüro arbeitet, sprach mich vor wenigen Tagen an und fragte mich: Was macht ihr da eigentlich in Magdeburg mit der Landesbauordnung? Soll sie jetzt selbst zur Dauerbaustelle werden?
Ich musste ihm Recht geben. Dieser Eindruck muss sich breit machen, wenn man sich ansieht, wie Sie als Koalition damit umgehen.
Wir reden hier über die Landesbauordnung aus dem Jahr 2001, die mit dem Ersten Investitionserleichterungsgesetz 2002 in mehreren Paragrafen verändert wurde, die mit dem Zweiten Investitionserleichterungsgesetz 2003 in mehreren Paragrafen geänderte wurde und die jetzt wieder in mehreren Paragrafen verändert werden soll.
Als wäre das nicht genug, wird jetzt der große Wurf angekündigt und von einer „mitteldeutschen Bauordnung“ gesprochen. Meine Damen und Herren! Ich verstehe, wenn denjenigen, die tagtäglich mit diesem Gesetz umgehen müssen, langsam Angst und Bange wird. Das ist weder seriös noch sachgerecht.
Meine Damen und Herren! Wir stellen nicht in Abrede, dass auch wir Handlungsbedarf sehen, was das Thema „Nutzung der Windenergie“ angeht.
An unserem Abstimmungsverhalten werden Sie auch sehen, dass wir Ihnen in einigen Punkten folgen. Allerdings hätten wir es begrüßt, die Änderungen in einer Novelle zu bündeln, es dann aber richtig zu machen.
Das Thema Windenergie wird vielerorts hoch emotional debattiert und führt zum Teil zu heftigen Kontroversen zwischen Gemeinderäten, Befürwortern und Initiativen von Windkraftgegnern. Einräumen muss man allerdings, dass sich die Debatte in den zurückliegenden Jahren zum Teil erheblich verschärft hat, was sich zum einen an der immer weiter wachsenden Zahl von Windparks, aber auch an der Dimension der Anlagen selbst festmachen lässt.
Vielerorts wurde - aber erst, nachdem die Anlagen entstanden sind - mit aller Schärfe erkannt, was da wächst. Einspruchsmöglichkeiten im Vorfeld wurden oftmals nicht in vollem Umfang genutzt und - auch das gehört zur ganzen Wahrheit - angesichts der kommunalen Finanzlage waren die Windparkeinnahmen vielfach auch sehr willkommen.
Ich sage es deutlich: Es muss darum gehen, die Nutzungskonflikte weitgehend zu minimieren und den Bürgerwillen weitgehend zu berücksichtigen. Konkrete Adressaten dafür sind aber die regionalen Planungsgemeinschaften, die über die regionalen Entwicklungspläne zu befinden haben.
Ohne eine energiepolitische Diskussion führen zu wollen, kann ich sagen, dass wir die Nutzung von alternativen Energien grundsätzlich befürworten. Mehrere Gründe sprechen dafür, nicht zuletzt und gerade in SachsenAnhalt die Arbeitsplatzeffekte. Andererseits ist uns aber auch klar, dass der Energiebedarf nur über einen Mix gedeckt werden kann, wobei die Grundlast vorerst weiterhin konventionell erzeugt werden muss.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz auf die einzelnen Punkte der geplanten Änderungen eingehen. Wir haben keinerlei Einwände zu § 69, nach dem die Einrichtung von Kleinwindenergieanlagen im Innenbereich künftig einem bauaufsichtlichen Verfahren unterworfen werden soll.
Ebenso können wir nach einer auch aus unserer Sicht erforderlichen Klarstellung durch den GBD die geplante Änderung in § 77 mit unterstützen. Anzufügen ist hier, dass Rückbauverpflichtungen von Windenergieanlagenbetreibern gegenüber den Grundeigentümern auch bisher schon in größerem Umfang gewährt wurden. Gegen
beide Punkte gab es übrigens auch in der Anhörung vonseiten der Windenergiebefürworter keinerlei Widersprüche.
Die Meinungen, auch bei uns in der Fraktion, gingen insbesondere zu der geplanten Änderung des § 6, der die Abstandsflächen behandelt, auseinander. Hierzu muss man sich vergegenwärtigen, dass auch die diesbezüglichen Regelungen in den einzelnen Bauordnungen der Bundesländer zum Teil sehr weit auseinander liegen. Zwischen 0,25 H und 1 H wird die ganze Bandbreite an Landesregelungen dargestellt. Selbst zwischen Bundesländern mit vergleichbarer Topografie gehen die Regelungen zum Teil weit auseinander.
Sie haben sich jetzt für die restriktivste Variante entschieden. Zu befürchten ist damit, dass es keinen sparsamen Umgang mit Grund und Boden geben wird und auch durch die erforderliche Zuwegung mehr Flächen versiegelt werden. Eine gewollte Konzentration der Anlagen an wenigen Stellen wird damit verhindert. Andererseits lässt es sich nachvollziehen, auch mit Blick auf die immer höher werdenden Anlagen, dass Sie daran interessiert sind, deren Zahl zu reduzieren. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesland Sachsen-Anhalt wird auch nach der heutigen Verabschiedung der Änderung der Landesbauordnung ein windkraftfreundliches Land bleiben. Jeder, der mit offenen Augen durch unser Land fährt, weiß das. Auch Forschungs- und Produktionskapazitäten werden weiter gefördert.
Mit der Änderung der Landesbauordnung werden wir - das ist von Herrn Schrader hinreichend erläutert worden; ich möchte es noch einmal zusammenfassen - drei Effekte haben. Erstens. Für kleine Anlagen in bebauten Gebieten wird ein Genehmigungsverfahren eingeführt, das heißt, eine Behörde prüft die Standsicherheit. Damit wird die Nutzung der Windkraft in Sachsen-Anhalt sicherer gemacht. Das ist der erste Effekt.
Der zweite Effekt ist die einzelvertraglich bereits gängige Praxis der Rückbauverpflichtung. Sie wird im Gesetz verankert. Wir befinden uns im Einklang mit dem Europarechtsanpassungsgesetz Bau der Bundesregierung und wir wenden finanzielle Risiken von den Gemeinden ab. Das ist der zweite Effekt des Gesetzes.
Der dritte Effekt des Gesetzes ist die Verdoppelung der bauaufsichtlichen Abstandsflächen. In der Tat - das hat auch die Anhörung ergeben - hat das nicht nur etwas mit Sicherheit zu tun, sondern auch damit, dass durch die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden, durch die Baulastübertragungen, die im Einzelfall notwendig werden, bestimmte Flächen für die Windkraftnutzung nicht mehr attraktiv sind. Das heißt, dass die Flächenneufestlegung für die Windkraftnutzung reduziert wird. Das ist der dritte Effekt. Der ist gewollt.
Meine Damen und Herren! Ich möchte persönlich sagen, dass wir uns als Koalitionsfraktionen etwa eineinhalb Jahre lang intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Es gab eine Arbeitsgruppe Windkraft dazu. Wir schließen heute - diese persönliche Bemerkung möchte ich machen - nach eineinhalb Jahren ein sehr erfolgreiches Kapitel ressortübergreifender Zusammenarbeit in der Koalition ab. Ich möchte mich - die Gelegenheit möchte ich gern nutzen - heute an dieser Stelle bei allen bedanken - sowohl in der FDP-Fraktion als auch in der eigenen CDU-Landtagsfraktion -, die in dieser Arbeitsgruppe mitgewirkt, die dort mitgearbeitet und trotz schwieriger Diskussionen in Einzelfragen zusammengestanden und dieses Projekt zum Erfolg geführt haben. - Herzlichen Dank.
Wir sehen mit dem Gesetzentwurf, Herr Felke, auch weiterhin die Möglichkeit, dass aufgrund der Raumbedeutsamkeit der Anlagen auch bei einer Verdopplung der Abstandsflächen eine Konzentration in bestimmten dafür vorgesehenen Eignungsgebieten erfolgt.
Herr Köck, auch Ihnen gebe ich Recht. Es bleibt die Verantwortung auch auf kommunaler Ebene. Was deren Mitwirkung in den regionalen Planungsgemeinschaften betrifft - völlig d’accord. Diese Verantwortung anzusprechen steht überhaupt nicht in einem Widerspruch zu unseren Intentionen. Darüber hinaus gibt es aber eben auch eine landespolitische Verantwortung. Wir haben unsere Arbeitsgruppe „Anpassung ohne Gegenwind“ genannt. Genau das haben wir vor: Anpassung ohne Gegenwind.
Die Windkraftnutzung braucht Bürgerakzeptanz. Genau das ist die Stellschraube, die wir als Landespolitiker anbieten, um die Windkraftnutzung künftig besser an die Siedlungs- und Raumstruktur des Landes anzupassen.
Die Einbringung des Gesetzes - damit möchte ich nun schließen - war begleitet von Diffamierungen durch die PDS. Wir wurden hier beschimpft. Was die Rückbauverpflichtung betrifft, wurde von einem „Dosenpfand für Bauten“ gesprochen. Eine Ausschussüberweisung wurde abgelehnt. Nach der Anhörung und den fachlichen Diskussionen in den Ausschüssen hat sich die PDS dann jedoch der Stimme enthalten.
Für die Vertreter Ihrer Fraktion, die vor Ort bei den Bürgerinitiativen oder auch im Petitionsausschuss hin und wieder einmal das starke Wort führen, ist das ein denkbar schwacher Auftritt. - Das muss ich Ihnen schon sagen.
- Das musste einmal gesagt werden. - Ich bitte herzlich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. - Herr Felke, Sie können sich sicher sein, es wird die letzte Änderung der Landesbauordnung in Detailfragen sein.
- In Detailfragen, Herr Felke. Sie wissen, dass wir die Bauordnung noch einmal anfassen werden - das haben Sie ja selbst gesagt. In Detailfragen soll es das aber an der Stelle gewesen sein. Der nächste Wurf wird der weitere. - Vielen Dank.