Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderung der Landesbauordnung sollte unter dem Aspekt der Angleichung an die Musterbauordnung erfolgen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren der Bauwirtschaft nicht nur im mitteldeutschen Raum, sondern in der Bundesrepublik überhaupt.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden zum wiederholten Mal einzelne Paragrafen aus dem Gesetzeszusammenhang der Landesbauordnung genommen. Die Landesbauordnung muss insgesamt einer Betrachtung unterzogen werden, selbstverständlich unter Einbeziehung Sachverständiger und Betroffener. Ich meine, hierzu ist von allen Fraktionen heute schon etwas gesagt worden.
Meine Damen und Herren! In der 24. Sitzung des Landtages am 4. Juli 2003 wurde mit den Stimmen der Koalition das Zweite Investitionserleichterungsgesetz beschlossen. Damit wurden einzelne Bestimmungen der Landesbauordnung neu geregelt und von Ihnen als investitionsfördernd gefeiert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll erneut die Landesbauordnung verändert werden. Aktionismus pur? Oder: Warum wurden diese Änderungen denn nicht mit dem Zweiten Investitionserleichterungsgesetz herbeigeführt, meine Damen und Herren?
An dieser Stelle muss klar gesagt werden, dass dieser Gesetzentwurf investitionshemmend und in seiner Tragweite nicht absehbar ist.
Kritisieren muss man die unklaren Formulierungen zu den Fristen und Kosten. Die Koalition bereitet sozusagen das Dosenpfand für Bauten vor. Denn es geht hierbei nicht nur um Windenergie und andere regenerative Energien, wie Photovoltaik, sondern generell um bauliche Anlagen.
Meine Damen und Herren! Gucken Sie bitte genau in diesen Gesetzentwurf hinein. Genau das steht dort drin. Es geht nicht nur um Windenergie.
Wenn die Koalition das so will, muss sie das auch klar und deutlich sagen. Dazu ist von Ihnen heute noch keine Aussage gekommen. Herr Schröder, auch von Ihnen nicht.
Ihren Antrag „Keine Ausbildungsplatzabgabe in Sachsen-Anhalt“ begründen Sie - der kommt ja heute noch - mit dem Eingriff in die Wirtschaftlichkeit mittelständischer Unternehmen. Ich zitiere aus Ihrem Antrag:
„Eine zusätzliche Abgabe würde einen weiteren Kostenfaktor für die Unternehmen bedeuten, der vor dem Hintergrund der häufig unzurei
Bei dem heute vorliegenden Gesetzentwurf kehren Sie genau diese Sorge unter den Teppich. Oder haben Sie gar nicht gemerkt, was Sie aufgeschrieben haben?
Meine Damen und Herren! BP Solar denkt ja bekanntlich darüber nach, die weltgrößte Solaranlage im Landkreis Merseburg/Querfurt zu errichten. Ob die Investoren dann noch ihr Vorhaben realisieren werden, scheint angesichts des vorliegenden Gesetzentwurfs mehr als fraglich. Das allein in dem guten Glauben, Herr Schröder, mit einer Fristenlösung herbeiführen zu können, das stelle ich hierbei auch infrage.
Nach meiner Kenntnis gibt es in keinem anderen Bundesland eine solche Regelung. Damit entstehen für das Land Sachsen-Anhalt noch nicht abschätzbare Wettbewerbsnachteile. Vorprogrammiert ist damit die Behinderung des Baues von wichtigen Anlagen zur regenerativen, umweltfreundlichen Energiegewinnung. Dies sollte man auch unter dem Gesichtspunkt betrachten, dass die Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahr 2010 einen Anteil von 12,5 % seines Stromverbrauchs mit erneuerbaren Energien decken will.
Meine Damen und Herren! Die Form des vorliegenden Gesetzentwurfes ist aus meiner Sicht so unkorrekt, dass er von mir nicht in den Ausschuss überwiesen wird, wie Sie es vorgeschlagen haben. Ich kann einem solchen Vorschlag nicht folgen. Vor allen Dingen haben Sie in Ihrem Antrag nicht klar gesagt, ob Sie die Rückbauverpflichtung bzw. die Sicherstellung auch auf andere Bauten in diesem Land übertragen wollen. Schauen Sie in die Bauordnung hinein, dann merken Sie, was damit alles gemeint sein kann. Das haben Sie heute nicht gesagt. Aber das verbirgt sich in diesem Gesetzentwurf. Das wollen Sie nicht öffentlich sagen.
- Nein, Herr Schröder, schauen Sie richtig hinein. Ich habe mir die Mühe gemacht, das genau zu kontrollieren. Ich bin zu der Auffassung gekommen, dass das auch auf andere Bauten zutrifft. Aber das sagen Sie eben nicht. Sie haben sich nur auf die Windenergie bezogen. Deshalb lehne ich eine Überweisung in den entsprechenden Ausschuss ab. - Danke schön.
Herr Radschunat, welche Vorlage? - Erstens ist es irritierend, dass Frau Knöfler heute über erledigte Petitionen referiert, dabei die schwindende Akzeptanz bei den Bürgern für diesen Bereich darstellt und Sie wenige Minuten später an das Rednerpult treten und von „Aktionismus pur“ sprechen. Verstehen Sie nicht, dass von der Politik ein Signal an die Bürger im Land ausgehen muss, weil die Windkraftnutzung die Akzeptanz durch die Bürger braucht?
Die Nutzung regenerativer Energien nach dem SanktFlorians-Prinzip funktioniert nicht. Grüne Energie ist okay, aber bitte nicht vor meiner Haustür. Das geht nicht gut. Sie haben keine Antwort. Sie geben dem Bürger keine Antwort.
Es ist der Gipfel der Heuchelei. Als wir im Rahmen des Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes eine Neuregelung zu der Stellplatzablöse vorgelegt haben, die sich an das sächsische Modell anlehnte, haben Sie kritisiert, dass die finanziellen Lasten bzw. die Risiken bei den Kommunen liegen. Jetzt, da wir mithilfe einer Rückbauverpflichtung finanzielle Risiken von den Kommunen abwenden wollen, sprechen Sie von Wettbewerbsnachteilen. Was ist das für eine Heuchelei? Was gilt denn eigentlich?
Zu den Kosten. Dass im Gesetz keine Fixierung vorgenommen wird, ergibt sich aus der Systematik der Formulierung selbst. Ich habe aus dem Gesetzentwurf vorgelesen. Sie haben völlig Recht, Herr Radschunat, darin steht tatsächlich, dass die Regelung für genehmigungspflichtige bauliche Anlagen gilt, die zeitlich befristet genutzt werden - das betrifft nicht nur Windkraftanlagen - und bei denen nach der Beendigung der Nutzung kein weiteres Nutzungsinteresse besteht. Auf diese Anlagen bezieht sich das.
Meine Damen und Herren von der PDS, möglicherweise sind Sie nicht auf dem neuesten Stand. Ich weise zumindest darauf hin, dass mit dem europäischen Anpassungsgesetz ab dem Sommer 2004 auf der Bundesebene für genehmigungspflichtige Anlagen im Außenbereich eine ähnliche Sicherheitsleistung als Genehmigungskriterium festgelegt wird, zumindest für Anlagen, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Wenn wir in Sachsen-Anhalt nicht ein Anreizsystem dafür schaffen wollen, den immissionsschutzrechtlichen Verfahren auszuweichen, dann tut es Not und ist es richtig, dass wir eine solche Regelung schaffen.
Im Übrigen möchte ich noch eine Sache erwähnen: Bereits jetzt ist es gängige Praxis, in privatrechtlichen Verträgen eine Rückbauverpflichtung oder eine Sicherheitsleistung zu vereinbaren. Mit der gesetzlichen Fixierung schaffen wir Rechtsklarheit und eröffnen den Kommunen die Möglichkeit, im Rahmen einer Ersatzvornahme zu handeln, wenn die Vertragspartner nach Jahren bzw. nach dem Nutzungswegfall nicht mehr auffindbar sind.
Es macht Sinn, sich diese Regelung einmal genauer anzusehen. Wir sehen darin eindeutig keinen Standortnachteil für das Bundesland Sachsen-Anhalt. Im Übrigen hat die Wirtschaft auch klar gesagt, dass sie mit diesem Gesetzentwurf leben kann. - Vielen Dank.
Herr Schröder, gestatten Sie Fragen des Abgeordneten Herrn Radschunat und des Abgeordneten Herrn Dr. Köck?
Herr Schröder, Sie fokussieren auf die Frage der Akzeptanz von Windenergieanlagen bei den Bürgern. Würden Sie mir jedoch darin Recht geben, dass im Land Sachsen-Anhalt im Grunde genommen bereits genügend Windenergieanlagen stehen und dass der Wildwuchs schon vorhanden ist?
Ich vermute, dass Sie mit diesem Antrag - vielleicht haben Sie es wirklich nicht bemerkt - auch auf andere bauliche Anlagen mit einer entsprechenden Nutzung abstellen. Dabei geht es nicht nur um einen befristeten Nutzungszeitraum; denn der Begriff des befristeten Zeitraums ist schwer zu definieren. Ich denke, der Antrag zielt auch auf bauliche Anlagen, die, wie Sie das dargestellt haben, nach einer bestimmten Nutzungsdauer für keine weitere wirtschaftliche Verwertung geeignet sind.
Nach der Bauordnung würde dies nicht nur auf die Behelfsbauten, die Sie in der Begründung genannt haben, zutreffen. Vielmehr wären nach meiner Interpretation der Bauordnung auch Messe- und Ausstellungsbauten und Bauten wie Versammlungsstätten für mehr als 100 Personen einschließlich der Kirchen betroffen. Nach meiner Auffassung träfe das auch auf Bauten wie Sanatorien und Krankenhäuser, Entbindungs-, Säuglings-, Kinder- und Pflegeheime zu. Auf all diese Bauten würde sich das alles beziehen.
Herr Radschunat, zu Ihrer ersten Bemerkung und zu dem Hinweis auf die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger - siehe auch Petitionsausschuss. Welches Signal würden wir ihnen geben, wenn wir sagen: Die Fehlentwicklungen sind passiert; wir können nichts mehr tun. Das ist nicht richtig und im Übrigen ist das auch nicht unsere Ansicht.
Ich gehe - mit Verlaub - auch nicht auf Ihre Leimspur und sage: Wir legen einen Gesetzentwurf zur Diskriminierung der Windkraft vor. So etwas machen wir nicht. Wir haben es mit einem Gesetzentwurf zur Änderung der Landesbauordnung zu tun. Selbstverständlich greifen wir dabei aktuelle Entwicklungen auf.
Ich sage es noch einmal: Für einen engen Bereich der genehmigungspflichtigen Anlagen - der Bereich der genehmigungsfreien Bauten wird ausgeweitet -, die zeitlich befristet und ohne eine Folgenutzung errichtet werden, soll eine Sicherheitsleistung in geeigneter Höhe - man kann dafür keine Beträge festlegen - vorgesehen werden. Ich sagte es bereits: Es ist teilweise gängige Praxis im Privatrecht und es entspricht auch den vorgesehenen bundesrechtlichen Änderungen. - Vielen Dank.
Herr Schröder, warum sind Sie nicht den Weg gegangen, den andere Bundesländer gewählt haben, nämlich für diese spezielle Materie eine eigene Verordnung oder einen Erlass zu schaffen, in dem all diese Probleme detailliert geregelt werden können?
Sie haben gesagt, Sie wollten gerade nicht die Windkraft benachteiligen. Sie verbrämen das, indem sie es in der Bauordnung verstecken. Ich kann nur Herrn Radschunat Recht geben. Es wir eine Fülle von unbestimmten Rechtsbegriffen eingeführt. Damit wird es erhebliche Schwierigkeit geben. Beispielsweise konterkarieren Sie den § 69 letztendlich vollkommen. Darin geht es um die genehmigungsfreien Bauten, die Sie mit den Windkraftanlagen gleichstellen. Hier geht wirklich wie Kraut und Rüben durcheinander.
Herr Köck, ich schlage vor, dass wir die Diskussion über Details in den Ausschüssen fortsetzen. Sie sprechen ein durchaus berechtigtes Problem an. Es gibt allerdings - das ist nun einmal so - in der Tat keinen gemeinsamen Weg aller Bundesländer. Es gibt höchst unterschiedliche Verfahren und gewisse Historien bezüglich der Bauordnungen in den einzelnen Bundesländern. Die Vertreter einiger Länder sagen auch: Wir regeln in unserer Bauordnung Angelegenheiten, die eigentlich der Bund regeln müsste; aber wir machen das nun einmal über eine Landesbauordnung. Es gibt kein einheitliches Verfahren.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir diese Rechtszersplitterung mit einer umfassenden Reform des Baurechts noch einmal gesondert angehen wollen. Für diesen Bereich geht es allein darum, die künftige Nutzung der Windkraft stärker an der Siedlungs- und Raumstruktur des Landes auszurichten. Dafür halten wir auch eine konkrete Änderung der Landesbauordnung für notwendig. Allein darum geht es.