Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle gibt unseren Kommunen ein modernes und zukunftsweisendes Instrument für die kommunale Gemeinschaftsarbeit in die Hand. Das Land SachsenAnhalt gehört damit zu der ersten Gruppe der Bundesländer, die die Modernisierung dieses Bereiches abgeschlossen haben. Die anderen werden folgen.
Diese vorgesehene Neuausrichtung ist wesentlicher Bestandteil der anlaufenden Reformvorhaben auf kommunaler Ebene. Wir gehen heute einen großen Schritt weiter. Ich bitte Sie: Gehen Sie mit, stimmen Sie der Novelle im Interesse der Zukunftsfähigkeit unserer Kommunen zu. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Die Debatte wird eröffnet durch den Beitrag der SPD-Fraktion. Das Wort hat Herr Dr. Polte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich bei der Einbringung des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit die Stellungnahme der SPD-Fraktion abgegeben habe, habe ich die Erwartung ausgesprochen, dass dieses Gesetz im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens die notwendige weitere Qualifizierung erfahren möge, und zwar im Sinne der Vorgabe eines Handlungsrahmens für die kommunale Gemeinschaftsarbeit, der die Freiräume eindeutig definiert und die Effizienz des kommunalen Handelns sicherstellt.
Erstens. Die gesetzliche Regelung über die kommunale Gemeinschaftsarbeit - das hatte ich damals gesagt und das hat der Minister eben wiederholt - an die kommunalverfassungsrechtliche Rechtsentwicklung anzupassen, ist dabei unstrittig.
Zweitens. Das Gesetz - so meinten wir - darf nicht als Reparaturmaßnahme für die Defizite des inzwischen in Kraft getretenen Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und für die fehlenden Grundsätze einer möglichen Gebietsreform angesehen werden
Drittens. Die durch das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit ermöglichten Formen der Zusammenarbeit dürfen nicht aufwendiger werden, als es bei einer beherzten und zukunftsgerechten Funktional- und Kommunalreform zu erwarten wäre. So können zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften wohl nicht ernsthaft die StadtUmland-Problematik lösen.
Viertens. Das Gesetz darf nicht das mögliche Streitpotenzial auf kommunaler Ebene durch unklare Zuständigkeitsregelungen vermehren. Die Aufgabenzuordnung muss für den Bürger erkennbar bleiben. Hierbei sind die Defizite nicht ausgeräumt worden. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben immer wieder darauf hingewiesen.
Fünftens. Die kommunale Selbstverwaltung wird durch die im Gesetz vorgesehene Bildung von Pflichtverbänden bzw. durch den möglichen Zwang zum Anschluss einer Gebietskörperschaft an einen bestehenden Zweckverband geschwächt.
Das einst postulierte Prinzip der Freiwilligkeit wird an dieser Stelle durch Dirigismus ersetzt. Das geschieht im Namen des öffentlichen Wohls, das aber niemand näher definiert. Es ist auch nicht festgelegt, wer es näher definieren soll.
Im Gesetz steht eine Ermächtigungsnorm zur Bildung von Pflichtverbänden. Welche konkreten Fälle kommen dafür infrage und welche sollen unter diese Regelung fallen? Darüber steht nichts im Gesetz.
Ich habe mir von Abgeordneten, die schon längere Zeit in diesem Hohen Hause tätig sind, sagen lassen, dass sie sich noch lebhaft daran erinnern können, dass insbesondere die Abgeordneten der CDU Pflichtmitgliedschaften vehement abgelehnt haben. Herr Minister, heute höre ich etwas ganz anderes. Sie haben festgestellt, überall in der Bundesrepublik sei das schon so, nur bei
uns nicht. Negativ wirkt sich unter dem Strich aus, dass es nach wie vor kein Gesamtkonzept von CDU und FDP über das reformerische Handeln in Gänze gibt.
Ich plädiere aufgrund Ihrer und meiner bisherigen Erfahrungen - wenn ich diese Zwischenbemerkung machen darf - dafür, dass man sich als Oppositionsabgeordneter vielleicht doch einmal die Mühe machen sollte, sich in die Situation des jeweils anderen zu versetzen und sich dabei die Frage zu stellen, ob man sich in einer Sachfrage ebenso positionieren würde oder ob man das nur tut, weil es von der anderen Seite kommt. Ich stelle diese Frage natürlich nicht, um der Regierung einen Gefallen zu tun, sondern weil ich denke, wir alle sollten daran interessiert sein, die beste Lösung für unser Land zu finden.
Im Gesetzgebungsverfahren - so empfinde ich es - steht oftmals ein Block von sieben Stimmen mit dem einzigen Ziel, ein Gesetz so schnell wie möglich durchzubringen. In der Bilanz der Regierung über das letzte Jahr lese ich dann: 34 Gesetze auf den Weg gebracht, 29 beschlossen. - Masse ist noch längst nicht Klasse, meine Damen und Herren.
Vergessen Sie dabei eines nicht: Mangelhafte Gesetze bedeuten mehr Bürokratismus. Wir wollen alle ein Stück weit Deregulierung. Hierbei können wir anfangen. Unausgereifte Gesetze ziehen neue untergesetzliche Regelungen nach sich und stehen im Gegensatz zu den Bemühungen um Deregulierung.
Gesetzesfolgenabschätzungen finden an keiner Stelle des Gesetzgebungsverfahrens statt. Das Konnexitätsprinzip spielt bei der Gesetzgebungsarbeit ebenso nicht wirklich eine Rolle. Das zur Verabschiedung stehende Gesetz sieht darüber hinaus etliche Regelungen vor, die schon in anderen Gesetzen getroffen worden sind und gar nicht notwendig wären - kommunale Spitzenverbände, Landesrechnungshof.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Der vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit hat während seiner Beratung im Innenausschuss eigentlich kaum inhaltliche Änderungen erfahren, außer denen, die der Berichterstatter gerade erwähnt hat. Es bleibt letztlich bei den bereits vorgetragenen Argumenten, die für die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf sprechen.
Die von Ihnen, Herr Dr. Polte, vorgetragene Kritik ist letztlich nicht wirklich im Kern treffend; denn was Sie vorgetragen haben, kann allenfalls darauf abzielen, dass Ihnen das gesamte Reformvorhaben der Regierungskoalition nicht ausreichend und tiefgreifend genug ist. Dieses Gesetz aber soll die Funktion, die Sie von ihm erwarten, gar nicht erfüllen.
Dieses Gesetz hat eine ganz andere Zielrichtung. Es zielt nämlich nur darauf ab, die bereits in einer Reform befindlichen kommunalen Strukturen und die bereits beschlossenen Reformen, was die Verwaltungsgemeinschaften und die Gemeinden betrifft, begleitend mit Instrumenten auszustatten, um eventuelle Ungenauigkeiten abfangen zu können. Das Gesetz ersetzt nicht diese Reformen. Das soll dieses Gesetz nicht und das kann es auch nicht. Das dann zu kritisieren, ist meines Erachtens nicht zulässig.
Die jetzige Fassung zielt darauf ab, die Entwicklung in der Vergangenheit nachzuvollziehen und den Erwartungen an die Zukunft gerecht zu werden. Dabei werden sowohl den Gemeinden als auch den Verwaltungsgemeinschaften und Landkreisen Instrumente an die Hand gegeben, mit denen die Steigerung der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns erreicht wird. Darüber hinaus wird die Anzahl der Instrumente erweitert.
Versteht man diese Instrumentarien als Ergänzung zu den bestehenden Handlungsmöglichkeiten der Kommunen, so dienen diese auch als Spezialisierungsmöglichkeit und damit auch zur Qualitätssteigerung innerhalb des Verwaltungshandelns.
Im Einzelnen ist auf folgende Änderungsinhalte hinzuweisen: Zunächst wird die Organstruktur der Verbände insoweit verändert, als die bisherige Doppelspitze, bestehend aus dem Verbandsvorsitzenden und dem Geschäftsführer, abgeschafft wird. An ihre Stelle tritt allein der Verbandsgeschäftführer, dem nunmehr nur die Verbandsversammlung gegenübersteht.
Durch diese Bündelung der Entscheidungskompetenz wird automatisch eine höhere Effizienz vorgegeben und werden gleichzeitig auch die Qualitätsanforderungen an den Verbandsgeschäftsführer erhöht, weil die Qualitätsanforderungen, die in dem Gesetzentwurf erhoben worden sind, Berücksichtigung gefunden haben.
Der Zukunftsorientierung wird dadurch Rechnung getragen, dass der Aufgabeninhalt sich nur noch auf Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung bezieht, weil aufgrund der Stärkung der Gemeinden und der nun einbezogenen Verwaltungsgemeinschaften nicht zu erwarten ist, dass für staatliche Aufgaben eine Notwendigkeit gegeben ist, weiterhin Zweckverbände zu bilden.
Die Möglichkeit der Übertragung von Teilaufgaben auf einen Zweckverband oder von mehreren Aufgaben auf den so genannten Mehrzweckverband erhöht die Flexibilität und gibt damit Raum für wirtschaftlicheres Verwaltungshandeln. Diese Änderung ist auch für die Zweckvereinbarung vorgesehen worden. So ist es den Kommunen nicht mehr nur möglich, eine Aufgabe zugleich für eine weitere Kommune wahrzunehmen, sondern eben auch mehrere.
Darüber hinaus muss nun die Aufgabe nicht als Ganzes übernommen werden, sondern es kann auch nur die Durchführung im Sinne einer Auftragsverwaltung per Zweckvereinbarung übertragen werden.
Letztlich ist auf die Möglichkeit der Einführung eines Pflichtzweckverbandes einzugehen, die erwartungsgemäß nicht die ungeteilte Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände und der Opposition hervorgerufen hat. Tatsächlich ist es aber so, dass diese Möglichkeit nicht ein Unikum in Deutschland darstellt, sondern auch in anderen Bundesländern vorgesehen ist. In Sachsen-Anhalt gibt es insbesondere im Abwasserbereich auch be
Mit der Regelung soll lediglich die Möglichkeit geschaffen werden, in begründeten Ausnahmefällen und unter engen gesetzlichen Voraussetzungen einen Zweckverband zwangsweise durch die Kommunalaufsichtsbehörde bilden zu können.
Es müssen also zwingende Gründe für die Bildung eines Pflichtzweckverbandes oder für die Zuordnung einzelner Kommunen zu einem Zweckverband vorliegen. Dabei muss es zum einen um die Erfüllung einer Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis gehen und zum anderen ist die Interessenabwägung im Hinblick auf das öffentliche Wohl in jedem Einzelfall gesondert vorzunehmen. Damit ist der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie ausdrücklich Genüge getan.
Insgesamt ist das Gesetz ein weiterer Mosaikstein in der Verwaltungsreform der Koalition, die eine effiziente und starke kommunale Verwaltungsstruktur für die Zukunft sichert. Ich bitte daher um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Wolpert. - Nun erteile ich Herrn Grünert das Wort, um für die PDS-Fraktion zu sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nunmehr liegt die Empfehlung des Ausschusses zum Entwurf eines Zweitens Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit vor. Im Ausschuss - das ist zu begrüßen - wurden die Anregungen des Landesrechnungshofes, welche von unserer Fraktion und den Regierungsfraktionen aufgegriffen worden sind, eingearbeitet.
Trotz dieses Fortschrittes bleibt unsere Generalkritik am Gesetzentwurf aber bestehen, die sich maßgeblich auf die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände bezieht, welche im Innenausschuss von den Regierungsfraktionen nur sehr marginal Berücksichtigung gefunden haben.
Erstens. Durch die Erweiterung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit auf kommunale Körperschaften, also auf Verwaltungsgemeinschaften und Ähnliches, werden diesen nunmehr weitgehende Rechte unter Nutzung des zu ändernden § 77 der Gemeindeordnung im freiwilligen Aufgabenbereich eingeräumt, welche die kommunalen Gebietskörperschaften zur Mitwirkung zwingen sollen.
Zweitens. Durch die Abschaffung der Doppelspitze der Verwaltung des Zweckverbandes werden die Rechte der Verbandsversammlung und des Verbandsvorsitzenden beschnitten. Gleichzeitig bekommt jedoch der Verbandsgeschäftsführer Rechte zuerkannt, die bisher nur dem Hauptverwaltungsbeamten einer Gemeinde oder einer kommunalen Gebietskörperschaft zustanden.
Insofern ist es zwar richtig, dass eine höhere Verantwortung auch eine höhere Stellung und mehr Durchgriff möglich machen soll, aber wie dann die Möglichkeiten
der Zweckverbandsversammlung zur Kontrolle der Aufgabenerledigung erweitert werden sollen, bleibt offen.