Protocol of the Session on October 24, 2003

Vielleicht können wir uns dann im Ausschuss einmal diesbezüglich austauschen und auch diese Materialien einsehen.

Die PDS-Fraktion wird dem Änderungsantrag der SPD zustimmen, weil er aus unserer Sicht der weitergehende ist. Gleichzeitig möchte ich namens der Fraktion ankündigen, dass wir im Rahmen der Selbstbefassung im Ausschuss auch die Folgen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes für die Kommunen, Brücken, Tunnel und Überquerungen thematisieren werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Radschunat. - Nun bitte, Herr Qual.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Unser Antrag ist von der großen Sorge über den Zustand der Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt getragen. Sachsen-Anhalt hat eine große Eisenbahntradition, die sich nicht zuletzt in zahlreichen alten Bahnhofsgebäuden widerspiegelt. Es ist jedoch nicht länger hinzunehmen, dass von rund 300 Empfangsgebäuden im Streckennetz des Landes lediglich 55 Servicefunktionen erfüllen, die Mehrzahl aber dem Verfall preisgegeben ist.

Es ist nun einmal so: Desolate Bahnhofsgebäude mindern die Attraktivität des Systems Bahn. Der Verkehrserfolg und auch die Tourismusaktivitäten leiden spürbar darunter. Aus der Sicht der Antragseinbringer muss es darum gehen, die Bahninfrastruktur für die Zukunft fit zu machen und insbesondere für Aufwertungsmaßnahmen an Bahnhofsgebäuden abgestimmte Konzepte zu entwickeln, die eine wirtschaftlich sinnvolle und für die Reisenden attraktive Nutzung gewährleisten. Dabei muss offensichtlich auch von einem anderen Niveauanspruch als bisher ausgegangen werden.

Besonders in der Pflicht sehen wir die Bundesregierung, die als Eigentümer der DB Station & Service AG sowie

der DB Services Immobilien AG die Verantwortung für die überwiegende Anzahl der Bahnhofsgebäude trägt.

Unser Antrag verfolgt drei Ziele. Ich möchte nur noch ganz kurz darauf eingehen.

Wir wollen erstens eine umfassende Zustandsanalyse der Empfangsgebäude und Vorplätze.

Zweitens wollen wir Klarheit über die Prioritätensetzung der nächsten Jahre bei der Sanierung oder beim Verkauf von Bahnhofsgebäuden haben, gegebenenfalls auch über den Abriss der auf Dauer nicht mehr benötigten Gebäude und Nebenanlagen.

Drittens brauchen wir eine klare Perspektive für die Fahrgäste und für die Kommunen, was die Zukunft der Bahnhofsgebäude betrifft.

Den allgemein schlechten Zustand vieler Bahnhöfe, den oft mangelhaften Service und den sich ausbreitenden Vandalismus können wir nicht länger dulden. Die Bundesregierung und die DB AG wollen mit durchschnittlich 1 Milliarde € pro Jahr investiver Mittel Altlasten auf dem Netzgebiet der ehemaligen Deutschen Reichsbahn bis zum Jahr 2007 beseitigen.

Die Baukostenzuschüsse betreffen aber allein die Schienenwege. Wir brauchen aber auch für die Empfangsgebäude eine klare Perspektive, damit die Bahn als konkurrierendes System gegenüber der Straße und dem Flugverkehr in ihrer Qualität nicht schwerwiegend abfällt. Über die konkreten Ergebnisse der Bemühungen und die sich daraus ergebenden Prioritäten sollte die Landesregierung im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr berichten.

Ich unterbreite einen Vorschlag: Unser Antrag sollte durch die in Punkt 1 des SPD-Antrags enthaltenen Worte „oder Veräußerung“ ergänzt werden. Diese beiden Worte sollten in unserem Antrag in Punkt 1 nach dem Wort „Erhaltung“ eingefügt werden. Es wäre uns sehr wichtig, dass die SPD-Fraktion diesen Vorschlag mitträgt. Ich bitte darum, unserem Antrag mit der Ergänzung zuzustimmen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Qual. - Nun bitte Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entwicklung und Nutzbarmachung von Bahnhöfen und frei werdenden Bahnflächen ist seit längerer Zeit ein wichtiges Themenfeld, das in zahlreichen Städten und Gemeinden existiert. In nahezu jeder Kommunen mit Bahnanschluss befinden sich Bahnflächen, die nicht mehr für betriebliche Zwecke benötigt werden und deren Umnutzung von besonderem Interesse ist.

Unterschiedlich gelagerte Interessen zwischen Rentabilitätsgesichtspunkten und planerischer Gestaltungsfreiheit seitens der Grundstückseigentümer und der betroffenen Städte haben allerdings immer wieder zu langwierigen Verhandlungen geführt, sodass sich die Einrichtung von Folgenutzungen sehr schwierig gestaltet. Insofern wird mit dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP eine Thematik aufgegriffen, die auch seitens der SPD-Fraktion als großes Problem bei der städtebaulichen Entwicklung in unserem Land angesehen wird.

Meine Damen und Herren! Die Landesregierung, getrieben von einer FDP im Privatisierungswahn, ist dabei, nahezu alles zu verscherbeln, was nicht niet- und nagelfest ist.

(Unruhe bei der FDP)

Getreu dem Motto „Der Markt wird es schon richten“ werden derzeit zahlreiche Privatisierungsvorhaben verfolgt. Folgt man dieser beschränkten Logik, dann darf man allerdings nicht so wie in Ihrem Antrag gleichzeitig nach dem Staat rufen, der es an dieser Stelle wieder richten soll.

Die Regierungsfraktionen fordern, dass sich die Bundesregierung in die Vermögensverhältnisse eines nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen organisierten Unternehmens einmischt. Ich frage mich an dieser Stelle: Wer hat denn letztendlich für die Privatisierung der Deutschen Bundesbahn gesorgt? - Meiner Kenntnis nach war es der damalige Bundesverkehrsminister Wissmann von der CDU, der das in die Wege geleitet hat.

(Frau Weiß, CDU: Und die SPD hat zugestimmt!)

Wer argumentiert denn pausenlos, dass privatwirtschaftlich geführte Unternehmen effizienter sind als staatliche? Ich glaube, das kommt meistens von Ihrer Seite, meine Damen und Herren von der FDP. Wollen Sie mit Ihrem Antrag also zum Ausdruck bringen, dass nur profitable Bereiche zu privatisieren sind und weniger profitable bzw. kostenaufwendige Bereiche letztendlich von der Allgemeinheit, also vom Steuerzahler, übernommen werden müssen? Sieht so etwa Ihr Selbstverständnis von einer Aufgabenübertragung an die Privatwirtschaft aus? Dann, meine Damen und Herren, schwant mir allerdings Böses, wenn ich daran denke, was Sie in nächster Zeit in diesem Land noch alles so vorhaben.

Herr Doege, würden Sie eine Frage beantworten?

Am Ende werde ich sie beantworten.

Die DB AG verwertet die in ihrem Eigentum befindlichen Liegenschaften in ihrer eigenen unternehmerischen Verantwortung. Das war übrigens auch der Kerngedanke der Bahnreform. Der Bund kann und darf insbesondere auch aus aktienrechtlichen Gründen keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entwicklungen und Entscheidungen des Unternehmens nehmen. Der Antrag wird, sollte er ohne die von uns vorgeschlagenen Änderungen beschlossen werden, keine Wirkung entfalten können.

Meine Damen und Herren! Die DB AG hat bereits seit längerem auf die auch in anderen Bundesländern existierende Problematik reagiert und ist dabei, im Unternehmensbereich Station und Service umfassende Sanierungsprogramme für noch betrieblich benötigte Personenbahnhöfe zu entwickeln. Bezüglich des Umgangs mit entbehrlichen Bahnhofsarealen steht die DB Service bereits im Kontakt mit vielen Kommunen und Landesregierungen, um wirtschaftlich sinnvolle und vertretbare Regelungen zu erarbeiten.

Zu diesem Zweck wurden beispielsweise von der DB Service- und Immobilien-GmbH ein runder Tisch „Bahnimmobilien“ und eine Arbeitsgruppe „Konversion und Stadtentwicklung“ eingerichtet, in der Vertreter des Bundes, der Länder und der Kommunen mitwirken. In dem Arbeitskreis „Konversion und Stadtentwicklung“ wird zur

zeit eine Arbeitshilfe für die Mobilisierung von Bahnliegenschaften entwickelt, die voraussichtlich im Frühjahr 2004 in der Fachkommission „Städtebau“ der Bauministerkonferenz verabschiedet werden soll.

Im September dieses Jahres wurde ein Leitfaden herausgegeben, der Handlungsanweisungen für die Nutzung von nicht mehr benötigten Bahnflächen enthält.

Ich weise an dieser Stelle noch auf das Schnittstellenprogramm hin - es ist angesprochen worden -, mit dem beispielsweise der damalige Verkehrsminister Heyer gemeinsam mit der DB AG versucht hat, die Bahnhofsvorplätze und natürlich die Bahnhöfe zu modernisieren.

Meine Damen und Herren! Mit Blick auf unseren Änderungsantrag kann ich Sie nur bitten, den richtigen Ansprechpartner zu übernehmen. Das ist nicht der Bund. Das ist die DB AG. Stimmen Sie unserem Änderungsantrag an dieser Stelle zu. Ich freue mich schon auf die sicherlich angenehme Diskussion im Verkehrsausschuss. - Ich danke Ihnen an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Doege. Nun kann die Frage von Herrn Schröder gestellt werden. - Bitte, Herr Schröder.

Sehr geehrter Kollege Doege, ich habe keine Frage zu Ihrem ordnungspolitischen Grundexkurs, wohl aber zu Ihren inhaltlichen Ausführungen. Es sind im Wesentlichen zwei Fragen.

Die erste Frage: Herr Doege, können Sie mir bestätigen, dass die Bundesregierung die 100-prozentige Eigentümerin der DB AG ist?

(Herr Dr. Püchel, SPD: Nicht die Bundesregie- rung, der Bund!)

- Ja, die Bundesrepublik Deutschland ist 100-prozentige Eigentümerin der DB AG.

Zweitens: Können Sie bestätigen, dass aufgrund einer Bund-Länder-Vereinbarung in den Bundeshaushalt etwa 1 Milliarde € jährlich eingestellt sind, die für die Bereinigung investiver Altlasten auf dem Netzgebiet der ehemaligen Deutschen Reichsbahn verwendet werden, und ist Ihrer Meinung nach dieser im Bundeshaushalt dargestellte Betrag eine - wie Ihrem Antragstext zu entnehmen ist - nicht zielführende Einmischung des Bundes?

Herr Schröder, zu der ersten Frage: Ich kann Ihnen bestätigen - das ist überall nachlesbar -, dass der Bund 100-prozentiger Eigentümer der DB AG ist. Unabhängig davon haben auch 100-prozentige Tochterunternehmen eine Geschäftsführung, die die aktiven unternehmerischen Entscheidungen zu treffen hat. Ich glaube nicht, dass es sich gehört, dass sich der Eigentümer ständig in unternehmerische Entscheidungen einmischt. Diesbezüglich müssten wir eigentlich mit unseren Meinungen nicht so weit auseinander sein.

(Unruhe bei der CDU)

Zu dem Punkt, den Sie noch angesprochen hatten, kann ich Ihnen vielleicht noch so viel sagen: Ich weiß nicht, inwieweit Ihnen bekannt ist, dass bereits im Feb

ruar 2002 das Land Nordrhein-Westfalen eine Rahmenvereinbarung mit der DB AG abgeschlossen hat, in der es um die Verwertung von nicht mehr benötigten Bahnflächen ging. Bei dieser Gesellschaft engagieren sich das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund jeweils zu 50 %.

Ich denke, dass es auch in unserem Land durchaus möglich wäre, viele Probleme zu lösen, wenn das Land aktiv eine Rolle übernehmen würde. Das Schnittstellenprogramm habe ich genannt. Es gab in der Vergangenheit bereits einiges, was in dem Bereich gelaufen ist.

Aber ich denke schon, dass auch das Land seine Hausaufgaben machen muss. Wir können nicht nur immer in Richtung des Bundes fordern, er möge mehr Geld bereitstellen. Die gleiche Forderung könnten dann die Kommunen gegenüber dem Land aufmachen.

Ich denke schon, dass in Kürze klar ist, welche Bahnhöfe künftig noch benötigt werden und sicherlich dann auch einer Sanierung zugeführt werden.

Vielen Dank, Herr Doege. Möchten Sie noch eine Frage von Herrn Kasten beantworten? - Bitte, Herr Kasten.

Herr Kollege, ich danke Ihnen, dass wir so in der Finanzierung und der Strukturierung derselben stecken. Ich wollte nachfragen: Ist Ihnen bekannt, dass das Land im Rahmen der Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs seit dem Jahr 1996 alljährlich de facto 20 % der Regionalisierungsmittel an die DB Station & Service ausgibt? Das sind Beträge in Millionenhöhe.

Zweite Frage. Sind Sie der Meinung, dass die DB Station & Service seit 1996 für diese Gelder die Instandsetzung der Bahnhöfe und Stationen in Sachsen-Anhalt ausreichend betrieben hat?