Protocol of the Session on September 18, 2003

(Zustimmung bei der FDP und von Frau Fischer, Merseburg, CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Rauls. Würden Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten? - Bitte sehr, Herr Gallert.

Herr Rauls, ich habe mich nicht sehr intensiv mit der Materie beschäftigt. Aber ich will doch etwas wissen. Der Minister hat vorhin gesagt: Der entsprechende Gesetzentwurf befindet sich im Anhörungsverfahren. Sie haben gesagt: Der entsprechende Gesetzentwurf befindet sich in der Rechtsförmlichkeitsprüfung, die normalerweise, bevor man einen Gesetzentwurf in die Anhörung gibt, stattfindet. Wo befindet sich denn nun der Gesetzentwurf der Landesregierung?

(Zuruf)

Ich kenne es noch aus der ersten Legislaturperiode, dass nach dem Feststellen des Ergebnisses einer Anhörung - das wird bei Ihnen, Herr Dr. Höppner und Herr Püchel, nicht anders gewesen sein - die Rechtsförmlichkeitsprüfung noch einmal stattfindet, bevor man einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringt. In dieser Prüfung befindet sich der Gesetzentwurf der Landesregierung derzeit beim zuständigen Justizministerium. Wir gehen davon aus, dass diese Prüfung rechtzeitig abgeschlossen wird, damit wir ihn im Oktober behandeln können.

(Herr Tullner, CDU: Alles klar?)

Danke, Herr Rauls. - Herr Gärtner hat noch einmal die Möglichkeit, zu erwidern.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Drei kurze Anmerkungen. Wir haben dieses ungewöhnliche Verfahren gewählt, weil wir das Verzögern der Umsetzung von Bundesgesetzen in Landesrecht aus eigenem Handeln kennen, wenn wir bestimmte Sachen nicht unbedingt mögen. Ich sehe auch, meine Damen und Herren, dass Bewegung in die Sache gekommen ist, und das ist auch gut so.

(Heiterkeit im ganzen Hause)

In diesem Sinne will ich noch eine Sache sagen - Herr Kurze ist leider nicht da -: Die Geschichte von Lesben und Schwulen und deren Diskriminierung in der DDR ist schon etwas differenzierter zu betrachten, als Sie es gerade getan haben. Darüber kann man sich an anderer Stelle noch einmal unterhalten. Aber Sie sollten sich sachkundig machen und dann erst an dieser Stelle reden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke, Herr Gärtner, für die Erwiderung. - Wir stimmen über die Drs. 4/1021 ab. Soweit ich das bei den Rednern mitbekommen habe, steht einer Überweisung nichts im Wege.

Wir werden über die Überweisung in die Ausschüsse abstimmen, die über den Gesetzentwurf beraten sollen. Es wurden der Gleichstellungsausschuss, der Ausschuss für Recht und Verfassung und der Innenausschuss genannt. Gibt es weitere Wünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über eine Überweisung in die drei Ausschüsse ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Bei einer Stimmenthaltung ist der Gesetzentwurf in die Ausschüsse überwiesen worden.

Wir stimmen über die Federführung ab. Es wurden sowohl der Ausschuss für Inneres als auch der Gleichstellungsausschuss vorgeschlagen. Wer für die Federführung des Innenausschusses ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist für den Gleichstellungsausschuss? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist dem Gleichstellungsausschuss die Federführung übertragen worden. Wir haben damit Tagesordnungspunkt 8 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung

Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht betreffend die Beschwerde mehrerer Gemeinden zu Artikel 4 des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes - LVG 07/03

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 4/1002

Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Grimm-Benne. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Das Landesverfassungsgerichtsverfahren LVG 07/03 aus dem Jahr 2003 wurde dem Ausschuss für Recht und Verfassung mit Schreiben des Landtagspräsidenten vom 29. August 2003 auf Grundlage von § 52 der Geschäftsordnung des Landtages überwiesen.

Mit der in Rede stehenden Verfassungsbeschwerde stellen insgesamt 56 Gemeinden des Landes Sachsen-Anhalt den Antrag, festzustellen, dass Artikel 4 des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes Artikel 87 Abs. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt.

Dies wird damit begründet, dass keine besondere Finanzierungsregelung hinsichtlich der Kostendeckung für die durch das genannte Gesetz auf die Gemeinden übertragenen Aufgaben vorgesehen und für die aus der Wahrnehmung dieser Aufgaben anfallende Mehrbelastung der Gemeinden kein angemessener Ausgleich geschaffen worden ist.

Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat sich in seiner 17. Sitzung am 4. September 2003 mit dem Verfahren befasst. Der Ausschuss beschloss einstimmig, dem Landtag zu empfehlen, keine Stellungnahme abzugeben. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Danke für die Berichterstattung. - Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Zunächst hat für die Landesregierung der Minister der Justiz Herr Becker um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war nun doch eine Überraschung, hatte doch der Rechtsausschuss gesagt: Er gibt keine Stellungnahme ab. Das hätte dazu geführt, dass wir es bei den Ausführungen der Berichterstatterin hätten bewenden lassen können. Nun ist aber beantragt worden - das ist das Recht des Hohen Hauses, Frau Präsidentin -, doch eine Debatte durchzuführen.

Ich sage: Die Landesregierung wird natürlich zu gegebener Zeit, innerhalb der ihr zustehenden Frist, noch eine Stellungnahme zu dem Verfahren abgeben. Dazu ist sie verpflichtet. Das wird sie auch tun. Wir sind aber mit der Erarbeitung der Stellungnahme noch nicht soweit. Deshalb kann ich im Grunde genommen nur aus

meiner persönlichen Sicht als ehemaliger Kommunalpolitiker und als Justizminister dazu etwas sagen.

Gegenstand ist das Erste Investitionserleichterungsgesetz, in dessen Artikel 4 gewisse Veränderungen bezüglich der Zuständigkeit im Bereich der Gewerbeaufsicht vorgesehen worden sind. Ich vereinfache es einmal: Die Grenze für die Zuständigkeit von Gemeinden in diesem Bereich wurde auf unter 10 000 Einwohner abgesenkt. Nun haben sich einige kleinere Gemeinden aus dem Süden des Landes zusammengetan und behauptet, dieses verstoße gegen das immer wieder in diesem Hause schon vorgebrachte und in Artikel 87 Abs. 3 der Landesverfassung festgehaltene Konnexitätsprinzip.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Unterstützt von einem Landtagsabgeordneten der Region!)

- Ich kenne diesen Landtagsabgeordneten nicht, Herr Kollege Püchel. Ich bin dort auch Landtagsabgeordneter. Ich war es jedenfalls nicht.

Ich sage Ihnen eines: Ich bin der Meinung, dass Artikel 87 Abs. 3 - Herr Dr. Püchel, Sie waren Mitglied des Verfassungsausschusses, wenn ich mich richtig erinnere - so angelegt war, dass er im Verhältnisses zwischen Land und Kommunen gilt, aber nicht innerhalb der kommunalen Familie; denn konsequenterweise hätte das Folgendes zur Folge: Wenn das Land einmal Aufgaben auf den Landkreis übertragen würde und wenige Jahre später diese Aufgaben vom Kreis auf die Gemeinden übertragen würden, müsste das Land die Zeche zweimal zahlen. Das kann ja nicht sein.

Wir haben innerhalb der kommunalen Familie auch den Ausgleich über die Kreisumlage, also genügend Regularien, um die Dinge finanziell in den Griff zu bekommen. Deshalb meine ich, dass das Konnexitätsprinzip bei diesem Sachverhalt nicht greift.

Ich beende meine Ausführungen mit dem Satz: Ich sehe daher dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht mit Respekt, aber auch mit Gelassenheit entgegen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Als erste Debattenrednerin hat die Abgeordnete Frau Grimm-Benne für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie ich Ihnen bereits als Berichterstatterin des Ausschusses für Recht und Verfassung eben berichtet habe, hat sich der Ausschuss einstimmig entschlossen, keine Stellungnahme abzugeben. Die Vertreter der SPD-Fraktion beantragten, was einige verwundert hat, trotzdem im Ältestenrat, eine Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt zu führen. Es erschien uns doch wichtig und der Sache angemessen, einige Worte darüber zu verlieren, warum keine Stellungnahme abgegeben wird.

(Herr Gürth, CDU: Äußerst merkwürdig!)

Wie bereits dargestellt wurde, haben sich 56 Gemeinden aus dem Burgenlandkreis in einer Verfassungsbeschwerde gegen einen Aufgabenzuwachs ohne finanziellen Ausgleich infolge Artikel 4 des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes gewandt.

Sie sind meines Erachtens zu Recht der Auffassung, dass damit Artikel 87 Abs. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt wird. Da wir uns dieser rechtlichen Auffassung der Gemeinden nur anschließen konnten, hätte eine Stellungnahme des Landtags auch nur in diese Richtung zielen können.

Der Landtag gab aber bisher nur Stellungnahmen ab, in denen er die Verabschiedung von Gesetzen nochmals gegenüber dem jeweiligen Gericht verteidigen und begründen wollte. Das wäre aber in diesem Fall nicht möglich gewesen. Konsequenterweise hätte sich die Stellungnahme der Auffassung der Gemeinden anschließen müssen und hätte damit einem von ihm bereits beschlossenen Gesetz widersprochen. Somit fanden wir - und auch der Rechtsausschuss - es für richtig, dass der Landtag keine Stellungnahme abgibt.

Es wurde auch nichts aus diesem Verfahren gelernt. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit enthält auch wieder keine Regelung über den finanziellen Ausgleich bei Aufgabenverlagerungen.

Die angegriffene Regelung des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes spiegelt aber auch den Umgang miteinander im Landtag wider, das fehlende Verständnis von demokratischen Spielregeln und von verantwortlichem Handeln in der Politik. In der ersten Beratung des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes wurde unter anderem beantragt, das Gesetz in den Innenausschuss zu überweisen. Das wurde mit der Mehrheit der Stimmen von CDU und FDP abgelehnt. Meine Damen und Herren! Das wäre aber genau der richtige Ort gewesen, um über die finanzielle Ausstattung der Kommunen bei einer Aufgabenübertragung zu debattieren,

(Zustimmung bei der SPD)

um genau das zu vermeiden, was nun eingetreten ist. Der Gesetzentwurf wurde damals innerhalb eines Monats durch das Plenum gepeitscht. Das ist natürlich keine angemessene Beratung eines Gesetzentwurfes, zumal er von den Fraktionen eingebracht wurde, um das Anhörungsverfahren der Landesregierung zu umgehen.

Will man aber aus grundsätzlichen Erwägungen heraus schon nicht auf Stimmen der Opposition hören, sollte man doch wenigstens auf die mahnenden Worte der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände hören, die entsprechende finanzielle Regelungen stets einforderten. Aber das alles war wohl gerade nicht gewollt bei diesem Verfahren, wie Herr Minister Rehberger auf die Anfrage von Frau Dr. Paschke im Parlament ausführte. Mit seinen Worten könne man das eine oder andere noch intensiver prüfen, wenn man vorab vertiefte Anhörungen durchführen würde. Es sei aber eine Frage, was einem wichtig ist. Ich zitiere Herrn Minister Rehberger aus dem Landtagsprotokoll:

„Möchte man rasch Zeichen setzen oder möchte man so lange diskutieren, ohne dass am Schluss etwas relevantes anderes herauskommt? Wir haben uns damals, als es um dieses Gesetz ging, den Hinweis erlaubt, meine Damen und Herren, Frau Budde, dass es eben ein wenig schneller geht als in Ihrer Regierungszeit. Ich glaube, das war kein Fehler.“

Herr Minister, heute können wir feststellen: Es war möglicherweise doch ein Fehler. - Ich habe die Hoffnung, meine Damen und Herren, dass Sie vielleicht daraus

lernen und zukünftige Gesetze doch angemessen und umfassend beraten und nicht nur Symbolpolitik betreiben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Dr. Sitte, PDS, und von Herrn Dr. Thiel, PDS)

Danke, Frau Abgeordnete Grimm-Benne. - Für die CDUFraktion hat der Abgeordnete Herr Stahlknecht das Wort.