Protocol of the Session on July 4, 2003

(Frau Budde, SPD, lacht)

Meine Damen und Herren! Warum müssen sie Ingenieurarbeiten und Hausmeisterdienste anbieten?

Es muss doch das Prinzip gelten: Der Staat muss sich um seine Kernaufgaben kümmern; wirtschaftliche Betätigungen sind Sache der Privaten. Juristisch streng genommen - das ist das Eigenartige - ist es auch nach der geltenden Gesetzeslage eigentlich nicht möglich, dass die Kommunen, die Wirtschaftsbetriebe, diese Tätigkeiten ausführen. Denn das dient keinem öffentlichen Zweck. Das ist auch jetzt schon formuliert. Herr Metke, wir haben uns darüber unterhalten.

Weshalb passiert es aber trotzdem? - Weil ein kleines Unternehmen schon aus Imagegründen den Mut, die Kosten und die Mühen nicht aufbringen kann, um dagegen vorzugehen. Wie das Gesetz jetzt formuliert ist, funktioniert es also nicht. Es ist so: Die kommunalen Unternehmen weiten ihre Tätigkeiten aus, der Kleine wird zurückgedrängt.

Deshalb muss es zu dieser Beweislastumkehr kommen, wie wir sie in der Beschlussempfehlung formuliert haben. Die Gemeinde muss im Rahmen der geltenden Gemeindeordnung nachweisen, dass sie den Zweck besser und wirtschaftlicher erfüllen kann. Das ist völlig legitim.

Der Knackpunkt, auf den sich die ganze Diskussion zugespitzt hat, scheint die Bestandsschutzklausel in § 153 zu sein. Die Formulierung im Regierungsentwurf wurde in den Diskussionen unterschiedlich ausgelegt. Es heißt hier, dass bereits bestehende Unternehmen von den Veränderungen unberührt bleiben. Betrifft das nun nur die Unternehmen und schließt die Tätigkeiten aus oder stellt dies auf die Möglichkeit ab, völlig unabhängig von den Gesetzesänderungen jedwede Tätigkeitserweiterung durchführen zu können? Das Zweite ist sicherlich nicht gewollt.

Deshalb die Klarstellung von uns. Gewollt ist, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten, die ein Unternehmen zum Zeitpunkt der Änderungen durchführt, Bestandsschutz haben. Diese können natürlich weiter nach dem alten

Recht durchgeführt werden. Der bloße Wechsel der Rechtsform der Unternehmen ist unschädlich.

Ein Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände vom 20. Juni 2003 zu diesem Thema lautet - jetzt muss ich doch einmal darauf eingehen -, dass die Unternehmen oder die Betätigungen, die bereits vor In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung bestanden haben, Bestandsschutz genießen. Wir gehen mit unserer Bestandsschutzklausel weiter. Sie zielt nämlich nicht nur auf die Tätigkeiten und nicht nur auf bestehende Unternehmen ab, sondern auch auf den Rechtsformwechsel. Ganz klar weitergehend!

Meine Damen und Herren! Auf die anderen Dinge wurde bereits entsprechend eingegangen. Die Zeit läuft auch ab.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Zweite Investitionserleichterungsgesetz ist keine weiße Salbe.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Schwarze Schmiere!)

Es wird durch seine Inhalte und die Signalwirkung die Wirtschaft positiv beeinflussen. Ich bitte um Zustimmung zu den Vorschlägen.

Gestatten Sie mir noch eine persönliche Bemerkung. Meine Damen und Herren! In den zurückliegenden Wochen habe ich mich ebenso wie die Kollegen aus den Koalitionsfraktionen intensiv bemüht, die unterschiedlichen Positionen zum Zweiten Investitionserleichterungsgesetz unter allen Aspekten, die auch von den Kritikern vorgetragen wurden, zu prüfen und abzuwägen. Eines werden meine Kollegen und ich nicht akzeptieren: Wir lassen uns nicht mit Annoncen und sehr einseitig geprägten und teilweise nicht sachgerechten Kritiken unter Druck setzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir als Abgeordnete sind unserem Gewissen und den Belangen der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Das ist die Wahrheit. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Schrader, es gibt drei Nachfragen.

Ja, drei ist okay.

Drei ist okay. Frau Abgeordnete Budde, danach der Herr Gürth und dann Herr Dr. Thiel.

Frau Präsidentin, ich würde das auch wieder gern mit einer Kurzintervention verbinden.

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

- Wissen Sie, wir wollen doch sicherlich eine lebendige Debatte im Parlament. Wenn nur heruntergerattert wird, schlafen fast alle ein. Also lassen Sie uns lieber die lebendige Debatte führen.

Wenn Sie über Bürgerinnen und Bürger reden, für die Sie es machen, dann frage ich mich natürlich, ob die Mit

arbeiter der Stadtwerke keine Bürger sind, ob die Räte, die darüber entscheiden, keine Bürger sind, ob die Nutzer keine Bürger sind.

(Starke Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

Dann kommen wir noch zu einem anderen Thema. Es gibt ja noch andere kommunale Gesellschaften, zum Beispiel Friedhöfe, die gerade im Interesse der Bürgerinnen und Bürger tätig sind.

(Zuruf von der CDU)

- Bleiben Sie mal ganz ruhig! - Mein Kollege, der bis 2001 im Amt war, hat mir gerade gesagt, dass ein solcher Betrieb mit 67 % Deckung eben nicht privatisiert worden ist. Übrigens, Herr Scharf, gab es dagegen die entsprechende Mehrheit im Stadtrat.

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

Also, das sind auch Bürgerinnen und Bürger und das sind auch kommunale Tätigkeiten.

Ich habe zwei konkrete Fragen. Zum einen: Herr Schrader, wenn es denn so ist, dass zum Beispiel die Stadtwerke - kommen wir darauf zurück - im Wettbewerb nicht mehr bestehen können, weil sie jetzt diesen Beschränkungen unterliegen, und zum Beispiel von europäischen Großkonzernen aufgekauft werden, beispielsweise von französischen Stromkonzernen, stellt sich für mich die Frage: Können diese Eigentümer dann alle diese Tätigkeiten, die Sie den Stadtwerken und anderen kommunalen Unternehmen verbieten wollen, ausführen oder können sie sie nicht ausführen? Sie unterliegen nämlich nicht diesen Beschränkungen und sie befinden sich dann nicht unter einer kommunalen Aufsicht, so wie das jetzt bei den kommunalen Unternehmen der Fall ist. - Punkt 1.

Punkt 2: Ich habe vorhin schon wegen des Freistellungsgesetzes nachgefragt. Herr Scharf, Sie haben geantwortet, jetzt könne man das den Gewerkschaften nicht zumuten und mache daher ein Zugeständnis. Wann wollen Sie denn das Bildungsfreistellungsgesetz insgesamt abschaffen? Wenn Sie einen Vertrag über den Personalabbau haben oder wann? Dürfen wir das in dieser Legislaturperiode noch erwarten oder lassen Sie uns jetzt in Ruhe?

(Beifall bei der SPD)

War die zweite Frage an Herrn Scharf oder an mich gerichtet?

(Frau Budde, SPD: Sie können jetzt antworten! - Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Sie können jetzt antworten.

Sehr geehrte Frau Budde, Sie unterstellen immer, dass mit der neuen Regelung die Stadtwerke eine Beschränkung bekämen.

(Frau Budde, SPD: Ja!)

Sie haben Bestandsschutz. Wir verbieten doch nichts. Sie sollen sich, bitte schön, die Formulierungen genau

anschauen, auch aus juristischer Sicht. Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Hier wird polemisch etwas hineininterpretiert, was so überhaupt nicht stimmt.

(Frau Budde, SPD: Nein, da irren Sie! - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre - Gegenruf von Herrn Dr. Püchel, SPD - Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Dr. Schrader, wollen Sie diese Frage weiter beantworten oder soll die nächste Frage gestellt werden?

(Minister Herr Dr. Daehre: Lesen!)

Ein privatwirtschaftliches Unternehmen, welches nicht dem kommunalen Wirtschaftsrecht unterliegt, kann natürlich auf dem freien Markt agieren, wie es will. Das wissen Sie doch selbst besser als ich.

(Herr Gürth, CDU: Es haftet auch!)

Wissen Sie, in den Diskussionen mit den Stadtwerken habe ich die Frage gestellt: Ihr als Stadtwerke habt in der Regel 51 % und die verbleibenden 49 % hat ein Privater. Was hindert euch daran, ohne groß Einfluss zu verlieren, die 2 % zu übergeben und trotzdem das Geschäft zu machen?

(Herr Gallert, PDS: Das ist der Punkt! Abgabe der eigenen Kontrolle über Tätigkeiten durch Privati- sierung! - Beifall bei der PDS und bei der SPD)

- Herr Gallert, Sie sollten mich ausreden lassen. - Die Antwort der Stadtwerke war eigentlich keine; denn das befindet sich anscheinend in einer intensiven internen Diskussion.