Protocol of the Session on July 4, 2003

Das ist doch gar kein Wettbewerb, wenn wir einmal ehrlich sind.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Sie müssen doch ein ganz schlechtes Gewissen haben!)

Da besteht doch kein Wettbewerb.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist doch eine sehr komfortable Lage. Als ich in Naumburg 140 km Gasrohre habe verlegen lassen, wo war denn der Wettbewerber? Den gab es gar nicht. Die Stadtwerke haben das alles allein machen dürfen und können.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Beim Strom ist es doch genauso. Wenn ich einen Wettbewerber hereinlasse, verlange ich Durchleitungsgebühren. Da kassiere ich auch noch einmal. Also, meine Damen und Herren, machen wir uns doch bitte nichts vor!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zu- rufe von der SPD)

Es geht uns um die Annexgeschäfte, die anhängenden Geschäfte.

(Frau Budde, SPD: Aber, Herr Becker, Sie müss- ten doch jetzt rot werden!)

Da meinen wir schon, dass sich dort die Stadtwerke dem Wettbewerb stellen müssen. Das ist wichtig.

(Zurufe von Frau Budde, SPD, und von Herrn Stahlknecht, CDU)

Da können sich die Stadtwerke in Zukunft auch unter den Voraussetzungen des § 116 der Gemeindeordnung neue Geschäftsfelder erschließen und können sie übernehmen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Frau Budde, SPD: Das können sie nicht! - Herr Stahlknecht, CDU: Genau das ist es!)

Ich habe in der Zeitung am Samstag - meine Frau hat sie mir früh neben die Brötchen gelegt - eine Anzeige von Herrn Henning gelesen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich muss auch einmal Herrn Henning ermahnen, bei der Wahrheit zu bleiben, wenn er darin schreibt:

„Durch die Leistung unserer Mitgliedsunternehmen in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung sowie Abwasserentsorgung und Telekommunikation werden über 5 800 Arbeitsplätze überwiegend im Wettbewerb gesichert.“

Meine Damen und Herren! Das ist doch nicht die Wahrheit. Das ist eine komfortable Situation für die Stadtwerke, von wegen Wettbewerb.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Selbstverständlich müssen sie wirtschaftlich arbeiten. Aber die Wettbewerbssituation ist doch ganz anders, als wenn ein freier Unternehmer am Markt bestehen muss.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Was haben Sie zwölf Jah- re lang getrieben?)

- Sie brauchen sich nicht so aufzuregen.

(Frau Budde, SPD: Doch! Wir werden uns auf- regen! - Herr Gallert, PDS: Nur Herr Becker darf sich aufregen!)

- Nein, Herr Gallert, Sie dürfen es auch.

(Zurufe von der SPD und von der PDS)

Dafür kennen wir uns zu lange. Deshalb meinen wir, wir müssen den § 116 der Gemeindeordnung zurückschneiden. Das haben wir getan. Dazu stehen wir.

(Herr Gürth, CDU: Sehr richtig!)

In der Richtigkeit unseres Handelns bestätigen uns übrigens - das ist doch egal, Herr Püchel; wenn Sie nachher sprechen, holen Sie auch vier Schreiben hervor, durch die Sie sich bestätigt fühlen - die Handwerker. Also was wollen wir denn noch?

Ich glaube, wir gehen den richtigen Weg, indem wir diese Änderungen vornehmen, die - das gebe ich zu - von dem abweichen, was die Regierung ursprünglich wollte. Aber warum sollten wir stehen bleiben? Warum sollten wir uns nicht von unseren Koalitionsfraktionen eines Besseren belehren lassen? Das kann auch einmal passieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei der PDS)

Dann gehen wir diesen Weg. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Herr Dr. Püchel, SPD: Das passiert schon mal! - Frau Budde, SPD: Meine Frage!)

Herr Minister, würden Sie jetzt die Frage von Frau Budde beantworten? - Ja. Frau Abgeordnete Budde, Sie können fragen.

Herr Minister, ich kenne Sie als einen sehr verantwortungsvollen Oberbürgermeister der Stadt Naumburg, und ich gehe davon aus, dass Sie die Stadtwerke verantwortungsvoll aufgebaut haben. Ich kann mich auch an die Debatten über die wirtschaftliche Betätigung erinnern.

Haben Sie denn die Stadtwerke so aufgebaut, dass sie in Konkurrenz zu Ihrer mittelständischen Wirtschaft standen? Leider konnten die Handwerkskammern auf unsere Briefe nicht mit Beispielfällen antworten. Deshalb würde ich gern wissen, wie Sie das damals aufgebaut haben und ob Sie in Konkurrenz zu Ihrer Wirtschaft gegangen sind.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Natürlich!)

Das sind wir selbstverständlich, wenn Sie so wollen, damals nicht.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

- Ja, Moment, jetzt kommt das Aber: Nachdem wir Gas, Wasser, Strom, alles beieinander hatten, sind wir im Bereich der Telekommunikation tätig geworden. Da beginnt doch bereits der Wettbewerb. Das konnten wir damals. Da sind wir in den Wettbewerb zu anderen getreten.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Sie müssen doch ein schlechtes Gewissen haben! - Herr Gürth, CDU: Aber das waren ungleiche Bedingungen!)

- Ja, unter ungleichen Bedingungen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Sie müssen doch jetzt nach zwölf Jahren ein schlechtes Gewissen ha- ben!)

- Ich habe deshalb kein schlechtes Gewissen, weil es damals zulässig war, Verehrtester. Es wird auch künftig unter den Kautelen des § 116 der Gemeindeordnung zulässig sein.

(Frau Budde, SPD: Das geht doch gar nicht, Herr Becker! Seien Sie doch ehrlich! - Herr Gürth, CDU: Natürlich geht das!)

- Doch.

(Frau Budde, SPD: Das geht doch nur unter glei- chen Bedingungen, nicht unter ungleichen Be- dingungen! Wenn Sie in das Gesetz schreiben, dass es wirtschaftlich besser sein muss, das geht doch gar nicht!)

- Sie interpretieren in das Gesetz etwas hinein, was im Grunde genommen nicht zulässig ist.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Budde, SPD)

Wenn der Minister bereit ist, weitere Fragen zu beantworten, würde ich darum bitten, dass wir der Reihe nach verfahren. Es liegen Fragewünsche von Frau Sitte, von der Abgeordneten Grimm-Benne, von Herrn Dr. Köck und

von Herrn Tögel vor. Auch der Abgeordnete Stahlknecht hätte gern noch eine Nachfrage gestellt. Ich schließe die Liste der Nachfrager und derjenigen, die intervenieren wollen, und werde anschließend noch einmal nachfragen. - Frau Sitte, bitte sehr.