Protocol of the Session on March 14, 2003

oder Budde zu verantworten, nicht die jetzige Landesregierung.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

In diesem Fall ist eben das Hauptziel für Locale verloren gegangen, den ländlichen Raum über gewisse Ressortgrenzen oder Fördertatbestände im Ganzen zu entwickeln.

Ich bin den Abgeordneten der CDU- und der FDP-Fraktion schon außerordentlich dankbar, dass sie aus der Sicht der Betroffenen eine solch nüchterne Bilanz gezogen haben. Aber ich weiß auch, dass man sogar in den Amtsstuben, auch in den obersten Behörden, noch gar nicht so recht akzeptieren will, das gut ausgedacht eben nicht immer gut funktioniert.

Dass es nicht funktioniert, auch das ist der Vorgängerregierung anzulasten, nicht dieser Landesregierung. Ein Großteil der Beamten und Verwaltungsmitarbeiter sowie natürlich die Opposition haben spätestens im Frühjahr 2002 erkannt, dass es nicht funktioniert. Aber es standen Wahlen vor der Tür. Man hat den Antragstellern immer noch suggeriert, das Geld würde fließen.

Herr Krause, wenn Sie einmal in die Niederschriften der Ausschussberatungen hineinschauen: Frau Wernicke hat als Oppositionspolitikerin ständig problematisiert und infrage gestellt, ob das System funktioniert. Außer Ausweichen und langen Berichten, dass alles herrlich sei, gab es nie konkrete Antworten, auch keine Auswertung der schwierigen Situation.

(Herr Krause, PDS: Die Staatssekretärin aus Ih- rem Hause hat die Antwort gegeben!)

- Sie wissen doch ganz genau, wie das funktioniert. Das, was die Beamten erkannt haben, durfte nicht veröffentlicht werden. Wenn ich jetzt nachlese, sehe ich das auch bestätigt.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Ein zweiter Teil ist der bürokratische Aufwand zur Umsetzung der Landesinitiative. Statt sich von vornherein - auch das war ein Kritikpunkt der CDU-Opposition - auf eine überschaubare und auch finanzierbare Anzahl von Konzepten zu beschränken, wurden die Verwaltungsgemeinschaften geradezu ermutigt, aufgefordert, Planungen und Konzepte in Auftrag zu geben.

Mit der Einreichung von sage und schreibe 158 Konzepten mit über 3 500 Einzelprojekten war ein gigantischer Verwaltungsaufwand vorprogrammiert. Allein die Bewertung der Konzepte dahin gehend, ob sie mit EU-Vorgaben übereinstimmen, ob sie den landesplanerischen Anforderungen genügen, ob die Kommunalaufsicht dem auch zustimmt, hat fast ein Jahr gedauert. Ganze Heerscharen von Landes- und Kommunalbediensteten wie Planern waren beschäftigt, Erwartungen bei Kommunen, Unternehmern, Privatleuten und Gewerbetreibenden wurden geweckt.

Man hat damals schon erkannt, dass das beantragte Volumen niemals ausreichen wird. Auch dass das Volumen für die dann ausgewählten 45 Konzepte niemals ausreichen wird, hat man damals schon erkannt. Es ist wirklich schade um die viele Arbeit und die Hoffnungen, die Planer, Kommunalpolitiker und Unternehmer in dieses Programm gelegt haben. Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander, was die Antragstellung und den Mittelabfluss anbelangt.

Von den nunmehr bestätigten etwas mehr als 900 Einzelprojekten weisen lediglich die im Rahmen des EAGFL - das ist der Fonds, den das Landwirtschaftsministerium verwaltet - bewilligten 190 Einzelanträge nennenswerte Abflussraten auf. Die Bewilligungen fanden im Jahr 2003, also unter dieser Landesregierung statt. Das heißt, im Jahr 1999 ins Leben gerufen, wurden die ersten Bewilligungen erst im Jahr 2003 ausgereicht - wenn das eine Erfolgsstory der ehemaligen Regierung sein soll, dann verdiene ich meinen Namen Petra Wernicke nicht mehr.

(Zustimmung bei der CDU)

Locale ist ein bürokratisches Monster - das wurde eben schon erwähnt -, das sich selbst im Wege steht. Wir müssen in Abstimmung mit der EU - das ist wohl wahr - im Rahmen der Halbzeitbilanz innerhalb des operationellen Programms jetzt Farbe bekennen. Wir müssen sagen, das hat sich nicht bewährt. Man muss den Mut haben, falsche Entscheidungen zu korrigieren, und den hat die jetzige Landesregierung.

(Zustimmung bei der CDU)

Das werden wir jetzt tun. Wir haben gute Argumente gegenüber der EU, dass sich dieses praktizierte Konzept nicht bewährt hat. Wir werden damit wieder Vertrauen in der Bevölkerung in Politik und Verwaltung sammeln

(Zustimmung von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

und wir werden damit Vertrauen in der kommunalen Ebene sichern, dass sie auch aus eigener Kraft integrierte Ansätze umsetzen kann. Auch in anderen neuen Bundesländern wurde dieser so genannte integrierte Ansatz ohne ein Locale-Projekt und ohne eine zusätzliche Landesinitiative umgesetzt.

Wir sind der Meinung - das hat die jetzige Situation bewiesen -, dass eine Vernetzung des Einsatzes der Strukturfonds nicht auf ministerieller Ebene stattfinden darf, sondern vor Ort und in der Region erfolgen muss, worauf Herr Stadelmann schon hingewiesen hat. Beispielsweise könnten Verwaltungsgemeinschaften oder auch regionale Planungsgemeinschaften dazu in der Lage sein; darüber muss man dann reden.

Frau Ministerin, möchten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Czeke beantworten?

Zum Schluss bitte.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir verabschieden uns zwar von der Initiative Locale, weil sie zu kompliziert und nicht praktikabel ist, aber wir verabschieden uns natürlich nicht von der Förderung des ländlichen Raumes.

In den Regionen ist mit den vorhandenen Entwicklungskonzepten und Einzelprojekten eine gute Arbeit geleistet worden. Diese guten Ansätze gilt es fortzusetzen. Wir werden alle bestätigten Projekte, soweit sie im Rahmen des EAGFL förderfähig sind, bewilligen. Wir werden aber diese jetzt bestätigten 45 Konzepte auch auf den Prüfstand stellen und sie so umgestalten, dass wir uns EUkonform verhalten; denn es muss mindestens ein EFRE- oder ein ESF-Projekt innerhalb dieses Konzeptes gefördert werden. Dabei sind wir auf einem guten Weg. Meine

Kollegen unterstützen mich auf diesem Feld. Wir führen diese Projekte, soweit sie förderfähig sind, zu Ende.

Wir werden ein neues Programm vorlegen - Herr Czeke hat schon darauf aufmerksam gemacht -, welches klar die Kompetenzen der einzelnen Strukturfonds abgrenzt. Es wird keine neuen Experimente geben, die das verwischen. Locale hat einfach die Kompetenzen, Befugnisse und Fördertatbestände von vornherein verwischt, was für viele nicht erkennbar war, weswegen diese Erwartungshaltung ausgelöst wurde.

Wir werden nach wie vor die ländliche Siedlungsstruktur fördern, den Standort ländlicher Raum zielgerichtet für Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe fördern. Wir wissen doch alle, dass die Mittel aus der Dorferneuerung, sinnvoll eingesetzt, das zwei- bis dreifache ihres Volumens an Investitionen auslösen können. Das ist wichtig, um für Handwerk und Dienstleistung im ländlichen Gebiet Arbeit zu schaffen.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

Selbstverständlich müssen diese Initiativen mit Maßnahmen in der Veredlung oder für den Bau von Tierhaltungsanlagen verknüpft oder es müssen für den Landwirt als Energiewirt Fördermittel zur Verfügung gestellt werden. Aber wir dürfen nicht weiterhin nach dem Gießkannenprinzip fördern, sondern müssen uns auf die Förderung solcher Projekte konzentrieren, die überlebensfähig sind und sich später selbst tragen. Diese Prämissen werden für unsere künftige Förderstrategie einen wichtigen Schwerpunkt bilden.

Ein Eckpunkt der Entwicklung des ländlichen Raums ist natürlich nach wie vor das Dorferneuerungsprogramm. Wir werden uns von dem Programm Dorfentwicklung verabschieden, weil es nicht kofinanzierungsfähig durch die Gemeinschaftsaufgabe ist. Uns muss es angesichts knapper Mittel darauf ankommen, so viel wie möglich an Bundes- und EU-Mitteln mit Landesmitteln zu binden.

Wir wissen alle - das noch mit dem Blick auf Locale und die Förderfähigkeit -, dass gerade das Dorferneuerungsprogramm ein ganz spezielles Programm mit einer ganz speziellen Ausrichtung ist und dass es ein Bund-LänderProgramm ist, welches durch den Bund und die Länder gemeinsam aufgelegt und finanziert wird. Dieses Programm dient vorrangig der Neuordnung der Eigentumsfragen, um investieren zu können.

Wir werden die Fördertatbestände aufarbeiten und umarbeiten. Ich hoffe - das ist die Voraussetzung -, dass wir dafür die Zustimmung der anderen Länder und der Bundesebene bekommen. Wir setzen uns für die Anhebung der Fördergrenzen ein, um der schwierigen Situation der Kommunen, was die Eigenmittel anbelangt, und den Bewohnern im ländlichen Raum Rechnung zu tragen.

Es gilt, Maßnahmen zu fördern, die im Moment nicht förderfähig sind, und zwar auch mit dem integrativen Ansatz. Wenn sich zum Beispiel mehrere Gemeinden über die Schaffung von Ortsverbindungswegen verständigen oder über die gemeinsame Nutzung von kulturellen Einrichtungen oder wenn es um die Umnutzung leer stehender Gebäude im ländlichen Gebiet geht - die immer mehr werden -, wird es uns künftig darauf ankommen, einen gemeinsamen integrierten Ansatz vor Ort zu entwickeln und finanziell zu sichern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kommt darauf an, das verfügbare Geld schnell und unbürokratisch umzusetzen. Um bis zum Abschluss der Förder

periode im Jahr 2006 noch einmal einen Schub zu erreichen, muss das ohne zusätzliche Bürokratie gehen, und es muss so funktionieren, dass das verfügbare Geld schnell umgesetzt und eingesetzt wird, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Ich sagte es schon, wir legen im Frühsommer das Programm zur ländlichen Entwicklung vor. Wir werden - das betone ich an dieser Stelle noch einmal - die Kompetenzen der einzelnen Fondsverwalter klar abgrenzen und nicht noch einmal solche Experimente zulassen, wie Locale es aus unserer heutigen Sicht war. Auf eine gemeinsame Beratung dieses Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums mit Ihnen als Parlament freue ich mich. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Wenn Sie jetzt noch Fragen beantworten möchten, dann erhält zuerst Herr Czeke und danach Herr Oleikiewitz die Möglichkeit, diese zu stellen.

Frau Wernicke, ich habe nicht nur nachgelesen, was Sie als agrarpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Jahr 1997 zu unserem damaligen Antrag gesagt haben, sondern ich habe auch nachgelesen, was Sie heute als Ministerin zu Papier bringen. Und zwar liegt mir in der Drs. 4/440 vom 9. Januar 2003 die Antwort Ihres Hauses zur Anfrage über die Ausreichung von EU-Fördermitteln in der Landesinitiative Locale vor.

Sie sagten eben in Ihrem Beitrag, die ersten Bewilligungen seien im Jahr 2003 durch Sie erteilt worden. In der Drucksache heißt es aber in Ihrer Antwort zu Frage 1:

„Im Rahmen der Landesinitiative Locale wurden im Jahr 2002 insgesamt 45 Projekte gefördert.“

Das wäre ein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung, wenn diese Projekte vorher nicht bewilligt worden wären. In der Antwort auf die Fragen 3 und 4 geht es dann auch noch darum, wie viel Geld bisher geflossen ist.

Meine Frage dazu ist nun, ob unter der Vorgängerregierung tatsächlich Projekte genehmigt wurden oder ob Sie zu Ihrer Aussage stehen, dass das erst unter Ihrer Regie im Jahr 2003 geschehen ist. Das Erste würde bedeuten, dass die Vorgängerregierung Gelder, wenn auch in bescheidenem Maße, in den Haushalt eingestellt und ausgezahlt hat.

(Herr Gürth, CDU: Das macht doch den ganzen Wirrwarr nicht besser!)

Ein Betrag von etwas mehr als 4 Millionen € aus dem EAGFL-Fonds wurde zwar schon im Jahr 2002 bewilligt, aber erst nach dem Regierungswechsel.

Danke schön. - Jetzt bitte Herr Oleikiewitz.

Frau Ministerin, Sie haben erwähnt, dass Sie die EU davon überzeugen wollen, dass unser Locale-Konzept nicht das Richtige gewesen wäre. Was überzeugt Sie denn davon, dass Ihr Konzept, das Sie jetzt mit demselben bürokratischen Apparat erarbeiten - Sie haben den ja nicht ausgetauscht -, besser läuft als unser Konzept Locale? Welche Zeitvorstellungen haben Sie, wann Ihr Konzept vorliegt, wann es umgesetzt werden soll und wann es die Notifizierung durch die EU erhalten soll, wenn es denn, wie Sie angedeutet haben, mehrere Töpfe umfassen soll?

Wir müssen uns im Rahmen der Halbzeitbewertung im Jahr 2004 von dem Locale-Konzept verabschieden und der EU ein neues Konzept vorlegen. Das neu zu erarbeitende Konzept zur Entwicklung des ländlichen Raumes muss in keiner Weise ein Locale-Nachfolgekonzept sein, sondern wird Fördermöglichkeiten für den ländlichen Raum aufzeigen und wird natürlich in die Tatbestände, die uns die EU vorgibt, hineinpassen. Was die Notifizierung durch Brüssel anbelangt, sehe ich deshalb überhaupt keine Probleme.

Was das Ausrichten, die Erweiterung oder die Umorientierung einzelner Fördertatbestände betrifft - ich nannte diese schon: die Umnutzung leer stehender Gebäude oder gemeinsame Initiativen im kulturellen oder kommunalen Bereich -: Das wäre zunächst einmal zustimmungspflichtig in der Bund-Länder-Runde, der so genannten Planak-Runde. Wenn sie dann bestätigt werden im Herbst dieses Jahres, sehe ich überhaupt keine Probleme, die EU-Notifizierung zu bekommen.

Alles, was an Finanzvolumen im operationellen Programm, egal durch welche Strukturfonds, eingeplant und noch zugesichert ist, wird künftig durch die einzelnen Fondsverwalter weiter ausgereicht. Die Abstimmung, welche Förderung, welches Programm, welche Maßnahmen für die Entwicklung des ländlichen Raumes notwendig und sinnvoll sind, muss vor Ort erfolgen. Die Antragstellung geschieht auf klassischem Wege bei den Bewilligungsstellen oder bei den die Anträge annehmenden Stellen.

Es bedarf keiner Bündelung, keiner Kombination, keiner Einführung einer zusätzlichen bürokratischen Stelle, die die Anträge annimmt und prüft. Dafür gibt es die Instrumente, die für alle klassischen Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen. Sie müssen genutzt werden und kein zusätzliches bürokratisches Monster, wie Locale eines war. Dann wird das Geld auch verfügbar. Es wird unbürokratischer abfließen und tatsächlich für Investitionen sorgen. Zeiträume wie den von 1999 bis 2002 können wir uns einfach nicht mehr leisten.