Protocol of the Session on March 14, 2003

Ich habe - das haben Sie in Ihrem Einbringungsbeitrag auch gesagt -, nachdem das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes vorlag, die Polizei und auch die Gefahrenabwehrbehörden darauf hingewiesen, dass zur Abwehr von Gefahren, die von Hunden ausgeht, jetzt das gilt, was vor der speziellen Gefahrenabwehrverordnung aus dem vergangenen Frühjahr galt. Ich habe gleichzeitig noch einmal aufzeigen lassen, welche Instrumentarien der Polizei und den Gefahrenabwehrbehörden in diesem Zusammenhang zur Verfügung stehen und wie sie damit umgehen können, also etwas als Hilfestellung in der Anmoderation solcher Vorgehensweisen der Gemeinden.

Die Aussage von Herrn Trümper habe ich auch gelesen. Er hat den Wunsch geäußert, der Kommune zusätzlich - das hört man gelegentlich auch an anderer Stelle - noch eine spezielle Verordnung oder Anweisung an die Hand zu geben, wie er als Oberbürgermeister und damit als Gefahrenabwehrbehörde für seine Stadt Magdeburg Regelungen vornehmen kann. Ich weiß aber auch - das müsste bekannt sein -, dass die Stadt Magdeburg jüngst über die Frage Maulkorb- und Leinenzwang für größere Hunde im Stadtgebiet und damit auch für diese Rassen Festlegungen getroffen hat. Ich denke, die Gefahrenabwehrbehörden wissen in diesem Zusammenhang sehr

wohl, welche Möglichkeiten sie haben, welche Maßnahmen sie zum Schutz der Bevölkerung gerade im besiedelten, im urbanen Gebiet und insbesondere in einem Ballungszentrum ergreifen können.

Wir haben folgendes Problem, über das wir ausführlich diskutieren sollten: Die Möglichkeiten zur Abwehr von Gefahren, die von Hunden ausgehen, bedingen nach der jetzigen Rechtslage, dass per se ein Hundehalter zunächst einmal zu nichts gezwungen werden kann. Es muss Anzeichen dafür geben, dass von dem Hund tatsächlich eine Gefahr ausgeht. Es kann also keine abstrakte Grundsatzgefährdung festgestellt werden. Die Menschheit hat wahrscheinlich in den vielen, vielen Generationen, in denen sie mit Hunden zusammenlebt, immer wieder gemerkt, dass ein Hund durchaus auch einmal beißen kann und dass ein Hundebiss ganz schwere Folgen bis hin zu Todesfällen haben kann. Das liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache.

Dass man im Einzelfall Regelungen treffen kann, ist mit Sicherheit mit der jetzigen Gesetzeslage garantiert. Ob man per se bestimmte Hunderassen und auch deren Halter in diesem Zusammenhang treffen möchte, ist eine andere Frage und wäre tatsächlich gesetzgeberisch zu regeln, weil andere Regelungsmöglichkeiten nicht existieren.

Also überall dies können und sollten wir uns in Abstimmung auch mit den Kollegen, die nicht zu den Koalitionsfraktionen gehören, im Innenausschuss wirklich ausführlich unterhalten, um dann zu entscheiden, ob wir diese vier Rassen besonders behandelt wissen wollen - dann brauchen wir ein Gesetz - oder ob wir auch andere Hunderassen unter dem Aspekt betrachten wollen, dass sie genauso wie die vier immer wieder genannten Hunderassen gefährlich sein können. Im letzteren Fall müssen wir Regelungen im ganz normalen Bereich unserer Gefahrenabwehrverordnungen treffen und einhalten.

Gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Püchel?

Ja, gerne.

Bitte sehr.

Sie machen es wirklich spannend. Sie haben einen Entwurf erarbeitet, gehen in die Fraktionen, wollen sich ins Benehmen setzen, die eine Hälfte sagt ja, die andere Hälfte nein, und dann wollen Sie im Ausschuss darüber berichten, wie es weitergehen soll. Könnten Sie vielleicht hier etwas dazu sagen? Es können ja nicht alle Abgeordneten in diesen Ausschuss gehen. Da Sie diesbezüglich schon etwas im Kopf haben, könnten Sie das doch hier vorstellen.

Herr Kollege Püchel, Sie müssen das ja nicht wissen. Aber erstens ist es nicht so, dass die eine Hälfte ja und die andere Hälfte nein sagt, wenn Sie das auf die Koalitionsfraktionen beziehen, sondern innerhalb meiner Fraktion gibt es ein Für und Wider in dieser Angelegenheit. Wahrscheinlich ist das auch in Ihrer Fraktion so und

auch außerhalb des Parlaments gibt es ein Für und Wider in der Frage: Will man eine Regelung speziell für Hunderassen haben oder will man Regelungen haben, die vor Gefahren schützen, die von Hunden ausgehen, unabhängig davon, zu welcher Rasse sie gehören? Und wie will man bei solchen Regelungen eventuell, was vielleicht auch nicht ganz unwichtig ist, Vorschriften, Vorgaben, Eingriffe gegenüber dem Hundehalter treffen, und zwar auch unabhängig davon, zu welcher Rasse der von ihm gehaltene Hund gehört?

An dieser Stelle sind wir, glaube ich, in einem vernünftigen Gespräch gewesen und zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mehrheit der Kollegen in den Fraktionen nicht für eine gesetzliche Regelung nur gegen vier Hunderassen votieren würde. Über diesen und über den anderen Weg können wir im Ausschuss gern weiter diskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Innenminister. - Die Debatte der Fraktionsredner eröffnet Herr Gärtner für die PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das zur Debatte stehende Thema hat sowohl den Innenausschuss wie auch das Plenum schon öfter beschäftigt. Es ist natürlich auch ein Thema, mit dem man Emotionen wecken kann. Deshalb plädiere ich ausdrücklich für einen sachlichen Umgang damit.

Ich gebe offen zu, auch in unserer Fraktion - der Minister hat das bezüglich der Koalitionsfraktionen bereits bekannt gegeben - gibt es sehr differenzierte Meinungen dazu. Ich denke aber, dass dies ein Thema ist, das wir nicht emotional behandeln können, sondern mit aller gebotenen Sachlichkeit behandeln müssen.

Vorweg gestellt: Ich bezweifle, ob es sinnvoll ist, im Plenum auf der Grundlage eines Berichterstattungsantrages noch einmal darüber zu reden. Eine Befassung im Ausschuss auf der Grundlage der Selbstbefassung wäre aus meiner Sicht sachgerechter gewesen.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Aber um das zu gewährleisten, werden wir dem SPDAntrag in diesem Sinne zustimmen.

Ausgangspunkt der Diskussion um so genannte gefährliche Hunde sind der Erlass des Innenministeriums vom Juli 2000 und das diesbezügliche Urteil des OVG vom Dezember 2002, welches diesen Erlass außer Kraft gesetzt hat. Das war letztlich folgerichtig; denn bereits im Jahr 1999 habe auch ich in einer Debatte hier im Parlament davor gewarnt, Kampfhunde undifferenziert zu verbieten, da es für diesen Begriff keine Definition und weil es keine Hunderasse gibt, die man so bezeichnen kann.

Eine konkrete Einteilung nach Gefährlichkeitsstufen für Hunde kann es nicht geben. Die Biologie ist zu komplex, um eine Schwarzweiß-Entscheidung treffen zu können. Es ist schon eigenartig, über eine nirgends definierte Angelegenheit Rechtsvorschriften erlassen zu wollen. Denn den Kampfhund als Rasse gibt es derzeit nicht.

Einzelne Rassen mit Verboten zu belegen funktioniert nicht. Notwendig ist vielmehr, dass gegen verantwortungslose Hundehalter härtere Sanktionen erfolgen. Das

ist der Knackpunkt an der ganzen Sache. Deshalb ist es kein Hundeproblem, sondern vielmehr ein Problem, welches die Hundehalter in allererster Linie betrifft. Damit müssen wir uns beschäftigen.

Es ist zu überlegen, ob in der Bundesrepublik Deutschland eine für jeden Hundehalter bzw. für jede Hundehalterin obligatorische einheitliche Hundeversicherung eingeführt wird, die dann in bestimmten Fällen genutzt werden kann. Im Übrigen bin ich auch der Meinung, dass wir uns ganz genau die Bestimmungen des gültigen Tierschutzgesetzes anschauen sollten, die schon sehr weitreichende Festlegungen zu den uns heute hier interessierenden Fragen enthalten.

Über diese Fragen und wie künftig damit umgegangen wird, sollten wir in der gebotenen Sachlichkeit im Ausschuss diskutieren. Ich plädiere auch dafür, dabei externen Sachverstand einzubeziehen. Dazu gehört die Tierärztekammer, dazu gehören aus meiner Sicht auch die Kommunen und natürlich auch betroffene Bürgerinnen und Bürger.

Ich warne in dieser Situation ausdrücklich vor Schnellschüssen. Die Landesregierung ist gut beraten, wenn sie zum jetzigen Zeitpunkt aus den genannten Gründen auf eine Gesetzesinitiative verzichtet. Vielmehr sollte auf Bundesebene darauf gedrungen werden, dass zum Umgang mit diesem Thema eine bundesweit einheitliche Regelung geschaffen wird.

Ich bitte um eine sachliche Diskussion im Ausschuss. Wir werden dem Antrag der SPD zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Herr Gärtner. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Kolze das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der SPD vorgelegte Antrag beinhaltet bereits in seiner Überschrift eine Suggestion. Wir müssen uns die Frage stellen: Gibt es einen absoluten Schutz vor gefährlichen Hunden?

Ein absoluter Schutz würde vorliegen, wenn man wüsste, welche Hunde im Einzelfall gefährlich sind. Nun hat bereits die alte Landesregierung versucht, diese Frage abstrakt dadurch zu beantworten, dass sie vier namentlich genannte Hunderassen in § 1 der Gefahrenabwehrverordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden vom 26. März 2002 bezeichnet hat.

Bereits zuvor haben sich mehrere Innenministerkonferenzen - zuletzt am 7. und 8. November 2001 - mit der Möglichkeit des Erlasses landesrechtlicher Regelungen befasst und entsprechende Beschlüsse erarbeitet, die konkrete Maßnahmen auf Länderebene empfehlen. Dr. Püchel befand sich bei der Unterzeichnung der Verordnung im Einklang mit den Beschlüssen der Innenministerkonferenz.

Zur Vorgeschichte möchte ich ausführen, dass im Hinblick auf Aufsehen erregende Beißvorfälle in der Vergangenheit sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene die Notwendigkeit gesehen wurde, die Bevölkerung vor gefährlichen Hunden zu schützen. Der Bundestag hat am 12. April 2001 das Gesetz zur Bekämpfung gefähr

licher Hunde verabschiedet. Darin wird im Wesentlichen das Einfuhr- und Verbringungsverbot für namentlich genannte Hunderassen, die nach diesem Gesetz als gefährlich gelten, geregelt. Ferner wurde in das Strafgesetzbuch ein § 143 eingefügt, der den nach landesrechtlichen Vorschriften unerlaubten Umgang mit gefährlichen Hunden unter Strafe stellt.

Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 12. Dezember 2002 mehrere Vorschriften der für Sachsen-Anhalt erlassenen Gefahrenabwehrverordnung für nichtig erklärt. Das Gericht bestätigt zwar, dass § 94 Abs. 1 Nr. 4 SOG in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Ministerium des Innern ermächtigt, zur Abwehr abstrakter Gefahren Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen. Das OVG ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die konkret angegriffene Gefahrenabwehrverordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden in wesentlichen Teilen nicht auf § 94 Abs. 1 Nr. 4 SOG gestützt werden kann, weil die Gefahrenabwehrverordnung von der fehlerhaften Annahme ausgeht, dass für bestimmte Hunde allein wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen bzw. dem dort genannten Typ sowie der Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden eine abstrakte Gefahr ausgeht.

Das OVG ist daher zu der Auffassung gelangt, dass es dem Verordnungsgeber verwehrt ist, Hunde bestimmter Rassen oder eines bestimmten Typs als besonders gefährlich anzusehen, solange der Beitrag dieser Merkmale zur Gefährlichkeit eines einzelnen Hundes ungeklärt ist. Dem Verordnungsgeber ist es dagegen nach geltender Rechtslage nicht verwehrt, zur Abwehr der von Hunden unzweifelhaft ausgehenden Gefahren eine rechtsgültige Verordnung mit anderem Inhalt zu erlassen.

Damit bestehen dem Grunde nach folgende Handlungsmöglichkeiten:

Erstens. Es wird auf eine Neuregelung der Materie durch Gesetz oder Verordnung grundsätzlich verzichtet.

Zweitens. Der Landesgesetzgeber regelt so genannte Rasselisten durch Gesetz selbst.

Drittens. Der Verordnungsgeber regelt diese Fragen für konkrete und abstrakte Gefahrenlagen ohne die Kriterien der Zugehörigkeit eines Hundes zu einer Rasse oder einem Typ.

Viertens. Im SOG wird für die Fälle der Gefahrenvorsorge eine weitere Verordnungsermächtigung eingeführt.

Bevor man sich für einen der aufgezeigten Wege entscheidet, muss festgestellt werden, wie das Spannungsverhältnis zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der allgemeinen Bevölkerung und den Interessen der Hundebesitzer sachgerecht aufgelöst werden kann. Die hierzu geäußerten Ansichten stehen sich häufig diametral gegenüber. Eine große Rolle spielt auch die hohe Emotionalität des Themas, die nicht selten den Blick auf eine sachgerechte Lösung trübt. Zumindest im parlamentarischen Raum sollte die Debatte darüber ohne große Polemik geführt werden. Eine sachliche Lösung ist gefordert.

Die seinerzeit von der SPD präferierte Lösung kann nach dem Urteil des OVG keinen Bestand haben. Zugleich kann niemand in diesem Hause ausschließen, dass es in Sachsen-Anhalt nicht zu weiteren Beißvorfällen kommt. Wir können den Menschen im Land nur zusagen, dass wir eine Lösung anstreben, der beide Seiten zustimmen können. Die CDU bevorzugt dabei

eine Lösung, die ein wirksames Einschreiten gegen gefährliche Hunde und deren Halter ermöglicht. An dieser Lösung sollte im Innenausschuss gearbeitet werden. Daher stimmt die CDU diesem Antrag zu. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Hauser, FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Kolze. - Herr Abgeordneter Kosmehl, Sie haben für die FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Czeke, ich bemühe mich, deutlich zu reden - ich bin in Sachsen geboren -, damit Sie den Zweikanalton bei mir nicht brauchen werden.

(Zustimmung bei der FDP)

Das, was Sie heute Morgen gesagt haben, empfinde ich schon als eine Art Diskriminierung gegenüber dem Kollegen Hauser. Das steht jemandem aus einer Partei, die für ein weltoffenes Sachsen-Anhalt wirbt, wohl nicht zu.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Schomburg, CDU: So ist es!)