Protocol of the Session on November 15, 2002

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Schomburg. - Für die FDP-Fraktion erteile ich nunmehr Herrn Dr. Volk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir in diesem Hause über politische Bildung debattieren, so ist uns allen klar, dass die politische Bildung schulisch oder außerschulisch ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem demokratischen Bewusstsein in unserer Gesellschaft ist. Der zentrale Stellenwert der politischen Bildung im Schulalltag wird deutlich, wenn man den Auftrag der Schule in § 1 des Schulgesetzes Sachsen-Anhalts betrachtet.

Wir können heute, zwölf Jahre nach der demokratischen Wende im Osten Deutschlands, davon ausgehen, dass in Sachsen-Anhalt die demokratische politische Bildung in der pädagogischen Praxis verankert, institutionell gesichert und wissenschaftlich-konzeptionell untermauert ist. Die politische Bildung sichert das Hineinwachsen der Schülerinnen und Schüler in die demokratische Ordnung und hat eine wesentliche Sozialisationsfunktion in der Schule.

Diese besondere Wertigkeit bedeutet aber auch, dass die politische Bildung einer ständigen Evaluation bedarf. Die Positionen, die Lernziele und die gesellschaftliche Wirksamkeit müssen überprüft und nachgeführt werden. Der Politikunterricht, der Sozialkundeunterricht muss sich in der politischen Reformdebatte positionieren und profilieren. Es ist dabei für den Politikunterricht von einiger Bedeutung, dass das Fach in transparenter Weise definiert wird und dass Bildungsziele vereinbart werden, die sich an der gesellschaftlichen Wirklichkeit messen lassen.

Eine Bemerkung am Rande: In der öffentlichen Diskussion wird relativ wenig beachtet, dass bei der Untersuchung der Lesekompetenz im Rahmen der PisaStudie auch auf Material aus der politischen Publizistik zurückgegriffen wurde. Insofern wurden indirekt Hinweise auf Schwächen bei der politischen Bildung deutlich, die allerdings nicht gesondert ausgewertet wurden.

Der vorliegende Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen greift die besondere Bedeutung des Politikunterrichts auf und fordert die Evaluierung. Eine Bewertung erfordert immer eine breite Bestandsaufnahme aus unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven. Die durch den SPD-Antrag hervorgehobene Studie vom Institut für Schulforschung und Lehrerbildung der Martin-Luther

Universität muss dazu gehören. Diese Studie wurde schon relativ breit vorgestellt.

Deshalb möchten wir die Landesregierung bitten, eine Evaluation in einem Zeitraum, der nicht zu eng gefasst ist, als Grundlage einer Bewertung der politischen Bildung zu initiieren und damit eine ergebnisoffene Diskussion zu ermöglichen. Ein weitergehendes Handlungskonzept in einem so sensiblen Bereich wie der politischen Bildung muss aus einer solchen Evaluation abgeleitet werden. Ich bitte Sie deshalb, dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. - Danke.

(Zustimmung bei der FDP)

Danke, Herr Dr. Volk. - Für die Einbringer hat noch einmal Herr Dr. Fikentscher das Wort.

Vielen Dank. - Herr Dr. Volk, das, was Sie gesagt haben, klang jetzt schon wieder ganz anders. Ich war jetzt darauf eingestellt, dass wir die beiden Anträge in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft überweisen und uns dort an Ort und Stelle darüber unterhalten.

Das hielte ich auch für sinnvoll, weil ich den Antrag, den Sie gestellt haben, als ein Viel-zu-sehr-Hinauszögern des Problems auffasse. Erst in zwei Jahren soll etwas gemacht und im Laufe des nächsten Jahres ein Konzept erstellt werden. Aber es gibt viele Dinge, die man jetzt schon weiß, die jetzt schon unstrittig sind, ob man das nun dieser Studie oder anderen Studien entnimmt. Vieles ist jetzt schon unstrittig, manches kann man schon tun.

Es ist auch nicht so - um das Missverständnis noch einmal kurz zu erwähnen -, dass alles nur am Politikunterricht liegen würde. Politische Bildung - das haben wir vorhin schon festgestellt - ist mehr und da kann man auch jetzt schon mehr tun. Ich glaube, dass bereits Zeitverzug besteht. Es ist immer ein Jahrgang mehr, bei dem nichts getan wird. Jedes Jahr, in dem wir warten, ist es ein Jahrgang mehr, bei dem weniger getan wird, als wir tun könnten.

Herr Professor Olbertz, es war richtig angenehm zuzuhören, wie Sie diese Arbeit rezensiert haben. Man merkt, dass Sie vom Fach sind. Aber zur Erklärung muss ich sagen: Es ist eine Studie, ohne Zweifel. Aber es gibt den Satz: Auch das klügste Wort fasst nicht die ganze Wahrheit. Es wird also nie eine Studie geben, die alles endgültig und umfassend darlegen kann. Dann kann man das, was man einer solchen Studie entnehmen kann, vielleicht schon jetzt entnehmen und umsetzen, was unstrittig ist. Vielleicht muss man auch mehr tun.

Denn wenn hier eine Evaluation gefordert wird - wie soll es denn anders sein, als dass wieder jemand vom Ministerium beauftragt wird; möglicherweise die gleichen Leute mit einer etwas anderen Zielsetzung -, dann forschen sie wieder ein Jahr lang und werten wieder ein Jahr lang aus. Da kann man sich sicherlich einiges sparen. Aber über diese ganzen Fragen sollten wir realistischerweise in aller Ruhe im Ausschuss miteinander reden.

Wir schließen uns also dem Vorschlag an, diese beiden Anträge in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zu überweisen, damit wir das Ganze präzisieren und vielleicht auch in vielen Teilen unstrittig auf das Ziel zu

gehen können, das wir gemeinsam vor Augen haben. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Dr. Fikentscher. - Damit ist die Debatte beendet.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein. Es wurde der Wunsch nach Überweisung signalisiert, und es bestand etwas Verwirrung, ob dem Wunsch entsprochen wird.

Wir treten also in die Abstimmung über die Überweisung der Drs. 4/293 und 4/345 ein. Wer mit einer Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen worden und wir können den Tagesordnungspunkt 18 für beendet erklären.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung

Schulsanierungsprogramm

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/294

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Dr. Hein. Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die bauliche Situation vieler Schulen im Land ist jämmerlich. Das hat zum einen damit zu tun, dass die Schulträger angesichts der Unsicherheiten des Bestands von Schulstandorten in den letzten Jahren nicht selten notwendige Sanierungen und Modernisierungen vor sich hergeschoben haben, was aus der Sicht der Schulträger und aufgrund der Situation der kommunalen Haushalte allerdings durchaus verständlich ist. Es hat aber vor allem damit zu tun, dass der immense Aufwand an Modernisierungsnotwendigkeiten von den Schulträgern für alle in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Schulen gar nicht erbracht werden konnte. So haben wir heute hochmodern ausgestattete Vorzeigeschulen ebenso im Land wie solche, bei denen der Wind durch die schon lange nicht mehr schließenden Fenster pfeift.

Das Auseinanderfallen der Schulformen durch das gegliederte Schulsystem und der dadurch stark veränderte Raumbedarf haben zusätzlich zu dem ohnehin bestehenden Nachholebedarf bauliche Veränderungen in großem Ausmaß erfordert. Das in den Anfangsjahren nach der Wende großzügiger bereitgestellte Geld wurde häufig vor allem für die Ausstattung der neuen Schulform Gymnasium verwendet. Aber auch da sind nicht alle in der gleichen glücklichen Lage. Während in der Landeshauptstadt Magdeburg zwei Gymnasien hochmodern hergerichtet bzw. neu gebaut worden sind - -

(Zuruf von der SPD: Drei!)

- Ja, wenn man das Domgymnasium hinzunimmt, sogar drei; das habe ich jetzt bewusst ausgelassen.

(Zuruf von der SPD)

- In Ordnung. Das wissen Sie besser als ich, aber das macht das Problem nicht kleiner, weil zum Beispiel das sehr traditionsreiche - -

(Zurufe von der SPD)

- Ich würde jetzt gern auch noch die Schule am Westring, die IGS, nennen. Dort sieht es entschieden bescheidener aus.

Ich meine aber, dass auch Gymnasien nicht überall in dem Zustand sind, in dem wir sie gern hätten. Zum Beispiel das traditionsreiche Cantorgymnasium in Halle ist in einem bedauernswerten Zustand.

(Zuruf von Herr Gürth, CDU)

Nach unserer Einschätzung betrifft der Nachholebedarf die Sekundarschulen am stärksten. Aber auch Sonderschulen, wie beispielsweise die Tabaluga-Schule in Genthin, können so wie jetzt kaum weiterarbeiten.

Wir haben daher in unserem Antrag keine der Schulformen ausgenommen. Über den tatsächlichen Zustand der Schulen kann nur die Landesregierung eine Übersicht haben oder Sie muss sie sich verschaffen. Daher fordern wir die Landesregierung auf, den Landtag über den tatsächlichen Sanierungsbedarf an Schulgebäuden im Land, darunter auch über die besonderen Schwerpunkte, zu informieren.

Zuständig für die Bereitstellung von Schulgebäuden und für deren Unterhaltung sind selbstverständlich die Schulträger. Die Landesregierung hat vor einigen Jahren ihre Beteiligung an der Schulbaufinanzierung auf Schuldendiensthilfen umgestellt, um mit dem wenigen zur Verfügung stehenden Geld mehr Schulbau fördern zu können.

Das ist gewiss ein gangbarer Weg, solange die Kommunen in der Lage sind, Kredite aufzunehmen. Angesichts der finanziellen Entwicklung der kommunalen Haushalte geraten aber immer mehr kommunale Schulträger in eine Situation, die durch eine hohe Verschuldung gekennzeichnet ist. Das hat zur Folge, dass auch für die Sanierung von Schulgebäuden keine Kredite aufgenommen werden können. Damit greift die vom Land gewährte Schuldendiensthilfe ins Leere.

(Herr Gürth, CDU: Sie sehen, was wir da über- nommen haben!)

Zudem werden die Kommunen im nächsten Jahr einen Rückgang um etwa 10 % der Einnahmen im Verwaltungshaushalt aus den Landeszuschüssen haben. Sie können das gern ändern, aber ich fürchte, Ihr Landeshaushalt zeigt gerade auch in eine andere Richtung.

(Zurufe von Frau Feußner, CDU, und von Herrn Gürth, CDU)

- Gerade weil ich denke, dass wir bezüglich des Erbes vielleicht gar nicht so weit auseinander liegen, hoffe ich sehr, dass Sie unserem Antrag zustimmen können, den wir hiermit vorlegen.

(Beifall bei der PDS - Herr Gürth, CDU: Bringen Sie ein paar Millionen aus der Schweiz mit! Dann machen wir das!)

Die Kommunen werden nämlich im Normalfall nicht mehr in der Lage sein, ihre Verwaltungshaushalte zu decken,

(Frau Feußner, CDU: Aber das Land!)

geschweige denn noch Überschüsse in den Vermögenshaushalt überzuleiten.

(Herr Gürth, CDU: Machen Sie mal einen Finan- zierungsvorschlag!)

Die einzige einigermaßen verlässliche Geldquelle für den Vermögenshaushalt wird das 100-Millionen-Investitionsprogramm der Landesregierung sein. Dies aber wird zu etwa 75 % aus GA-Mitteln gespeist und diese sind wiederum keineswegs für Schulgebäudesanierungen einzusetzen. Somit entsteht die Situation - anders als in den Vorjahren, als noch die IfG-Mittel oder das Investitionsprogramm 2002 zur Verfügung standen -, dass die Kommunen mit ganz wenigen Ausnahmen keine Bauinvestitionen an Schulen realisieren können.