Es wurde eine Fünfminutendebatte vereinbart. Für die CDU-Fraktion hat zunächst die Abgeordnete Frau Weiß das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichterstatter Herr Sachse hat ausgiebig über den Beratungsverlauf im Ausschuss berichtet. Die von der SPD vorgelegte Beschlussempfehlung, über die wir heute entscheiden, könnte nahe legen, dass das Thema für den Landtag damit erledigt ist. Wir haben ihr dennoch zugestimmt, weil die weitere Entwicklung des Luftverkehrs in Sachsen-Anhalt über den Landtag hinaus längst das öffentliche Interesse geweckt hat und nun aufmerksam verfolgt wird.
Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass das Thema Flugverkehrsentwicklung in Sachsen-Anhalt aktueller denn je ist, dass weiterhin erheblicher Handlungsbedarf besteht und dass sich der Landtag vermutlich bald wieder damit befassen wird. Dann wird sich allerdings auch zeigen, ob der Zeitpunkt der heutigen Debatte glücklich gewählt war.
Noch kennen wir die dem Minister vorliegenden Ergebnisse des jüngst in Auftrag gegebenen Flugplatzgutachtens nur aus der Presse. Noch immer liegt kein Konzept zur Entwicklung des Luftverkehrs vor. Ich fordere den Minister deshalb auf, heute darüber zu berichten und in der nächsten Ausschusssitzung am 1. März 2002 einer Expertenanhörung zuzustimmen.
Bei der Einbringung unseres Antrages in der Plenardebatte am 29. Juni 2001 haben wir darauf hingewiesen, dass aus dem Flughafen Cochstedt keine Investruine werden darf. Andere wollen das auch nicht, aber sie belassen es bei schönen Worten. Deshalb wollten wir es im Ausschuss genau wissen.
Meine Damen und Herren! Jetzt ist der Flughafen Cochstedt eine Investruine. Wo bleibt denn jetzt ein tragfähiges und belastbares Konzept für den Flughafen Cochstedt? Immerhin ist der Flughafen Cochstedt, für den ca. 45 Millionen € aufgewandt wurden, eines der größten, wenn nicht das größte Förderprojekt dieser Landesregierung.
Wie sollen denn angesichts der völlig verfahrenen Situation vor Ort Investoren gewonnen werden? Wer sich vor Ort kundig gemacht hat, hat gemerkt: Es fehlt jemand, der das Heft in die Hand nimmt und für klare, überschaubare Verhältnisse sorgt. Diese sind für ernsthafte, seriöse Investoren aber unabdingbar.
Ich nehme Ihnen ab, dass Sie mit Interessenten reden. Aber was erzählen Sie ihnen? Was haben die Investoren zu erwarten? Eine Gesellschaft in Cochstedt, die die Grundstücke kontrolliert, müsste sich in Liquidation be
finden, aber keiner weiß es genau. Die andere Gesellschaft ist in Insolvenz. Auch dort weiß keiner, wie es weitergehen soll. Darüber wollten wir im Ausschuss Klarheit gewinnen. Dazu haben Sie bis heute nichts beigetragen.
Stattdessen ist eine Diskussion über eine Auffanggesellschaft entbrannt. Andere verlangen eine Landesbeteiligung. Diese Lösungen, über die Sie jetzt nachdenken, hätten Sie sich ersparen können, wenn Sie rechtzeitig gehandelt hätten. Die von Arbeitslosigkeit bedrohten Angestellten hätten eigentlich etwas Besseres verdient, als in einer Auffanggesellschaft Beschäftigungen nachzugehen, die ihren Qualifikationen nicht entsprechen.
Es gibt übrigens auch noch andere Alternativen, die geprüft werden könnten, zum Beispiel die einer gemeinsamen Betreibergesellschaft von Magdeburg und Cochstedt. Einige der Mehrkosten, die jetzt fällig werden, hätten wir bei einer vernünftigen Begleitung des Projektes durch die Landesregierung sparen können. Diese Mehrkosten haben Sie zu verantworten.
Meine Damen und Herren! Noch ein Wort zu den vielen Gutachten, von denen die Rede ist. 38 Verkehrsgutachten liegen zur Einsichtnahme im Landtag bereit. Das sind nur jene, die ab 1996 in Auftrag gegeben wurden. Einige dieser Gutachten behandeln den Flugverkehr. Wir werden uns sehr genau anschauen, ob die Landesregierung das Förderdesaster nicht schon frühzeitig hätte erkennen können. - Vielen Dank.
Danke schön, Frau Weiß. - Für die Landesregierung hat sich jetzt Herr Minister Dr. Heyer zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es im Ausschuss gesagt und ich wiederhole es hier: Die Landesregierung wird bis zum Ende der Legislaturperiode ihr Flugplatzkonzept im Entwurf vorlegen. Sie setzt damit ihre Ankündigung vom Beginn der Legislaturperiode um.
Ich begrüße, dass die Beschlussempfehlung, die Ihnen heute zur Annahme vorliegt, im Verkehrsausschuss einstimmig verabschiedet werden konnte. Umso wichtiger ist mir allerdings, einiges aus den öffentlichen Debatten der letzten Wochen geradezurücken und darzulegen, was ein Flugplatzkonzept leisten kann und was nicht.
In Sachsen-Anhalt existieren insgesamt 26 Flugplätze, ein Verkehrsflughafen, nämlich Cochstedt, dessen Genehmigung derzeit allerdings außer Kraft ist, fünf Verkehrslandeplätze, darunter Magdeburg-Süd, und 20 Sonderlandeplätze. Außerdem haben mehrere Flughäfen außerhalb der Landesgrenzen luftverkehrliche Bedeutung für unser Land. Ich nenne hier nur den Flughafen Leipzig-Halle, an dem das Land und die Stadt Halle beteiligt sind, die Berliner Flughäfen und den Flughafen Hannover.
Das Flugplatzkonzept, liebe Kolleginnen und Kollegen, soll den Bestand und die bestehenden Ausbauplanungen erfassen, nämlich die Gesichtspunkte, die für den
Luftverkehr ausschlaggebend sind und die die Rahmenbedingungen bestimmen. Zugleich müssen Prognosen erstellt werden, um Chancen und Risiken für die einzelnen Plätze zu benennen. Im Resultat werden zukunftsfähige Vorschläge erwartet, die den Bedürfnissen der Bevölkerung und der Wirtschaft Rechnung tragen und die einen optimalen Ressourceneinsatz ermöglichen.
Das kann und soll ein Flugplatzkonzept leisten, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns auch über die Grenzen einer solchen Konzeption, die ja ohnehin regelmäßig fortgeschrieben werden muss, im Klaren sein.
Ein Flugplatzkonzept kann insbesondere das Marktgeschäft, das heißt die Linienplanungen der Fluggesellschaften und die Reisegewohnheiten der Menschen, nicht nachhaltig beeinflussen. Das Konzept kann die Entscheidungen von Dritten, wie zum Beispiel der Eigentümer der Berliner Flughäfen, nicht steuern. Ein Konzept enthebt die Landesregierung nicht der Aufgabe, bei Ausbauplanungen der Flugplatzbetreiber im Einzelfall zu entscheiden, was die verkehrspolitisch richtige und wirtschaftlich günstigste Lösung ist, so wie wir es im Moment im Vergleich der Standorte Magdeburg-Süd und Cochstedt tun.
CDU und FDP, die in der Sache kaum zu anderen Schlussfolgerungen kommen als wir, stilisieren das Flugplatzkonzept mittlerweile zu einer Art Wundermittel hoch. In ihren Stellungnahmen - das entnehme ich auch Ihren Ausführungen, Frau Kollegin Weiß - wird der Eindruck erweckt, die Schwierigkeiten mit dem Flughafen Cochstedt hätten vermieden werden können, wenn das Flugplatzkonzept früher vorgelegen hätte. Ich muss es einmal ganz eindeutig sagen: Das ist Unsinn.
Meine Damen und Herren! Der Flughafen Cochstedt wurde von privaten Investoren wie von der mehrheitlich kommunalen Betreibergesellschaft mit dem Ziel ausgebaut, gewerblichen Luftverkehr im Zusammenhang mit einem Gewerbegebiet für flugaffine Unternehmen zu betreiben. Personenflugverkehr wurde im Konzept der Betreiber ausdrücklich nicht vorgesehen. Insbesondere wurde auch die Funktion eines Regionalflughafens für Magdeburg am Standort Cochstedt ausgeschlossen.
Diese Konzeption ist gescheitert, nicht, weil die Landesregierung das nicht wollte, nicht, weil die mitfinanzierenden Banken das nicht wollten, sondern weil die Investoren von diesem Gewerbegebiet abgesprungen sind. Hätte zum Zeitpunkt der Fördermittelentscheidung für Cochstedt ein Flugplatzkonzept vorgelegen, dann hätte es nichts an der Entscheidung der Landesregierung geändert, weil wir die Chance ergreifen mussten, den Landkreis Aschersleben-Staßfurt wirtschaftlich zu entwickeln.
Einen, der sich dafür ganz besonders stark gemacht hat, den Kollegen Gürth, scheint das Problem heute schon gar nicht mehr zu interessieren, denn er ist bei dieser Debatte gar nicht anwesend.
(Herr Felke, SPD: Der macht seine Pressemittei- lung! - Frau Weiß, CDU: Und? Ist das jetzt ein Satz?)
Ich frage Sie einmal, was Sie als Opposition damals gesagt hätten, wenn mein und unser Kollege Schucht
Nachdem nun das Vorhaben Cochstedt in der ursprünglich beabsichtigten Form aufgrund unternehmerischer Entscheidungen, die die Landesregierung nicht beeinflussen konnte, gescheitert ist, unternehmen wir nunmehr alle Anstrengungen, um sinnvolle neue Nutzungen für das Gewerbegelände und für den Flughafen zu finden. Dazu gehört neben der Vermarktung dieses Gebietes auch die Prüfung, ob Cochstedt nun auch als Regionalflughafen für Magdeburg geeignet ist und ob nicht Magdeburg-Süd weiter ausgebaut und noch einmal gefördert werden soll, wie es vom Stadtrat von Magdeburg und im Übrigen auch, wie ich einer Pressemitteilung entnehme, vom finanzpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion dieses Hauses gefordert wird.
In Bezug auf das Flugplatzkonzept heißt das: Wenn wir vor drei Jahren ein solches Konzept vorgelegt hätten, dann hätten wir für Cochstedt die Festlegung der Betreiber zur Kenntnis nehmen und dementsprechend für Cochstedt die Funktion eines Gewerbeflughafens festschreiben müssen. Genau so ist es auch im Landesentwicklungsplan geschehen.
Was würde uns das Konzept in diesem Punkt jetzt nützen? - Nichts; denn wir müssen uns jetzt selbstverständlich trotzdem mit der Frage beschäftigen, wie die aus Steuermitteln bezahlte Infrastruktur sinnvoll verwendet werden kann, Konzept hin, Konzept her.
Ich will damit deutlich machen: Ein Flugplatzkonzept ist sinnvoll und notwendig, aber es enthebt uns nicht der Aufgabe, auf neue Entwicklungen zu reagieren. Wer den Eindruck erweckt, dass ein solches Konzept die Möglichkeit biete, durch staatliche Planungen jenseits von Marktgesetzen die Entwicklung zu steuern, der täuscht die Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten und Grenzen staatlichen Handelns.
Jetzt frage ich Sie, Frau Weiß - ich will mich noch ein bisschen mit Ihren Äußerungen befassen -: Ich kenne keine Presseerklärung, in der Ergebnisse dieses Gutachtens, das wir in Auftrag gegeben haben, das noch nicht abgeschlossen ist und das die Frage zum Gegenstand hat, ob Cochstedt oder Magdeburg besser für einen Regionalflughafen für die Region geeignet ist, vorgestellt worden sind. Ich kenne keine Pressemeldung.
- Ich kenne keine. Sie können sich darauf verlassen. Sie brauchen nicht zu suchen. Das haben wir selbst bereits getan. Es gibt diese Ergebnisse nicht in der Presse.
Ich habe vielmehr immer gesagt, die Frage, wo ein solcher Standort sinnvoll ist, ob in Cochstedt oder in Magdeburg, ist keine politische Entscheidung, wie manche von Ihnen den Eindruck erwecken wollen. Die sagen: Entscheide doch endlich mal, gehe doch mal nach Cochstedt, so wie Herr Gürth das sagt, oder gehe nach Magdeburg-Süd, so wie Herr Scharf das sagt. Ich sage das nur einmal, um darzustellen, wie schön einheitlich Ihre Meinung ist und wie Sie das Land mit konkreten Vorschlägen durcheinander bringen wollen.
Diese Entscheidung ist nicht politisch zu fällen, sondern sie ist aufgrund fachlicher Voten zu fällen. Mit diesen müssen wir uns dann sehr ernsthaft befassen.
Nun sagen Sie, Cochstedt ist eine Investruine. Sie haben gesagt, es fehlt jemand vor Ort, der das Heft in die Hand nimmt. Ich muss Ihnen sagen, diesbezüglich
stimme ich Ihnen ganz ausdrücklich zu. Ich frage mich nämlich, warum der Landrat dieses Landkreises, der mit seiner Wirtschaftsförderungsgesellschaft in erheblichem Umfang, nämlich zu über 50 %, an dieser Gesellschaft beteiligt ist, nicht das Heft in die Hand nimmt. - Nein, er hat darauf gewartet, dass ich sein Händchen nehme und sage, jetzt sprechen wir einmal gemeinsam mit Magdeburg über diese Dinge, weil sie es nicht einmal untereinander fertig gebracht haben, meine Damen und Herren.
Jetzt frage ich Sie einmal: Aufgrund welcher ordnungspolitischen Überlegungen verlangen Sie denn von der Landesregierung, dass wir, wenn private Investitionsinteressen gescheitert sind und wenn kommunale Investitionserwartungen auch nicht zum Zuge gekommen sind, den Karren aus dem Dreck ziehen? In der Landesverfassung sehe ich eine solche Zuständigkeit der Landesregierung nicht.
Ich sage Ihnen aber: Weil die Beteiligten es vor Ort nicht hinkriegen, nehmen wir in der Tat das Heft in die Hand und wir werden ihnen eine Möglichkeit aufweisen.
In diesem Zusammenhang muss ich darauf hinweisen, dass die Landesregierung diesen Flughafen nicht betreiben will, sondern das muss vor Ort entschieden werden. Und dafür müssen wir die Beteiligten zusammenbringen. Ich appelliere an Sie, dass Sie sich vielleicht in Ihrer Fraktion erst einmal klar darüber werden und uns im Landtag sagen, was denn Ihre Meinung dazu ist.
Der Ministerpräsident hat den Kollegen Professor Böhmer ja heute aufgefordert, einmal zu sagen, was er tatsächlich machen will und welche Lösungswege Sie anbieten. Sie haben doch für Cochstedt -
Herr Minister Heyer, Sie haben die vereinbarte Redezeit um eine Minute überschritten. Ich weiß, dass ich Ihnen das Wort nicht entziehen kann; denn theoretisch können Sie sich hinsetzen und gleich wiederkommen.
So ist das mit der Geschäftsordnung nun einmal. Aber es ist ein bisschen die Höflichkeitsvereinbarung zwischen Parlament und Landesregierung. Vielleicht denken Sie zwischendurch einmal daran.
Ja, aber die Höflichkeit findet auch in unserer Geschäftsordnung Ausdruck. Sie findet für diesen Fall eine explizite Regelung, Herr Präsident. Ich kann mich erinnern, dass wir uns kürzlich über diese Frage unterhalten haben. Ich will aber ganz schnell zum Ziel und zum Ende kommen.