Interessant ist auch, dass der Landesregierung keinerlei Erkenntnisse darüber vorliegen, ob und wie viele hauptberufliche Rock- und Popmusiker es in Sachsen-Anhalt gibt. Diese Antwort zeugt meiner Ansicht nach von Desinteresse. Dass man hier nicht jede Amateur- und Nachwuchsband erfassen kann, ist klar, aber hauptberufliche Musiker auf diesem Gebiet sollten schon von größerer Bedeutung sein.
Meine Damen und Herren! Musikland Sachsen-Anhalt das ist nicht nur Barock, das ist auch eine Form von Musikvielfalt, die wir pflegen müssen. Dazu gehören der Jazz-, Rock- und Popmusikbereich genauso wie die
Chöre und Orchester. Alles hat seine Existenzberechtigung und sollte nicht mit Missachtung gestraft werden.
Noch einige wenige Worte zum Denkmalschutz. Als die CDU-Fraktion ihre Große Anfrage zur Kulturpolitik auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorstellte, sagte sie, dass man in der Kulturpolitik nicht alles anders machen müsse - darin stimme ich ihr zu -, aber einige Korrekturen seien schon notwendig, zum Beispiel im Denkmalschutz. Sie fordern eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes mit der Begründung, unnötige Hürden und Bürokratie abzubauen. Ich bitte Sie, hierbei doch ehrlich zu bleiben; denn der Abbau von Denkmalschutzmaßnahmen ist in erster Linie Kulturabbau. Sagen Sie dies bitte auch so. Ich halte dies für den falschen Weg.
Insgesamt glaube ich, dass sich die Kulturpolitik in Sachsen-Anhalt nicht verstecken muss. Dies belegt auch die Ankündigung des Staatsministers für Kultur, den Sitz der Bundeskulturstiftung nach Halle zu verlegen. Wir sollten diese Würdigung als Auftrag zur weiteren Stabilität und Kontinuität verbunden mit Planungssicherheit und Beständigkeit innerhalb der Kulturpolitik sehen. - Danke.
Danke schön, Herr Gebhardt. - Die DVU hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Für die SPD hat der Abgeordnete Zeidler das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dadurch, dass die CDU im letzten Jahr der Legislaturperiode ihre Große Anfrage zur Kulturpolitik der Landesregierung auf den Weg brachte, ergibt sich für uns die Möglichkeit, Rückschau zu halten auf das, was geleistet und erreicht wurde, was sich verändert hat und was neu bewertet werden muss.
Kulturentwicklung ist ein dynamischer Prozess zwischen allen Beteiligten und fordert Initiativen, Ideen und natürlich Haushaltsmittel. Aber, meine Damen und Herren, das Geld macht noch keine gute Kulturpolitik. Es kommt auf die Ausgestaltung an.
Lassen Sie mich bitte bei der Kulturfinanzierung durch das Land Sachsen-Anhalt beginnen, bevor ich auf einige andere Komplexe der Großen Anfrage näher eingehe.
Trotz der Bemühungen zur Konsolidierung des Gesamthaushaltes konnte der Kulturhaushalt weitgehend an der 1%-Marge gehalten werden. Der finanzielle Spielraum des Landes zur Ausgestaltung der Kulturpolitik ist damit zwar nicht unermesslich hoch, aber ich denke - das zeigt auch die Große Anfrage -, dass viel geleistet worden ist.
Die Landesregierung unternahm große Anstrengungen, um beim Bund und bei der EU zusätzliche Fördermittel für den Ausbau der Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts einzuwerben.
Im so genannten Leuchtturmprogramm förderte der Bund im Jahr 2001 die Stiftung Luther-Gedenkstätten mit 1,5 Millionen DM, die Franckeschen Stiftungen mit 1,6 Millionen DM, das Bauhaus Dessau mit 3,6 Millionen DM, das Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit 2,5 Millionen DM.
Weitere Vorhaben wurden über das Programm „Kultur in den neuen Ländern“ gefördert. Das betrifft zum Beispiel folgende Vorhaben: Sanierung und Neugestaltung der Lutherhalle Wittenberg mit 5,2 Millionen DM, Ausbau und Sanierung der Kulturinsel Halle mit 2,7 Millionen DM, Baumaßnahmen am Köthener Schloss mit 1 Million DM.
Durch intensive Bemühungen der Landesregierung ist es gelungen, dass erstmals auch der Kulturbereich in Sachsen-Anhalt an dem europäischen Fonds EFRE partizipiert. In der laufenden Programmförderperiode, die sich über den Zeitraum von 2000 bis 2006 erstreckt, werden folgende Vorhaben über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung mitfinanziert: das Kulturinvestitionsprogramm, das kurz KIP genannt wird, und das Programm „EDV in Bibliotheken“.
Über das Kulturinvestitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 30,6 Millionen € werden vor allem Maßnahmen gefördert, die der wirtschaftlichen Infrastruktur im Kulturbereich und dem Kulturtourismus dienen. Für die Finanzierung werden aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung insgesamt 15,3 Millionen € bereitgestellt. Das betrifft Projekte wie zum Beispiel das Schloss Hundisburg mit 500 000 DM, Schloss Droyßig mit 264 000 DM und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit 800 000 DM.
Im Rahmen des Vorhabens „EDV in Bibliotheken“ wurden und werden mit EU-Mitteln die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur verbessert und Projekte gefördert, die der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Beschäftigten dienen.
Zweitens. Kulturelle Bildung. Ein Problem besteht zweifellos in der kulturell-ästhetischen Bildung an den Schulen - meine Vorredner haben das bereits angedeutet und in dem Fachlehrermangel in den Fächern Kunsterziehung und Musik. Natürlich ist diese Situation nicht zufrieden stellend. Mit diesen Problemen haben aber übrigens alle Bundesländer zu kämpfen.
Die Möglichkeit, qualifizierte Fachlehrer einzustellen, wird in Sachsen-Anhalt in vollem Umfang genutzt. Aber die Zahl derer, die das Studium des Lehramtes der Fächer Kunsterziehung und Musik aufnehmen, ist viel zu gering.
Daher ist es zu begrüßen, dass die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles Erdenkliche tut, um eine Verbesserung der fachgerechten Unterrichtsversorgung und der schulischen kulturästhetischen Bildung zu erreichen, angefangen bei Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die im Dienst befindlichen Lehrer über das Programm „Bildende Künstlerinnen und Künstler in Schulen“, im Jahr 2000 geschaffen, bis hin zur Einrichtung des Wahlpflichtkurses „Kultur und Künste“. Im Bereich der Förderung und Intensivierung außerschulischer kultureller Bildung ist besonders das Programm „Schule und Verein“ hervorzuheben.
Drittens. Bibliotheken. Öffentliche Bibliotheken sind eine wesentliche Voraussetzung, allen Bürgern den Zugang zum Wissen zu ermöglichen. Das Land Sachsen-Anhalt verfügt einschließlich der Zweigstellen über etwa 502 haupt- oder nebenamtlich geleitete Bibliotheken und nimmt im Vergleich der Bundesländer mit 5 276 Einwohnern pro Bibliothek den zweiten Platz ein. Der mediale Bestand konnte in den letzten Jahren weitestgehend vervollständigt werden.
Der Verband deutscher Bibliothekare forderte, dass die Internetinfrastruktur verbessert und in diese investiert werden muss. Die Landesregierung trägt dem Rechnung. Ich verweise auf das von EU und Land geförderte Bibliotheksrecherche- und -informationssystem BRISE.
Viertens. Musik. „Musikland Sachsen-Anhalt“ ist eine Bezeichnung, die der Realität entspricht und die für unser Land, die Hochburg mitteldeutscher Barockmusik, wirbt. Jedes Jahr findet eine Vielzahl regionaler und überregionaler Festspiele statt. Die Bach-Festtage in Köthen, die Telemann-Festtage in Magdeburg, die KurtWeill-Festtage in Dessau und die Händel-Festspiele in Halle sind nicht nur internationale Höhepunkte des Musiklebens, sondern auch wichtige weiche Standortfaktoren für unsere Wirtschaft.
Die Musiklandschaft unseres Landes lebt jedoch nicht nur von der so genannten Hochkultur. Genauso wichtig und zu würdigen ist die Arbeit der zahlreichen Vereine und Verbände der Laienmusik. Mit der Errichtung der Landesmusikakademie in Michaelstein wird auch der Bedeutung der Laienmusik Rechnung getragen.
Fünftens. Theater. Das Land Sachsen-Anhalt verfügt im Vergleich zu anderen Bundesländern über eine nahezu einzigartige Vielfalt an Theatern. Über 70 Millionen DM das sind nahezu 30 % des Kulturhaushaltes des Landes - wurden und werden pro Jahr den Theatern auf der Grundlage der Theaterverträge zur Verfügung gestellt.
Das Instrument der mehrjährigen vertraglichen Absicherung hat sich bewährt. Das geht auch immer wieder aus Gesprächen hervor, die wir mit den Intendanten der Theater führen. Die Theaterverträge zeigen die gemeinsam wahrgenommene Verantwortung von Trägern und Land für die Entwicklung der Theaterlandschaft des Landes.
Sechstens. Denkmalpflege und Denkmalschutz. Das Land Sachsen-Anhalt gehört mit seinen etwa 80 000 Baudenkmalen und etwa 100 000 archäologischen Denkmalen zu den denkmalreichsten neuen Bundesländern. Die Bedeutung dieses kulturellen Erbes für das Land Sachsen-Anhalt ist sicherlich unumstritten. Die Erhaltung und Pflege dieser Kulturdenkmäler fördert Arbeitsplätze vor allem im handwerklichen Bereich, erhöht die Attraktivität der Städte und fördert damit auch den Tourismus.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass diese bedeutenden Zeugen der Geschichte nicht unwiederbringlich zerstört werden. Deshalb ist Denkmalschutz wichtig und deshalb haben wir in Sachsen-Anhalt eines der besten Denkmalschutzgesetze. Ich denke, das soll auch so bleiben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der zu Ende gehenden Legislaturperiode wurde vieles erreicht und das Land Sachsen-Anhalt ist zweifellos schöner geworden. Es gibt aber auch noch viel zu tun, wofür wir Optimismus, Kreativität, Fantasie und neue Ideen benötigen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Zeidler. Ich erlaube mir den Hinweis, dass Sie es auf die Sekunde genau geschafft haben, Ihren Vortrag in der vorgesehenen Zeit zu beenden.
Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der Fraktion der FDVP. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Wiechmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor wenigen Wochen erreichte uns die sehr erfreuliche Erfolgsmeldung über die beeindruckenden Besucherzahlen der Ausstellung „Otto der Große - Magdeburg und Europa“. Viele Besucher äußerten sich fast enthusiastisch über diese Ausstellung und brachten ihre Bewunderung für die kluge und weise Regentschaft Ottos des Großen zum Ausdruck.
Meine Damen und Herren! Wie kläglich hingegen stellt sich die heutige Herrschaft der dieses Land Regierenden dar. Welch gewaltiger Abstieg - um es bildlich zu sagen - vollzog sich von der Regierungszeit Ottos des Großen bis zu den heutigen Regenten unter Reinhard dem beschränkt Regierenden bis hin zu Harms dem Blender, der sich diesen Namen heute wieder einmal verdient hat; wir haben es gehört. So zumindest - das Urteil stammt nicht von mir - lautete das Urteil, das Zuhörer einer Urania-Veranstaltung in Magdeburg über den Regenten Dr. Höppner fällten.
Die Strategie dieser Regierung geht aber schon lange nicht mehr auf. Sie behauptet, die Lage sei besser als die Stimmung im Land. Man darf sich als Regierungschef nicht wundern, wenn der genannte Beiname zustande kommt und zuerkannt wird.
Meine Damen und Herren! Die vorliegende Große Anfrage der CDU und die Antwort der Landesregierung darauf entsprechen passgenau der Stimmung in diesem Land. Auf detaillierte Fragestellungen erfolgen dort detaillierte Antworten, wo es nicht weh tut; aber immer dann, wenn die Schwachpunkte der Landespolitik und damit der Kulturpolitik berührt werden, schweift man ab und findet beschönigende Umschreibungen. Das sind wir aber schon gewöhnt.
Natürlich klingt es nicht schön, meine Damen und Herren, aber es ist Realität, dass das Land Sachsen-Anhalt seit mehr als sechs Jahren das Schlusslicht im Vergleich aller Bundesländer in allen Bereichen - da kann man, glaube ich, fast keinen ausnehmen - bildet und die höchste Arbeitslosigkeit zu verzeichnen hat.
Wie prosaisch klingt dagegen die Antwort der Landesregierung auf Seite 63, die die Arbeitslosigkeit als Möglichkeit beschreibt, dass für viele Menschen mit gezwungenermaßen - ich zitiere - „erwerbsfreier Zeit die freiwillige Arbeit im kulturellen Bereich durchaus als Qualifizierung für eine weitere Berufstätigkeit genutzt werden kann.“
Man fragt sich, meine Damen und Herren, ob das blanke Frechheit oder ob das purer Zynismus ist, aus dem eine solche Formulierung hervorgeht.
Wenn dennoch, meine Damen und Herren, die Kulturlandschaft in Sachsen-Anhalt trotz einer verfehlten Landespolitik durchaus Erfolge vorweisen kann, dann ist das vor allem jenen Menschen zu verdanken, die sich trotz der Kulturpolitik dieser Regierung unermüdlich engagieren und die sich trotz fehlender materieller und auch finanzieller Unterstützung und fehlender persönlicher Anerkennung dagegen wehren, die Kulturlandschaft des Landes weiter bergab gehen zu lassen. Deshalb gebührt all jenen Menschen unser Dank, die sich in Vereinen, Verbänden und Institutionen uneigennützig für das Ge
meinwohl einsetzen, seien das die Mitstreiter im Landesmusikrat, der Musikschulen, im Landesheimatbund oder in den regionalen Heimatverbänden. Die Liste der zu benennenden Menschen ist weitaus größer.
Doch bei der Existenz von Vereinen und Verbänden geht es oft um Beträge, die angesichts der Verschwendung und protzigen Skandale um Dienstwagen und „Möwe“ fast lächerlich erscheinen, die letztendlich aber über Wohl und Wehe von Vereinen, Einrichtungen und Verbänden entscheiden.
Es ist erstaunlich und gut, dass im Ausschuss für Kultur und Medien dennoch auch parteiübergreifende Gemeinsamkeiten nach den Beratungen gegeben waren, die auch den Vereinen, Verbänden und Kulturschaffenden den Eindruck vermitteln, dass sich das Parlament dieser Probleme doch wenigstens annimmt. Die von unserer Fraktion der FDVP initiierte Selbstbefassung zum Kultursponsoring oder die gemeinsam mit der CDU ausgelöste Diskussion zur Literaturlandschaft war von dem erfolgreichen Bemühen geprägt, im Interesse der Kulturlandschaft nicht nur zu diskutieren, sondern auch entsprechende Beschlüsse auszulösen.
Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der PisaStudie ergeben natürlich auch, - so die drastischen Urteile - dass die allgemeine Verblödung durch die Medien nicht der Landesregierung angelastet werden kann, vorausgesetzt natürlich, sie selbst entzieht sich diesen Tendenzen in unserer so genannten Spaßgesellschaft. Aber die Landesregierung kann dieser Tendenz durchaus begegnen, wenn sie eine entsprechende kulturelle Bildung fördert. Doch da liegt nicht nur vieles noch im Argen, sondern selbst das wenige wird noch abgebaut.
Wenn einerseits die Landesregierung das musische Klima an den Schulen als unumgänglich, als notwendig kennzeichnet, andererseits der Unterrichtsausfall aber gerade in diesen Fächern hoch ist und auch hingenommen wird, so ist zugleich der Fakt ernüchternd, dass der Anteil fachfremd erteilten Unterrichts in den Fächern Musik und Kunsterziehung nur geringfügig vermindert wurde.
Auch wenn die Landesregierung die Absicht äußert, interessierte Absolventen von Kunst- und Musikschulen nach einer pädagogischen Schnellbesohlung einzustellen, gleicht das wieder dem berüchtigten Aktionismus dieser Landesregierung. Absolventen von Musikhochschulen wird es wohl eher mit Kulturbeutel und Geigenkasten nach Bayreuth als in die Altmark ziehen, obwohl natürlich die Altmark sehr reizvoll ist. Bayreuth soll hier nur als Symbol für die allgemeine Abwanderung der Jugend und der Ausgebildeten in die westlichen Bundesländer stehen.
Ein ähnliches Problem zeigt sich natürlich auch bei den öffentlichen Bibliotheken. Wenn in einem Drittel der Verwaltungsgemeinschaften und bei rund einem Fünftel der Grundschulstandorte die bibliotheksmäßige Grundversorgung nicht oder nicht in der erforderlichen Qualität abgesichert ist, so ist das ein hartes Urteil und ein Armutszeugnis für dieses Land Sachsen-Anhalt. So werden die Antworten der Landesregierung zur Leseförderung faktisch ad absurdum geführt und auch unglaubwürdig.
Meine Damen und Herren! Wir freuen uns natürlich von ganzem Herzen - auch ich persönlich, da ich in dieser Region geboren und aufgewachsen bin -, dass das Dessau-Wörlitzer Gartenreich in die Weltkulturerbeliste der Unesco aufgenommen wurde; aber all das tröstet
nicht darüber hinweg, dass diese Landesregierung die Verantwortung dafür trägt, dass das Land SachsenAnhalt auf der Negativliste rot-roter Kungelherrschaft an vorderster Stelle rangiert.