Dazu muss man sagen, dass es sich lediglich um wenige Fälle handelt. Man muss bei einer so schwerwiegenden Einschränkung eines Grundrechts, ohne dass eine entsprechende strafrichterliche Entscheidung getroffen worden ist, im Interesse der nicht mehr als Straftäter geltenden Person - es handelt sich um einen potenziellen Straftäter, von dem man nicht wissen kann, ob er erneut eine Straftat begehen wird - die Sorgfalt und die Kontrolle aller Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, anwenden.
Ich denke, Herr Becker, eine Frist von sechs Monaten ist allein der Praxis geschuldet. Wenn Sie darüber nachdenken, wie lange ein Gutachter und ein zweiter Gutachter - es müssen auch externe Gutachter herangezogen werden - für die Erstellung eines Gutachtens brauchen, und wenn Sie sich vergegenwärtigen, wie viele Spezialgutachter wir für diesen Bereich haben, dann kommen Sie zu dem Schluss, dass eine Frist von sechs Monaten die Mindestfrist ist, innerhalb deren die Praxis überhaupt in die Lage versetzt werden kann, eine Prognose für die Zukunft abzugeben.
Ich halte diese Frist von sechs Monaten für einen praktikablen Mindestzeitraum, der auch angemessen ist. Wir müssen abwarten, auf welche Frist wir uns im Ausschuss verständigen.
Ich halte es für unabdingbar, dass beide Gesetzentwürfe in den Ausschuss für Recht und Verfassung und vielleicht auch in den Innenausschuss überwiesen und angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei immerhin um Polizei- und Ordnungsrecht handelt, dort sorgsam beraten werden. Ich bitte jedoch darum, dass nicht so sorgsam zu vollziehen, dass wir möglicherweise einen Fall zu beklagen haben werden, den ich nicht vertreten möchte. Ich denke, alle Probleme sind dargelegt.
Meine Damen und Herren! Wenn es so einfach wäre, hätten sicherlich die Landesregierungen aller anderen Bundesländer längst zu diesem Instrument gegriffen. Die Abgeordneten des Bayerischen Landtages haben ein solches Gesetz in der letzten Woche verabschiedet. Ich habe diesbezüglich in ständigem Kontakt mit meinen Kollegen gestanden. Das gilt auch für die Kollegen von der CDU, die sich wie ich schwer tun mit der Verletzung von Grundrechten, für deren Rechtfertigung wir keine realen Grundlagen haben.
Die Hessen haben mir in der vorletzten Woche gesagt, dass sie, wenn der Landtag von Sachsen-Anhalt ein solches Gesetz mehrheitlich beschließt, den Mut haben werden, einen entsprechenden Gesetzentwurf, der bereits seit Monaten in der Schublade liegt, ebenfalls in den Landtag einzubringen. - Das Bundesland Hessen wird bekanntermaßen allein von der CDU regiert.
Die tun sich mit einem solchen Gesetzesvorhaben genauso schwer wie wir. Das zeigt letztlich auch, wie schwierig es ist, hierzu eine Regelung zu finden. Ich möchte darum bitten, die Augen nicht davor zu verschließen, dass man aufgrund des Gesetzes möglicherweise einen Unschuldigen über einen langen Zeitraum hinweg seiner Freiheit beraubt.
Frau Ministerin, möchten Sie zwei Fragen beantworten? Diese kommen von den Abgeordneten Herrn Gallert und Frau Krause. - Herr Gallert, bevor ich Ihnen das Wort für Ihre Frage erteile, begrüße ich in diesem Hause Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Calvörde. Herzlich willkommen!
Frau Schubert, ich möchte mich erst einmal dafür bedanken, dass Sie eine gewisse Nachdenklichkeit in die Diskussion haben einfließen lassen. Ich hätte mir das auch von dem Vertreter der SPD-Fraktion gewünscht, der das Thema meiner Meinung nach polemisch überzogen hat.
Ich habe eine Frage zu einer zentralen Aussage, die Sie gemacht haben. Sie haben gesagt: Es geht auch darum, die Gesellschaft vor potenziellen Straftätern zu schützen. Sie haben dann darauf hingewiesen, wie schwierig das ist. Man muss nämlich entscheiden, ob eine Person ein potenzieller Wiederholungstäter ist oder nicht.
Ich frage Sie - zugegebenermaßen als Laie -: Was wird mit Mördern, Totschlägern oder Straftätern, die Delikte wie organisierte Kriminalität oder schweren Raub begangen und ihre Strafe verbüßt haben, bei denen genau dasselbe Problem wie bei den Sexualstraftätern besteht?
Insbesondere bei den Mördern besteht in der Regel nicht die gleiche Gefährlichkeit, zum Wiederholungsstraftäter zu werden, weil die Mordsituation meistens eine besondere Situation ist, die recht selten wieder in der gleichen Konstellation auftritt. Aber wenn von diesen Tätergruppen eine entsprechende Gefahr ausgeht, dass sie wiederum zu Straftätern werden, und wenn das gutachterlich bescheinigt wird, werden selbstverständlich auch diese Tätergruppen in nachträgliche Sicherungsverwahrung genommen werden können.
Bei diesen Tätern ist es in der Regel so, dass aufgrund des Tatvorlaufs oder der Vortaten, die sie begangen haben und die rechtskräftig festgestellt worden sind, eine nachträgliche Sicherungsverwahrung schon im Strafurteil angeordnet wird. Das Gesetz ist also nicht auf Sexualstraftäter begrenzt, sondern bezieht sich auf alle Täter, von denen eine schwere Gefährdung für die Öffentlichkeit ausgeht.
Deswegen war mein Vorschlag an die Bundesregierung, dass man in allen Zweifelsfällen - es gibt zum Zeitpunkt der Urteilsfindung viele Zweifelsfälle - den richterlichen Vorbehalt der entscheidenden Strafkammer aufnehmen
sollte, dass dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass nach voll verbüßter Strafe die Gefährdung weiterhin andauert und zu schweren Straftaten führen kann, und wenn das gutachterlich entsprechend festgestellt worden ist, die nachträgliche Sicherungsverwahrung zu verhängen ist. Das wäre die sauberste Lösung und strafrechtlich sicherlich auch diejenige, bei der man keine Bauchschmerzen bekommen müsste.
Die Strafvollstreckungskammer müsste sich dann natürlich mit dem gesamten Repertoire der Straftaten, die der entsprechende Täter begangen hat, noch einmal auseinander setzen. Das nimmt auch den geforderten Zeitraum in Anspruch. Letztlich sind sechs Monate für die Praxis zu knapp; aber für die Grundrechtsabwägung, bei der es darum geht, jemanden nicht unnötig seiner Freiheit zu berauben, ohne dass die Gründe wirklich so schwerwiegend sind, dass man gar nicht umhinkommt, so zu handeln, ist dieser Zeitraum erforderlich. Insofern ist mir diese Frist für eine ständige Beschäftigung der Gutachter lieber, als jemanden möglicherweise ungerechtfertigt in Haft zu lassen.
Frau Ministerin, ich bekenne, dass ich, obwohl ich kein Jurist bin, bei dieser Problematik auch sehr zwiespältige Gefühle habe und mich bei meiner Entscheidungsfindung überhaupt noch nicht festgelegt habe.
Sie haben gesagt, die im SPD-Entwurf genannten sechs Monate seien die Mindestfrist für die Prognose. Mich würde Folgendes interessieren: Soll in diesen angedachten sechs Monaten der Verlängerung nur die Prognose erstellt werden, oder ist angedacht, mit dem Verurteilten auch zu arbeiten? Wie sehen Sie die Chance und die Möglichkeit, nach sechs Monaten, wenn in diesen sechs Monaten nichts anderes passiert als nur Prognose und Gutachten, überhaupt zu einer realistischen Einschätzung hinsichtlich des Gefährdungspotenzials zu kommen? Ergibt sich daraus nicht eventuell automatisch die Gefahr der ständigen Verlängerung?
Frau Krause, wir haben die sechs Monate auch deswegen gewählt, weil wir glauben, dass eine solche Frist bei einer Therapieunwilligkeit des Täters oder bei mangelnder Einsichtsfähigkeit in die Notwendigkeit einer Therapie eventuell eher geeignet ist, ihn in die Therapie einwilligen zu lassen, weil er ganz genau weiß, wenn er es nicht tut, ist dies ein Indiz für seine fortbestehende Gefährlichkeit. Er weiß ganz genau, dass anschließend automatisch wiederum sechs Monate verhängt werden. Wir hatten also den Gedanken im Hinterkopf, dass man mit dieser ständigen Drohung der Verlängerung der Frist eventuell auch die notwendige Einsichtsfähigkeit erreichen kann.
Selbstverständlich kann auch ein Sicherungsverwahrter nicht sich selbst überlassen werden; denn sonst würden wir jeden Resozialisierungsgesichtspunkt außer Acht lassen. Wenn wir dem Täter eine Chance geben wollen sonst brauchten wir gar keine Befristung ins Gesetz zu schreiben, sondern könnten den Täter von vornherein lebenslang wegsperren -, müssen wir ihn therapieren.
Danke, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren! Wünscht nach der Frau Ministerin noch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren. Es ist gefordert worden, alle drei Drucksachen in die Ausschüsse für Recht und Verfassung und für Inneres zu überweisen. Federführend soll der Ausschuss für Recht und Verfassung beraten. Da es möglicherweise ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten gibt, lasse ich getrennt abstimmen.
Abstimmung über die Drs. 3/5151, Gesetzentwurf der Fraktion der CDU. Wer stimmt der Überweisung in die genannten Ausschüsse zu? - Gegenstimmen? - Ich sehe keine. Stimmenthaltungen? - Bei Enthaltungen der PDSFraktion ist die Überweisung beschlossen.
Abstimmung über die Drs. 3/5167, Gesetzentwurf der Fraktion der SPD. Wer stimmt der Überweisung zu? Gegenstimmen? - Drei Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Enthaltungen der PDS-Fraktion. Damit ist der Überweisung zugestimmt worden.
Abstimmung über die Drs. 3/5153. Auch in diesem Falle ist die Überweisung beantragt worden. Wer stimmt zu? Gegenstimmen? - Drei Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Einige Enthaltungen. Damit ist auch in diesem Fall die Überweisung beschlossen worden. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 6 abgeschlossen.
Aufbau eines Nothilfefonds zur Kompensation witterungsbedingter Schäden in der Land- und Forstwirtschaft
Die erste Beratung fand in der 41. Sitzung des Landtages am 23. Juni 2000 statt. Als Berichterstatter bitte ich den Abgeordneten Herrn Sommerfeld das Wort zu nehmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der PDS in der Drs. 3/3249 wurde in der 41. Sitzung des Landtages am 23. Juni 2000 in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen. Dieser hat sich erstmals in der 28. Sitzung am 31. August 2000 mit dieser Problematik befasst. In dieser Sitzung wurde dem Ausschuss vom Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt gemäß Punkt 1 des Antrages über die Ergebnisse der zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Ermittlungen zu den Ernteschäden und über die bis dahin ergriffenen Maßnahmen berichtet.
Der Ausschuss hat seit der Überweisung des Antrages weitere Berichte der Landesregierung entgegennehmen können. So wurde er in der 30. Sitzung am 5. Oktober 2000 darüber informiert, dass sich die Konferenz der
Agrarminister der neuen Bundesländer mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium über Hilfsmaßnahmen für Ernteschäden, die aufgrund von Witterungsbedingungen entstanden sind, verständigen wird.
Nähere Angaben über die Hilfsmaßnahmen hat der Ausschuss in der 33. Sitzung am 8. Dezember vergangenen Jahres erhalten. In diesem Zusammenhang wurde von der antragstellenden Fraktion das inzwischen angelaufene Antragsverfahren für die Hilfsmaßnahmen kritisiert. Weiterhin hat der Ausschuss einen Bericht über die allgemeine Erntesituation sowie über das Ausmaß der Existenzgefährdung von landwirtschaftlichen Betrieben erhalten.
Einen Bericht über die Trockenschäden in SachsenAnhalt im Jahr 2000 konnte der Ausschuss in der 34. Sitzung am 11. Januar 2001 entgegennehmen. Dabei kam auch die Problematik der Ernteausfallversicherung zur Sprache. Angesichts stark zunehmender Extreme bei den Witterungsverläufen muss das Thema Versicherung von landwirtschaftlichen Risiken immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dieser Meinung ist auch der Ausschuss. Eine abgewogene Meinungsbildung lag der Agrarministerkonferenz zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht vor.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat den genannten Antrag in der 46. Sitzung am 22. November dieses Jahres letztmalig aufgerufen. In dieser Sitzung wurde von der Landesregierung mitgeteilt, dass die Frage der Mehrgefahrenversicherung von den Agrarministern beraten wurde. Es sei erkannt worden, dass lediglich nationale Versicherungssysteme vorgegeben werden könnten und aufgrund europäischer Vorbehalte kein Alleingang der Länder möglich sei. Die von der Fraktion der PDS vorgeschlagene Einrichtung eines Nothilfefonds sei deshalb nicht möglich. Das Thema - so wurde dem Ausschuss mitgeteilt - solle aber weiterverfolgt werden.
Der Ausschuss befürwortet dies; denn er sieht nach wir vor die Notwendigkeit, dass witterungsbedingte Katastrophenschäden finanziell abgefedert werden. Diese Problematik kann aber derzeit nicht mit der Argumentation im Hinblick auf den Nothilfefonds verknüpft werden.
Der vorliegende Antrag der Fraktion der PDS wurde mit 7 : 1 : 1 Stimmen für erledigt erklärt, weil eine Berichterstattung der Landesregierung, wie unter Punkt 1 gefordert, bereits mehrfach erfolgte und die Einrichtung eines Nothilfefonds, wie bereits geschildert, nicht möglich ist.
Danke schön für die Berichterstattung, Kollege Sommerfeld. - Meine Damen und Herren! Wiederum können wir Schülerinnen und Schüler begrüßen. Sie kommen vom Gymnasium am Malzmühlenfeld in Schönebeck. Herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren! Es ist vereinbart worden, zu diesem Thema keine Debatte zu führen. Wünscht trotzdem jemand das Wort? - Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussemp