Zweitens. Ich kann nicht für mich in Anspruch nehmen, dass ich draußen für Chaos sorge. Ich sorge für Information.
Zu Ihrer ersten Frage: Es ist richtig, was Sie über die Anhörung gesagt haben; aber ich mache mir auch nicht jedes Anhörungsergebnis zu Eigen. Dafür habe ich hier politische Verantwortung; das sehe ich nun einmal anders. Sie haben aber völlig Recht mit dem, was Sie zu dem Ergebnis der Anhörung gesagt haben.
Herr Kollege Becker, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie im Falle einer eigenen Mehrheit und Regierungsübernahme alle diese Gesetze komplett wieder zurückzunehmen beabsichtigen?
Ich nenne Ihnen einige Beispiele für sehr vernünftige Regelungen. Im Ersten Vorschaltgesetz steht zum Beispiel etwas, was die CDU im Jahr 1993 eingeführt hat, nämlich dass man bei Gemeindezusammenschlüssen kein Bürgerbegehren braucht. Das ist von Herrn Engel, von den Grünen damals, im Jahr 1996, in Freyburg eingeführt worden. Diese Regelung hat das Erste Vorschaltgesetz wieder herausgenommen. Warum sollte man das zurücknehmen? Oder warum sollte man kreisübergreifende Zusammenschlüsse zurücknehmen?
Es gibt auch vernünftige Dinge. Ich spreche Ihnen doch nicht ab, insbesondere nicht meinem Freund, dem Herrn Innenminister, dass darin auch gute Dinge enthalten sind.
Aber die wesentlichen Dinge, Herr Dr. Fikentscher, - dafür stehen wir - die müssen weg, zum Beispiel die Verbandsgemeinde. Auch dafür ließe sich ein Weg finden. Warum sollte man das nicht alternativ einführen, wie wir es verlangt haben? Warum denn eigentlich nicht?
Ich frage deshalb, weil nach meiner Kenntnis die Worte „alles“ oder „gänzlich“ im Lateinischen so viel wie „total“ bedeuten.
„Wir werden unsere Reform an unseren Interessen ausrichten.“ Herr Becker, diese Aussage macht mich sehr nachdenklich. Ich denke, dass wir im Landtag gemeinsam angetreten sind -
Wir sind gemeinsam angetreten und haben gesagt, dass wir eine Funktional-, Verwaltungs- und kommunale Gebietsreform gestalten wollen. Wir alle, die wir hier sitzen, bekommen das Geld von diesem Land. Deshalb haben wir die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass am Ende ein ordentliches Konzept für alle dabei herauskommt.
Wenn man sich heute ans Rednerpult stellt, Herr Becker, und sagt, man will alles zurückdrehen und seine Reform durchsetzen, dann bezweifle ich, dass das im Interesse des gesamten Landes ist.
Verehrte Präsidentin, Entschuldigung, dass ich Sie nicht zu Beginn meiner Rede angesprochen habe. Aber Herr Becker hat mich schon wieder auf Hochtouren gebracht.
Das Dritte Vorschaltgesetz als Modellbeschreibung der Zusammenarbeit auf der unteren kommunalen Ebene diskutieren wir heute abschließend. Vom Referentenentwurf im März bis zur Ausformulierung des Beschlusstextes haben zahlreiche Beratungen stattgefunden, die sowohl inhaltlich als auch formal den ursprünglichen Referentenentwurf qualifizierten.
Mit der Verabschiedung schaffen wir für die Gemeinden unseres Landes die Möglichkeit, das Modell zu wählen, das für ihre konkrete Situation vor Ort das günstigste ist. Unstrittig war von Anfang an, dass eine Aufgabenübertragung zur Erfüllung in beiden Modellen gesetzlich geregelt wird.
Der heutige Zeitpunkt der Verabschiedung, der ein erklärtes politisches Ziel von SPD und PDS war und ist, versetzt die Gemeinden in die Lage, sich in der freiwilligen Phase, welche für beide Modelle besteht, untereinander und miteinander zu vereinen. Mitgliedsgemeinden
von Verbandsgemeinden haben nach wie vor Satzungsund Haushaltsrecht und sind nach dem Gesetz gleichrangige kreisangehörige Gemeinden, wie die Einheitsgemeinde und die Verbandsgemeinde.
Gesetzlich festgeschriebene Aufgaben werden gemeinschaftlich wahrgenommen, da sie zukünftig auch nur noch in der Gemeinschaft wahrgenommen werden können.
Der Städte- und Gemeindebund bat im März bei der Herausgabe des Referentenentwurfs um einen Beratungszeitraum von zwei Monaten, um allen Mitgliedern im Land die Möglichkeit zur Meinungsäußerung einzuräumen. Nach der Einschätzung von Herrn Dr. Kregel sind mehr als 500 Zuschriften zum Entwurf eingegangen, die in der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes aufgegriffen worden sind.
Die Vertreter der PDS-Fraktion und der SPD-Fraktion im zeitweiligen Ausschuss und im Innenausschuss haben weder im „Schweinsgalopp“ noch in der Art des „Durchpeitschens“ Änderungsanträge in die Beratung eingebracht, so wie es in zahlreichen Medienbeiträgen von CDU-Vertretern geäußert wurde.
Ich darf daran erinnern, dass bereits bei der Verabschiedung des Zweiten Vorschaltgesetzes die Forderung der PDS-Fraktion bestand, die Modellbeschreibung „qualifizierte Verwaltungsgemeinschaft“ im Gesetz vorzunehmen. Dafür habe ich mich schon im Juni und im Frühjahr dieses Jahres hier ausgesprochen.
Gravierende Änderungen zum Referentenentwurf wurden eingebracht. Herr Becker schreibt sich das jetzt auf seine Fahnen: Die Feuerwehren und ihre Aufgaben bleiben in der Gemeinde.
- Hören Sie auf! - Es gibt keinen Antrag zum Widerspruchsrecht in der Verwaltungsgemeinschaft und in der Verbandsgemeinde. Eigentum, zum Beispiel Kindertagesstätten und Grundschulen, gehen bei nicht mehr zweckbestimmter Nutzung auf Verlangen - das war der Vorschlag von Herrn Jeziorsky - an die Mitgliedsgemeinden oder an die Ortschaften zurück. Die Einführung des Ortschaftsrechtes wurde als Kannbestimmung festgeschrieben.
Der Termin Oktober 2002 als verbindlicher Zeitpunkt für die Modellwahl beider Formen auf der unteren kommunalen Ebene ist sinnvoll und auch machbar. Für all jene, die eine Reform nicht wollen und die vor Ort alles zerreden, ist der Zeitraum natürlich knapp.
Da ich gelernt habe, dass man das Positive bei Ausführungen immer voranstellt, bevor man in die Kritik einsteigt, äußere ich mich zum Gesetzentwurf der CDU erst an zweiter Stelle.
Der von der CDU eingebrachte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften kann von der PDS-Fraktion nicht mitgetragen werden. Die Aufgabenübertragung auf eine höhere Ebene ohne ein demokratisch legitimiertes Organ, welches Gestaltungseinfluss gegenüber der Verwaltung hat, ist nicht umsetzbar. Dies wurde bereits im Zweiten Vorschaltgesetz festgeschrieben. Ich erinnere daran, dass es im Mai veröffentlicht wurde.
Dieser Tage erreichte mich in meiner Funktion als Bürgermeisterin ein Serienbrief vom Landtagsabgeordneten Herrn Becker.