Protocol of the Session on September 14, 2001

Frage: Wie soll der Gast von Sehenswürdigkeiten angelockt werden, wenn es keine Hinweise dazu gibt und es dem Zufall überlassen ist, dass er sie findet?

Unter den Verkehrsteilnehmern ist ein echtes Informationsbedürfnis vorhanden. Mir liegt eine Liste mit 338 kulturhistorisch bedeutenden Objekten vor. Natürlich soll kein Schilderwald entstehen. Mithilfe eines einheitlichen Leitsystems haben Land und Kreis, Stadt und Gemeinde sogar bessere Möglichkeiten, gewerbliche Werbewildwüchse zu vermeiden. Die Schilder müssen zweckmäßig sein und dem Verkehrssicherheits- und dem Verkehrslenkungsbedürfnis entsprechen.

Skeptikern, die meinen, der Verkehrsteilnehmer wäre zu stark abgelenkt, will ich nur entgegenhalten, von den

Plakaten, vor allem in den Innenstädten, geht eine größere Gefahr aus. Ich denke dabei an manche überlebensgroße, nur spärlich bekleidete junge Damen, die von den Plakatwänden locken und so einige Autofahrer beeindrucken.

Bei der Entwicklung des Leitsystems sind Prioritäten zu setzen. Das zurzeit diskutierte Marketingkonzept und das touristische Leitsystem müssen eine Einheit bilden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Andere Länder sind uns voraus. So fiel mir vor zwei Jahren in Norwegen die gute touristische Ausschilderung auf. Der Reisende wird über unterschiedlich benannte Routen mit Symbolen durch das Land geleitet. Zusätzlich gibt es Piktogramme, die auf Sehenswürdigkeiten an dieser Strecke hinweisen.

Dieses Piktogramm verwenden Schweden und Dänen ebenfalls. Auf Anfrage teilten die drei königlichen Botschaften mit, dass es sich um ein altes Symbol, Rose oder Kreuz, handele. Es sei im Jahr 1965 von der Straßenkommission in Kopenhagen für die fünf nordischen Länder beschlossen worden und gelte auch in Finnland und Island als offizielles Straßenschild.

In meinem alten jugendlichen Leichtsinn war ich der Meinung, man müsse es im Rahmen der Europäisierung in Deutschland oder wenigstens als Pilotprojekt in Sachsen-Anhalt übernehmen. Gespräche mit den damaligen zuständigen Ministern verliefen im Sand; das Bundeswirtschaftsministerium verwies darauf, dass das erst einmal Ländersache sei.

Des Weiteren trug ich mein Anliegen im Fachausschuss Tourismus der SPD-Fraktion im Bundestag vor. Dieser stellte im Frühjahr dieses Jahres dem Bundestag sein Programm zur Stärkung des Tourismus in Deutschland vor. Darin heißt es auf meine Anregung hin - ich zitiere -:

„Zur gezielten Förderung des Deutschland-Tourismus soll die Bundesregierung mit den Bundesländern die Erlaubnis erwirken, an Autobahnen und Bundesstraßen, insbesondere auf den Rastplätzen, sowie auf allen größeren Bahnhöfen auf herausragende touristische Ziele hinzuweisen.“

Unser Verkehrsminister hat mir bezüglich der angeregten Ausschilderung an und auf Bahnhöfen mitgeteilt - ich zitiere :

„Zu der Gesamtkonzeption eines attraktiven Schienennahverkehrs gehört natürlich die Verschönerung und benutzergerechte Informationsdarbietung an und im Umfeld der Bahnhöfe. Im Auftrag des Landes fördert die Nasa im Rahmen des Schnittstellenprogrammes die Aufstellung von Hinweisschildern. Die Belegung dieser Schilder mit touristischen Hinweisen ist möglich. Die Nasa wurde vom Minister gebeten, bei den Gesprächen mit den Vorhabenträgern Ihre Hinweise aufzugreifen.“

Das ist ein kleiner Schritt auf dem großen Weg zum Ziel. Wie ich am Wochenende erfahren habe, wird es am 10. Oktober 2001 im Bundestag eine Anhörung mit dem Ziel einer einheitlichen und konsequenten Beschilderung auf Autobahnen zu Regionen eine Anhörung geben. Die Beschilderung soll sich jeweils möglichst auf ein touristisches Ziel konzentrieren. Diese Beschilderung soll bis zur Destination nicht abbrechen.

Der ADAC, mit dem ich Kontakt hatte, wird eine Projektskizze erarbeiten. Umso wichtiger ist es, dass wir diesen Sogeffekt nutzen und uns dort mit einordnen.

In England, Schottland und Frankreich gibt es ebenfalls ein sehr gutes touristisches Leitsystem, das neben dem Namen des Ziels stets ein für den Autofahrer sofort erfassbares Piktogramm beinhaltet. Letzteres ist vor dem Hintergrund wichtig, dass Kraftfahrer es schneller erfassen und wir einen Anstieg der Zahl an ausländischen Gästen in Höhe von 10 % haben.

Diese Verkehrszeichen sind vergleichbar mit der vom Bundesministerium für Verkehr im Jahr 1988 herausgegebenen Richtlinie für touristische Hinweise an Straßen. Diese Richtlinie beinhaltet erstens Regelungen im Hinblick auf Hinweiszeichen im Nahbereich touristisch bedeutsamer Ziele, zweitens Regelungen für die Kennzeichnung von Touristikstraßen außerhalb der Autobahnen und drittens Regelungen für das Aufstellen von Unterrichtungstafeln über Landschaften und Sehenswürdigkeiten entlang der Autobahnen und natürlich auch Ausführungsbestimmungen.

Werte Abgeordnete! Mehrmals haben mich Landräte sowie touristische Regionalverbände und Vertreter der Wirtschaft bei Besuchen vor Ort darauf aufmerksam gemacht, dass die genannten Richtlinien nicht ausreichend sind und Handlungsbedarf besteht. Genehmigungen der zuständigen Behörden waren oft nur nach längerer Diskussion zu bekommen. Besonders gut ist es übrigens im Kreis Wernigerode gelaufen.

Mit dem zu erarbeitenden Konzept soll den Behörden ein Instrument zur Genehmigung der Aufstellung von Hinweisen und Hinweiszeichen im Nahbereich touristisch bedeutsamer Ziele und von Schildern zur Unterrichtung der Verkehrsteilnehmer über Landschaften und kulturell bedeutsame Sehenswürdigkeiten in die Hand gegeben werden.

Die Interessenkonflikte zwischen beantragenden Kommunen bzw. touristischen Anbietern werden ausgeräumt. Übermäßige Bürokratie ist abzubauen. Das Informationsbedürfnis der Reisenden ist vorhanden. Zu berücksichtigen ist, dass größtenteils Tourismusregionen, das heißt naturräumliche und touristische Einheiten, und nicht das Bundesland besucht wird. Die Dübener Heide, der Fläming, die Weinregion Saale-Unstrut und natürlich der Harz vermarkten sich nur grenzübergreifend. Auch das ist zu berücksichtigen.

Grundlage dafür - das erwähnte ich gestern bereits - ist der im Januar dieses Jahres abgeschlossene Vertrag der Wirtschaftsminister. Dabei ist zu prüfen, inwieweit er auf die Ausschilderung an Radwegen übertragen werden kann. Die Ministerien für Wirtschaft und Technologie, für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie das Kultusministerium müssen in Abstimmung mit der Landesmarketinggesellschaft, dem Landestourismusverband und den Regionalverbänden tätig sein.

Ein touristisches Leitsystem wird die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes stärken. Das Land hat Sehenswertes zu bieten. Und das erhöht die Verweildauer. Einzelne Bausteine werden besser miteinander vernetzt. Das erhöht die Effizienz. Der im Moment vorhandene Flickenteppich ist für die Wirtschaft nicht förderlich.

Der LTV und die LMG haben mir schriftlich mitgeteilt, dass ein solches System einerseits die Qualität des Angebotes deutlich erhöhen würde; andererseits - das belegen Erfahrungswerte ebenso wie empirische Unter

suchungen - erhöhen solche Systeme die Verweildauer bzw. die Übernachtungszahlen in den Zielgebieten, was von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht ist. Sie begrüßen diese Initiative in vollem Maße, unterstützen sie und werden sich bei der Umsetzung aktiv einbringen.

Ich bitte Sie daher, meinem Antrag zuzustimmen. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Danke sehr. - Für die Landesregierung spricht Ministerin Frau Budde. Bitte, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schade, dass dieses Thema nur noch so wenige Mitglieder des Landtages interessiert, obwohl die Sitzung bis abends geplant war. Ich bedauere das deshalb, weil ich dieses Thema wirklich für wichtig halte. Ich nehme gern die Anregung aus dem Antrag auf und werde federführend an der Erarbeitung eines Konzeptes für ein touristisches Leitsystem mitwirken.

Wir haben gestern über die Wirtschaftsbranche Tourismus als wichtigen Wirtschaftsfaktor gesprochen und darüber, in wie vielfacher Weise sich Investitionen in diese Branche auszahlen. Ich glaube, ich brauche das nicht noch einmal zu wiederholen. Es ist umso wichtiger, dass wir das, was wir zu vermarkten und zu verkaufen haben, angemessen sichtbar machen.

Wenn ein entsprechendes touristisches Leitsystem und ein professionelles Marketing zusammenkommen, führt dies zu einer Qualitätsverbesserung dessen, was wir für den Tourismus zu bieten haben, und zwar in der Vermarktung sowohl nach innen wie nach außen.

Es ist nicht so, dass es im Land noch gar nichts Derartiges gibt. Frau Kachel hat darauf hingewiesen. Es gibt schon verschiedene Ausschilderungen, zum Beispiel fachbezogen bzw. straßenbezogen, wie bei der Straße der Romanik, sowohl straßenbegleitend als auch in den Orten, an den Objekten selbst.

Es ist klar, dass ein Beschilderungssystem wie das der Straße der Romanik, das schon sehr lange existiert, natürlich immer wieder ergänzungs- und überholungsbedürftig ist. Auch darauf dürfen wir nicht verzichten, darauf müssen wir achten, wenn dies als landesweites System erweitert werden soll.

Bei den beiden Markensäulen „Blaues Band“ und „Gartenträume“ haben wir geplant, ebenfalls eine einheitliche charakteristische Hinweisschildersystematik aufzubauen, nicht so ausgedehnt, wie es bei der Straße der Romanik der Fall ist, weil es ja regional eingegrenzt ist, aber eben doch schon überregional. Es gibt darüber hinaus die braunen Hinweisschilder auf die Sehenswürdigkeiten, die entlang der Autobahn stehen.

Ich möchte die Ausschilderung des überregionalen Radwegenetzes nicht vergessen; der Fehler von gestern soll mir nicht noch einmal passieren. Das ist auch für uns ein sehr wichtiger Bereich im Hinblick auf den Tourismus und die Vermarktbarkeit bestimmter Regionen SachsenAnhalts.

Ein Konzept für ein landesweites touristisches Leitsystem muss meiner Meinung nach das Vorhandene be

rücksichtigen. Es geht um eine Vereinheitlichung und die Etablierung eines Daches. Es geht nicht darum, viele verschiedene Dinge einfach nur aneinander zu reihen und den Schilderwald zu vergrößern. Das hat Frau Kachel gesagt; wir sind darin völlig einer Meinung. Es geht vielmehr darum, das Vorhandene einzubinden und noch effektiver zu machen, indem man ein landeseinheitliches System schafft, das man selbstverständlich sinnvollerweise mit dem geplanten Bundessystem verbinden sollte.

Ein solches touristisches Leitsystem ist ein richtig gutes Marketinginstrument sowohl nach außen als auch nach innen, nach außen, um dem Gast eine gewisse Orientierung zu geben, aber auch nach innen, indem man die angeschobene Qualitätsoffensive im Tourismus damit verbindet. Somit wäre es auch als eine gewisse Zertifizierung nutzbar. Wer in dieses touristische Leitsystem eingebunden werden möchte, muss auch eine bestimmte Qualität erbringen. Man kann es also auch sehr gut mit den Themen verbinden, die wir mit der Tourismuswirtschaft besprechen, und es damit noch effektiver machen.

Es ist natürlich auch als ein Mittel der Bewusstseinsbildung für uns alle geeignet. Wir haben über das Image gesprochen. Wenn man selbst immer wieder optisch darauf aufmerksam gemacht wird, dass es eigene touristische Stärken gibt, dann wird uns das auch dazu verhelfen, unsere Gastgebermentalität zu qualifizieren, auszubauen und uns selbst bewusst zu machen, welche Pfunde wir in Sachsen-Anhalt haben, mit denen wir wuchern müssen.

Ich glaube nicht, dass man ein solches Konzept komplett nur von oben anpassen darf. Vielmehr muss man die Regionen und das, was bereits vorhanden ist, einbeziehen; denn jedes touristische Leitsystem kann nur etwas verkaufen, was in den Regionen gut gemanagt wird, was tatsächlich vorhanden ist und in den Regionen gut behandelt wird. Es sollte auch den Effekt haben, dass man wiederkommen will und nicht sagt, das installierte Leitsystem weckt Erwartungen, die an den Objekten nicht erfüllt werden. Wir werden also von Anfang an mit den Akteuren vor Ort zusammenarbeiten müssen.

Ich kann mir drei Schritte zur Erarbeitung dieses Konzeptes vorstellen. Erstens ist eine grundsätzliche Planung hinsichtlich der Art und Weise der Beschilderung notwendig. Zweitens geht es um die Ausschreibung und Vergabe hinsichtlich der Identifizierung der landesweiten touristischen Ziele und der sich daraus ergebenden Schilderplanung. Schließlich folgt die Produktion und das Aufstellen der Schilder.

Ich werde umgehend die Landesmarketinggesellschaft mit einer ersten Ermittlung der Kosten und des Zeitaufwandes für dieses Marketinginstrument touristisches Leitsystem beauftragen, sodass wir den Landtagsausschüssen sehr kurzfristig über diese Schritte berichten können.

Ob wir es schaffen werden, noch in dieser Legislaturperiode dieses System komplett zu installieren und alle Schilder aufgestellt zu haben, halte ich für fraglich. So lang ist die Legislaturperiode nicht mehr. Ich möchte aber auf jeden Fall erreichen, dass das Konzept steht und dass es auch schon etwas Anfassbares gibt, sodass nur weitergearbeitet werden muss und kein Bruch dadurch entsteht, dass eine Legislaturperiode zu Ende geht. Denn dieses touristische Leitsystem soll etwas sein, was eine zusätzliche Qualität für die touristische

Vermarktung bringt, und dies nicht nur bis April nächsten Jahres, sondern für die nächsten Jahre. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Krause, PDS, und von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner)

Danke sehr. - Für die PDS-Fraktion erteile ich Herrn Kasten das Wort. Bitte, Herr Kasten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Das Leitsystem wird von uns grundsätzlich unterstützt. Die Reduzierung der Schildervielfalt und die Vereinfachung der Information ist durchaus zu begrüßen. Frau Kachel und Frau Ministerin Budde haben dazu bereits Ausführungen gemacht, sodass ich mir weitere Bemerkungen ersparen kann. Ich möchte einige Anmerkungen zu Themen machen, die noch nicht angesprochen worden sind.

In einem solchen Leitsystem sollten auch Aussagen zur Zugänglichkeit enthalten sein. Das betrifft insbesondere die Diskussion, die Sie von der Straße der Romanik her kennen. Die Hinweisschilder sollten über Öffnungszeiten und den anderen Aspekt der Zugänglichkeit, die Barrierefreiheit, informieren. Bei der Umsetzung sollte gesichert werden, dass die informierten Medien das ebenso übernehmen. Auch auf diesem Gebiet gab es bisher einige Probleme.

Wir unterstützen bzw. erwarten, dass die Konzeption Ende des ersten Quartals 2002 steht, und schlagen vor, dieses Konzept im Fachausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie unter informativer Beteiligung der Ausschüsse für Umwelt, für Verkehr und für Landwirtschaft vorzustellen. Die drei letztgenannten Ausschüsse können sicherlich aus ihrer fachlichen Sicht dieses oder jenes zu der Studie sagen. Wir sollten also diese Etappe auf jeden Fall vor dem Ende der Legislaturperiode abschließen.

Eine zeitnahe Umsetzung wäre aus unserer Sicht sehr förderlich, um die Erwartungen, die wir damit wecken, dann auch erfüllen zu können. Es sind schon einige gute Initiativen bei ihrer Umsetzung nicht mehr so angekommen, wie das eigentlich der Fall hätte sein sollen. Darauf sollten wir achten.

Ich bitte weiterhin einen dritten Aspekt zu beachten. Probleme gibt es meistens bei der Unterhaltung. Dies sollte auch geklärt werden. Ich habe hinsichtlich der Beschilderung im Nationalpark die Erfahrung gemacht, dass bei touristischen Highlights bestimmte Hinweisschilder als Souvenir sehr schnell verschwunden sind. Man sollte überlegen, wer gegebenenfalls den Nachschub finanziert. Solche Dinge müssen vorher geklärt werden, damit das System als solches erkennbar bleibt.

Ein letzter Gedanke zu dieser guten Idee und zu diesem inhaltlich runden Antrag: Dieses Leitsystem muss für alle Mobilitätsvarianten nutzbar sein. Wir sollten also davon abkommen, wie es zurzeit leider öfter noch der Fall ist, dem Autofahrer Vorrang einzuräumen und dieses Leitsystem auf den Autofahrer zuzuschneiden. Es gibt auch viele Touristen bzw. immer mehr Touristen, die eine Region nicht nur vom Auto aus erleben wollen. Das heißt, die Kompatibilität dieses Leitsystems für alle Mobilitätsmöglichkeiten sollte auch bei der Erstellung des Konzepts bedacht werden.

Wir schlagen vor, über diesen Antrag unter diesen Bedingungen direkt abzustimmen.