Protocol of the Session on June 29, 2001

Schriftführerin Frau Weiß:

Herr Gallert!

(Herr Gallert, PDS: Nein!)

Frau Dirlich!

(Frau Dirlich, PDS: Nein!)

Herr Hoffmann!

(Herr Hoffmann, Dessau, PDS: Nein!)

Jetzt bitte ich die Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion, die hinzugekommen sind, ihre Stimme abzugeben.

Schriftführerin Frau Weiß:

Herr Dr. Fikentscher!

(Herr Dr. Fikentscher, SPD: Nein!)

Herr Bischoff!

(Herr Bischoff, SPD: Nein!)

Herr Felke!

(Herr Felke, SPD: Nein!)

Herr Dr. Brachmann!

(Herr Dr. Brachmann, SPD: Nein!)

Herr Rahmig!

(Herr Rahmig, SPD: Nein)

Herr Biener!

(Herr Biener, SPD: Nein!)

Die Kollegen der SPD-Fraktion haben alle abgestimmt. Ist von der CDU-Fraktion noch jemand hinzugekommen?

Schriftführerin Frau Weiß:

Herr Dr. Bergner!

(Herr Dr. Bergner, CDU: Enthaltung!)

Meine Frage an die Kolleginnen und Kollegen der FDVP- und der DVU-Fraktion: Haben Sie alle abgestimmt? - Damit ist die Abstimmung beendet. Ich bitte um das Auszählen der Stimmen.

Meine Damen und Herren! Ich darf das Abstimmungsergebnis verlesen. Für den Antrag haben sechs Abgeordnete gestimmt, 50 dagegen. 16 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten, 44 waren nicht anwesend. Damit ist der Antrag unter Tagesordnungspunkt 28 mit großer Mehrheit abgelehnt worden und die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung

Landesinitiativen gegen Graffiti-Schmierereien in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der FDVP - Drs. 3/4665

Dieser Antrag wird von dem Abgeordneten Herrn Wolf eingebracht. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Atemschutzmasken als Vermummung, Farbdosen mit speziellen Aufsätzen zum Schnellangriff auf große Flächen, Szenezeitungen mit den neuesten Tipps und Tricks - die Graffiti-Sprayer in Sachsen-Anhalt werden immer professioneller. Technik und Farbe sind zumeist Diebesgut. Die Sprayerszene ist gut organisiert und wächst ständig.

Die meist jugendlichen Täter zwischen zwölf und 20 Jahren bereiten sich ganz gezielt auf ihr illegales Treiben an Häusern und Mauerwerken vor. Fassaden liebevoll renovierter Häuser werden über Nacht mit Farbbeuteln und bunten Strichen verunstaltet, ohne dass die Täter ernsthafte Strafen erwarten müssen. So prangte in Bitterfeld in einem Kreuzungsbereich ein Spruch, der lautet: „Hauptsache beschmiert!“ Die Anwohner haben das mit Efeubewuchs kaschiert.

Nach den Angaben des Eigentümerverbandes Haus und Grund kostet die Entfernung von Graffiti-Schmierereien bis zu 200 DM pro Quadratmeter. Der Ärger der Besitzer ist weitaus größer. Betroffen von Graffiti-Schmierereien sind in Sachsen-Anhalt insbesondere Magdeburg und Halle. Nach den Angaben des Innenministeriums wurden im Jahr 2000 in beiden Städten insgesamt ca. 1 300 Anzeigen gestellt. Die Zahl der Tatverdächtigen liegt bei etwa 350.

Meine Damen und Herren! Der volkswirtschaftliche und private Schaden ist unübersehbar; er hat Milliardenhöhe. Wir reden hierbei also nicht mehr von Bagatellkriminalität, auch nicht von Kunst und künstlerischer Freiheit, sondern es geht um den Schutz des Eigentums und nicht zuletzt auch um das Ansehen der Region. Dies beinhaltet, dass niemandem eine rechtswidrige Veränderung seiner Sache aufgezwungen werden kann.

Graffiti und Farbschmierereien können jedoch derzeit nur unter bestimmten Voraussetzungen als Sachbeschädigung geahndet werden. Der Nachweis einer Sachbeschädigung ist allerdings schwierig. Nach der Rechtsprechung ist der Tatbestand der Sachbeschädigung nur gegeben, wenn die Substanz, Beschaffenheit, äußere Erscheinungsform einer Sache erheblich verletzt oder die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit der Sache nicht unerheblich beeinträchtigt wird. Das heißt letztlich auch, der beschmierte Dienstwagen unseres Ministerpräsidenten wäre immer noch ein ganz toller Dienstwagen.

(Zustimmung von Herrn Mertens, FDVP, und von Herrn Weich, FDVP)

Die bloße Veränderung der äußeren Erscheinungsform einer Sache ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes in aller Regel noch keine Sachbeschädigung, und zwar auch dann nicht, wenn es eine auffällige, belangreiche Veränderung ist. Auf ästhetische Gesichtspunkte kommt es nicht an.

Besprüht oder beschmiert der Täter beispielsweise eine Hauswand oder einen Eisenbahnwaggon, so macht er sich nur dann strafbar, wenn die Schmiererei nicht mehr rückstandsfrei beseitigt werden kann oder wenn durch die Reinigung der ursprüngliche Anstrich beschädigt worden ist. Bei vollständiger Wiederherstellbarkeit geht er straflos aus.

Mit hohem Ermittlungsaufwand und teuren Gutachten muss in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob das Sprayen in die Substanz der Fläche eingegriffen hat und mit welchem Aufwand die Farbe wieder zu entfernen ist. Darüber hinaus muss dem Täter nachgewiesen werden, dass er mit der Substanzverletzung zumindest gerechnet hat. Der sagt dann schnöde: Nö!

Diesen Missständen wollten die CDU/CSU und die FDP im Deutschen Bundestag sowie der Bundesrat durch Vorlage von Gesetzesinitiativen, die auf eine effektive Bekämpfung des Graffiti-Unwesens abzielten, abhelfen. In ihren Entwürfen hatten die Initiatoren im Ergebnis übereinstimmend dafür geworben, die vorhandene Strafbarkeitslücke dadurch zu schließen, dass die Tatbestände der Sachbeschädigung und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung jeweils um das Merkmal des Verunstaltens ergänzt würden.

Das Merkmal des Verunstaltens hätte die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Sache erfasst, also auch das Bemalen, Beschmutzen und Beschmieren der Sache. Auch wären Nachweispflichten reduziert, der Eigentumsschutz verbessert und damit ein Kreis geschlossen worden. Die Staatsanwälte hätten dann repressiv tätig werden können und die Bürger hätten ihren Schaden im Rahmen der zivilrechtlichen Forderungen geltend machen können. Zugleich wäre deutlich erzieherisch auf die meist jugendlichen Täter eingewirkt worden.

Allerdings stimmte am 23. März 2000 die rot-grüne Koalition in Berlin mit ihrer Mehrheit die Gesetzentwürfe nieder und verschaffte damit der Rechtlosigkeit weiteren Bestand. Dies hat zur Folge, dass der Schutz des Eigentums gegen die ständig zunehmende Zahl von unter dem Stichwort „Graffiti“ zusammengefassten Verhaltensweisen weiterhin nur unzulänglich gewährleistet ist.

Wirkliche Wachhunde darf nun auch keiner mehr haben. Die Polizei ist hoffnungslos überfordert. Feststellungen sind rein zufällig. Soweit Feststellungen erfolgen, wird der Geschädigte auf den Rechtsweg verwiesen, dort ist er dann völlig allein. Insbesondere dadurch wird die Sprayerszene geradezu animiert, unbehelligt wie bisher weiterzumachen.

Nach Ansicht der PDS ist Eigentum doch sowieso Diebstahl. Die Täter empfinden also keinerlei Unrechtsbewusstsein hinsichtlich des Schadens, der durch ihre Werke an Gebäuden, Mauern, Bahnen und Bussen angerichtet wird. Im Gegenteil: Sie werden in ihrem Irrglauben bestärkt, dass ihre Darstellungen den grauen Alltag verschönern und sich die Leute noch darüber freuen.

Meine Damen und Herren! Gleichgültig, ob schön oder hässlich, ob Kunst oder Schmiererei, wer ohne Auftrag oder Einwilligung des Eigentümers eine Wand oder sonstige Gegenstände bemalt oder besprüht, begeht Unrecht, das bestraft werden muss. Das Land SachsenAnhalt hatte die Initiativen im Bundesrat unterstützt, um eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen. Lediglich die PDS lehnte in der Vergangenheit ein verschärftes

Gesetz stets mit der Begründung ab, Graffiti sei Kunst. Die Justizministerin Karin Schubert sagte dazu wörtlich: Ich will auch keinen echten Rembrandt an meiner Hauswand haben, wenn mir Rubens besser gefällt.

Jedoch sind entsprechende Bundesratsinitiativen gescheitert, sodass es nun allein in den Händen der Landesregierung liegt, zu prüfen, welche Ahndungsmöglichkeiten auf Landesebene noch bestehen.

So werbe ich also von hier aus für diesen Antrag, damit ich ihn nicht an den Landtag sprühen muss. Geben Sie dem Antrag außer Ihrer vorhandenen inneren Zustimmung auch die sichtbare äußere Zustimmung. Es ist weiterhin ein Glück, dass Hausbesitzer in aller Regel Wähler sind.

(Beifall bei der FDVP)