Protocol of the Session on June 28, 2001

Wir haben in diesem berühmten Protokoll, das Sie erwähnt haben, alle Möglichkeiten behandelt. Wir haben mit der Gewerkschaft intensiv verhandelt. Deshalb fühle ich mich von dem Kollegen Steppuhn in der letzten Zeit nicht sehr fair behandelt, muss ich sagen. Wir haben ausführlich darüber beraten. Wir haben gesagt, wir kündigen, aber nicht in die Arbeitslosigkeit, sondern damit wir die Menschen auf den freien Arbeitsmarkt vorbereiten. Jeder, der sich im Arbeitsrecht auskennt, weiß, dass eine Sozialauswahl in der Regel die Jüngeren und diejenigen trifft, die nicht so viele soziale Verpflichtungen haben und in der Lage sein müssten, sich nach einer entsprechenden Qualifizierung auf dem ersten Arbeitsmarkt zurechtzufinden.

Diesen Weg sind wir gegangen. Dieser Weg hat dazu geführt, dass wir seit Jahresbeginn über 170 Leute in die verschiedenen Maßnahmen umgesetzt haben. Wir haben das gesamte Spektrum ausgeschöpft.

Herr Gallert, ich bin zuversichtlich, dass die Zeit bis zum Wirksamwerden der Kündigungen zum Jahresende genutzt werden wird, um nach weiteren Möglichkeiten zu suchen. Ich weiß, dass die Leute davon betroffen sind. Aber diese Instrumentarien müssen wir uns auf Dauer vorbehalten. Wir werden es nie schaffen, beide Maßnahmen und beide Optionen nebeneinander zu behalten.

Ich will ausdrücklich auch die Frage der Teilung von Arbeit ansprechen. Sie haben das Thema eben angesprochen, ehrlicherweise aber auch gesagt, dass die Gewerkschaft wegen dieser Frage auf mich noch nicht zugekommen ist. Das habe ich im Übrigen bei dieser Verhandlung auch angesprochen. Bisher haben Herr Steppuhn und die IG BAU die Teilung von Arbeit abgelehnt. Wenn wir das Potenzial, das fiskalisch bis zum Jahre 2005 zu erreichen ist, auf anderem Wege einsparen, bin ich immer für Gespräche offen. Aber bisher hat mir dazu noch niemand etwas gesagt. Ich bin gespannt, wie das weitergeht.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben bewiesen, dass wir die Kolleginnen und Kollegen fair behandelt haben, dass wir nach Möglichkeiten gesucht haben, sie umzusetzen. Hierbei sind große Anstrengungen unternommen worden. Es wird auf die Dauer noch Schwierigkeiten bereiten, diese Stellen zu halten, etwa in den Großschutzgebieten. Wir werden mit Kollegen Gerhards darüber streiten müssen, wie viel Geld wir für den Naturschutz ausgeben und welche Personalkosten das auf Dauer verursacht. Hierbei werden durch die Umverteilung andere fiskalische Probleme angesprochen.

Wir sind dabei, vernünftige Wege zu finden. Der Weg ist sozialverträglich, weil wir ein Ersatzplatzangebot machen und die Kolleginnen und Kollegen nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen. Wir wollen ihnen mit individuellen Plänen weiterhelfen.

Sie sollten sich noch einmal sehr genau darüber unterhalten, welche Instrumentarien man braucht, um einen vernünftigen Umbau der Verwaltung zu realisieren, wohlgemerkt nicht im Sinne eines neoliberalen Staates; denn das wäre völlig falsch. Man muss die jeweiligen Arbeitszweige sehr genau betrachten und Vergleiche anstellen, um festzustellen, wo wir jeweils stehen. Das kann man nicht pauschal über die gesamte Landesverwaltung und den öffentlichen Dienst hinweg tun, sondern man muss dabei sehr stark differenzieren.

Meine Damen und Herren! Das, was die Landesregierung getan hat, ist ein wirklich vertretbarer sozialverträglicher Weg. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, dass

man bestimmte Dinge von vornherein ausschließen will. Sie haben es sich selbst vorbehalten, dass darüber möglicherweise in der PDS-Fraktion irgendwann noch einmal diskutiert werden kann. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich sehe im Moment keine Veranlassung, den eingeschlagenen Weg zu verlassen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regie- rungsbank)

Damit beginnt die Debatte der Fraktionen. Für die CDUFraktion spricht die Abgeordnete Frau Wernicke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Demonstration heute Vormittag hat sowohl die Betroffenheit als auch die Wut der Waldarbeiter noch einmal deutlich gemacht. Ich weiß wohl, auch aus eigener Erfahrung, dass diese Wut bei Strukturveränderungen, die mit Personalabbau verbunden sind, groß ist.

Dass die Existenzängste in Sachsen-Anhalt, dem Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit und den geringsten Zukunftsperspektiven, für Waldarbeiter größer denn je sind, ist, glaube ich, mittlerweile auch dem sozialdemokratischen Agrarminister bewusst geworden. Der Vorwurf seines Parteikollegen Steppuhn - man kann sich seine Parteikollegen nicht immer aussuchen, Herr Minister -,

(Zuruf von Frau Bull, PDS)

Arbeitsplätze zu vernichten, und der Vorwurf, Präzedenzfälle für andere Bereiche zu schaffen, muss ihn hart getroffen haben. Sonst hätte er sicherlich nicht öffentlich vor den Demonstranten der Gewerkschaft vorgeworfen, Arbeitsplatzängste zu schüren.

Aber der Vorwurf an Sie, Herr Minister, Entscheidungen nach Gutsherrenart vorzubereiten, kommt wie ein Bumerang zurück. So ganz unberechtigt ist dieser Vorwurf nicht, denn Stellungnahmen von Personalräten, von Gewerkschaften und Vorschläge von Interessenvertretungen wurden zu wenig beachtet.

Dies trifft auch für den Umgang mit dem Parlament zu. Vorschläge, Anträge, Initiativen und Debattenbeiträge zur Thematik Forststrukturreform haben tatsächlich das haben Sie vorhin festgestellt - das Parlament beschäftigt. Es hat einen langen Prozess durchlebt, aber dieser Prozess ist eben durch Fehlinformationen und durch halbherzige Informationen Ihres Hauses begleitet worden. Dann kann man nicht erwarten, dass man von den Parlamentariern und vielleicht auch von der Opposition für den eingeschlagenen Weg Unterstützung bekommt.

Die Kritik der Demonstranten richtete sich nicht gegen Reformen an sich oder überhaupt, sondern vor allem gegen dieses ignorante Handeln sozialdemokratischer Entscheidungsträger.

Herr Minister, den Vorwurf, dass dringend notwendige Strukturreformen im Forstbereich, mit einem Personalentwicklungskonzept einhergehend, jahrelang verschleppt worden sind, den Vorwurf, dass Vorschläge, bestehende Strukturen effektiver zu gestalten, wie die Budgetierung, die klare Kosten-Leistungs-Abrechnung, nicht ausreichend beachtet oder umgesetzt worden sind und klare Aufgabenzuordnungen und Finanzierungen der in der Leitlinie Wald festgeschriebenen Aufgaben

nicht geklärt worden sind, bis heute nicht geklärt worden sind, müssen Sie sich gefallen lassen.

Herr Gallert, obwohl wir dem Antrag zustimmen werden das nehme ich vorweg -, kann ich es mir nicht verkneifen, Ihnen einen kleinen Seitenhieb zu verpassen. Wir haben alle - auch wir - in der Leitlinie Wald die Aufgaben für den Wald, für die Natur und für die Umwelt festgeschrieben. Aber ich bin auf die Haushaltsberatungen gespannt. Wir werden dann sehen, ob Sie, die Sie die Regierung tolerieren und unterstützen, bereit sein werden, das erforderliche Geld für das notwendige Personal in den entsprechenden Einzelplänen - nicht nur im Einzelplan 09 - bereitzustellen. Darauf bin ich sehr gespannt.

Herr Gallert, Sie haben der Landesregierung bei Strukturveränderungen und bei der Suche nach alternativen Beschäftigungen volle Unterstützung zugesichert. Aber bei der Demonstration heute Vormittag haben Sie als Oberkommunalisierer von Aufgaben im StAU oder im ALF oder aus dem StAU oder dem ALF heraus den Minister ganz schön allein im Regen stehen lassen. Die Vorschläge, die Aufgaben des StAU oder des ALF weitgehend den Landkreisen zuzuordnen, kommen von Ihrer Fraktion. Bei der Erklärung haben Sie den Minister ganz schön im Regen stehen lassen.

Ich garantiere Ihnen jetzt schon: Wenn das umgesetzt wird, was Sie vorgeschlagen haben, wird es im Jahre 2004 wieder betriebsbedingte Kündigungen geben, dann aber bei den Landkreisen. Dann ist die Landesregierung das leidige Thema los. Denn die Landkreise können den Personalbestand aus dem Umwelt- und Landwirtschaftsbereich gar nicht aufnehmen - das sagte der Minister selbst -, der von Ihnen dorthin delegiert wird.

Herr Minister, eines hat die heutige Demo zu meiner Beruhigung gebracht: Uns ist es gelungen, in intensiven Gesprächen mit Gewerkschaften, mit Personalräten und mit dem Bund deutscher Forstleute klarzustellen, dass die Verfahrensweise der Landesregierung nicht durch das Parlament und damit auch nicht durch alle Parteien gedeckt ist, wie Sie es gern öffentlich behaupten. Sie behaupten öffentlich, dass Ihnen die Politik diese Vorgehensweise vorgibt. Herr Gallert, auch nicht die CDUFraktion hat dem Minister diesen Auftrag erteilt, wie Sie öffentlich behauptet haben.

Sie, Herr Minister, sind heute von der PDS-Fraktion für die Suche nach Alternativen für die Beschäftigten im Wald gelobt worden. Sie selbst aber haben versprochen, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Wir fordern Sie auf: Halten Sie dieses Versprechen! Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Moment, Frau Wernicke, es ist eine Zwischenfrage von Herrn Gallert angemeldet worden. - Nein, wird nicht aufgenommen. Dann rufe ich für die SPD-Fraktion den Abgeordneten Herrn Barth auf. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie können sich sicherlich vorstellen, dass es keine einfache Aufgabe ist, zu diesem Thema zu sprechen. Ich tue dies mit sehr gemischten Gefühlen und versuche,

den in unserer Fraktion weitgehend Konsens findenden Standpunkt wiederzugeben.

In den vergangenen zehn Jahren haben wir einen gesellschaftlich sehr umfassenden Umstrukturierungsprozess durchgemacht, der ohne Zweifel notwendig war, aber bei dem auch viele Menschen schwierigen Situationen ausgesetzt worden sind. Dabei haben wir uns bemüht, Bewährtes zu erhalten, auch wenn das im Vergleich zu den alten Bundesländern einen erheblichen finanziellen Mehraufwand bedeutete. Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang an die Kinderbetreuung, bei der sich nach unserer Auffassung die Leuchttürme unter den wirtschaftlich potenten Ländern als Entwicklungsländer entpuppen.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD)

Im Gegenzug, meine Damen und Herren, müssen wir allerdings zugeben, dass wir unsere auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtete Politik leider nicht aus eigener Wirtschaftskraft finanzieren konnten, sondern gezwungen waren, auch Kredite aufzunehmen. Dies kann man nicht ewig fortsetzen, ohne sich der eigenen Zukunft zu berauben. Folgerichtig ist die Landesregierung bereits seit Jahren bemüht, die Nettoneuverschuldung zu reduzieren, um so einen Konsolidierungskurs für die Landesfinanzen einzuleiten. Ein Bestandteil dessen ist der Aufbau effizienter Verwaltungsstrukturen, verbunden mit dem dabei notwendigen Personalabbau.

Minister Konrad Keller hat sicherlich nicht zuletzt aufgrund seiner langjährigen Verwaltungserfahrung eine Vorreiterrolle in der Landesregierung übernommen. Man kann dazu stehen, wie man will, aber letztlich brauchen wir solche Zugpferde, um im Land etwas zu bewegen. Wenngleich ich betriebsbedingten Kündigungen im öffentlichen Dienst als letztem Mittel zur Personalreduzierung wie wohl die meisten in diesem Raum kritisch gegenüberstehe, sehe ich doch die Notwendigkeit, auch davor nicht Halt zu machen, wenn es darum geht, die Zukunft unseres Landes zu sichern.

Frau Wernicke, ich habe es vorhin schon angesprochen: Der Wahlkampf hat begonnen. Ich kann die Argumente, die Sie bezüglich des Handelns unseres Ministers angeführt haben, nicht nachvollziehen. Wir haben uns im Ausschuss mehrfach darüber unterhalten, wie es mit den Forstarbeitern weitergehen soll. Der Minister wäre sicherlich auch jederzeit bereit gewesen, Ihnen auf eine persönliche Anfrage eine Antwort zu geben. Ich weiß nicht, ob Sie davon Gebrauch gemacht haben. Ihm Handeln im Sinne von Gutsherrenart vorzuwerfen, das ist, denke ich, das Letzte, was man unserem Minister vorwerfen könnte.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Dr. Harms)

Meine Damen und Herren! Ich beantrage die Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Landwirtschaft und zur Mitberatung in den Finanz-, den Innen- und den Sozialausschuss, um dort noch einmal über die aufgebrochenen Probleme zu diskutieren. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte jetzt für die FDVP-Fraktion den Abgeordneten Herrn Weich das Wort zu nehmen, bei dem ich mich

entschuldigen muss; denn ich hatte ihn schon als Zweiten vorgelesen. Das ist mir leider so durchgerutscht.

(Herr Weich, FDVP: Bitte, bitte!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder ein Scheinantrag der PDS, diesmal auf Kosten der Waldarbeiter. Von Personalabbau in Verbindung mit sozialverträglichen Maßnahmen ist in dem Antrag die Rede. Die Anwendung des Sozialtarifvertrages ist zu prüfen.

Meine Damen und Herren! Bis zum heutigen Tag ist mir keine Streichung von Arbeitsplätzen bekannt, die sozial verträglich war. Vergleiche bei der Arbeitsplatzvernichtung gibt es in Sachsen-Anhalt dank PDS und SPD sehr viele.

(Der Redner macht eine Pause - Herr Czeke, PDS: Zweite Seite! - Frau Bull, PDS: Das ist gar nicht so einfach!)

In unverschämter Weise äußerte Herr Höppner sich regelrecht menschenverachtend: Was meinen Sie, wie schwer es ist, 200 Waldarbeiter rauszukriegen? Wie immer werden die Gewerkschaftsführer hier im Parlament bellen. Aber sonst? - Na ja, man kennt sich ja.

Als so genannter Landesvater sollte Herr Höppner als einzige Konsequenz seinen Abschied einreichen. Andere vor ihm sind schon wegen weniger brisanten Äußerungen zum Rücktritt veranlasst worden.

Liebe Genossen, in diesem Punkt nützt Ihr vermeintlicher Antrag weder den betroffenen Waldarbeitern noch der Glaubwürdigkeit Ihrer doch sonst um die Gunst der großen Schwester SPD buhlenden Partei. Mit der Unterstützung durch die PDS gelang es der SPD in SachsenAnhalt einmal mehr, Arbeitsplätze einzustampfen und den Verfall der Wirtschaft in unserem Bundesland wieder ein großes Stück weiter voranzutreiben. Mit Blick auf den Stellenwert Sachsen-Anhalts in der Arbeitslosenstatistik ist das für uns nicht nachvollziehbar.

Statt angekündigter Verwaltungsreformen bleibt der kostenintensive Wasserkopf erhalten und der einfache Arbeiter muss gehen. Wohin das führt, sehen wir jeden Tag von neuem in Sachsen-Anhalt: Massenarbeitslosigkeit, Abwanderung, Wohnungsleerstand, Pleitewellen, fortschreitende Inflation und Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung. Danke, liebe Genossen, ihr seid wie immer die Besten.

Ihr Antrag, werte PDS, ist ein schlechter Witz und geht eindeutig auf Kosten der Waldarbeiter. Erst unterstützen Sie die SPD in ihrem Vorhaben und versuchen jetzt, sich scheinheilig mit Ihrem inhaltslosen Antrag, der nichts an der Lage der Betroffenen ändern wird, vor den Waldarbeitern reinzuwaschen. Ohne uns, liebe Genossen!

Wir unterstützen den Inhalt des Antrages der PDS, denn das sind wir den Waldarbeitern schuldig, aber die Absicht und die Verlogenheit der PDS in ihrem Antrag

(Frau Krause, PDS, lacht)

lehnt die FDVP-Fraktion ab. - Danke schön.