Protocol of the Session on May 17, 2001

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Position wird die Landesregierung zur Einführung eines Pflichtpfandes auf Getränkedosen und Einwegflaschen im Bundesrat vertreten?

2. Welche konkreten Auswirkungen wird die von der Bundesregierung beschlossene Novellierung der Verpackungsverordnung auf die Getränkeindustrie und insbesondere den mittelständischen Einzelhandel in Sachsen-Anhalt sowie das bestehende Rücknahmesystem für Pfandflaschen und das Duale System Deutschland haben?

Danke sehr. - Für die Landesregierung antwortet der Minister für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt. Herr Minister Keller, bitte Ihre Antwort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Die Anfrage des Abgeordneten Gürth beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Die Landesregierung wird, wenn nicht bis zur Entscheidung im Bundesrat ein neuer wegweisender und mehrheitsfähiger Vorschlag vorgelegt wird, der Verände

rung der Verpackungsverordnung zustimmen. Dem liegt Folgendes zugrunde:

Ein Pflichtpfand wird es in jedem Fall geben. Offen ist nur, für welche Getränkeverpackungen.

Wenn die Novellierung der Verpackungsverordnung im Bundesrat scheitert, bleibt es bei der geltenden Rechtslage, die übrigens von der Umweltministerin Frau Merkel eingeführt worden ist. Danach ist ein Pflichtpfand bei Unterschreitung der festgelegten Mehrwegquote in dem jeweiligen Getränkesegment vorgesehen.

Dass die Quote der Mehrwegverpackungen bei Bier und Mineralwasser unterschritten werden würde, war seit langem absehbar. Die betroffene Industrie hat nichts getan, um das abzuwenden.

Wenn der Bundesrat die Novelle ablehnt, dann wird das Bundesumweltministerium am nächsten Tag die erreichten Quoten veröffentlichen. Diese entsprechen nicht den Zielen der Verpackungsverordnung. Für Bier und Mineralwasser in Dosen und Einwegflaschen steht damit die Einführung eines Pflichtpfandes fest, nicht jedoch für Limonade.

Eine unterschiedliche Behandlung gleicher Verpackungen bei verschiedenen Getränken macht jedoch keinen Sinn. Zudem werden nach der geltenden Verpackungsverordnung alle Einwegverpackungen gleich behandelt. Nicht alle Einwegverpackungen sind aber, wie das Umweltbundesamt in einer kürzlich veröffentlichten Studie dargelegt hat, ökologisch nachteilig. Der Getränkekarton beispielsweise hat eine positive Ökobilanz.

Mit der Novellierung werden diese Schwächen der geltenden Rechtslage also beseitigt. Der Vorschlag wird im Übrigen von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung begrüßt, weil er auch dazu führen würde, dass die Vermüllung unserer Landschaft entscheidend zurückgeht.

(Zustimmung von Frau Fischer, Leuna, SPD, und von Frau Lindemann, SPD)

Zu 2: Die Auswirkungen auf die Getränkeindustrie und insbesondere auf den mittelständischen Einzelhandel hängen im Wesentlichen vom Verbraucherverhalten und davon ab, für welche Verpackungsart sich der Handel entscheidet. Für den Vertrieb von Getränken in ökologisch vorteilhaften Verpackungen bleiben die bisherigen Mehrwegsysteme bestehen. Diesbezüglich bedarf es keiner weiteren Investitionen.

Für den Vertrieb von Getränken in ökologisch nachteiligen Verpackungen muss ein Rücknahmesystem installiert werden, das die Pfandrückgabe und die Weitergabe der zurückgenommenen Verpackungen in die Verwertung sichert. Dieses System kann sowohl per Hand als auch über Rücknahmeautomaten funktionieren.

Für den Vertrieb aller Getränkeverpackungen bedarf es ebenfalls der zusätzlichen Organisation der Rücknahme der ökologisch nachteiligen Verpackungen und der Pfandrückgabe.

Grundsätzliche Auswirkungen auf das bestehende Rücknahmesystem für Pfandflaschen sind nicht zu erwarten. Inwieweit das Pflichtpfand auf ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen zulasten des Absatzes von Getränken in Mehrwegverpackungen geht, ist nicht realistisch bestimmbar, da dies von einer Vielzahl von beeinflussenden Faktoren wie den Marktkräften, den Interes

senlagen im Handel und dem Verbraucherverhalten abhängt. Es wird sich erst in der Praxis zeigen, welche konkreten Auswirkungen sich ergeben.

In einem vom Umweltbundesamt vorgelegten Bericht zu der ökologischen Lenkungswirkung bei einer Pflichtbepfandung von Einweggetränkeverpackungen werden Aussagen dahin gehend getroffen, dass die Auswirkungen des Pflichtpfandes nicht zulasten von Mehrwegverpackungen gehen, sondern dass vielmehr durch das Pflichtpfand ein Potenzial für eine positive ökologische Lenkungswirkung gegeben ist. Die in dem Bericht dargestellten Argumente des Umweltbundesamtes sind plausibel.

Seitens der Beteiligten aus der Wirtschaft gibt es je nach Interessenlage Befürworter und Gegner des Pflichtpfandes.

Dem bestehenden Dualen System werden Getränkeverpackungen, die künftig einem Pflichtpfand unterliegen, entzogen. Damit verringert sich die in das System eingebrachte Menge solcher Getränkeverpackungen. Es ist zu erwarten, dass die Abfuhrrhythmen der Glascontainer und der gelben Tonnen aus Wirtschaftlichkeitsgründen verlängert werden.

Das System ist an die flächendeckenden und endverbrauchernahen Rückgabemöglichkeiten gebunden. Insofern sind keine Auswirkungen auf die Rückgabemöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger zu erwarten.

Es gibt eine Nachfrage, Herr Minister. Bitte, Herr Gürth.

Herr Minister Keller, die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Niedersachsen haben diesbezüglich zwei Vorschläge unterbreitet. Einerseits plädiert man in Niedersachsen dafür, ein Moratorium bei der Einführung eines Pflichtpfandes bis zum Jahr 2003 in Erwägung zu ziehen, andererseits baut das Land Rheinland-Pfalz auf eine Selbstverpflichtung der Industrie und damit auf das System der Mindestfüllmengen in dem bisherigen Pfandflaschensystem.

Hat sich die Landesregierung mit diesen Vorschlägen auseinander gesetzt und, wenn ja, zu welchem Ergebnis ist sie gekommen?

Herr Gürth, die Landesregierung hat sich bisher noch nicht mit den Vorschlägen auseinander gesetzt, weil die Novelle zur Verpackungsverordnung im Bundesrat noch nicht vorliegt. Der Bundestag entscheidet meiner Einschätzung nach morgen über dieses Thema. Danach wird es dem Bundesrat zugeleitet.

Gleichwohl werden wir uns natürlich - das ist absehbar mit den Auffassungen der Länder beschäftigen, die sehr unterschiedlich sind. Sie wissen beispielsweise, dass der bayerische Landtag den Beschluss gefasst hat, die Landesregierung dazu aufzufordern, der Novelle zur Verpackungsverordnung zuzustimmen.

Das Land Niedersachsen hat inzwischen gefordert, dass man das In-Kraft-Treten der Novelle um ein Jahr verschieben möge, um der Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, sich darauf einzurichten.

Die Landesregierung wird sich zu gegebener Zeit zu diesen Anträgen positionieren müssen. Das endgültige Ergebnis kann ich Ihnen noch nicht sagen. Grundsätzlich ändert das aber nichts an der von mir eben vorgetragenen Haltung.

Danke sehr.

Wir kommen zur Frage 11 zum Thema Beratungsstellen in Sachsen-Anhalt. Die Frage wird gestellt von der Abgeordneten Frau Stange. Für die Landesregierung antwortet die Ministerin für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales Frau Dr. Kuppe. Bitte, Frau Stange, stellen Sie Ihre Frage.

Ich frage die Landesregierung:

Sieht die Landesregierung die Arbeit der landesgeförderten Arbeitslosenzentren und -projekte als gescheitert an und wie viele Arbeitslosenberater/Arbeitslosenberaterinnen und Beratungsstellen beabsichtigt die Landesregierung in den nächsten Jahren in welcher Höhe finanziell zu fördern?

Bitte, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Stange wie folgt.

Die Landesregierung sieht die in der Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeitslosenzentren und -projekte zusammengeschlossenen Arbeitslosenberatungsstellen als wichtige Serviceeinrichtungen an, in denen Erwerbslose gezielt zu arbeits- und sozialrechtlichen Fragen wie auch zu sozialpsychologischen Fragen im Zusammenhang mit ihrer Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt beraten werden.

Nach Auffassung der Landesregierung wird in den Beratungsstellen eine wichtige, fachlich anspruchsvolle und erfolgreiche Arbeit bei der Abdeckung des spezifischen Beratungsbedarfes Erwerbsloser geleistet. Der Bedarf an einer solchen Beratung wird auch weiterhin bestehen.

Von den 22 in der Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeitslosenzentren und -projekte zusammengeschlossenen Beratungsstellen mit ca. 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden bis Ende des Jahres 2000 14 Beratungsstellen durch die Übernahme der Personalkosten jeweils einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters durch das Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales direkt gefördert.

Auch künftig kann eine Förderung von Erwerbslosenberatungsstellen erfolgen, dann allerdings im Rahmen des neuen Gesamtprogramms zur Qualifizierung, Eingliederung und Beschäftigung von Sozialhilfeempfangenden sowie zur Beratung von Erwerbslosen. Die Förderung nach diesem Rahmenprogramm erfolgt dann nicht mehr unmittelbar durch das Sozialministerium bzw. in diesem Fall durch das Arbeitsministerium, sondern direkt durch die örtlichen Träger der Sozialhilfe.

Mit dieser organisatorischen Lösung verfolgt die Landesregierung das Ziel, die Arbeitsmarktförderung stärker als bisher zu regionalisieren, gleichzeitig die Entspeidungskompetenz der Landkreise und kreisfreien Städte bei der Verwendung der Fördermittel auszuweiten und über eine Budgetzuweisung für mehrere Jahre die Planungssicherheit für die Zuwendungsempfänger zu verbessern.

Nach diesem neuen Förderkonzept, das seit dem 1. Januar 2001 umgesetzt wird, ist es in das Ermessen der örtlichen Träger der Sozialhilfe gestellt, auf der Grundlage der regionalen Gegebenheiten darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die ihnen als Gesamtbudget zur Verfügung gestellten Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds für Qualifizierungsmaßnahmen, für Eingliederungsmaßnahmen, für Beschäftigungsmaßnahmen oder zur Förderung von Erwerbslosenberatungsstellen verwendet werden.

Das bedeutet auch, dass die Kommunen über die konkreten Anträge entscheiden, und zwar abschließend. Im Rahmen der autonomen Entscheidungskompetenz der Kommunen interveniert das Land nicht bei Einzelentscheidungen, auch wenn diese für Betroffene negativ ausfallen sollten. Das ist die praktische Folge der Kommunalisierung.

Um Anlaufschwierigkeiten beim Übergang zu dem neuen Förderkonzept mit der Unterstützung durch die Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeitslosenzentren und -projekte zu überwinden, wurden der LAG für das Jahr 2001 über die genannten Fördermöglichkeiten nach dem ESF hinaus noch 250 000 DM an Landesmitteln als Zuwendung bewilligt.

Danke sehr.

Wir kommen zu der Frage 12 zum Thema Urban-21Projekte der Stadt Halle. Es fragt der Abgeordnete Herr Dr. Köck von der PDS-Fraktion. Bitte, Herr Dr. Köck.

Die Stadt Halle sieht sich der Situation gegenübergestellt, dass der Stadtrat in der öffentlichen Wahrnehmung nicht eine Entscheidung zwischen dem Urban21-Projekt Halle-Silberhöhe und dem Urban-21-Projekt Halle-Neustadt treffen wird, sondern ein Urteil gegen einen der beiden Stadtteile „fällen“ muss. Dem „Unterlegenen“ droht selbst bei Realisierung der gleichen Vorhaben mithilfe anderer Förderkonstruktionen ein Imageverlust und die Stigmatisierung.

Ich frage die Landesregierung:

Könnte die Landesregierung einen Urban-21-Antrag der Stadt Halle akzeptieren, der unter strengster Wahrung der Kriterien der Landesinitiative die wichtigsten Vorhaben aus den beiden Anträgen „Halle-Silberhöhe“ und „Stadtteilzentrum Halle-Neustadt“ in einem gemeinsamen Projekt zusammenführt und der einzig durch den Umstand zweier räumlich getrennter Teilgebiete von der Richtlinie abweichen würde?

Danke sehr. - Für die Landesregierung antwortet der Minister für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr Herr Dr. Heyer. Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kleine Anfrage des Abgeordneten Köck beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt.