Protocol of the Session on May 17, 2001

Zehntens. Bei Betriebsansiedlungen darf keine Bevorzugung ausländischer gegenüber inländischen Investoren und keine Bevorzugung von großen gegenüber kleinen Investoren erfolgen.

Das sind nur einige Punkte, die unseres Erachtens ein wirtschaftliches Gesamtkonzept der Landesregierung erfordern, das nicht nur Feuerwehraktionen umfasst, sondern langfristig die Wirtschaft Sachsen-Anhalts stärken könnte. Nur wenn es gelingt, den Standort SachsenAnhalt auf Dauer attraktiv zu gestalten, werden wir den Menschen im Land wieder eine Perspektive bieten können.

Es gäbe noch eine Vielzahl von Hausaufgaben zu machen. Die vorgelegte Neufassung des Mittelstandsförderungsgesetzes zeigt zwar Ansätze dafür, dass eine wenige dieser wichtigen Punkte in Angriff genommen werden sollen; der Wirkungsgrad - so würde ich einschätzen - liegt aber bei maximal 25 %, also weniger als Mittelmaß.

Vielleicht noch ein kurzes Wort an die Damen und Herren der CDU-Fraktion. Ich kann gar nicht glauben, dass Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen, denn allein in Ihrer Begründung - dazu brauche ich nicht weiter ins Detail zu gehen - stehen Forderungen, die sich in dem vorgelegten Gesetzentwurf der Landesregierung nicht wiederfinden.

Das Sprichwort „lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ trifft auch nicht zu und ist nicht im Sinne des Mittelstandes in Sachsen-Anhalt. Aber vielleicht können Sie als angebotener künftiger Sanierungskoalitionär

(Herr Dr. Süß, PDS: Jetzt haben wir es endlich!)

auch gar nicht anders.

Ich bin dafür, dieses Mittelstandsförderungsgesetz in dieser Form nicht anzunehmen. Ich denke, hierbei ist ein grundlegender Richtungswechsel erforderlich. Genau diesen sehe ich nicht. Einen Richtungswechsel kann es nur mit einer neuen Regierung in Sachsen-Anhalt geben. Das heißt, in einem Jahr muss dieses Gesetz schon wieder geändert werden. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP - Herr Dr. Süß, PDS: Lieber nicht!)

Frau Abgeordnete, nicht nur dass die Zeit überschritten war; der Abgeordnete Metke hatte eine Frage angemeldet. Sind Sie bereit, darauf zu antworten? - Das ist nicht der Fall.

(Herr Metke, SPD: Nie darf ich fragen!)

- Aber ich habe gefragt. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Stier. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In meiner Rede im Landtag am 2. März sagte ich bereits, dass die Ministerin ihren Gesetzentwurf, wie angekündigt, schnellstens in die parlamentarische Beratung einbringen wird. Heute, nur zwei Monate später, liegt der Gesetzentwurf als einstimmige Empfehlung des Wirtschaftsausschusses dem Parlament vor.

Herr Gürth, Sie sagen: SPD, Kehrtwende, abgeschrieben. - Mit diesem Märchen möchte ich aufräumen. Ihre bisherige Behauptung, dieses Gesetz hätte schon vor einem Jahr verabschiedet werden können, ist auch deshalb falsch, weil der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion erst im November in der Anhörung war und nicht die Qualität hatte, die der jetzt vorliegende Gesetzentwurf unstrittig aufweist.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch schlichtweg falsch!)

Meine Damen und Herren Parlamentarier und auch Journalisten, es ist ganz einfach: Legen Sie den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion mit seinen 24 Paragrafen neben den Gesetzentwurf von Frau Ministerin

Budde, so werden Sie feststellen, dass der Regierungsentwurf nur zwölf Paragrafen umfasst, klarer gegliedert ist und inhaltlich viel weiter geht als der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, der sich nur am alten Gesetzestext orientierte.

(Beifall bei der SPD - Frau Wiechmann, FDVP: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich habe es schon einmal gesagt: Der Mittelstand interessiert sich nicht für Urheberrechte, sondern für Inhalte, Herr Gürth. In dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf wird gezielt auf wesentliche Kernaussagen der Mittelstandsförderung eingegangen. Er ist gut, verständlich, aktuell und schafft die Möglichkeit zur Bildung von Sondervermögen im Mittelstandsfonds. Unternehmensberater müssen auf Verlangen zukünftig ihre fachliche Eignung nachweisen.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Der Mittelstandsbericht wird dem Parlament zukünftig einmal pro Legislaturperiode zugeleitet. Aufgrund der in den Gesetzentwurf aufgenommenen Mittelstandsklausel muss nun eine Gesetzesfolgenabschätzung in Bezug auf die Belange der mittelständischen Wirtschaft vorgenommen werden.

Freuen wir uns gemeinsam, dass der nun dem Parlament vorliegende Gesetzentwurf eine so breite Zustimmung im Wirtschaftsausschuss gefunden hat.

Meine Damen und Herren! Eine Hauptschwäche ostdeutscher Betriebe ist die unzureichende Integration in regionale bzw. in lokale Liefer- und Kommunikationsnetze. Ein anderes Problem liegt in der oftmals unangepassten Organisation von Arbeits- und Betriebsabläufen. Hierbei ist das Mittelstandsberatungsprogramm sowie das Programm zur Förderung von Kooperationen und Netzwerken genau der richtige Ansatz.

Eine weitere Schwierigkeit liegt im personalwirtschaftlichen Raubbau und in Managementdefiziten im kaufmännischen und im organisatorischen Bereich. Hierbei sind die Unternehmen selbst gefragt; denn bei allem Rufen nach dem Staat, Frau Wiechmann, findet Wirtschaft immer noch in der Wirtschaft statt.

(Zustimmung bei der SPD)

Zur Stärkung der unternehmerischen Selbständigkeit ist die Existenzgründungsoffensive „ego“ ebenfalls als Bestandteil der Mittelstandsinitiative ein ganz wichtiger Beitrag. Lassen Sie mich nur ein Beispiel anführen. Seit dem Start dieser Existenzgründungsoffensive wurden 27 Ingenieure beraten, von denen 14 mittlerweile auch ihr eigenes Ingenieurbüro gründeten.

(Herr Dr. Daehre, CDU: 14 Ingenieure!)

Meine Damen und Herren! Wenn wir unser Land gemeinsam voranbringen wollen, müssen wir alle und auch die Opposition für den Wirtschaftsstandort SachsenAnhalt werben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Frau Stolfa, PDS)

Abgeordneter Herr Stier, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Gürth zu beantworten?

Bitte schön, Herr Gürth.

Herr Kollege Stier, Sie erwähnten noch einmal lobend die Existenzgründeroffensive „ego“. Ist Ihnen bekannt, wie viel Steuergelder wir für diese Existenzgründerinitiative der Landesregierung, für die 14 Ingenieurbüros, die sich selbständig gemacht haben, bisher ausgegeben haben? Wieso haben wir dann wiederholt, auch in dem ersten Quartal des Jahres 2001, eine negative Gewerbebilanz? Es ist die schlechteste Gewerbebilanz aller deutschen Bundesländer, weil sich immer mehr Unternehmen abmelden, als neue Unternehmen in den Markt eintreten.

Herr Gürth, die Existenzgründungsoffensive „ego“ ist ein ganz wichtiger Beitrag, gerade aus dem Grunde, den Sie nannten, nämlich dass die Zahl der Gewerbeabmeldungen mittlerweile die Zahl der Gewerbeanmeldungen überschreitet. Ich weiß nicht, woher Sie schon die Zahlen für das Jahr 2001 haben. Ich kenne sie leider noch nicht.

(Herr Dr. Sobetzko, CDU: Negativ!)

Diese Zahlen sind der Ansatz für diese Offensive. Es ist nicht nur ein sachsen-anhaltinisches Problem, es ist ein gesamtdeutsches Problem, den Beruf des Unternehmers nach vorne zu bringen und ihm wieder ein besseres und positiveres Image zu geben.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Gerade!)

Herr Gürth, da die Landesregierung in dieser Hinsicht handelt und - das muss auch gesagt werden - „ego“ nicht nur alleinige Angelegenheit der Landesregierung ist, sondern auch die Kammern mit im Boot sind, und da nun schon so positive Ansätze in diesem Land vorhanden sind, mit denen in diesem Bereich etwas vorangebracht werden kann, wundert es mich schon sehr, dass Sie das auch noch kritisieren. Deshalb habe ich nicht umsonst gesagt: Auch eine Opposition muss werbewirksam sein. Mit solchen Aussagen schaffen Sie das auf jeden Fall nicht.

(Beifall bei der SPD)

Nach der Debatte der Fraktionen hat die Ministerin Frau Budde um das Wort gebeten. Bitte.

Herr Gürth, ich habe die Summe auch nicht im Kopf. Sie brauchen erst gar nicht zu fragen.

Ich möchte gerne wissen, Herr Kollege Gürth, was denn mit der neuen Koalition, mit dem Angebot ist. Zumindest das Mittelstandsförderungsgesetz würde man in den Koalitionsverhandlungen wieder ändern können. - Aber Spaß beiseite.

Ich denke, zumindest eines haben wir gemeinsam, an dessen Umsetzung wir auch gemeinsam arbeiten werden. Es ist die Erwartung, dass das Mittelstandsförderungsgesetz in der Tat Wirkung auf die Mittelstandspolitik und auf das Arbeiten der mittelständischen Unternehmen entfaltet.

Ich möchte mich bei den Abgeordneten für die zügige und sachliche Beratung des Gesetzes sowie bei den Ausschussmitgliedern bedanken, die es terminlich so haben einrichten können, dass die Verabschiedung des Gesetzes heute auf der Tagesordnung des Landtages steht.

Ich möchte nur kurz ein paar Vorstellungen skizzieren, die zeigen, wie die Umsetzung des Mittelstandsförderungsgesetzes in der Praxis aussehen könnte. Das betrifft insbesondere Punkte wie die stärkere Einbeziehung der Wirtschaftsverbände in die Antragsberatungen, in die Organisation und Entscheidung darüber, welche Berater für welche Branchen genutzt werden können. Dazu habe ich bereits einige Ausführungen vor den Wirtschaftsverbänden gemacht und möchte dieses an dieser Stelle gerne auch den Abgeordneten zumindest ganz kurz darlegen.

Ich stelle mir, insbesondere was die inhaltlichen und organisatorischen Konsequenzen aus dem Mittelstandsförderungsgesetz betrifft, Folgendes vor. Ich möchte, ohne zusätzliche Gremien zu schaffen, ein Gremium nutzen, das es bereits gibt. Es ist der Förderbeirat, der bisher im Grunde ein Vergabeausschuss des ImpulsMittelstandsdarlehensprogramms war.

Der Förderbeirat soll weiterentwickelt und verbreitert werden, indem zusätzlich zu den Kammern das Finanzministerium, das Förderinstitut, der DGB, das Wirtschaftsministerium und der Landesverband der Arbeitgeberverbände dort eingebunden werden, damit bestimmte Branchenspezifika einbezogen werden können. Dort soll regelmäßig über die Mittelstandsförderung und auch über Anträge dazu beraten werden.

Ich möchte gerne schrittweise zusammen mit der Wirtschaft und der Landesregierung einen entsprechenden Beraterpool, so wie er jetzt auch unter Mitbestimmung der Wirtschaft gefordert wird und so wie er jetzt auch im Mittelstandsförderungsgesetz gesetzlich verankert ist, für das Mittelstandsberatungsprogramm aufbauen.

Ich möchte in diesem Förderbeirat mit den Wirtschaftsbänden über die Förderziele und über den konkreten Förderbedarf der Wirtschaft kontinuierlich beraten, was dann auch eine stärkere Einbeziehung und eine schnellere Umsetzung von Veränderungen im Förderprogramm zur Folge haben würde.

Ich möchte, dass dort die Abläufe des Bewilligungsverfahrens ganz konkret erörtert werden, mit dem Ziel, dass wir zu ganz konkreten Verkürzungen und Beschleunigungen dort, wo alle Unterlagen vollständig sind - dass muss man immer dazusagen -, im Antragsverfahren kommen.

(Zustimmung von Frau Knöfler, PDS)