Fünftens. Sie zeigen mit Ihrem Gesetzentwurf, dass im Wesentlichen alles beim Alten bleiben soll. Jedoch verleugnen Sie, dass die Praxis bereits weitergegangen ist. Es bilden sich Einheitsgemeinden. Die Reform nimmt immer mehr Konturen an. Kommunen und Verwaltungsgemeinschaften erkennen ihre Chancen.
Wenn Sie in Ihrem Gesetzentwurf geschrieben hätten, es solle nur noch Einheitsgemeinden geben, dann hätte ich persönlich dazu Beifall geklatscht. So aber können Sie von mir keinen Beifall erhalten, sondern den Preis für die geringste Bewegung oder - um es mit anderen Worten zu sagen - den Hammer der Woche. Alles beim Alten lassen, Neues nicht wagen - dazu kann ich nur sagen: Wer sich nicht bewegt, der wird bewegt.
Das gilt sowohl für die CDU als auch für die PDS in Sachen „hammerhart“ oder ähnlichen Dingen, das gilt auch für die Reformverweigerer auf kommunaler Ebene, das gilt aber auch für die Beamten, die sich in Sachen Verwaltungsreform nicht so sehr bewegen wollen.
Wir laden Sie trotzdem zur Mitgestaltung der Reform ein und stimmen für eine Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss. - Ich danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Werte Herren und Damen! Der uns vorliegende Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften findet die Zustimmung der DVU.
Als die erste Verwaltungsreform im Jahr 1993 in Angriff genommen wurde, waren viele Bürger und auch die Bürgermeister der ersten Stunde verunsichert. Man konnte nicht sofort erkennen, wie viel von der gerade erhaltenen kommunalen Selbstverwaltung aufgrund der Reform wieder aufgegeben werden musste. Es haben sich Verwaltungsgemeinschaften gebildet, welche in aller Regel gut funktionierten. Dort, wo das nicht der Fall
Nun meinen manche Abgeordneten, man sei bei der damaligen Reform, welche Sie übrigens alle mitgetragen haben, seinerzeit nicht weit genug gesprungen. Das ist an sich richtig, aber dazu gehört auch, dass damals zu früh gesprungen wurde. Die Verwaltungsreform wurde in den alten Ländern auch nicht drei Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik durchgeführt. Wir sollten von diesem Hause aus die Bevölkerung nicht weiter verunsichern.
Es ist nicht einzusehen, warum gut funktionierende Verwaltungsgemeinschaften sich in Verbandsgemeinden umwandeln sollen. Geben wir doch den Kommunen mehr Handlungsspielraum bei der kommunalen Selbstverwaltung.
Aufgrund der geografischen Unterschiede in SachsenAnhalt, zum Beispiel dünne, weiträumige Besiedlung im Norden und das Gegenteil davon im Süden unseres Landes, sollte man nicht flächendeckend eine Verwaltungsreform von oben herab verordnen. Verwaltungsgemeinschaften, welche gut funktionieren, sollten erhalten bleiben dürfen und Unterstützung durch das Land erfahren. In anderen Gegenden kann eine Verbandsgemeinde oder Einheitsgemeinde die optimale Lösung sein, aber das muss immer in Zusammenarbeit mit den betroffenen Kommunen und den zuständigen Kreisverwaltungen geschehen.
Nur auf Freiwilligkeit bei den Kommunen zu setzen, birgt allerdings die Gefahr, dass bei den betroffenen Verwaltungsangestellten das Besitzstandsdenken an erster Stelle steht. - Danke.
Danke sehr. - Die Debatte wird mit dem Beitrag des Abgeordneten Herrn Becker abgeschlossen. Damit spricht noch einmal ein Bürgermeister, diesmal ein hauptamtlicher. Herr Becker, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Ich darf auf einige Dinge zu sprechen kommen, die in der jetzigen Aussprache einen gewissen Akzent gesetzt haben. Lassen Sie mich zunächst mit dem Teil Trägergemeinde beginnen.
Herr Minister, Sie haben gesagt, es sei eine zu kurze Frist seit dem In-Kraft-Treten des Ersten Vorschaltgesetzes verstrichen. In der Tat ist die Frist relativ kurz. Das kann man dem Kalender entnehmen. Aber wir müssen den Trägergemeinden draußen Sicherheit geben, die nicht wissen, wie es ab dem 30. Juni 2003 weitergeht. Deswegen erschien es uns zweckmäßig, das Gesetz jetzt einzubringen.
Wenn Sie sagen, dass die Trägergemeinden ein Schritt zur Einheitsgemeinde sein können - in diesem Punkt haben wir keine unterschiedliche Auffassung -, aber nicht bis zum 30. Juni 2003, dann sage ich Ihnen: Lassen wir doch die Dinge draußen sich entwickeln! Wir sollten nicht immer glauben, dass wir die einzige Kunde, die es im Lande geben darf, nur von diesem Plenum aus verkünden können.
Wenn Sie von den Anhörungen sprechen, dann machen Sie für sich geltend, alle gehört zu haben, während wir nur 60 gehört hätten. Herr Innenminister, wir werden im Innenausschuss eine Anhörung durchführen, dann haben wir die Ergebnisse zweier Anhörungen. Sie wissen, dass dort, wo zwei Gutachten vorliegen, immer ein drittes hinzukommt. Hören wir doch einmal gemeinsam an, Sie, wir und alle, die hier sind, dann werden wir es feststellen. Es wäre sehr schön, wenn dies ermöglicht werden könnte.
Herr Innenminister, ich muss darum bitten, dass Sie selbst noch einmal im Protokoll nachlesen. Es hat mich schon betroffen gemacht, als Sie mir vorhielten, ich wollte die Verwaltungsleiter, die als hauptamtliche Beamte tätig sind, diskreditieren. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich das nicht will, und ich werde Ihnen das Protokoll auch zeigen. Ich lege noch einmal Wert auf die Feststellung, dass ich das nicht wollte.
Es ist doch ein Unterschied, ob ich als Beamter bis 14 oder 16 Uhr oder als ehrenamtlicher oder hauptamtlicher Bürgermeister bis abends um 22 Uhr in den Sielen stehe und rund um die Uhr für alles verantwortlich bin oder ob ich wie meine Verwaltungsbeamten von der Stadtverwaltung Naumburg eben am Freitag um 14 Uhr und an den anderen Arbeitstagen um 16 Uhr oder 18 Uhr nach Hause gehe. Letztlich ist der Bürgermeister, wenn es darauf ankommt, der einzige Ansprechpartner. Das ist doch überall so; machen wir uns doch bitte nichts vor. Da brauchen wir doch niemanden zu diskreditieren.
Ich möchte mit einem weiteren Vorurteil aufräumen, das auch von Ihnen, verehrte, liebe Frau Theil, gestreut worden ist und das von Herrn Hoffmann angesprochen worden ist: Das müsse nun demokratisch legitimiert werden.
Meine Damen und Herren, lesen Sie doch bitte einmal im Verfassungskommentar nach. Sie können den Kommentar von Herrn Klang nehmen, Sie können auch meinen nehmen, der vielleicht nicht ganz so ausführlich ist.
Lesen Sie nach und Sie werden Folgendes feststellen: Ein Gemeinderat ist ein bürgerschaftlich verfasstes Organ. Er ist eben kein Parlament.
Es gibt auch andere Beispiele, wie die Zweckverbände, die riesige Satzungen mit vielen Folgen beschließen. Diese sind auch nicht aus einer unmittelbaren Wahl hervorgegangen. In Thüringen und vor allem in BadenWürttemberg wird das seit 20 oder 30 Jahren praktiziert. Es gibt keine unmittelbare Wahl, aber auch keine verfassungsrechtlichen und kommunalrechtlichen Bedenken, lieber, verehrter Herr Kollege Hoffmann. Räumen wir doch einmal mit diesem Aberglauben auf.
Eher müssen Sie, Herr Minister, aufpassen, dass Ihr Drittes Vorschaltgesetz nicht an den Klippen der Verfassung scheitert; denn Sie schaffen neue Gebietskörperschaften, die wir damals gar nicht in die Verfassung aufgenommen haben.
In der Verfassung steht, Kommunen sind Gemeinden und Landkreise, und nichts anderes. Sie wollen jetzt mit Ihrem Gesetz eine neue Gebietskörperschaft schaffen. Das wird wohl die Verfassungsjuristen und uns natürlich - auch mich als Juristen - sehr interessieren. Deshalb rate ich zur Vorsicht. Lesen Sie dazu noch einmal genau nach.
Dann möchte ich mit einer letzten falschen Vorstellung aufräumen, die zum Ausdruck kommt, wenn gesagt wird, die CDU werde sich untreu. Das hat Frau Wiechmann gesagt, glaube ich. Sie, die CDU, habe doch immer gesagt: Wir machen erst die Verwaltungsreform, während jetzt Maßnahmen auf der kommunalen Ebene in Angriff genommen würden.
Meine Damen und Herren! Das, was wir mit diesem Gesetz bezwecken, ist keine kommunale Gebietsreform, sondern das ist eine Verwaltungsreform auf der Ebene der Kommunen und nichts anderes; denn es wird keine Gebietskörperschaft angerührt. Ich möchte also mit diesem Märchen aufräumen, die CDU würde sich selbst untreu. Sie bleibt auf ihrer Linie, sie will die Funktionalund Verwaltungsreform - das ist auch eine gewisse Funktionalreform - vor der eigentlichen Kreis- und Gemeindegebietsreform realisieren.
Ich freue mich, dass Sie unseren Gesetzentwurf unterstützen und ihn ebenfalls in den Ausschuss überweisen wollen. - Vielen Dank.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Auf den Tribünen hat ein Wechsel stattgefunden. Wir begrüßen jetzt Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Wolfen sowie der Sekundarschule Zörbig.
Meine Damen und Herren! Es wurde die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss beantragt. Ich lasse darüber abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einigen wenigen Gegenstimmen ist der Überweisung zugestimmt worden. Jetzt müssen wir für das Protokoll noch festhalten, in welchen Ausschuss der Gesetzentwurf überwiesen wird. Machen Sie Vorschläge.
Ich plädiere für eine Überweisung zur federführenden Beratung an den zeitweiligen Ausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss.
Das findet Ihr Einverständnis. - Danke. Dann ist das so beschlossen. Die Federführung ist mit beschlossen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 9 abgeschlossen.