Erstens. Die Verwaltungsgemeinschaft erfüllt lediglich die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, wie es Absatz 6 vorsieht. Im Übrigen bedienen sich die Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft zur verwaltungsmäßigen Erledigung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises.
Zweitens. Die Verwaltungsgemeinschaft erfüllt die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und einzelne übertragene Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden nach den Absätzen 3 und 7.
Drittens. Die Verwaltungsgemeinschaft erfüllt die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises bis hin zu allen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden nach den Absätzen 2 und/oder 3.
Eine Übertragung der Aufgaben zur Erfüllung durch die Verwaltungsgemeinschaft soll nur dann stattfinden, wenn diese Aufgaben sinnvoll nur einheitlich oder gemeinsam wirtschaftlicher und zweckmäßiger wahrgenommen werden können und dies auch aufgrund der örtlichen Verhältnisse sinnvoll und zweckmäßig erscheint.
Die in § 1 Nr. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Gesetzentwurfes genannten Aufgaben, meine Damen und Herren von der CDU, nunmehr in die Zuständigkeit der Verwaltungsgemeinschaften zu übertragen und damit eine einheitliche Regelung für das Land SachsenAnhalt zu schaffen, würde diesem Wirtschaftlichkeitsund Zweckmäßigkeitsprinzip zuwiderlaufen. Vor allem aber würde dies die kommunalen Strukturen des Landes in ein einheitliches Raster zwängen. Damit würde genau
der Zustand eintreten, den die Fraktion der CDU nach unserer Auffassung eigentlich vermeiden möchte.
Meine Damen und Herren von der CDU, entspricht es nicht Ihren eigenen Praxiserfahrungen, dass die bevorstehende Verwaltungsreform bereits derzeit für erhebliche Verwirrung und Unruhe in den Amtsstuben der Behörden unseres Landes sorgt?
Wir vertreten die Ansicht, dass zunächst einmal Rechtsfrieden in die Verwaltungsstrukturen des Landes einkehren und dort erhalten bleiben muss. Man sollte die Verwaltungsgemeinschaften so arbeiten lassen, wie es die Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt derzeit vorsieht; denn die augenblicklichen Aufgaben müssen erst einmal in dieser Form bewältigt werden. Anderenfalls - so denken wir - ist eine sinnvolle Arbeit in der Verwaltung nicht mehr möglich.
Im Übrigen haben Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, es versäumt - das denken wir -, im Rahmen Ihres Entwurfes einen Ausblick auf die Personalstruktur des Landes Sachsen-Anhalt zu geben. Eine Erweiterung des Aufgabenumfanges der Verwaltungsgemeinschaften hätte dann auch einen Mehrbedarf an Verwaltungspersonal zur Folge, welcher zwangsweise mindestens zu Umsetzungen, Abordnungen und Versetzungen führen würde.
Aus unserer Sicht ist der für den Gesetzentwurf gewählte Zeitpunkt ausgesprochen unpassend. Aus den vorgenannten Gründen lehnen wir den Gesetzentwurf ab. - Danke schön.
Danke sehr. - Wir hören jetzt eine ehrenamtliche Bürgermeisterin. Für die PDS-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Theil. Bitte, Frau Theil.
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Verehrter Herr Püchel, bei Ihren letzten Ausführungen habe ich gemerkt, dass wir sehr verwandte Gedanken haben. Deshalb kommt es heute nicht so hammerhart.
Der heute von der CDU-Fraktion eingebrachte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften hat einen gewissen Charme. Das will ich nicht verhehlen. Es freut mich, dass die CDU-Fraktion jetzt auch gewillt ist, sich in den enormen Umgestaltungsprozess in unserem Land einzubringen, nicht nur in die Funktional- und Verwaltungsreform, sondern auch in die kommunale Gebietsreform der unteren Ebene; denn an dieser Stelle treffen wir alle gemeinsam auf unsere Wähler und Wählerinnen. Ihnen gegenüber haben wir eine besondere Verpflichtung.
Die in § 75 Abs. 3 aufgeführte Problematik des Modells der Trägergemeinde ist nach jetziger Gesetzeslage bereits parlamentarische Geschichte. Das Erste und das Zweite Vorschaltgesetz sind bereits verabschiedet worden. Das Parlament hat sich mehrheitlich auf die Wahl zweier gleichrangiger Modelle, das der Einheitsgemeinde und das der - nun der neue Begriff des zweiten Modells - Verbandsgemeinde, geeinigt.
Da ich als Bürgermeisterin für klare und überschaubare Hierarchien eintrete, favorisiere ich persönlich - die
Wenn wir es jedoch in den gemeinsamen Beratungen schaffen, das Dritte Vorschaltgesetz so auszugestalten, dass die Gemeinde eine höhere Rangigkeit einnimmt als eine Ortschaft, sind auch für die Mitgliedsgemeinden die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten wesentlich größer, obwohl der Finanzrahmen wesentlich enger wird.
Zu § 77 gibt es eine Aufgabenformulierung zur Übertragung auf die Verwaltungsgemeinschaft, die wir inhaltlich mittragen können, aber nicht in dieser Form.
Wir wissen genau, dass eine Übertragung auf die jetzige Form der Verwaltungsgemeinschaft - die wollen Sie sicherlich nicht ändern, so haben Sie das zum Ausdruck gebracht - rechtlich zumindest bedenklich ist. Im Jahr 1997 wurde die Gemeindeordnung dahin gehend geändert, dass nur mit einstimmigem Beschluss aller Mitgliedsgemeinden eine Aufgabenübertragung zur Erfüllung an die Verwaltungsgemeinschaft in der jetzigen Form möglich ist, eben aus diesem Grund und aus diesen Bedenken heraus. In den wenigsten Fällen ist dies erfolgt.
Die Wahrnehmung dieser Aufgaben muss durch ein direkt gewähltes und damit legitimiertes Organ als parlamentarischer Gegenpol zur Verwaltung beschlossen werden. Diese Voraussetzung erfüllt der jetzt existierende Gemeinschaftsausschuss in den unterschiedlichen Verwaltungsmodellen nicht.
Die Einbringung des Verbandsgemeindeeinführungsgesetzes wird uns die Möglichkeit geben, über diese Themen ausführlich zu beraten. Dabei sollte auch erörtert werden, welche Rolle ehrenamtliche Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sowie die Räte einnehmen.
An dieser Stelle möchte ich ein paar Worte an unseren Innenminister Herrn Dr. Püchel richten. Ich las in einer Broschüre des Bundes, dass Sie der Initiator einer Bundesinitiative sind, die das Ziel verfolgt, den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen der ersten Stunde eine besondere Würdigung angedeihen zu lassen. Aus dem Artikel ging jedoch nicht klar hervor, welchen Zeitraum Sie dabei ins Auge fassen.
Ich fühle mich als Bürgermeisterin der zweiten Stunde - zu Fuß, nicht zu Pferde, wie es Herr Höppner einmal formuliert hat -, der mit anderen Amtskollegen und Amtskolleginnen, egal welcher Partei, die schwierige Aufgabe angetragen wurde, die Verwaltungsreform 1993/94 funktionsfähig zu gestalten. Dieser Prozess ist bis heute nicht beendet.
Nun bin ich zwar nicht in den Club der Feministinnen der PDS eingetreten, aber ich möchte einfach Ihr Herz dafür öffnen, dass die Bürgermeisterinnen zu Fuß nicht die Chance der männlichen Amtskollegen hatten, sich selbst schnell als Gemeindehandwerker in die Vergütungsgruppe VII einzustellen, um somit ihren umfangreichen Aufgaben als Bürgermeister gerecht zu werden.
Eine Aufwandsentschädigung für einen ehrenamtlich tätigen Bürgermeister oder für eine ehrenamtlich tätige Bürgermeisterin, die ab einer Höhe von 350 DM zu ver
steuern ist, aber für sieben Jahre Tätigkeit keine rentenwirksame Anrechnung findet, ist wohl kein Ausgleich für das Ehrenamt und erst recht nicht für Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe.
Ich denke, dass im Jahr des Ehrenamts auch dieses Problem einer ausführlichen Erörterung im Rahmen der Diskussion über das Dritte Vorschaltgesetz bedarf.
Dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion können wir aus den erwähnten rechtlichen Bedenken unsere Zustimmung nicht geben, Herr Becker. Wir sind aber dafür offen, dass Ihre Vorstellungen im zeitweiligen Ausschuss Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform durchaus in der Beratung berücksichtigt werden sollten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Hoffmann. Bitte, Herr Hoffmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU legt wieder einmal einen Gesetzentwurf vor, der mit dem Motto „gleiches Prozedere, Mehrheiten nicht anerkennend, nicht zukunftsfähig, politisch unseriös“ überschrieben werden kann.
Erstens. Die Verwaltungsgemeinschaften würden mit diesem Gesetzentwurf weder fortentwickelt, noch könnten sie damit künftige Aufgaben erfüllen. Es wird ihnen suggeriert, dass sie dadurch Entscheidungsspielräume und Perspektiven erlangen, was nicht der Fall ist.
Zweitens. Wir lehnen die Wiedereinführung der Trägergemeinde ab. Gerade ist die Abschaffung beschlossen worden, schon wollen Sie wieder den demokratischen Mehrheitswillen des Landtages - darüber haben wir vorhin gesprochen - nicht akzeptieren. Die bisherigen Trägergemeinden können sich schließlich zu Einheitsgemeinden zusammenschließen. Das wäre doch völlig in Ordnung.
Drittens. Es ist positiv zu bewerten, dass sich die CDU intensiver als bisher mit der Materie befasst. Augenscheinlich erkennt die CDU nun auch den Reformbedarf an. Die klare Alternative, die Herr Professor Böhmer vorhin aufzeigte, die die CDU einmal vorlegen werde, ist dieser Gesetzentwurf jedenfalls nicht.
Viertens. Das Grundgesetz und die Verfassung unseres Landes geben uns vor, dass die Ebene, auf die die Zuständigkeit übertragen wird, über eine direkt demokratisch legitimierte Vertretung verfügen muss.
Diese Notwendigkeit ergibt sich aus Artikel 28 des Grundgesetzes und aus Artikel 89 der Verfassung unseres Landes.
Insoweit ist der Gesetzentwurf des Verbandsgemeindeeinführungsgesetzes des Innenministers nur konsequent und verfassungsgemäß. Der Gesetzentwurf der CDU entspricht nicht diesen Verfassungsvorgaben.
Wir sind allerdings bereit, bei der Beratung über unser demnächst in den Landtag einzubringendes Verbandesgemeindeeinführungsgesetz über die in Ihrem Gesetzentwurf aufgeführte Aufgabenübertragung zu beraten. Also ist dieser Gesetzentwurf zumindest ein kleiner Beitrag, aber auch nur ein kleiner Beitrag, zur Diskussion über das Dritte Vorschaltgesetz.
Wir äußern die Hoffnung, dass die CDU nach den Bürgermeisterwahlen zu einer konstruktiven Beratung findet; denn dies ist - so ist das vorhin schon angeklungen - mit Voraussetzung für künftige Mitverantwortung.