Protocol of the Session on April 6, 2001

In einer Paketlösung, die neben anderen Sachverhalten auch ein neues Bewertungs- und Bezahlungssystem beinhaltete, konnte erreicht werden, dass über 10 000 Arbeitsplätze in unbefristete Stellen umgewandelt worden sind. Der Preis dafür war, dass die Beschäftigten, die nach dem 1. Januar 2001 eingestellt wurden und werden, bis zu 29 % geringere Löhne in Kauf nehmen müssen.

Nach wie vor hält die Post AG jedoch eine erhebliche Anzahl an befristeten Arbeitsplätzen vor, obwohl der vorhandene und prognostizierte Arbeitskräftebedarf einen höheren Beschäftigungsgrad zulassen würde.

Das Ziel ist, mit Wissen der Bundesregierung zulasten der Beschäftigten das Unternehmen börsenfähig zu machen. Für ein europaweit agierendes Unternehmen ist diese Entwicklung der falsche Weg, um gegen ruinöses Lohn- und Sozialdumping insbesondere im Transportgewerbe vorzugehen.

Die Ausgliederung aller Fahrdienstleistungen soll bis zum 31. Dezember 2002 abgeschlossen sein. 12 000 Arbeitsplätze sind dadurch gefährdet.

Richtig ist, dass es einen Tarifvertrag gibt, in dem ein Kündigungsschutz für die Betroffenen bis zum Jahr 2004 vereinbart worden ist. Dieser Kündigungsschutz bezieht sich jedoch ausschließlich auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen. Alle anderen Kündigungsarten, wie beispielsweise Änderungskündigungen zur Verschlechterung der Arbeits- und Einkommensbedingungen, bleiben davon unberührt.

Die Unterbringung der betroffenen Beschäftigten, zum Beispiel von Fahrern, erfolgt zulasten der befristeten Stellen. In Sachsen-Anhalt werden dadurch 350 Beschäftigte, die an den Standorten Magdeburg, Hohenthurm bei Halle, Osterweddingen und Radefeld tätig sind, ihre Arbeit verlieren.

Die 600 Beschäftigten im Fahrbereich sollen zwar formal einen Job erhalten, der nicht unbedingt ihrer Qualifikation entspricht, bei dem sie aber mit einer weiteren Arbeitszeitreduzierung und damit mit Einkommensverlusten zu rechnen haben.

Erfahrungsgemäß wird über mehr oder weniger freiwillige Vereinbarungen der geplante Personalabbau - es geht um 12 000 Stellen, ich sage das noch einmal dennoch vollzogen.

Wir dürfen nicht übersehen, dass diese absehbaren Einkommensverluste in unserem Land dazu beitragen, dass sich die Kaufkraft weiter verringert und dass sich die Steuereinnahmen sowie die Sozialbeiträge rückläufig entwickeln werden.

Eine andere Seite dieser Entscheidung ist die Vergabe der Fahrdienstleistungen an Unternehmen, die sich durch Preisunterbietung die Aufträge sichern und die geringen Preise durch Lohndumping und den Ausschluss von Sozialleistungen an die Beschäftigten weitergeben.

Erfahrungen zeigen, dass diese Unternehmen so gut wie nichts in die Wartung und Pflege der Fahrzeuge investieren können, dass sie die Fahrer über die gesetzlich vorgeschriebene Zeit hinaus einsetzen und damit die Verkehrssicherheit erheblich gefährden. Der Innenminister kann dazu bestimmt einige Informationen beitragen.

Deshalb fordern wir die Einführung einer EU-Lizenz für die Arbeitsbedingungen der Fahrer aus Drittstaaten, wirkungsvolle Kontrollen und Überwachungsmaßnahmen und eine deutliche Erhöhung der Bußgelder, damit sich rechtswidrige Praktiken nicht lohnen.

Abschließend möchte ich Sie auffordern, unserem Antrag zuzustimmen. Dem Antrag der SPD-Fraktion können wir nicht zustimmen. Er wird unserem Anliegen nicht gerecht.

(Beifall bei der PDS)

Wir haben im Ältestenrat eine Fünfminutendebatte vereinbart in folgender Reihenfolge: DVU-, CDU-, SPD-, FDVP- und PDS-Fraktion. Vorher hat für die Landesregierung in Vertretung der Wirtschaftsministerin Minister Herr Dr. Heyer das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausgliederung von Produktions- und Dienstleistungen, das so genannte Outsourcing, im Rahmen der Umstrukturierung großer Unternehmen kann sehr wohl unterschiedliche Effekte haben.

Einerseits können Leistungen verlagert werden, die von mittelständischen Unternehmen besser umgesetzt werden können. Damit wird dieser Bereich der Wirtschaft gleichzeitig gestärkt, ohne dass die großen Unternehmen Abstriche vornehmen müssen.; ich kenne das Problem aus dem Bereich der Deutschen Bahn AG. Andererseits gibt es aber auch Ausgliederungen, bei denen die Verlagerungen nicht mit dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse übereinstimmen.

Die Deutsche Post AG ist, wie wir wissen, aus der staatlichen Reglementierung entlassen worden. Sie ist mit dem Börsengang Ende des Jahres 2000 auf dem Weg in die vollständige Privatisierung. Sie befindet sich also nicht mehr in der Obhut des Staates, liegt deshalb auch außerhalb des unmittelbaren Kompetenzbereichs der Landesregierung. In der Debatte über die Fremdvergabe von Fahrdienstleistungen sollte das berücksichtigt werden.

(Zustimmung von Frau Fischer, Merseburg, CDU)

Ich darf Sie darüber informieren, dass Frau Kollegin Budde von der Betriebsgruppe des Briefzentrums in Osterweddingen der Deutschen Postgewerkschaft bereits im Februar über den Sachstand informiert wurde, dass die Deutsche Post AG den Bereich Verkehr und Transport durch Fremdvergabe aus dem Unternehmensverbund herauszulösen beabsichtigt.

Nach den vorliegenden Informationen kann es die Standorte Osterweddingen und Hohenthurm bei Halle betreffen. Berührt davon sind sowohl der Brief- als auch der Paketbereich des Unternehmens. Bundesweit sollen langfristig 12 000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Die anteilige Zahl von 650 Postmitarbeitern für SachsenAnhalt konnte bisher nicht bestätigt werden.

Auf der Grundlage dieser Informationen hat sich Frau Kollegin Budde bereits an die Deutsche Post AG in Bonn gewandt. Von dort erhielt sie die Aussage, dass eine vollständige Fremdvergabe der Transportleistungen bis Ende des Jahres 2002 nicht vorgesehen ist.

In diesem Zusammenhang weise ich auf Folgendes hin Frau Kollegin Rogée, Sie haben das auch erwähnt -: Es gibt zwischen den Tarifpartnern - das sind die, die am meisten davon verstehen - einen gültigen Rationalisierungstarifvertrag, nach dem betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2004 ausgeschlossen sind.

Bereits heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, kauft das Unternehmen fremde Transportleistungen ein bzw. vergibt sie. So werden jede Nacht viele Tonnen von Postsendungen im innerdeutschen Nachtpostflugnetz durch die Parcel Intercity oder durch private Straßentransportunternehmen befördert.

Bei der Debatte über das Für und Wider der Fremdvergabe dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass sich die Deutsche Post AG wie alle anderen Unternehmen der Branche dem Wettbewerb stellen muss. Das bedeutet zwangsläufig eine ständige Überprüfung der Kostensituation des Unternehmens und das Recht auf Anpassung und Änderung des eigenen unternehmerischen Handelns aufgrund von betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen. Gerade der Expressbereich ist ein weltweit stark umkämpfter Markt, sodass hier Einsparpotenziale genutzt werden müssen, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Das darf aber nicht dazu führen, meine Damen und Herren, dass rechtswidrigen Praktiken von Spediteuren Tür und Tor geöffnet wird, wie die Deutsche Postgewerkschaft befürchtet. Einem solchen Unterbietungswettbewerb, der ein Lohn- und Sozialdumping zur Folge hat, muss die Politik entgegentreten. Außerdem ist davon auszugehen, dass es sich die Deutsche Post AG im Hinblick auf die Sicherung des eigenen Firmenrufes nicht erlauben kann, den schwarzen Schafen der Transportbranche Transportaufträge zu erteilen.

Es ist laut Aussage der Deutschen Post AG vorgesehen, dass Fremdvergaben nur im Rahmen von Fluktuationen bzw. des Ausscheidens von Mitarbeitern umgesetzt werden und dass dieser Prozess der Umwandlung auf für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialverträgliche Art und Weise erfolgen wird. Dennoch ist es verständlich, wenn sich die Postbeschäftigten Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen und das auch kundtun, wie sie es gestern mit dem Autokorso zum Magdeburger Landtag getan haben.

Man sollte noch darauf verweisen, dass zu diesem Thema derzeit Gespräche zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Unternehmensleitung geführt werden, deren Ergebnis abzuwarten ist.

Einigkeit herrscht bei der Bundesregierung und den SPD-geführten Ländern darüber, die Exklusivlizenzen der Deutschen Post AG um fünf Jahre zu verlängern. Nach einem Kabinettsbeschluss vom März sollen sie nun erst im Jahr 2007 auslaufen. Hauptbeweggrund für die Entscheidung sind die schleppenden Verhandlungen über die neue Postdienstrichtlinie innerhalb der Europäischen Union. Da eine Reihe von Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft ihre nationalen Postmärkte noch nicht öffnen will, wird befürchtet, dass eine vorzeitige Marktöffnung in Deutschland zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für die Deutsche Post und damit auch zu negativen Effekten für die Beschäftigten führen könnte.

Ich darf Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss mitteilen, dass der Bundesrat auf seiner Sitzung in der letzten Märzwoche der Benennung von Frau Kollegin Budde als Mitglied des Beirates bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zugestimmt hat. Ihre Berufung sollte bis zur nächsten Sitzung vorliegen. Sie wird sich dann um die Einbringung eines entsprechenden Tagesordnungspunktes zum Thema „Fremdvergaben“ im Rahmen der kommenden Beiratssitzung bemühen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und für Ihre Nachsicht dafür, dass ich nicht in eigener Angelegenheit gesprochen habe.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Eine Anfrage.

Das respektiere und das verstehe ich auch. Aber ich habe eine Frage: Sagen Sie, ist es richtig, dass die Bundesrepublik dennoch bei der Deutschen Post Anteile in Höhe von 51 % hält?

Ja, das wird wohl so sein.

Genau dahin geht mein Antrag, zu sagen: Der Einfluss ist möglich.

Was die Zahlen und die Abläufe betrifft - Sie haben das genannt; ich gehöre auch ein bisschen zu ver.di -, ist uns von der DPG immer wieder bestätigt worden, dass die Ausgliederung der Fahrdienstleistungen bis zum Jahr 2002 abgeschlossen sein soll.

Aus eigener Kenntnis, liebe Frau Kollegin Rogée, kann ich dazu natürlich nichts sagen. Ich habe Ihnen das mitgeteilt, was Frau Kollegin Budde mir aufgeschrieben hat.

Ich kann Ihnen aber zu der allgemein angesprochenen Frage sagen, dass eine Privatisierung eine Privatisierung ist und dass die unternehmerischen Entscheidungen - ich kenne das sehr genau aus dem Bereich der Deutschen Bahn AG und so ähnlich verhält es sich auch mit der Post AG - vom Vorstand getroffen werden. Der Vorstand haftet nach dem Aktiengesetz für seine Entscheidungen, und es ist nicht unmittelbar möglich, als Eigentümer eigene Interessen in den Unternehmensbereich einzubringen.

Ich verkenne das Problem nicht, bin aber der Auffassung, dass mit dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der Ihnen vorliegt, das Thema genauer und richtiger angesprochen wird. Ich wäre Ihnen deshalb dankbar, wenn Sie sich noch einmal überlegen könnten, ob Sie sich diesem Antrag nicht anschließen wollen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)

Für die DVU-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Brandt.

Herr Präsident! Werte Herren und Damen! Da die Post AG ihre einstige Monopolstellung verloren hat und durch die neuen Medien, wie das Internet, noch weiter verlieren wird, sucht sie nach Möglichkeiten, sich umzustrukturieren, um das Unternehmen konkurrenzfähig zu gestalten. Als eine Möglichkeit dafür sieht man beim Management der Post AG die Ausgliederung und Fremdvergabe von Fahrdienstleistungen. Ob das eine Möglichkeit ist, die Post rentabler zu gestalten, wird die Zukunft erweisen.

Wie sieht es aber aus der Sicht der Postbeschäftigten aus? Sollte es zu der Fremdvergabe kommen, werden allein in Sachsen-Anhalt 650 Leute entlassen, welche zurzeit 97 % des Tariflohnes in den alten Bundesländern

erhalten und sich bei der Post arbeitsplatzmäßig sicher wähnen. Viele Leute sind dabei, die ihr ganzes Arbeitsleben bei der Post verbracht haben und nun auf dem Arbeitsmarkt fast chancenlos sind.

Einige jüngere Kollegen werden wieder einen Job bei einer Spedition bekommen, welche den Zuschlag für die Fahrdienstleistungen erhalten hat. Dort ist man allerdings nicht zur Zahlung von Tariflöhnen gezwungen, sodass der ehemalige Postfahrer die gleiche Arbeit macht wie vorher, allerdings für weniger Geld.

Meine Herren und Damen! Wir sind auch für die Marktwirtschaft, aber ein Kaputtkonkurrieren darf es dabei nicht geben. Hier haben die Politiker regulierend einzugreifen. Die Landesregierung möge deshalb auf die Bundesregierung als Hauptaktionär der Post AG dergestalt einwirken, dass eine Umstrukturierung der Post sozialverträglich ausfällt. Bei dem jetzt angedachten Stellenabbau von bundesweit 12 000 Stellen können wir keinen sozialen Aspekt erkennen. - Danke.

(Zustimmung bei der DVU)

Danke. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Fischer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Heyer, an Frau Budde viele Grüße. Ich glaube, wir hatten die gleichen Informanten. Ich kann nämlich den Redebeitrag von Frau Budde, den Sie gehalten haben, voll unterstreichen und es finden sich auch Passagen in meinem Beitrag wieder, die ich nun weglassen kann.

Irgendwann werden wir als Politiker dahin kommen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gesetze des Marktes und die Anforderungen an und für eine soziale Marktwirtschaft einfach nur anzuerkennen. Eine Klientelbedienung, wie Sie sie mit Ihren Anträgen versuchen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS und von der SPD, nützt wirklich niemandem.

Die Deutsche Post AG, ein privatisiertes Unternehmen, muss sich in allen Unternehmensbereichen den gleichen harten Wettbewerbsbedingungen stellen, wie es jedes andere Unternehmen auch tun muss. Harter Wettbewerb hat oft zur Folge, dass die Unternehmenszahlen einfach nicht mehr stimmen. Die Kostensituation muss in jedem Unternehmen ständig geprüft und Einsparpotenziale müssen gesucht werden.