Protocol of the Session on April 5, 2001

Diese Einrichtungen sind außerdem noch nicht immer ortsnah integriert, sodass längere Anfahrtswege notwendig sind.

Erhebliche Mängel gibt es in den stationären Einrichtungen. So fehlt es in diesen oftmals an baulicher Substanz. Nur wenige Pflegeheime sind bis zum heutigen Zeitpunkt saniert bzw. umgebaut worden. In vielen Einrichtungen ist der bauliche Zustand noch immer auf dem Stand der DDR-Zeit. Fachpersonal ist Mangelware. Die sonstigen Mitarbeiter von Behindertenheimen und Pflegeheimen sind nicht ausreichend qualifiziert und größtenteils gar nicht qualifiziert.

(Frau Lindemann, SPD: Das ist eine Beleidigung für die Mitarbeiter der Heime! - Frau Krause, PDS: Eine gesetzliche Grundlage ist geschaffen!)

Der Mangel an Personal wird oft nur durch Zivildienstleistende kompensiert, ohne die der Pflegedienst nach heutigem Stand gar nicht mehr existieren kann.

Diese Probleme basieren lediglich auf der schlechten finanziellen Ausstattung der Pflegeheime. Fachpersonal ist fast nicht mehr bezahlbar, sodass aufgrund von Kosteneinsparungen ein Rückgriff auf teilqualifizierte und unqualifizierte Mitarbeiter, also Billigpersonal, erfolgen muss. Dass dies zulasten der Betreuungsqualität geht, ist für jeden nachvollziehbar.

Nach Aussage der Landesregierung wurden für den Personenkreis der geistig und mehrfach behinderten Menschen ausreichend viele vollstationäre Plätze geschaffen. Was aber heißt „ausreichend“? - Ausreichend bedeutet lediglich akzeptabel. Also bleiben diesbezüglich doch noch Forderungen offen.

Für seelisch behinderte Menschen, deren Anteil nicht unerheblich ist, besteht zudem noch erheblicher Hand

lungsbedarf, zumal der Anteil seelisch behinderter Menschen in der Bevölkerung steigt.

Dem Trend, eine ambulante Behandlung einer teilstationären bzw. einer vollstationären vorzuziehen, kann man nur bedingt folgen. Dies wird schon vielfach praktiziert und ist zur Entlastung der Pflegeheime auch notwendig. Allerdings sollte diesbezüglich eine Entscheidung im Einzelfall gründlich abgewogen werden.

Bei der ambulanten Betreuung sowie der teilstationären Betreuung sind wiederum die Betreuungsvereine gefordert. Den Vereinen fehlt es aber an finanziellen Mitteln, sowohl bei den Personal- als auch bei den Sachkosten, zur Realisierung wichtiger Aufgaben der Querschnittsarbeit, zumal diese auch nur auf Antrag zur Verfügung gestellt werden.

Erschwerend hinzu kommt die jährlich anfallende Kürzung im Haushalt, was zur Folge hat, dass bereits bestehende Betreuungsverhältnisse auf ein Minimum reduziert werden mussten. Bei einer strikten Umsetzung des Prinzips „ambulant vor stationär“ entsteht ein immenser Mehraufwand für die Betreuungsvereine. Bei der derzeitigen finanziellen Ausstattung ist das nicht mehr realisierbar.

Als unzureichend ist auch die gemeinde- und wohnortnahe Betreuung zu bewerten. Besonders im ländlichen Raum bestehen in diesem Bereich erhebliche Defizite. Es entsteht viel zu oft ein Mehraufwand an Fahrdienstleistungen, sofern überhaupt ein Fahrdienst in Anspruch genommen werden kann, um eventuell eine Werkstatt für Behinderte oder sonstige Einrichtungen mit Tagesförderung zu erreichen.

Abschließend kann an dieser Stelle gesagt werden, dass die Landesregierung das gesteckte Ziel nicht erreicht hat. Es bleibt noch viel Arbeit übrig, hoffentlich mit einem angemessenen Budget. - Danke.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Das Schlusswort steht nach der Geschäftsordnung nunmehr dem Abgeordneten Herrn Dr. Eckert zu. Bitte, Herr Dr. Eckert.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, zunächst möchte ich kurz bemerken, dass seit dem Jahr 1990 gerade im materiellen Bereich, aber auch bei der Qualifizierung des Personals vieles geleistet wurde, sodass die Bedingungen erheblich verbessert werden konnten.

Wir kritisieren, dass nicht alle in erheblichem Umfang bestehenden Chancen für eine Verbesserung der Lebensmöglichkeiten genutzt worden sind. Diesbezüglich geht es insbesondere um das, was zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich noch einmal thematisiert werden wird, und zwar um die strikte Trennung der Zuständigkeiten von örtlichem und überörtlichem Sozialhilfeträger. Sie haben angeführt, dass die Kommunen ihre Verantwortung scheinbar nicht wahrnehmen.

Ich glaube nicht, dass es richtig ist, einfach darauf zu verweisen, dass nach dem FAG Mittel weitergegeben werden; denn es ist sicher, dass die Zuwendungen in den letzten Jahren ständig - zumindest anteilig - gekürzt worden sind und damit Spielräume der Kommunen eingeschränkt worden sind. Frau Krause hat es dargestellt.

Es gilt daher, nach Lösungen zu suchen, damit sowohl die Interessen des Landes als auch die Interessen der Kommunen und insbesondere die Interessen und Bedürfnisse der behinderten Menschen in Einheit gesehen und berücksichtigt werden. - Das wäre die erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung. Natürlich ergeben sich aus dem Abschluss des Rahmenvertrages nach §§ 93 ff. des Bundessozialhilfegesetzes eine Reihe von Chancen. Ich kritisiere nicht, dass dieser Rahmenvertrag abgeschlossen wurde und dass es diesbezüglich noch Probleme gibt. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass es tatsächlich eine neue Chance ist und dass Sie - Sie haben es ausgeführt - eigentlich eine andere Position als in der Antwort der Landesregierung dargestellt einnehmen, nämlich dass Sie gemeinsam mit den Beteiligten, mit den Verbänden und der Selbsthilfe bemüht sein werden, nach Lösungen im Sinne des Prinzips „ambulant vor stationär“ zu suchen.

Insofern begrüße ich diese Aussage und gehe davon aus, dass Sie mit uns übereinstimmen, dass die Perspektiv- und Netzplanung in der Diskussion mit den verschiedenen Partnern qualifiziert werden muss; denn ich weiß, dass es zu erheblichen Umsetzungsproblemen kommen wird. Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Ausschuss und vor Ort werden diskutieren können, um es kritisch und konstruktiv zu begleiten. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Damit ist die erste Aussprache zu einer Großen Anfrage beendet.

Ich rufe die zweite Aussprache zu einer Großen Anfrage auf:

Sozialhilfe und Arbeit - Hilfe zur Arbeit in SachsenAnhalt

Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 3/3539

Antwort der Landesregierung - Drs. 3/4098

Für die Debatte wird folgende Reihenfolge vorgeschlagen: DVU, SPD, FDVP, PDS und CDU. Ich erteile der Fraktion der CDU, der Fragestellerin, das Wort. Bitte, Frau Stange, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bekämpfung der außerordentlich hohen Arbeitslosigkeit muss eine vordringliche Aufgabe der Landespolitik in Sachsen-Anhalt sein.

Leider hat die stetige Zunahme der Arbeitslosenzahlen in den letzten Jahren auch zu einer Steigerung der Zahl der Frauen und Männer geführt, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Die Integration arbeitsloser Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger wird jedoch häufig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verdrängt. Bevor an die Vermittlung von Sozialhilfeempfängern gedacht wird, findet sich eher ein Arbeitsloser.

Die Sozialhilfeausgaben belasten die kommunalen Haushalte erheblich. Das ist ein entscheidender Punkt. Die finanziellen Handlungsspielräume für die Kommunen werden massiv eingeengt. Es ist die Aufgabe der Bundespolitiker und der Landespolitiker, auf der jeweiligen

Ebene Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Kommunen auf jede Art und Weise von der Sozialhilfe zu entlasten. Einen wichtigen Punkt sieht die CDU-Fraktion dabei in einer Wirtschaftspolitik, die auf dem ersten Arbeitsmarkt Arbeitsplätze schafft. Somit können wir die Sozialhilfe entlasten.

(Zustimmung bei der CDU)

Von 1994 bis 1999 ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Sachsen-Anhalt um mehr als die Hälfte gestiegen. Der Antwort der Landesregierung zufolge sind die Ausgaben um 9 % gefallen. Das ist eigentlich ein gutes Signal. Hintergrund ist aber, dass die Pflegeversicherung als ein Werk der CDU eingeführt worden ist. Das hat zur deutlichen Entlastung der kommunalen Sozialhaushalte geführt.

Am Ende des Jahres 1999 bezogen in Sachsen-Anhalt 83 000 Menschen Sozialhilfe. Das sind 3,1 % der Einwohner. Die öffentliche Hand hat im Jahre 1998 fast 1,6 Milliarden DM ausgegeben, 1999 waren es schon 43,5 Millionen DM mehr. Die Ausgaben steigen stetig. Das muss das Signal sein.

Es ist festgestellt worden, dass mehr Frauen als Männer Sozialhilfebezieher sind, aber auch die Anzahl der Kinder bis zum 15. Lebensjahr, die leider schon Sozialhilfeempfänger sind, ist erheblich.

Von den 51 000 Sozialhilfeempfängern im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren sind am Jahresende 1999 3 000 Personen erwerbstätig und 48 000 nicht erwerbstätig gewesen.

Für die Entlastung der Sozialhilfe spielt die Eingliederung arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger in den Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle. Denn bei der Eingliederung von Personen in den ersten Arbeitsmarkt oder überhaupt in den Arbeitsmarkt würden wahrscheinlich viele Familienmitglieder ebenfalls keine Sozialhilfe mehr benötigen.

In der Altersstruktur ist der Anteil der 30- bis 40-Jährigen am höchsten, obwohl diese sich im besten erwerbsfähigen Alter befinden.

Das Bundessozialhilfegesetz gibt in den §§ 18 ff. Instrumentarien vor, mit denen die Sozialhilfeempfänger in Arbeit gebracht werden können. Das BSHG sieht vor, dass Hilfe zur Arbeit in Form von Lohnkostenzuschüssen, Qualifizierungsmaßnahmen und befristeten Arbeitsgelegenheiten oder auch gemeinnütziger Arbeit angeboten wird.

Es wurde vorhin schon gesagt, Träger sind die Landkreise und die kreisfreien Städte. Mit dieser Begründung hat sich die Landesregierung in einer Vielzahl von Fällen außerstande gesehen, die gestellten Fragen zu beantworten. Nun wissen wir aber auch, dass die Haushaltsund die Kommunalstatistiken eine Fülle von planungsrelevanten Informationen enthalten und so manche Frage vielleicht doch hätte beantwortet werden können.

Daher freut sich die CDU ganz besonders, dass der Landkreistag angeregt hat, die von uns aufgeworfenen Fragen und Problemstellungen zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung zu machen. Das heißt für uns, dass die aufgeworfenen Fragen zumindest klärungsbedürftig sind, und das ist schon ein erster Schritt, um im Bereich der Sozialhilfe weiterzukommen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU, und von Herrn Scharf, CDU)

Ziel einer solchen Untersuchung muss es sein, dass die Anwendung des Instrumentariums „Hilfe zur Arbeit“ durch einen gezielten Ausbau von Steuerungs- und Evaluierungsinstrumenten zu verbessern ist.

Freimütig räumt die Landesregierung in ihrer Antwort auf unsere Anfrage ein, dass im Bereich der Sozialhilfe der Einsatz aktiver Instrumente der Arbeitsförderung zu verstärken ist. So sehr diese Erkenntnis der Landesregierung zu begrüßen ist, muss gleichzeitig festgestellt werden, dass das Instrument „Hilfe zur Arbeit“ nur bedingt zu einer Veränderung der Verwaltungspraxis geführt hat. Als Grund hierfür gibt die Landesregierung an, dass sowohl die strukturellen Voraussetzungen in den Sozialämtern als auch die erforderlichen Finanzmittel nicht immer vorhanden sind.

Die CDU fordert, dass neben den bisherigen Aufgaben für das Berechnen und Bewilligen von Leistungen zukünftig die Arbeitsschwerpunkte und -inhalte der Sozialhilfe zu verändern, neue Aufgaben in den Vordergrund zu stellen sind und ihnen mehr Bedeutung beizumessen ist.

Eine wesentliche Erkenntnis aus der Antwort der Landesregierung auf unsere Frage 3 ist, dass infolge des Sozialhilfereformgesetzes die Instrumente der Hilfe zur Arbeit nicht in dem Umfang ausgeweitet werden konnten, wie dies auch von der Landesregierung gewünscht worden war. Sicherlich ist die Hilfe zur Arbeit in Sachsen-Anhalt - das ist uns bekannt - aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit ein schwer zu handhabendes Instrument. Bisher ist es nicht ausreichend zielführend gewesen. Daher müssen verstärkte Anstrengungen unternommen werden, damit Sozialhilfeempfänger eine Perspektive haben.

Nach unserer Auffassung müssen wir zum Problemkreis der Ablehnung von angebotenen und zumutbaren Arbeitsgelegenheiten gemeinsam und offen diskutieren. Uns ist das sehr wichtig, um zum Beispiel Scheinablehnungsgründen noch besser entgegenwirken zu können; denn es ist aus der Antwort zu ersehen, dass die Personen, die solche Arbeitsangebote ablehnen, insbesondere der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen angehören. Es ist auch ein Fakt, dass durch die Kürzungen, die dann vorgenommen werden und die selbst bis zur Einstellung der Leistungen zum Lebensunterhalt gehen, leider keine Verhaltensänderungen herbeizuführen sind.

Es gibt verschiedene Beispiele aus Nordrhein-Westfalen und Köln. In Köln gibt es gerade für junge Leute eine Jobbörse „Junges Köln“, die angemeldete Sozialhilfeempfänger automatisch zum Arbeitsamtsbereich verweist, sodass hierbei eine Zusammenarbeit hergestellt wird. Die Erfolge sind gut, denn diese Jobbörse hat fast 40 % der Klienten in eine Ausbildung oder Beschäftigungsförderungsmaßnahmen vermittelt.

In Bremen müssen sich zum Beispiel unter 26-Jährige zunächst bei der Arbeitsvermittlung melden. Dies hat auch einen Erfolg gebracht, obwohl Bremen 9,9 % Sozialhilfeempfänger hat. Ich erinnere daran: Sachsen-Anhalt hat 3,1 % Sozialhilfeempfänger; Bremen hat also das Dreifache. Es ist ein Erfolg, dass 45 % der Klienten unmittelbar in den Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Das ist lobenswert und vielleicht auch auf uns übertragbar.

An dieser Stelle möchte ich den Landkreis Halberstadt mit seiner Sozialberichterstattung lobend erwähnen. Dieser aufschlussreiche Bericht ist nicht nur Zahlenmaterial,