rungsantrag zustimmen, um ihr Handzeichen. - Ich will klarstellen: Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion ab. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit hat dieser Änderungsantrag keine Mehrheit gefunden; die Zahl der Gegenstimmen war größer.
Nun stimmen wir über den Antrag der PDS-Fraktion ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer größeren Zahl von Enthaltungen und vier Gegenstimmen hat dieser Antrag Zustimmung gefunden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 23 abgeschlossen.
Meine Damen und Herren! Wir haben noch zwei Tagesordnungspunkte abzuarbeiten. Wir setzen die Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 24 fort:
Einbringer ist Herr Rahmig für die SPD-Fraktion als Erstunterzeichner des Antrages. Es wird dann eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge CDU, PDS, FDVP und SPD geführt werden. Die DVU-FL hat auf einen Beitrag verzichtet. Ich bitte Herrn Rahmig, das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die den Fraktionen der CDU, der PDS und der SPD angehörenden Mitglieder des Wirtschaftsausschusses waren sich zwar darin einig, dass mit der Anhörung der Landtagsbeschluss in der Drs. 3/28/2208 B formal erfüllt ist, aber das Ergebnis des Gehörten erforderte eine Bewertung. Wir wollten das Protokoll nicht einfach zur Seite legen, sondern gemeinsam das vorgestellte Handlungskonzept der Landesregierung unter dem Eindruck dessen ergänzen, was wir in der Anhörung gehört haben.
Meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass sich die Mitglieder der drei Fraktionen bei dem Thema Ingenieurbedarf zusammenfinden. Das ist wohl ein Zeugnis für den Willen zur sachlichen und konstruktiven Zusammenarbeit. Wir haben heute im Laufe des Tages manchmal schon andere Töne gehört. Darum möchte ich das etwas versöhnlich zum Ausklang des heutigen Tages feststellen.
Natürlich gibt es im Hinblick auf Details Interpretationsspielräume, die zum sachlichen Meinungsstreit herausfordern. Das ist ja kein Nachteil. Mir ist aus den Fraktionen rechts und links schon signalisiert worden, dass dazu etwas kommen wird. Unter dem Eindruck dessen, was ich vorher gesagt habe, sage ich bereits an dieser Stelle: Wir werden das sachlich, aber sicherlich recht positiv befinden und uns dafür entscheiden.
Meine Damen und Herren! Der Dissens oder, wenn Sie so wollen, die kleinen Ungereimtheiten beginnen schon bei der von uns gewählten Überschrift. Der Ingenieurbedarf - so wurde deutlich - wird in Deutschland, also auch in den neuen Bundesländern und in SachsenAnhalt, wachsen. Es ist aber nur ein Trend erkennbar. Konkrete Zahlen konnten auch in der Anhörung nicht genannt werden.
Es kam allerdings auch zum Ausdruck, dass der Ingenieurbedarf selbst in den noch schrumpfenden Wirtschaftszweigen in Zukunft auch bei uns im Land einen sicheren Arbeitsplatz verspricht. Ich empfehle die Lektüre der VDI-Studie „Ingenieurbedarf 2000“, die unter anderem aussagt, dass der Arbeitsmarkt für Ingenieure wie jede andere Marktbeziehung durch Abstimmungsprobleme zwischen Angebot und Nachfrage geprägt ist.
Wir sollten uns also als Politiker nicht übernehmen. In der Studie steht - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident - in schönem Professorendeutsch:
„In der Berufs- und Arbeitsmarktforschung spricht man hier von einer objektiven Vagheit des Qualifikationsbedarfs.“
In der gestrigen Debatte zur Verzahnung von Wirtschaft und Bildung, Herr Professor Spotka, waren wir uns zumindest darin einig, dass es einiges zu bereden und zu suchen gilt.
Ich wiederhole: Die Anhörung machte deutlich, dass der Bedarf an Ingenieuren auch im Land Sachsen-Anhalt wächst. Der Antrag trägt dem Rechnung, wobei in Übereinstimmung mit der VDI-Studie hervorzuheben ist, dass die Attraktivität des Ingenieurstudiums und des Ingenieurberufs für Frauen noch erhöht werden kann.
Ein Schwerpunkt in der Diskussion während der Anhörung war die Frage, wie das Interesse an einem Ingenieurstudium geweckt werden kann. Die Teilnehmer können sich sicherlich daran erinnern, dass wir diesbezüglich die Gymnasien befragt haben. Ein zweiter Punkt war die Frage, wie wir Absolventen zum Verbleib im Land bewegen können. Das war gestern ebenfalls ein Thema.
In einer Wissensgesellschaft ist folgende Frage wohl unabdingbar: Wie ist eine ständige Weiterbildung - nicht nur, aber auch - arbeitsloser Ingenieure zu organisieren? Auch diesbezüglich haben wir uns bemüht, in dem Antrag Antworten zu finden.
Die Kritik am bestehenden Kurssystem fiel in der Auswertung einer Analyse der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände weniger dramatisch aus als angenommen. Ich bekenne, dass ich das sehr überrascht zur Kenntnis genommen habe.
Aus der Umfrage der Bundesvereinigung geht hervor, dass Sachsen-Anhalt in Bezug auf die Belegung mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer in der Kursstufe deutschlandweit an erster Stelle steht. Zum Beispiel legten im Jahr 1996 60 % der Schüler die Abiturprüfung im Leistungskurs Biologie ab, ca. 36 % im Leistungskurs Mathematik, 14 % im Leistungskurs Physik und etwa 26 % im Leistungskurs Chemie.
Der Eindruck, den ich bei gelegentlichen Besuchen im Unterricht in den Gymnasien im Fach Sozialkunde gewonnen habe, belegte das nicht. Das hat möglicherweise etwas mit der Region Bitterfeld/Wolfen zu tun, in der wohl viele negative Erfahrungen nachwirken.
Die gegenwärtige Regelung der Oberstufenverordnung beinhaltet in der Einführungsphase eine Belegungspflicht für alle naturwissenschaftlichen Fächer und in der Qualifikationsphase eine Belegungspflicht für das Fach Mathematik, ein naturwissenschaftliches Fach bzw. ein weiteres naturwissenschaftliches Fach oder eine weitere Fremdsprache. Eine Einbringungsverpflichtung besteht im Hinblick auf das Fach Mathematik für alle Kurshalb
Ein weiterer Punkt in der Anhörung war die Abwerbung von Hochschulabsolventen. Das war auch gestern in diesem Haus ein Thema. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass es für wirtschaftlich starke Betriebe sicherlich möglich wäre, dieses Problem befriedigend zu lösen. Wir haben aber diese Betriebe noch nicht. Ich kenne mich bei Ausgründungen im technologieorientierten Bereich etwas aus. Ich weiß, welche Gehälter sich diejenigen, die diesen Weg beschreiten, über Jahre hinweg zubilligen können. Wir können damit jedenfalls mit den alten Bundesländern nicht konkurrieren.
Die Situation kann man bei uns im Lande und in allen neuen Bundesländern wohl generell so sehen. Im Land Sachsen-Anhalt versuchen wir dem mithilfe des Programmes „Tempo 4 - Innovationsassistent“ entgegenzuwirken. Bis zum 24. Oktober 2000 gingen beim LFI 78 Anträge mit einem Volumen von rund 1,5 Millionen DM ein und wurden bewilligt.
Ein weiteres Beispiel ist das Programm „Junge Innovatoren“. Es bietet Absolventen eine Chance zur Existenzgründung. Die mangelnde Neigung zur Existenzgründung ist sicherlich ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nur in einer sachlichen Atmosphäre lösbar ist. Dabei sehen wir uns in guter Gesellschaft; denn das Image der Unternehmer in Deutschland ist immer noch ähnlich schlecht wie das unsere. Das dürfte uns die Aufgabe zwar nicht erleichtern, sollte uns aber an unsere Verantwortung erinnern, wie wir damit umzugehen haben.
Die Anhörung ergab nicht zuletzt, dass die Weiterbildung und die Wiedereingliederung von arbeitslosen Ingenieuren eine notwendige Aufgabe ist, die in der Wissensgesellschaft wohl unabdingbar ist.
Dem Rechnung tragend, bitte ich um die Annahme dieses Antrages mehrerer Abgeordneter der drei Fraktionen. Um uns versöhnlich ins Wochenende zu schicken: Es hat mich richtig gefreut, dass ich das für drei Fraktionen machen konnte. Das gefällt mir. Ich hoffe, das passiert öfter. - Vielen Dank.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Zunächst spricht die Wirtschaftsministerin Frau Budde. Bitte, Frau Budde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich freue mich, dass über das Thema quer über alle Fraktionen hinweg inhaltlich und auch konsensual beraten worden ist. Vielleicht gibt es noch ein paar Themen mehr, über die man so beraten kann. Sie dürfen sich sicher sein, dass mir als Wirtschaftsministerin viel an dem Thema liegt.
Ich habe vor kurzem die Studie von Professor Pohl vom IWH gemeinsam mit ihm vorgestellt. In dieser Strukturanalyse wird Sachsen-Anhalt positiv bescheinigt, dass wir im Hochschulbereich und in den hochschulnahen Einrichtungen eine sehr gut ausgeprägte Forschungs- und Entwicklungslandschaft haben. Das Defizit besteht aber darin, dass diese bislang nicht in die Unternehmen getragen werden kann. Das liegt sicherlich an der Unter
nehmensstruktur an sich, die sehr kleinteilig ist, und an der geringen Anzahl von großen Unternehmen. Das ist schließlich auch ein Zustand, mit dem man sich nicht abfinden darf.
Deshalb ist es mir wichtig, dass ich Ihnen sowohl einige Informationen zum Istzustand vortragen darf als auch anhand einiger Dinge erläutern kann, wie ich mir das in Zukunft vorstelle.
Wenn man sich die Wachstumsrate in Sachsen-Anhalt ansieht, dann stellt man fest, dass sie in den letzten Jahren insbesondere vom produzierenden Gewerbe getragen worden ist. Das heißt, aus diesem Bereich kommen die Wachstumsraten. Das Baugewerbe relativiert das Ergebnis leider wieder etwas. Es sind vor allem die Potenziale in Wissenschaft und Wirtschaft, die in ihrem Zusammenwirken diese Wachstumspotenziale im produzierenden Gewerbe hervorgerufen haben.
Im Bereich der ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten mussten wir Anfang der 90er-Jahre feststellen, dass die Fakultäten fast verwaist waren. Man kann heute wieder gefüllte Hörsäle sehen. Im Jahr 1996 haben knapp 1 690 junge Menschen Ingenieurwissenschaften studiert. Heute sind es fast 1 000 Personen mehr. Eine hohe Anzahl von Informatikstudenten ist auch darunter. Aber auch das Interesse an traditionellen Studiengängen wie dem Maschinenbau, der jetzt natürlich auch modern und nicht nur ein traditioneller Maschinenbaustudiengang ist, ist wieder stärker zu verzeichnen.
Trotzdem sind die ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge noch nicht genug ausgelastet und sie werden noch von zu wenigen als attraktiv empfunden. Die Zahlen lasse ich auch angesichts der fortgeschrittenen Zeit einmal weg.
Das Missverhältnis macht uns natürlich Sorgen. Deshalb hat die Landesregierung zusammen mit den Hochschulen und den zuständigen Wirtschaftsrepräsentanten, wie zum Beispiel der Ingenieurkammer, in der Zukunft vor, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die vorhandenen Ressourcen noch besser nutzen zu können, vor allem auch angesichts der überlaufenen Studiengänge im Bereich der Wirtschaftswissenschaften und des Sozialwesens.
Das Land hat dabei mit Bedacht einen größeren Anteil der Studienplätze der Ingenieurwissenschaften für die praxisorientierten Fachhochschulen mit kürzeren Studienzeiten vorgesehen. Das betrifft etwa 62 %.
Eine der Initiativen, nämlich „Think Ing“, die die Landesregierung gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden wie dem VDMA und dem Gesamtverband Metall ergriffen hat, soll das Berufsbild des Ingenieurs bei den Schülern bekannter machen. Damit soll für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge geworben werden.
Das ist auch eines der Themen, über die wir im Ausschuss sehr intensiv diskutiert haben. Dort ist diese Initiative schon vorgestellt worden. Das wird flächendekkend in fast allen Ländern gemacht. Das heißt, wenn man in diesem Bereich einen Effekt erzielen will, dann muss man einfach besser sein als andere Bundesländer.
Im Juni wird erstmals eine Veranstaltung an der Ottovon-Guericke-Universität dazu stattfinden. Dabei werden sich Firmen in Schulen präsentieren und Schülern wird ein Schnupperpraktikum angeboten werden.
Im Mai 2000 haben das Kultusministerium und das Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales
in Zusammenarbeit mit den Hochschulen eine Initiative gestartet, um junge Frauen für naturwissenschaftliche und ingenieurwissenschaftliche Fächer zu werben. Mit dieser Initiative will die Landesregierung auch dazu beitragen, den absehbaren Fachkräftebedarf abzudecken und zugleich die Attraktivität dieser Fächer für Frauen zu erhöhen.
Die Universitäten und Fachhochschulen öffnen in diesem Zusammenhang ihre Werkstätten und Labore, um jungen Frauen mit einem Praktikum einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen zu vermitteln. Die Initiative wendet sich insbesondere an Abiturientinnen, Fachoberschülerinnen und Absolventinnen der 12. Klasse. Die Teilnehmerinnen erhalten ein Stipendium und zum Abschluss ein Zertifikat. Das Projekt ist für 120 Plätze vorgesehen und wird aus ESF-Mitteln bis zum Jahre 2006 gefördert werden.
Das zweite Problem, über das in diesem Zusammenhang im Ausschuss diskutiert worden ist, betrifft die Tatsache, dass es nicht ausreicht, hoch qualifizierte Fachleute im Land auszubilden, sondern wir müssen sie auch im Land halten. Ansonsten haben wir zwar die Kosten der Ausbildung auf der einen Seite, nicht aber den Nutzen für die Wirtschaft auf der anderen Seite. Das ist das zweite Verknüpfungselement, das wir uns vornehmen müssen.
Einzig Erfolg versprechend dabei ist die frühzeitige Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. SachsenAnhalt insgesamt verfügt, denke ich, über sehr gute Voraussetzungen und Potenziale mit einer sehr breiten Innovationsbasis in Wissenschaft und Wirtschaft. Wir haben neben den Universitäten, Fachhochschulen, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen auch fünf Blaue-Liste-Institute. Wir haben das Max-Planck-Institut, wir haben zwei Fraunhofer-Institute und viele andere. Wir haben Forschungszentren wie „Zenit“, das Biozentrum Halle und in der Wirtschaft arbeitende Forschungs-GmbHs, die sich am Markt etabliert haben.
Wir haben auf der anderen Seite eine Reihe hochinnovativer größerer Unternehmen, wie Dow Chemical, FAM Magdeburg, die verbliebenen Unternehmensteile des Sket, IFA Haldensleben, Rautenbach und viele andere mehr. Es würde immer unvollständig bleiben, wenn ich versuchen würde, sie aufzuzählen.
Ich denke, wir müssen gemeinsam mit den genannten Unternehmen und den wissenschaftlichen Einrichtungen Möglichkeiten dafür schaffen, dass die jungen Leute im Land bleiben und nach der Ausbildung hier eine Chance bekommen, zu arbeiten, sich zu qualifizieren, um dann den prognostizierten Fachkräftemangel in beiden Bereichen, sowohl im Facharbeiterbereich als auch im Bereich junger Absolventinnen und Absolventen, für unsere Unternehmen abmildern zu können. Das wird auch in Zukunft eine der entscheidenden Säulen der aktiven Arbeitsmarktpolitik des Landes sein.
Es gibt darüber hinaus auch eine Reihe spezieller Projekte, die jungen Hochschulabsolventen den Einstieg in die heimische mittelständische Wirtschaft erleichtern sollen, beispielsweise das Programm „Innovationsassistenten“ oder das Programm „Junge Innovatoren“, wobei das Programm „Junge Innovatoren“, denke ich, noch ausbaufähig ist. Dort gibt es bis jetzt zehn Praxisfälle. Das müssen mehr werden. Das Programm „Innovationsassistenten“ läuft sehr gut.
Einen Problemkreis habe ich noch nicht angesprochen, nämlich die älteren Ingenieurinnen und Ingenieure. Diesen Problemkreis will ich nicht vergessen. Auch in diesem Bereich gibt es Aktivitäten der Landesregierung dahin gehend, vor allem arbeitslose Ingenieurinnen und Ingenieure zu qualifizieren und wieder in Unternehmen zu bringen. Das ist ein Projekt der Magdeburger Ottovon-Guericke-Universität. Dabei werden Ingenieure genau nach Firmenprofil und -anforderungen umgeschult. Das ist, denke ich, das einzig Sinnvolle, was man machen kann.