Protocol of the Session on March 1, 2001

Im Übrigen ist der Zugang zu den Akten und Informationen in den Behörden herkömmlicherweise an bestimmte Verfahrensgestaltungen gebunden oder von der Dar- legung eines besonderen Interesses abhängig.

Ein Informationszugangsgesetz gewährt dem Bürger in seinem Geltungsbereich einen grundsätzlich freien Zugang zu allen bei den öffentlichen Verwaltungen existierenden Informationen. Die entsprechenden Rechte werden darin geregelt, und es wird das nähere Verfahren festgelegt, in dem dieser freie Zugang gewährt werden kann. Einen vergleichbaren allgemeinen Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten gibt es sonst nur im Umweltbereich auf der Grundlage des Umweltinforma- tionsgesetzes.

Welche Vorteile würde ein solches Gesetz bringen? Es ermöglicht dem einzelnen Bürger, seinen Informationsbedarf, zum Beispiel zur kommunalen Bauplanung oder zur Haushaltslage seiner Gemeinde, zu decken.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um mehr Fairness der Rednerin gegenüber.

Insbesondere gilt der Anspruch auf Informationszugang allein, allgemein und unabhängig von der persönlichen Betroffenheit. Einer besonderen Begründung des Antrages auf Information bedarf es nicht.

Allerdings, meine Damen und Herren, steht die allgemeine Zugangsfreiheit zu behördlichen Informationen naturgemäß in einem Spannungsverhältnis zu den Schutzzielen des Datenschutzrechtes. Hierzu besteht auch seitens der FDVP-Fraktion noch Beratungsbedarf.

Es müssen sich Regelungen finden zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses und zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Des Weiteren muss das Verhältnis des Informationszugangsrechts zum Datenschutzrecht geregelt sein. Damit wäre der Umgang mit Informationen über den einzelnen Bürger unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorgaben festgelegt. Der prinzipielle Schutz dieser Daten kann nur unter bestimmten Voraussetzungen zurücktreten. Soweit jedoch der Zugang zu personenbezogenen Daten oder Informationen gewährt werden soll, ist der Betroffene zu unterrichten.

Die Regelung des § 16 des Entwurfes, nach der der Landesbeauftragte für den Datenschutz angerufen werden kann, wenn der Antragsteller der Ansicht ist, sein Informationsersuchen sei nicht korrekt beschieden worden, erscheint uns sinnvoll, um die Verwaltungsgerichte von Streitfällen zu entlasten.

Wir werden dem Vorhaben grundsätzlich nicht entgegenstehen. Wir werden uns aber der Stimme enthalten, weil wir noch Änderungsbedarf zu diesem Gesetzentwurf sehen. - Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der FDVP)

Vielen Dank, Frau Helmecke. - Für die PDS-Fraktion spricht noch einmal die Abgeordnete Frau Tiedge.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Püchel, alle Argumente, die Sie vorgebracht haben, sind Argumente, die ich aus dem vielfältigen Material, das ich bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfes gelesen habe, bereits kenne. Es sind alles Argumente, die von Politikern in den Ländern geäußert wurden, die das Gesetz nicht wollen. Diese Argumente haben sich aber im Laufe der Diskussion als nicht haltbar erwiesen.

Vertreter aus dem Ausland, die der Diskussion beigewohnt haben, zum Beispiel in Brandenburg, haben sich sehr erstaunt über das verkrampfte Verhalten von Poli

tikern zu dem Ansinnen gezeigt, Bürgerinnen und Bürgern mehr Rechte zu verschaffen, weil es dort als selbstverständlich angesehen worden ist.

(Zustimmung bei der PDS)

Wenn Sie davon sprechen, dass dieses Gesetz in Brandenburg bisher nur wenig in Anspruch genommen worden ist, dann muss man sich fragen, warum dies so ist. In erster Linie liegt das daran, dass die Bürger von ihrem Recht überhaupt keine Kenntnis haben. Dieses Recht ist den meisten Leuten nicht bekannt, auch in Brandenburg nicht.

Die erste Reaktion von Bürgerinnen und Bürgern aus Brandenburg, als sie davon gehört hatten, dass dieses Gesetz in den Landtag eingebracht und anschließend auch beschlossen worden ist, war: Nun haben wir endlich die Möglichkeit, in unsere personenbezogenen Daten einzusehen. Sie wussten also noch nicht ein- mal, dass sie das bereits seit Jahren können, sondern sie haben mit diesem Akteneinsichtsrechtgesetz - so wird es dort genannt - impliziert, dass sie aufgrund des Gesetzes jetzt in ihre personenbezogenen Daten ein- sehen können.

Das vorgeschlagene Gesetz muss, wenn man es will, auch populär gemacht werden. Den Menschen müssen ihre Rechte genannt und erklärt werden.

Ich glaube nicht, dass jedes Gesetz, das nicht ständig in Anspruch genommen wird, deshalb ein schlechtes Gesetz ist.

(Zustimmung bei der PDS)

Ich glaube, dieser Umkehrschluss darf nicht gezogen werden. Dann sollten wir uns bei manchen Gesetzen auch überlegen, ob wir sie in den Landtag einbringen.

Sie sprachen ebenfalls davon, dass keine Notwendigkeit für das Gesetz besteht, weil die Möglichkeiten, an Informationen zu gelangen, für die Bürger ausreichend sind. - Herr Dr. Püchel, ich lade Sie ein, einmal in den Petitionsausschuss zu kommen. Sie werden in fast jeder Sitzung des Petitionsausschusses erleben, dass Bürgerinnen und Bürger an die Grenzen der Informationsmöglichkeiten in Verwaltungen stoßen, dass sie bewusst falsch informiert werden, dass ihnen die Einsicht in bestimmte Unterlagen verwehrt wird und dass der Petitionsausschuss deshalb eine Flut von Petitionen gerade in diesem Bereich hat.

(Zustimmung von Herrn Gebhardt, PDS)

Gerade im Interesse dieser Bürger, denke ich, ist das Gesetz notwendig. In der Anhörung, die zum Arsenwerk in Osterwieck stattfand, mussten wir feststellen, dass die Bürger bewusst angeschwindelt worden sind. Sie hatten keine Möglichkeit, in die Akten einzusehen. Sie mussten also das für bare Münze nehmen, was ihnen vom Bürgermeister gesagt worden ist.

Wenn Sie, Herr Bullerjahn, sagen, dass das Gesetz aus fachlichen Gründen nicht beratungswürdig ist,

(Herr Bullerjahn, SPD: Ich schließe mich dem Innenminister an!)

dann muss ich sagen, diese fachlichen Gründe hätten mich schon interessiert. Ich denke, wir haben sicherlich eine andere Auffassung zu den Möglichkeiten der Ausschüsse, ihre Sitzungen zu gestalten. Ich habe bisher immer gedacht, dass der Ausschuss das eigentliche

Gremium ist, in dem über Gesetze gesprochen und über das Für und Wider dieser Gesetze geredet wird,

(Beifall bei der PDS)

dass dort Fachleute ihre Argumente austauschen, dass dort das eine oder andere sicherlich geändert werden muss - ich will nicht behaupten, in diesem Gesetz müsste nicht ein Federstrich mehr geändert werden -, dass dort auch die Möglichkeit besteht, Anhörungen durchzuführen, und dass man - so passierte es in Brandenburg - externe Sachverständige einlädt.

Das heißt, dass man Vertreter aus dem Ausland dazu einlädt, um sie zu befragen, da sie schon seit Jahren mit einem solchen Gesetz umgehen. Auch im Ausland - weder in den USA noch in Österreich oder in anderen Ländern - wurden durch ein solches Gesetz die Verwaltungen nicht lahm gelegt. Auch die Kosten sind dort nicht so gestiegen, dass die Verwaltungskosten die Haushalte gesprengt hätten. Das ist einfach nicht wahr.

Auf diese Erfahrungen kann man natürlich zurückgreifen, wenn man im Ausschuss darüber redet. Aber wenn Sie das nicht einmal mehr wollen, dann müssen wir versuchen - wir sind 24, wir werden die Ausschussüberweisung damit schaffen -, Sie vielleicht im Ausschuss zu überzeugen, unserem Anliegen etwas positiver gegenüberzustehen und den Bürgerinnen und Bürgern dazu zu verhelfen, dass sie ein weiteres demokratisches Recht zuerkannt bekommen.

In diesem Sinne bitte ich darum, dass im Ausschuss fair, kritisch und im Sinne unserer Bürger gestritten wird.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank. - Damit ist die vereinbarte Debatte abgeschlossen und wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Beantragt war die Überweisung in die Ausschüsse für Recht und Verfassung federführend und für Inneres. Wer dem zustimmt, den bitte ich - - Entschuldigung. Noch zur Abstimmung? - Bitte.

Herr Präsident, ich bitte um getrennte Abstimmung, zum einen über die Ausschussüberweisung und zum anderen über die Federführung.

Das können wir gern machen. - Dann stimmen wir zunächst über die Ausschussüberweisung als solche ab. Wer der Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.

(Minister Herr Dr. Püchel: Das muss gezählt wer- den! - Herr Gallert, PDS: Das ist seit einer halben Stunde schon gezählt worden! - Heiterkeit)

- Wir haben gezählt, jawohl. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer großen Zahl von Enthaltungen und einer noch größeren Zahl von Gegenstimmen ist das Quorum von 24 Stimmen erreicht und damit die Ausschussüberweisung beschlossen worden.

(Beifall bei der PDS)

Zum Abstimmungsverfahren, Herr Bullerjahn? - Bitte.

Da nun die Ausschussüberweisung beschlossen wurde, möchten wir aber den Ausschuss für Inneres zum federführenden Ausschuss machen, weil auch der zuständige Ressortminister Herr Püchel für die Landesregierung gesprochen hat.

Das können wir, denke ich, als Nächstes zur Abstimmung stellen. Die beantragten Ausschüsse waren die Ausschüsse für Inneres und für Recht und Verfassung. Frau Tiedge hatte den Ausschuss für Recht und Verfassung als federführenden Ausschuss angeboten. Herr Bullerjahn wünscht den Ausschuss für Inneres als federführenden Ausschuss.

Ich lasse zunächst darüber abstimmen, wer dafür ist, dass der Ausschuss für Recht und Verfassung die Federführung übernehmen soll. Das war der erste Antrag. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Eine größere Anzahl Ab- geordneter ist dagegen. Dann frage ich jetzt - -

(Frau Knöfler, PDS: Ich beantrage Auszählung!)

- Sie wünschen, dass wir auszählen. Das Ergebnis wird sich nicht ändern, aber wenn Sie die Zahlen wünschen, dann muss ich noch einmal fragen, damit wir die Stimmen zählen können: Wer ist dafür, dass der Ausschuss für Recht und Verfassung federführend berät? - Wer ist dagegen? - Es sind 37 Abgeordnete dafür und 37 dagegen. Damit hat der Antrag keine Mehrheit gefunden. Das muss ich jetzt zugeben.

(Heiterkeit bei der SPD - Unruhe bei der PDS)

Herr Gallert, bitte.