Wir sollten es als einen gemeinsamen Erfolg betrachten, dass wir es geschafft haben, dass diese Schließungspläne zum 31. Dezember dieses Jahres vom Tisch sind. Es wäre gar nicht notwendig gewesen, dass wir in der Öffentlichkeit darüber diskutieren.
Weiterhin ist es erforderlich, dass der Bund, das Land und die Bahn AG gemeinsam mit den Betroffenen die Privatisierung - wenn sie vorgesehen ist - begleiten. Vielleicht können wir es auch einmal schaffen, dass wir die Diskussion nicht in der Öffentlichkeit führen, um nicht noch einen weiteren Wettbewerbsnachteil für diese Betriebe und für die Beschäftigten zu erhalten,
sondern dass wir uns, meine Damen und Herren, in den Ausschüssen darüber unterhalten. Deshalb bin ich auch ausgesprochen dankbar, dass wir als Landtagsabgeordnete heute morgen schon die Information über den aktuellen Stand bekommen haben. So sollte es auch in den nächsten Wochen und Monaten laufen.
Es hilft den Beschäftigten in den Betrieben nicht viel, wenn wir bei jeder Landtagssitzung über die Bahn und über die Werke diskutieren, weil immer der Eindruck entsteht, dass vielleicht doch etwas dran ist, dass die Werke nicht überleben können.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns dieses Thema mit der Erfahrung der letzten zehn Jahre sensibel angehen. Wir sollten versuchen - nicht nur versuchen, sondern wir sollten alle dahinter stehen -, dass sich diese Standorte - in welcher Eigentumsform auch immer, bei der Bahn AG oder selbst privatisiert - am Markt behaupten können. Das kann nur mit der Unterstützung durch die Bundesregierung erfolgen.
Meine Damen und Herren! Ich darf vielleicht auch noch zum Ausdruck bringen, dass wir uns eigentlich die ganze Diskussion heute hätten ersparen können; denn Big Gerhard hat gesagt, er kümmert sich darum, um das etwas locker zu sagen. Wir sind froh darüber, dass der Bundeskanzler in Ilsenburg erklärt hat, er kümmere sich darum. Aber ein Wort des Bundeskanzlers, er kümmere sich darum, das muss dann auch eingefordert werden.
Deshalb ist im Moment natürlich erst einmal die Bundesregierung als 100-prozentiger Gesellschafter gefragt, in den Laden der Bahn AG Ordnung zu bringen. Das muss in den nächsten Wochen passieren. Es muss ein Konzept vorgelegt werden, wo die Bahn hinmarschieren will, welche Bereiche sie behalten will und welche Bereiche sie ausgliedern will. Darüber ist dann zu streiten, meine Damen und Herren.
In diesen Streit sollen wir uns einbringen, aber mit der klaren Zielstellung, dass die Spezialwerke in Sachsen Anhalt erhalten bleiben müssen. Erstens natürlich wegen der Arbeitsplätze, aber zweitens auch, meine Damen und Herren - -
Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sollten uns jetzt, wie es vorgeschlagen wurde, in den Ausschüssen ständig informieren lassen, wie der Stand der Entwicklung in den Betrieben ist, und die Bundesregierung auffordern, sich bei der Bahn dafür einzusetzen, dass die entsprechenden Investitionsmittel - die 200 Millionen DM, die schon seit zwei Jahren nicht freigeben worden sind - zur Verfügung gestellt werden.
Jetzt kommt kein Komma mehr, jetzt kommt der Schluss. Lassen Sie uns gemeinsam dafür streiten, dass die Spezialwerke in Sachsen-Anhalt erhalten bleiben. - Ich danke Ihnen.
- Auch bei einer Rede merkt man das. - Jetzt hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Sachse das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die SPD-Fraktion wunderte sich zunächst etwas über die Aktuelle Debatte. Wir haben uns gefragt, ob wir nicht das fortsetzen, was wir bei der Deutschen Bahn als unternehmerische Fehlentscheidung feststellen, nämlich eine öffentliche Diskussion während der zurzeit laufenden Werbung um Investoren. Wir wissen, nun beginnt das Pokerspiel. Ich hoffe, dass wir nicht in einen Ausverkauf der Werke oder in eine Schnäppchenjagd kommen, die sich dann unter Umständen zulasten der Mitarbeiter in den Betrieben auswirkt.
Seitdem der Bundestag in der Aktuellen Debatte darüber gesprochen hat und nachdem die Öffentlichkeit, die
Landesregierung und der Landtag über die Presse mit einer anmaßenden Kaltschnäuzigkeit von der Deutschen Bahn informiert wurden, dass es auch in unserem Land zu einer Schließung von vier Werken kommt, war uns klar, auch wir werden um eine derartige öffentliche Debatte nicht herumkommen. Ich denke, das wollen wir auch nicht.
Die Begriffe „Schließung“ und „Stilllegung“ scheinen zu den Unworten des Jahres zu werden, gerade bei der Deutschen Bahn; denn diese Dinge haben wir von dieser Stelle aus in der letzten Zeit des Öfteren diskutiert.
Wenn Herr Dr. Süß zum Ausdruck bringt, die Landesregierung soll und muss sich äußern, dann, denke ich, ist das genau der richtige Ansatz
Die Landesregierung ist diesem Anspruch sofort gefolgt. Das möchte ich aus der Sicht der SPD-Fraktion sehr gerne noch einmal festhalten.
Nicht lange nach dem 13. Oktober 2000, dem schwarzen Freitag, an dem die Pläne der Deutschen Bahn bei uns bekannt wurden, hat es schon ein Treffen zwischen Herrn Mehdorn und Herrn Heyer gegeben. Am 18. Oktober 2000 hat es ein Treffen zwischen Herrn Klimmt und Herrn Heyer gegeben. Am 19. Oktober 2000 ist die Demonstration von uns begleitet worden. Am 20. Oktober 2000 - das möchte ich hervorheben - hat sich der zuständige Ausschuss dieses Landtages bereits um eine erste Sachstandsinformation bemüht und diese auch von dem Sonderbeauftragten der Deutschen Bahn Herrn Paul und von der Landesregierung erhalten.
Damals war klar - das hat uns ein ganz klein wenig beruhigt -, dass die Werke in einem Nahraum zumindest ausbilanziert erscheinen und dass der Zeitdruck, der in einer sehr unsensiblen Art aufgemacht worden war, eigentlich so nicht gerechtfertigt ist. Diese Erwartungshaltung haben wir als Parlament auch formuliert. Ich denke mir, das war ein richtiger, ein wesentlicher Ansatz, den Herr Paul aus der Beratung mitgenommen hat.
Wir haben uns vorgenommen, die Dinge kontinuierlich zu begleiten. Unabhängig von der heutigen Aktuellen Debatte ist heute Morgen schon der zweite Sachstandsbericht erbeten und durch die Landesregierung erstattet worden. Für den Ausblick: Am 24. dieses Monats erwarten wir im Fachausschuss, dem Verkehrsausschuss, dass sowohl die Oberbürgermeister und Landräte als auch die Betriebsräte und die Geschäftsleitungen in einer konzentrierten Darstellung ihre ersten Konzepte und ihre Sicht darstellen, nachdem, wie gesagt, die Landesregierung heute Morgen eine klare und deutliche Aufklärung geleistet hat.
Meine Damen und Herren! Wir haben es bedauert, dass die Deutsche Bahn diesen Stilllegungsbeschluss am 27. Oktober noch einmal unsensibel an die Öffentlichkeit gebracht hat. Ich denke, man muss vielleicht auch langsam darüber nachdenken, wer sich wann und wo bei der Deutschen Bahn äußert; denn die Deutsche Bahn ist nicht irgendein Unternehmen, sie ist für uns ein besonderes Unternehmen, auch für unser Land.
Meine Damen und Herren! Am 3. und 4. dieses Monats hat sich auch der Parteitag der SPD damit beschäftigt. Die SPD ist hier entschieden für den Erhalt der von der Schließung bedrohten Bahnwerke in Blankenburg, Dessau, Halberstadt und Stendal eingetreten. Die SPD unterstützt die Anstrengungen der Landesregierung und der Transnet-Gewerkschaft GdED in Bezug auf wirt
schaftlich tragfähige Lösungen für alle vier Werke und die Initiativen für den Erhalt der Arbeitsplätze. Unter Einbeziehung des Bundeskanzleramtes ist hierzu Einiges gesagt worden.
Wir begrüßen das sehr. Die Worte des Kanzlers haben uns Mut gemacht. Wir hoffen, dass vernünftige Lösungen gefunden werden. Meine Damen und Herren! Ich will nicht zu sehr auf die Deutsche Bahn - -
Ich möchte gleich eine Mahnung an Sie richten: Bitte führen Sie den Satz mit höchstens einem Komma zu Ende.
Wir haben erkannt, dass die Werke nicht gleich behandelt werden können. Es gibt Unverständnis über die Globalaussagen der Deutschen Bahn. Wir nehmen erfreut zur Kenntnis, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird und die Schließungspläne vorerst ausgesetzt sind. Wir werden das Wirken der Landesregierung zur Sicherung aller Werke konstruktiv begleiten. - Ich bedanke mich.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Dr. Sitte, PDS, von Herrn Dr. Süß, PDS, und von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner)
Ich gehe jetzt nicht auf die Schwierigkeiten bei der Zeichensetzung ein. - Meine Damen und Herren! Wir begrüßen herzlich eine Seniorengruppe vom SPD-Ortsverein Glindenberg. Seien Sie herzlich willkommen!
Als letzter Diskussionsredner in der Aktuellen Debatte spricht jetzt für die FDVP-Fraktion der Abgeordnete Herr Mokry.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ohne Panik verbreiten zu wollen, müssen wir sagen, dass die Lage sehr ernst ist. Die Eisenbahn-Uhr anschauend müssen wir feststellen: Es ist mindestens fünf vor zwölf. Die Aktuelle Debatte bezieht sich nicht nur auf den Erhalt von Standorten der Deutschen Bahn AG; sie muss die Verkehrspolitik der Bundesregierung als Ausgangspunkt wählen, weil die Standorte darin eingebettet sind.
In ausführlicher Beratung und mit aller Sachlichkeit wurden wir Mitglieder des Ausschusses für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr über die Situation der Deutschen Bahn AG informiert. Nunmehr stellt sich immer stärker heraus, dass viele Ergebnisse von der Konzernzentrale der Deutschen Bahn AG dennoch geschönt waren oder verschwiegen wurden. Das, meine Damen und Herren, ist der eigentliche Skandal des Vorgangs.
Ich sagte vor einiger Zeit an gleicher Stelle, dass es einen Eisenbahner, sowohl mich als jungen Lokomotivführer als auch ältere, berufserfahrene Eisenbahner, schmerzt, wenn Menschen den traditionsreichen Eisenbahnbetrieb und all seine Zweige leiten, die nicht mit
Herzblut dabei sind, die nicht von der Pike auf lernten und so auch nicht eine Bindung erreichten, die für viele Entscheidungen notwendig ist. Das bedeutet nicht, dass betriebswirtschaftliche Überlegungen überflüssig wären, aber sie allein bestimmen zu lassen bedeutet, dass kreatives berufs- und betriebsverbundenes Personal der Deutschen Bahn AG missachtet wird. Rationalisierung um jeden Preis wird teuer bezahlt, wenn sie gegen die Eisenbahner und nicht mit den Eisenbahnern erfolgt.
Wir wissen auch, dass die Eisenbahner viele Ideen einbrachten, um die Bahn rentabler werden zu lassen, damit sie im Wettbewerb der Verkehrsträger bestehen kann. Wenn aber die Verkehrspolitik der Deutschen Bahn die Luft zum Atmen nimmt, wenn die Deutsche Bahn AG benachteiligt ist - ist es dann verwunderlich, dass dieser Betrieb nicht aus den roten Zahlen herauskommt und immer gefährdet bleibt?