Wir wissen auch, dass die Eisenbahner viele Ideen einbrachten, um die Bahn rentabler werden zu lassen, damit sie im Wettbewerb der Verkehrsträger bestehen kann. Wenn aber die Verkehrspolitik der Deutschen Bahn die Luft zum Atmen nimmt, wenn die Deutsche Bahn AG benachteiligt ist - ist es dann verwunderlich, dass dieser Betrieb nicht aus den roten Zahlen herauskommt und immer gefährdet bleibt?
Das große Dilemma besteht doch darin, dass die Deutsche Bahn AG trotz der Zuschüsse durch die Bundesregierung hoffnungslos auf das Abstellgleis gefahren wurde. Wenn man die protzigen Glasbauten der Direktion in Berlin und anderenorts sieht, glaubt man nicht, dass dieser Betrieb so hoch verschuldet ist. Er ist so unrentabel, dass es bald schon wieder anständig erscheint, weil es unglaubhaft ist, dass ein solcher Betrieb in den Ruin getrieben wurde.
Meine Damen und Herren! Es gehört sicherlich zu den seltensten Momenten dieses Landtages, dass es partei- und fraktionsübergreifend einen gemeinsamen Standpunkt zu einer so wichtigen Frage gibt, dass der Landtag einmütig gegen die jetzige Politik der Deutschen Bahn AG auftritt und nichts unversucht lassen wird, um die eingeschlagene verhängnisvolle Entwicklung aufzuhalten, eine Umkehr zu erreichen und die bedrohten Standorte der Deutschen Bahn AG zu erhalten. Ich werde in der Beratung im Anschluss mehr dazu äußern. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung werden Beschlüsse zur Sache nicht gefasst. Damit haben wir das zweite Thema im Rahmen der Aktuellen Debatte beendet und den Tagesordnungspunkt 2 abgeschlossen.
Geplante Schließungen der Spezial- und Instandhaltungswerke der Deutschen Bahn AG in SachsenAnhalt verhindern
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So schnell kann es gehen; ich stehe schon wieder hier vorn. Die Aktuelle Debatte zum Erhalt von Standorten der Deutschen Bahn AG zeigte bereits den gemeinsamen Willen dieses Parlaments, eine Entwicklung aufzuhalten, die zum einen von der Deutschen Bahn AG hausgemacht ist und zum anderen durch die verfahrene Verkehrspolitik der Bundesregierung entstanden ist.
Natürlich ist es schwierig, die jeweils neuen Positionen und Verlautbarungen einzubeziehen, da diese ständig erneuert, bestätigt oder verworfen werden. Eines wurde jedoch sichtbar: Die Zeiten, in denen mit geschönten Zahlen über die tatsächliche Situation bei der Deutschen Bahn AG hinweggetäuscht wurde, sind vorbei. Es gibt vermehrt durchaus Stimmen, die eine strafrechtliche Verfolgung jener Manager fordern, die die Subventionen des Bundes in die Deutsche Bahn AG wie in einem großen Loch unauffindbar versinken ließen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Pressemitteilung im Fall von Leipzig.
Wir sind uns in diesem Parlament sicherlich auch darin einig, dass es hierbei nicht nur um die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen geht, sondern dass diese Wirtschaftlichkeit stets mit Menschen und deren Arbeitsplätzen verbunden ist. In einem Land, unserem Sachsen-Anhalt, mit der höchsten Arbeitslosenquote aller Bundesländer ist eben auch der geringste Einschnitt in noch bestehende Strukturen schmerzhaft, zumal wenn diese Einschnitte mit weiteren Entlassungen verbunden sind. All das sind keine Peanuts, keine Beträge, die der Portokasse zugeordnet werden; es sind Milliardenlöcher, die so nicht zu stopfen sind.
Ich äußerte bereits in der Aktuellen Debatte, dass die jetzigen Manager der Deutschen Bahn nicht mit ihrem Herzblut mit diesem Betrieb verbunden sind. Sie betrachten Ihre Tätigkeit vielmehr als einen Job - als einen sehr gut bezahlten - wie jeden anderen gut bezahlten Job auch. Ehrlicherweise muss auch gesagt werden, dass das Versagen nicht allein auf Herrn Mehdorn als Bahnchef kanalisiert werden kann. Die Probleme standen schon länger an, aber Mehdorn scheute sich eben nicht, sie offen anzusprechen, spät zwar, aber hoffentlich nicht zu spät.
Meine Damen und Herren! Die schwere Krise, in der sich die Deutsche Bahn AG befindet, ist größer als gedacht und nicht mit kurzfristigen Schritten zu lösen. Es ist auch nicht mehr möglich, die Ursache für das Finanzdebakel, für die Verlotterung der Bahnanlagen, für die Verschlissenheit der Wagen und der Lokomotiven dem Erbsünder, der Deutschen Reichsbahn, allein anzulasten. Es wurde zu wenig getan, in den alten und in den neuen Bundesländern.
Wenn in einer Streichorgie bewährte Schienenverbindungen gekappt, wenn Landeshauptstädte von modernen Verbindungen gelöst werden, wenn der ländliche Raum weitestgehend isoliert, abgeschnitten wird oder werden soll, dann entsteht die Frage nach der Zukunft der Deutschen Bahn im Verbund mit anderen Verkehrsträgern.
Wir beschäftigen uns in diesem Hohen Hause permanent mit Verkehrspolitik. Oft waren unsere Bemühungen zur Rettung von Strecken oder zur Wiederaufnahme von Eisenbahnstrecken vergeblich. Einerseits werden Angebote durch Reisende nicht angenommen, andererseits wird an Verkehrsbedürfnissen der Menschen vorbeigeplant. Irgendwie kommt uns das alles bekannt vor und viele haben so etwas vor Jahren schon einmal erlebt.
Natürlich sind es grundsätzliche Entscheidungen, ob unrentable Strecken geschlossen oder solche Voraussetzungen geschaffen werden, dass potenzielle Reisende die Streckenverbindungen annehmen. Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass Züge leer durch das Land fahren und sogleich dem Streichkonzert der Deutschen Bahn zum Opfer fallen. Wäre es nicht angebracht, durch entsprechende Werbung und entsprechenden Service
Bei allem Streit, ob Schienennetz und Bahnbetrieb getrennt werden oder nicht, eines steht fest: Ohne Schiene rollt nichts. Aber, meine Damen und Herren, es müssen Schienenwege in einem befahrbaren Zustand sein, mit einer Sicherheitsgarantie, die jedem Reisenden das Gefühl gibt, es hat Sinn, mit der Deutschen Bahn zu fahren.
Die Deutsche Bahn fordert sehr viel Geld für die Erneuerung des Wagenparks, für Lokomotiven, Streckenerneuerung und neue Strecken. Dieser verhängnisvolle Kreislauf kann nur durchbrochen werden, wenn diese Mittel nicht in sinnlosen, nur scheinbar wirkungsvollen Aktionen verplempert, sondern sinnvoll angewendet werden. Ich meine auch, dass kein Investor - käme er auch von einem fremden Stern - bereit wäre, nur eine müde Mark in ein verrottetes Eisenbahnnetz mit Zubehör zu stecken. Nicht nur für den Investor muss es sich ja rechnen.
Mancher Wettbewerb wäre günstig, würde manche Beamtenmentalität aufschrecken und zwingen, ein entsprechendes Tempo bei der Umgestaltung einzuschlagen.
Die Mehrbelastung der Deutschen Bahn von rund 400 Millionen DM durch die Ökosteuer ist nur ein beachtlicher Bruchteil der insgesamt horrenden Verluste, 300 Millionen DM allein für die Verwaltung. Diese Summen müssen erst einmal eingefahren werden. Herrn Mehdorn bleibt nichts anderes übrig, als kosmetische Eingriffe zu vollziehen oder aufzuräumen, beginnend im eigenen Stall, der Vorstandsetage. Das wäre mein Vorschlag. Dass das notwendig ist, beweist die Vorgehensweise der Deutschen Bahn bei den geplanten Schließungen.
Wir haben uns in unserem Antrag unter Punkt 2 dafür ausgesprochen, dass der Landtag die Vorgehensweise der DB AG bei der geplanten Schließung missbilligt, eingeschlossen die skandalöse Informationspolitik der DB AG. Ich meine, die verheerende Informationspolitik der DB AG, die bewussten Verzögerungen bei den Informationen und die geschönten Zahlen beweisen doch, dass man die Beschäftigten dieses Unternehmens nicht ernst nimmt, nicht in deren Interesse handelt.
Wie will man denn den Einfallsreichtum, die vielen Ideen der Eisenbahner nutzen, wenn man sie von vornher- ein abschreibt, nicht für voll nimmt und zur lästigen Manövriermasse erklärt, die mit Abfindungen und ähnlichen Beruhigungsdrogen abgespeist wird. Bei den Eisenbahnern breitet sich eine Unsicherheit aus, die wenig motivierend wirkt und die Leistungsbereitschaft einschränkt.
Das Versprechen des Kanzlers, das Problem der Schließung von Bahnwerken zur Chefsache zu erklären, ist leicht zu geben, aber schwer zu halten. Wenn Kanzler Schröder und sein Staatsminister Schwanitz all das lauthals verkünden, wissen wir, dass der Schnee im Hochsommer eine größere Haltbarkeitsgarantie aufweist als Kanzlers Wort. Ob mit oder ohne Basta-Ruf des Kanzlers: Wenn die DB AG glaubt, diesen überproportional großen Abbau von Arbeitsplätzen durch Schließung von Werken lautlos vornehmen zu können, dann irrt sich die Bahn. Die Beschäftigten sind hellhörig geworden und misstrauen der Verkehrspolitik der DB AG.
Die Qualitätsarbeit der Bahnwerker ist bekannt und wurde gemessen an den Qualitätsansprüchen der Kunden.
Die Rentabilität der Werke ist unterschiedlich und reicht von tiefroten bis tiefschwarzen Zahlen. Es gibt also Chancen und berechtigte Hoffnungen, diesen Irrweg einer Schließung zu verlassen und in gebotener Ruhe, gepaart mit Entscheidungsfreude, nach Varianten zu suchen, die ein weiteres Bestehen der Werke ermög- lichen.
Die von der Bundesregierung veranschlagten 200 Millionen DM als Grundlage für eine mögliche Privatisierung der Bahnwerke klingen zunächst erfreulich, sollten aber realistisch eingeschätzt werden. Gerade in diesem Lande haben wir mit solchen Angaben größte Schwierigkeiten, weil die Mittel entweder zurückgezogen werden, sich in Luft auflösen oder dank eines hoch gelobten Investors schnell und sicher ohne wesentliche Ergebnisse verbraucht werden. Einziges Ergebnis: Werk geschlossen, Geld futsch, Eisenbahner arbeitslos und dann mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen vorwärts auf dem Weg zur Wissens- und Informationsgesellschaft.
Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung als der Mehrheitsanteilseigner hat die Möglichkeit und die Kraft, die Schließung der Werke der Bahn zu verhindern und in angemessenen Zeiträumen zu anhaltenden Lösungen zu gelangen.
Ich bitte Sie, Ihre Entscheidungen im Sinne der Beschäftigten der Werke der DB AG in Stendal, Halberstadt, Blankenburg und Dessau zu bedenken, und bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.
Ich danke für die Einbringung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge CDU, PDS, DVU-FL, SPD, FDVP vereinbart worden. Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Weiß. - Herr Kollege Daehre, Sie übernehmen das.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen, sodass Sie mich diesmal nicht an die Kommas zu erinnern brauchen, Frau Präsidentin.
Die CDU-Fraktion wird zu dem Thema Bahnstrukturreform und zu allen anderen Problemen, die wir in den letzten Tagen und Wochen in den Medien vorgefunden haben, einen entsprechenden Antrag einbringen, nachdem das Konzept der Bahn AG vorliegt. Es ist avisiert worden, dass der Bahnvorstand bis zum Jahresende ein Konzept vorlegen wird.
Meine Damen und Herren! Wir haben dann die Gelegenheit, über dieses Konzept zu diskutieren. Es ging heute - das war wichtig genug - um den Erhalt der Standorte. Dazu ist ein erster positiver Schritt erfolgt. Wir werden dann zur Bahnstrukturreform und allen damit zusammenhängenden Problemen einen Antrag einbringen, sozusagen unter dem Titel „Quo vadis, Schiene?“. Deshalb bin ich schon mit meinen Ausführungen am Ende. Es gäbe hierzu viel zu sagen. Das ist aber in einem Fünfminutenbeitrag nicht zu schaffen. Wir werden das in einer der nächsten Landtagssitzungen vorbringen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde es auch sehr kurz machen. In der vorangegangenen Aktuellen Debatte ist das Thema ausreichend diskutiert worden. Wir werden diesen Antrag ablehnen und dem nachfolgenden PDS-Antrag unsere Zustimmung geben; denn dieser Antrag greift das Thema mit einer weitergehenden Formulierung ebenfalls auf. Deshalb werden wir dem nachfolgenden Antrag zustimmen und nachher keine Debatte mehr darüber führen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Anliegen bestand darin, dass dieser Landtag geeint den Willen zum Ausdruck bringt, dass die Schließung der Spezial- und Instandhaltungswerke der DB AG verhindert werden muss, und dass der Landtag zugleich die Vorgehensweise der Bahn missbilligt.
Meine Damen und Herren! Ich möchte es mir aber nicht nehmen lassen, eine weitere Information zu geben. So hatte ich ein Gespräch mit Vertretern der Gewerkschaft der deutschen Lokführer. Sie äußerten, dass in den letzten Jahren bei der DB AG speziell im Bereich der Lokführer und des Zugbegleitpersonals über 1 200 Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Jungen Kollegen - so erging es uns, als wir im Februar 1999 ausgelernt hatten - wurde ganz klar gesagt: Entweder ihr geht in die alten Bundesländer oder ihr müsst bei der Bahn aufhören. Es gab keinerlei Möglichkeit, junges Personal hier zu behalten.
Das Durchschnittsalter der Lokführer bei DB Cargo Halle (Saale) beträgt ca. 45 Jahre. Die Überalterung schreitet mit jedem Jahr weiter fort. Bis zum 31. Mai 2001 sollen weitere 320 Arbeitskräfte, überwiegend Lok- und Zugpersonal, entlassen werden. In diesem Jahr sind es allein in Halle (Saale) bislang 78 Lokführer und 15 Zugbegleiter, die entlassen oder versetzt wurden. In Magdeburg waren es insgesamt ca. 60 Arbeitsplätze, die betroffen waren. Wenn das so weitergeht, brauchen wir uns bald keinerlei Sorgen mehr zu machen, weil es dann die Bahn so nicht mehr geben wird, da kein Personal mehr vorhanden ist.
Die geplante Übergabe von Eisenbahnstrecken an private Eisenbahnverkehrsunternehmen ist aus meiner Sicht zu begrüßen. Der Ausgang wird sicher wieder sein, dass wir wie am Anfang des 20. Jahrhunderts Länderbahnen haben werden. Vielleicht wird es dann bald wieder die königlich-preußische Staatseisenbahn geben oder die bayerische Länderbahn und viele weitere Bahnen.
Ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren, geben Sie Ihre Unterstützung den betroffenen Eisernbahnern in den Spezial- und Instandhaltungswerken der Deutschen
Bahn AG in Sachsen-Anhalt, den Beschäftigten in Stendal, Halberstadt, Blankenburg und Dessau. Vermitteln wir ihnen, dass die Abgeordneten des Landtages es nicht hinnehmen, dass weitere Arbeitsplätze abgebaut werden.