Protocol of the Session on September 14, 2000

Allerdings ist eine Vielzahl der beabsichtigten Änderungen unausweichlich, auch aufgrund der bei den bisherigen Wahlen gemachten Erfahrungen. - Ich danke.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr. - Für die Fraktion der DVU-FL erteile ich dem Abgeordneten Herrn Büchner das Wort. Bitte, Herr Büchner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt könnte die Fraktion der DVU-FL im Großen und Ganzen zustimmen, weil wir dort Einsparpotenziale sehen, die unser Land auch bitter nötig hat.

In der Begründung wird unter Nr. 3 der Einsatz von Wahlgeräten behandelt, wogegen einige Bedenken anzumelden sind. Nicht dass wir gegen den Einsatz moderner Technik wären, aber Sachsen-Anhalt als ärmstes Bundesland muss in dieser Sache nicht den Vorreiter spielen. Uns ist auch nicht bekannt, ob andere Bundesländer schon Erfahrungen in dieser Richtung gemacht haben.

Bei der bisher üblichen Urnenwahl hatten die Bürger immer die Möglichkeit, nach Schließung der Wahlbüros an der Auszählung teilzunehmen, um den ordentlichen Ablauf der Auszählung zu überwachen. Wie diese demokratische Basiskontrolle nach der Einführung von elektronischen Wahlgeräten funktionieren soll, ist uns allerdings momentan noch schleierhaft. Selbst bei der bisherigen Form der Wahl hat es hin und wieder Unregelmäßigkeiten gegeben, um unliebsamen politischen Parteien gegen den erklärten Willen der Wählerschaft zu schaden.

Solange es Hackern noch gelingt, in die Computer höchster Regierungskreise einzudringen, halten wir den Einsatz solcher Technik in einem so sensiblen Bereich, wie es eine Wahl ist, für äußerst bedenklich und für nicht verfassungskonform. - Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei der DVU-FL)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Rothe zu Ihnen. Bitte, Herr Rothe.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat das Thema Wahlkreiseinteilung mit der Ernsthaftigkeit behandelt, die er in seinem Regierungsamt dem Hohen Hause schuldig ist. Ich will es locker angehen und behaupte, dass die Wahlkreiseinteilung politisch irrrelevant ist. Im System der personalisierten Verhältniswahl, wie es bei uns im Lande ausgestaltet ist, kommt es für das Kräfteverhältnis der Fraktionen im Landtag allein auf die Zahl der im Lande insgesamt für eine Partei abgegebenen Stimmen an und nicht auf den Zuschnitt der einzelnen Wahlkreise.

(Zustimmung von Frau Schnirch, CDU)

Dieser ist nur von persönlichem Interesse für die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber um ein Landtagsmandat.

Anders verhielte es sich, wenn wir uns entschließen würden, das britische Mehrheitswahlrecht einzuführen. Das ist ein überaus reizvoller Gedanke; denn dieses System hätte uns nach der letzten Landtagswahl eine

durch und durch staatstragende Opposition beschert, bestehend aus Herrn Becker und Herrn Webel.

(Zustimmung bei der SPD - Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Da wären Sie aber 1990 nur mit einem Mann vertre- ten gewesen!)

Vor Ihrer heutigen Rede zur Verwaltungsreform, Herr Becker, hätte ich sogar von einer durch und durch konstruktiven Opposition gesprochen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Eine nachteilige Folge der Mehrheitswahl wäre allerdings, dass die Kollegen Becker und Webel, wenn sie die ganze Oppositionsarbeit in diesem Hause machen müssten, ihren Pflichten als kommunale Amtsinhaber nicht mehr nachkommen könnten. Dieser Gesichtspunkt veranlasst mich, Ihnen die Einführung des Mehrheitswahlrechts nicht vorzuschlagen.

(Heiterkeit bei der SPD - Herr Becker, CDU, ap- plaudierend: Sehr gut, Herr Rothe!)

Meine Damen und Herren! Der Ende Mai dem Landtag übermittelte Wahlkreisbericht 2000, auf dem der Gesetzentwurf der Landesregierung basiert, enthält eine Bestandsaufnahme der Bevölkerungsentwicklung zwischen dem Stichtag 31. Dezember 1995, der der Wahlkreiseinteilung von 1998 zugrunde lag, und dem Stichtag 30. September 1999, der jetzt zugrunde zu legen ist.

Die stärksten Veränderungen sind im Wahlkreis Saalkreis aufgetreten, dessen deutsche Bevölkerung um 39,7 % zugenommen hat, und im Wahlkreis Halle III, in dem ein Bevölkerungsrückgang von 31,1 % eingetreten ist. Das ist der Wahlkreis Halle-Silberhöhe, in dem ich zu Hause bin. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass die Leute nicht alle meinetwegen fortgezogen sind.

(Heiterkeit bei der SPD, bei der CDU und bei der PDS - Frau Krause, PDS: Na, na!)

Der Wahlkreisbericht enthält auch Vorschläge zur Veränderung der Wahlkreisgrenzen. Natürlich haben die nach objektiven Kriterien vorgenommenen Neugliederungsvorschläge - den Beamten des Innenministeriums gebührt Dank für die sehr anschauliche Darstellung - da und dort Irritationen ausgelöst.

Ich werde mich jetzt nicht auf das verminte Gelände des Droyßiger-Zeitzer Forstes begeben, Frau Tiedge. Das sollen Herr Becker und Frau Theil untereinander klären.

Aber ich bleibe beim Beispiel Halle. Bei uns in Halle fiel es schwer zu begreifen, dass wir mit der Verringerung der Zahl der Wahlkreise von 6 auf 5 auf das Niveau von Magdeburg herabsinken sollen,

(Heiterkeit bei der SPD)

zumal die altehrwürdige Universitätsstadt Halle in unvergleichlichem Maße politische Begabungen hervorbringt.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der PDS)

Ich verweise hier nur auf die Doktores Fraktionsvorsitzenden Frau Dr. Sitte, Herrn Dr. Bergner und Herrn Dr. Fikentscher.

Schlimm ist aus hallescher Sicht, dass ausgerechnet der Saalkreis mit einem zweiten Wahlkreis ausgezeichnet werden soll. Das hat in Halle zu der Überlegung geführt, im Sinne einer sozialverträglichen Wahlkreisgeometrie die halleschen Wahlkreise in den Saalkreis hinein aus

zudehnen. Man kann das auch als Vorwärtsverteidigung bezeichnen.

Herr Abgeordneter Rothe, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Gürth zu beantworten?

Gern.

Bitte, Herr Gürth.

(Herr Sachse, SPD: Er war so schön drinne! - Heiterkeit bei der SPD, bei der CDU und bei der PDS)

Herr Kollege Rothe, Sie sagten, dass in Ihrem Wahlkreis die Bevölkerungszahl um 31,1 % zurückgegan- gen sei, und erwähnten in diesem Zusammenhang, das läge ausdrücklich nicht an Ihnen. Ich frage Sie nun vor dem Hintergrund, dass Sie angekündigt haben, nach Aschersleben zu ziehen, ob Sie sich dessen sicher sind.

(Zustimmung und Heiterkeit bei der CDU)

Herr Kollege Gürth, sicher sein kann man da ja nie,

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)

aber ich versichere Ihnen, dass ich in Aschersleben ab Oktober einen zusätzlichen Wohnsitz haben werde, was nichts daran ändert, dass ich meinen Wohnsitz in Halle behalte, solange ich dort Abgeordneter bin.

(Zurufe von der CDU)

Der Wahlkreis will auch betreut sein, und ich denke, zwei Wohnsitze sind in einem so ausgedehnten Land durchaus zu rechtfertigen.

(Heiterkeit - Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Meine Damen und Herren! Ich komme zurück zum Verhältnis Halle/Saalkreis. Der Herr Innenminister hat auf dieses hallesche Ansinnen mit dem Vorwurf der Landnahme reagiert. Er hat ja Recht. Die SPD der Stadt Halle hat daraufhin zum geordneten Rückzug aus dem Saalkreis geblasen.

(Zustimmung von Herrn Jüngling, SPD)

- Ich registriere Ihre Zustimmung, Herr Kollege Jüngling.

Vorschläge hallescher Abgeordneter für eine organischere Abgrenzung der künftigen fünf Wahlkreise innerhalb des Stadtgebietes von Halle sind allerdings berücksichtigt worden. Das finde ich gut.

Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Änderung des Wahlgesetzes enthält neben der Anpassung der Wahlkreiseinteilung an die Bevölkerungsentwicklung weitere Änderungen, die der Herr Innenminister angesprochen hat und auf die ich im Plenum nicht mehr eingehen will.

Ich bitte um Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes federführend in den Innenausschuss und mit

beratend in den Ausschuss für Recht und Verfassung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)