Protocol of the Session on September 14, 2000

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr. - Der Jackpot für eine Erwiderung liegt jetzt beim Abgeordneten Herrn Webel. Bitte, Herr Webel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Bereits in der vergangenen Woche stand die Unterrichtung der Landesregierung über die Veränderung der Einwohnerzahlen in den Wahlkreisen des Landes auf der Tagesordnung der Sitzung des Innenausschusses. Der Landeswahlleiter hat dabei aus der Sicht des Innenministeriums die Vorschläge über die Veränderung der Wahlkreisgrenzen für die Landtagswahl im Jahr 2002 erläutert.

Es bestand Einvernehmen zwischen den Fraktionen, dass neben den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen auch dann Wahlkreiszuschnitte geändert werden sollten, wenn dies zweckmäßig erscheint. Dies sind beispielsweise, wie schon erläutert, Konstellationen, bei denen sich aufgrund der Bevölkerungsentwicklung schon bald ein weiterer Änderungsbedarf abzeichnen wird oder Verwaltungsgemeinschaften von zwei Wahlkreisen durchschnitten werden.

Dieser Gesetzentwurf setzt nunmehr die in der Unterrichtung enthaltenen Vorschläge um.

Die grundsätzliche Zustimmung der CDU-Fraktion bedeutet nicht, dass die im Gesetz enthaltenen Vorschläge nicht noch in Einzelfällen verändert werden könnten.

Herr Rothe hat uns die Problematik Halle erläutert, jedoch gibt es auch in Magdeburg Probleme. Ein gravierender Punkt ist dabei sicherlich die vorgesehene Wahlkreiseinteilung in Magdeburg. Hierbei hat die Landesregierung einen Vorschlag der Stadt Magdeburg verworfen und ohne Rücksicht auf Stadtteilgrenzen die neuen Wahlkreise nahezu willkürlich zugeschnitten. Dies geht sogar so weit, dass die linke und die rechte Seite einer Straße unterschiedlichen Wahlkreisen angehören sollen. Hierzu hat der Landeswahlleiter im Innenausschuss bereits angedeutet, dass dieses Verfahren rechtlich bedenklich ist.

Der Vorschlag ist aber auch in der Praxis kaum umsetzbar. Man muss sich nur vorstellen, dass in einer Straße von einer Partei unterschiedliche Kandidaten plakatiert werden. Welcher Wähler soll da noch durchblicken? Das Resultat ist: Er geht gar nicht zur Wahl.

Die CDU wird sich deshalb in den Ausschussberatungen dafür einsetzen, dass die Wahlkreisgrenzen bestehende Stadtteilgrenzen berücksichtigen.

Namens der CDU-Fraktion bitte ich um Überweisung in den Innenausschuss.

Herr Rothe, Sie haben vorhin über das britische Mehrheitswahlrecht referiert. Ich möchte daran erinnern, wenn wir dies bereits im Jahr 1990 gehabt hätten, dann hätte in diesem Landtag eine Ein-Mann-Opposition durch Dr. Höppner bestanden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der DVU-FL und bei der FDVP - Herr Dr. Bergner, CDU: Da gäbe es gar keine SPD, da wäre sie schon gestorben!)

Danke sehr. - Die Debatte wird abgeschlossen mit dem Beitrag des Abgeordneten Herrn Wolf. Bitte, Herr Wolf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Etwas Humor tut gut, aber zu viel ist an der Stelle vielleicht nicht angebracht.

Die Vorbemerkungen der Landesregierung für das eingebrachte Änderungsvorhaben klingen schön. Vor allem ist ihnen zu entnehmen, dass sich niemand festlegt und dass unter Zugrundelegung irgendwelcher Inhalte eine politische Zielsetzung verfolgt wird, die zur Aufhebelung der Chancengleichheit für kleinere Parteien führen kann, sogar soll.

Welche Wahlerfahrungen sind denn gemeint, wenn die Landesregierung solche benennt? In welcher Weise soll die Weiterentwicklung des Wahlrechtes vorgenommen werden, wenn doch die Artikel 38 und 29 des Grundgesetzes einen bestimmten Rahmen vorsehen? Geht es der Landesregierung nicht letztlich darum, vordergründig Modernität im Wahlrecht zu bekunden, um für die künftigen Wahlen die Mehrheiten zu sichern, die augenblicklich doch etwas indiskutabel sind?

Niemand hat etwas gegen die Fristverlängerungen, wenn sie darauf ausgerichtet sind, die Interessen des eigentlichen Souveräns zu wahren. Auch hat niemand etwas dagegen einzuwenden, wenn die Technik eingebracht wird, um die Wahlen so bürgerfreundlich wie möglich zu gestalten und nebenbei noch Kosten zu senken.

Der Einsatz von Hardware wie auch Software zeigt aber auch ein Gefahrenpotenzial auf, das letztlich zum Unterlaufen der Wahlgrundsätze führen kann. Insbesondere wäre der Wahlrechtsgrundsatz der geheimen Wahl betroffen, weil heute mit wenig Aufwand die Identifizierung des Wählers hergestellt werden kann.

Die Landesregierung mag sich daher nicht in Gemeinplätzen produzieren, sondern sie sollte auch das Gefahrenpotenzial aufzeigen sowie die Wege und die technischen Möglichkeiten aufführen, die zur Neutralisierung des Gefahrenpotenzials führen, um Missbrauch zu verhindern. Man muss nicht weit in die Vergangenheit zurückgehen, um aufzunehmen, dass bereits Versuche angestellt wurden, das politische Wählerpotenzial nach Parteizugehörigkeit, politischer Neigung und politischer Orientierung zu erfassen.

Dennoch sind grundsätzliche Einwendungen gegen die Fristverlängerung und den Einsatz von Wahlgeräten in diesem Zusammenhang hier nicht vorzutragen.

Kühn ist allerdings das Begehren der Landesregie- rung, eine neue Wahlkreiseinteilung vorzunehmen. Die Landesregierung gaukelt unter der Bezugnahme auf § 10 Abs. 1 Satz 2 des Landeswahlgesetzes vor, dass Handlungsbedarf bestehe, weil Abweichungen von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise bestünden. Die Landesregierung lässt die Katze aus dem Sack, indem sie schließlich ausführt, dass sie nicht gleiche, sondern gleich große Wahlkreise haben wolle. Sie begründet das mit dem Prinzip der Wahlrechtsgleichheit.

Offensichtlich ist der Landesregierung entgangen, was man unter dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit zu verstehen hat. An dieser Stelle sei das noch einmal wie

folgt vermittelt: Gleich ist die Wahl nur, wenn jede Stimme das gleiche Gewicht, den gleichen Zählwert und grundsätzlich den gleichen Erfolgswert hat. Jede Stimme ist also in gleicher Weise bei der Zuteilung von Mandaten zu berücksichtigen.

Insoweit sind je nach Art des Wahlsystems begrenzte Differenzierungen zulässig, die sich aus der unvermeidlichen technischen Unvollkommenheit des Wahlrechts, aber auch aus der Aufgabe der Wahlen ergeben können, gesicherte Mehrheitsverhältnisse zu schaffen und die Bildung einer aktionsfähigen Regierung zu ermög- lichen.

Eine auf Gewinnung von Überhangmandaten abzielende Wahlkreisgeometrie ist verfassungswidrig. Allein wegen der Problematik der Überhangmandate müssen im Rahmen des technisch Möglichen Wahlkreise mit annähernd gleich großen Bevölkerungszahlen gebildet werden, sodass grundsätzlich kein Bundesland oder auf Landesebene kein Regionalbereich infolge der unterdurchschnittlichen Größe seiner Wahlkreise mehr Wahlkreise umfasst, als es seinem Anteil an der Bevölkerung des Gebietes entspricht. Unter diesem Gesichtspunkt besteht nach Auffassung unserer Fraktion kein Handlungsbedarf.

Der Eindruck, dass es der Landesregierung darum geht, geschlossene Mehrheitsverhältnisse aufzuweichen, die Wählerpfründe zu sichern oder zu manipulieren und kleine Parteien nach und nach aus der Chancengleichheit zu verdrängen, ist aber nicht unbegründet.

Die Neueinteilung der Wahlkreise für die Wahl zum vierten Landtag von Sachsen-Anhalt ist ein solches Instrumentarium. Da es unehrlich, unehrenhaft, berechnend, nicht notwendig, anrüchig und verfassungsrechtlich bedenklich ist,

(Widerspruch bei der SPD)

lehnt die Fraktion der FDVP das Vorhaben der Regierung ab. - Danke.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es ist die Überweisung in den Innenausschuss sowie in den Ausschuss für Recht und Verfassung beantragt worden. Wenn Sie sich diesem Antrag anschließen, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei sechs Gegenstimmen und ohne Enthaltung ist die Überweisung erfolgt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 11 abgeschlossen. Im Übrigen muss ich hinzufügen, dass der Innenausschuss federführend berät.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Jagdsteuer im Land Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drs. 3/3570

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Becker. Nach Ihm wird Minister Dr. Püchel für die Landesregierung sprechen. Die weitere Reihenfolge lautet: FDVP, SPD, DVUFL, PDS und CDU. Bitte, Herr Becker, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Die CDU hat im Juli eine Anhörung zu der vorgestellten Problematik durchgeführt und letzte Gewissheit erhalten,

(Herr Dr. Fikentscher, SPD: Letzte Gewissheit?)

dass es an der Zeit ist, die Jagdsteuer abzuschaffen. Deshalb haben wir heute dem Hohen Haus einen Gesetzentwurf vorgelegt.

Unserer Auffassung nach ist die Jagdsteuer ein Relikt aus der Vergangenheit. Gegenüber anderen Freizeitbeschäftigungen ist die Erhebung dieser so genannten Aufwandsteuer heutzutage nicht mehr gerechtfertigt. Es gibt keine Steuer für Angler, für Golfer, für Paraglider oder ähnliche Freizeitbeschäftigungen.

Es kommt ein Weiteres hinzu. Der ohnehin geringe Steuerertrag sollte besser den Jagdpächtern für die Hege und Pflege des Waldes belassen werden. Der Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zu den nur geringen Einnahmen.

Ich sagte schon, die Jagdsteuer ist eine Aufwandsteuer, die nach allgemeiner Definition eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Eigentum und Vermögen erfassen soll. Vor 200 Jahren, als erstmals eine vergleichbare Abgabe erhoben wurde, war die Ausübung des Jagdrechts in der Tat noch ein besonderes Privileg, das der Befriedigung besonderer Lebensfreude galt und diente.

Heute steht dieses Recht nicht ausschließlich besonders vermögenden, privilegierten Schichten zu, sondern wird von allen - ich betone: allen - Bevölkerungsgruppen wahrgenommen. Nach Angaben des Landesjagdverbandes sind die Mehrzahl der Revierpächter in SachsenAnhalt Rentner und Vorruheständler.

Die Jagdsteuer ist aber insbesondere deshalb nicht mehr zeitgemäß, weil sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bild der Jägerschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich gewandelt hat. Die Ausübung des Jagdrechts tritt mehr und mehr hinter der Hege und Pflege der Reviere zurück. Die Revierinhaber investieren viel Zeit und viel Geld in die Erhaltung, Pflege und Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume und dienen damit maßgeblich dem Schutz unserer Umwelt.

Nach einer Erhebung des Landesjagdverbandes wurden allein in Sachsen-Anhalt in den Jahren 1996 und 1997 bei der Neuanlage von Hecken, Feldgehölzen, Feuchtflächen und Gewässern 147 ha neue, wertvolle Biotope geschaffen. 332 500 Gehölzpflanzen wurden gesetzt. Das ist ein riesengroßer Wald, wenn man sie zusammenzählt. Hinzu kamen Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen sowie die Flurreinigungskosten.

Wegen der zahlreichen Aktivitäten zum Erhalt natürlicher Lebensräume und Lebensgrundlagen für die freilebenden Tierarten ist der Jagdverband auch längst ein anerkannter Naturschutzverband gemäß § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes.

Es kommt ein Weiteres hinzu, was vor allem aus der Sicht der Kommunen sehr wichtig ist. Die Jäger bieten, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein, zahlreichen Behörden kostenlose Amtshilfe an. Das betrifft zum Beispiel die Unterstützung der Veterinärämter bei hygienischen Maßnahmen im Rahmen der Bekämpfung von Tollwut oder Schweinepest und bei der flächendeckenden Gesundheitsüberwachung der Schalenwildbestän

de. Ebenso bergen und beseitigen die Jäger freiwillig bei allen Verkehrsunfällen mit Wildbeteiligung die überfahrenen Tiere, gleichgültig ob dies tagsüber oder nachts, an Werktagen oder an Wochenenden geschieht.

Ich stelle die Frage: Wer, meine sehr verehrten Damen und Herren, würde das eigentlich sonst tun?

(Frau Wernicke, CDU: Das stimmt!)

Im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Freizeitaktivitäten, die direkt oder indirekt umweltschädigend wirken können, leisten die Jäger einen unschätzbaren Dienst bei der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. Meine Kollegin Frau Wernicke wird dann noch kurz auf diesen Umstand eingehen.