Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Notwendigkeit der Änderung des Wahlgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt ergibt sich aus zwei Gründen.
Der erste und entscheidende Grund ist der, dass aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in unserem Lande in den zurückliegenden vier Jahren für eine Reihe von Wahlkreisen ein Neuzuschnitt erforderlich geworden ist.
Der zweite Grund lautet, dass das bestehende Wahlrecht weiterentwickelt werden soll durch Änderungen und Ergänzungen bezüglich der Frist für die Einreichung und Prüfung der Wahlvorschläge, durch den nun möglichen Einsatz von elektronischen Stimmenzählgeräten sowie durch eine Neufassung der Vorschriften zur Wahlstatistik.
Lassen Sie mich die Regelungen im Einzelnen vorstellen. Sachsen-Anhalt besitzt derzeit bundesweit die kürzesten Fristen in Bezug auf den Zeitraum von der Einreichung der Beteiligungsanzeige bis zur Entscheidung über die Beschwerdeverhandlung in Bezug auf nicht zugelassene Kreis- oder Landeswahlvorschläge. Insgesamt stehen dafür nach den zurzeit geltenden Regelungen nur 20 Tage zur Verfügung.
Wie die Erfahrungen bei der letzten Landtagswahl zeigten, ist eine solch enge Regelung insbesondere bei der Briefwahl wenig praktikabel, zumal sich die knappen Durchführungsfristen aufgrund der gesetzlichen Feiertage Karfreitag und Ostermontag nochmals verkürzt hatten. Die Ausgabe der Briefwahlunterlagen beschränkte sich somit im ungünstigsten Falle auf nur wenige Tage. Dies ist nicht besonders wählerfreundlich und sollte deshalb geändert werden.
Unser Vorschlag sieht vor, den Stichtag für die Beteiligungsanzeigen vom 40. auf den 61. Tag und die Entscheidung des Landeswahlausschusses über die Beschwerdeverhandlung in Bezug auf nicht zugelassene Kreis- oder Landeswahlvorschläge vom 20. Tag auf den 38. Tag vor dem Wahltag vorzuverlegen. Damit würde es möglich werden, den Wählerinnen und Wählern die Briefwahlunterlagen so frühzeitig zuzustellen, dass ihnen auch ausreichend Zeit bleibt, ihr Wahlrecht durch Briefwahl wahrnehmen zu können. Das wird sich - das hoffe ich jedenfalls - positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken.
Trotz dieser Fristverlängerung würde Sachsen-Anhalt immer noch zu den Ländern mit den kürzesten Fristen in Bezug auf Landtagswahlen gehören. Jedoch ist die jetzt vorgesehene Verlängerung der Frist nach den Erfahrungen der vergangenen Landtagswahlen völlig ausreichend.
Meine Damen und Herren! Die technische Entwicklung beeinflusst auch die praktischen Wahlabläufe. Mit einer entsprechenden Regelung im Landeswahlgesetz würden wir die Voraussetzungen dafür schaffen, künftig elektronische Stimmenzählgeräte bei der Stimmabgabe anstelle der herkömmlichen Urnenwahl einsetzen zu können.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Zum einen können die Stimmen im Wahllokal innerhalb weitaus kürzerer Zeit als bei der Urnenwahl ausgezählt werden. Der Aufwand im Wahllokal reduziert sich damit erheblich, die Zeit bis zur Feststellung des Wahlergebnisses in den einzelnen Wahlkreisen und für das Land insgesamt wird sich dadurch verkürzen. Insbesondere die zu wählenden Kandidatinnen und Kandidaten wird es freuen, noch eher zu erfahren, ob sie den Einzug in das Parlament geschafft haben oder nicht.
Zum anderen kann der Druck von Stimmzetteln deutlich reduziert werden, was zu Kosteneinsparungen in Bezug auf den Druck und die Verteilung der Stimmzettel führen wird. Diese Einsparpotenziale lassen sich noch erhöhen, da die Geräte bei Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie bei einem Volksentscheid einsetzbar sind.
Mittelfristig könnte auch die Anzahl der Personen für einen Wahlvorstand von bisher sieben auf ca. vier bis fünf Personen reduziert werden, was ebenfalls Kosten sparend wirkt.
Meine Damen und Herren! Mit der Neuregelung der Bestimmungen zur Wahlstatistik wird keine neue Landesstatistik angeordnet. Es geht uns hierbei lediglich
darum, insbesondere die Bestimmungen über die Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik, die Aussa- gen über die Wahlbeteiligung und über die Stimmabgabe nach Alter und Geschlecht erlaubt, an die materiellen Anforderungen des Landesstatistikgesetzes anzupassen.
Die verfahrensrechtlichen Vorgaben zur Wahrung des Wahlgeheimnisses bei der Durchführung der Statistik sollen künftig in der Landeswahlordnung festgeschrieben werden. Sachsen-Anhalt trifft damit eine ähnliche Regelung wie der Bundesgesetzgeber im Gesetz über die allgemeine und repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag bzw. zum Euro- päischen Parlament.
Meine Damen und Herren! Ich komme nun zum entscheidenden Grund der Änderung des Landeswahlgesetzes. Die Anlage zum Landeswahlgesetz enthält die Wahlkreiseinteilung für die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt. Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht eine Reihe von Änderungen in Bezug auf die Einteilung der 49 Wahlkreise vor.
Die Notwendigkeit der Änderungen ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Satz 2 des Wahlgesetzes des Landes SachsenAnhalt. Danach darf die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise um nicht mehr als 20 % abweichen. Diese Regelung dient damit dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Prinzip der Wahlrechtsgleichheit durch das Erreichen möglichst gleich großer Wahlkreise.
Nun komme ich zu dem, was Sie besonders betrifft und was in den letzten Monaten von den Medien bereits aufgegriffen wurde, und zwar die konkrete Änderung der Wahlkreiszuschnitte.
Ihnen liegt der Bericht der Landesregierung über die Veränderung der Einwohnerzahlen in den Wahlkreisen des Landes Sachsen-Anhalt mit Änderungsvorschlägen zur Neueinteilung der Wahlkreise vor. Die durchschnittliche Bevölkerungszahl eines Wahlkreises hat sich von 55 034 am 31. Dezember 1995 auf 53 308 am 30. September 1999 verringert.
Die oben genannte Toleranzgrenze von 20 % wird gegenwärtig von zehn bestehenden Wahlkreisen über- bzw. unterschritten. Eine Neueinteilung der Wahlkreise für die Wahl zum vierten Landtag von Sachsen-Anhalt ist damit unausweichlich.
Mit Blick auf die voraussichtliche Bevölkerungsentwicklung werden außerdem Neueinteilungen für sieben weitere Wahlkreise vorgeschlagen. Hinzu kommen Änderungsvorschläge zur Überwindung der Teilung von Verwaltungsgemeinschaften in verschiedene Wahlkreise. Letzteres soll die Organisation und die Durchführung der Wahlen erleichtern und den Verwaltungsaufwand ver- ringern.
Meine Damen und Herren! Die Vorbereitungsarbeiten zur Landtagswahl 2002 werden bald beginnen. Gemäß § 19 Abs. 2 des Landeswahlgesetzes können ab dem 32. Monat nach Beginn der Wahlperiode die Bewerber für einen Kreiswahlvorschlag aufgestellt werden. Diese Frist ist schon Ende Januar 2001 erreicht.
Um das gesamte Verfahren nicht zu behindern, ist also eine rechtzeitige Verabschiedung der vorgeschlagenen Änderungen des Landeswahlgesetzes erforderlich. Ich
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet Änderungen des Landeswahlgesetzes im Hinblick auf folgende Schwerpunkte:
Zum ersten Schwerpunkt, der neuen Wahlkreiseinteilung. Die Grundlage ist der Bericht der Landesregierung über die Veränderung der Einwohnerzahlen in den Wahlkreisen gemäß § 10 des Wahlgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt mit den dort enthaltenen Vorschlägen zur Veränderung der Wahlkreisgrenzen für die kommende Landtagswahl im Jahre 2002 - nachzulesen im Wahlkreisbericht 2000, Drs. 3/3215. Die Zuständigkeit des Landtages für die Festlegung der Wahlkreisgrenzen ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Satz 3 des Landeswahl- gesetzes.
Erstens. Die Bevölkerungszahl der Wahlkreise darf von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise nicht um mehr als 20 % nach oben oder nach unten abweichen.
Zweitens. Werden durch die Änderung von Gemeindegrenzen die Grenzen von Wahlkreisen berührt, so bewirkt diese Änderung unmittelbar auch die Änderung der Wahlkreisgrenzen, wenn nicht mehr als fünf Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner den Wahlkreis wechseln.
Drittens. Eine aus Gebietsteilen mehrerer Wahlkreise neu gebildete Gemeinde ist Bestandteil des Wahlkreises mit der geringeren Einwohnerzahl.
Viertens. Gebietsänderungen, die nach Ablauf des dritten Jahres der Wahlperiode eintreten, wirken sich auf die Wahlkreiseinteilung erst in der nächsten Wahlperiode aus.
Fünftens. Im Interesse eine erhöhten Effizienz der Wahlorganisation ist anzustreben, dass alle Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft nur einem Wahlkreis angehören.
Infolge der zahlenmäßig rückläufigen Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt ist eine Neueinteilung der Wahlkreise für die vierte Landtagswahl unausweichlich.
Nun muss man darüber reden, worin die Ursachen dafür liegen, dass Bürgerinnen und Bürger Sachsen-Anhalt verlassen. Es muss nach den Ursachen und den Gründen gesucht werden. Es muss darüber geredet werden, wie das verändert werden kann, wie es uns gelingt - da ist die Politik gefragt -, mehr Menschen in das Land zu holen.
Das kann allerdings nicht heute und nicht bei der Debatte über diesen Gesetzentwurf geschehen. Wir haben uns heute mit den Tatsachen zu beschäftigen. Diese führen zu dieser Gesetzesänderung. Wir sollten dieses Problem aber nicht aus den Augen verlieren.
Zu den Fristenverlängerungen. Auf der Grundlage der bisherigen Regelungen des Landeswahlgesetzes beträgt die Frist von der Einreichung der Beteiligungsanzeige bis zur Entscheidung des Landeswahlausschusses über die Beschwerdeverhandlung über nicht zugelassene Wahlvorschläge 20 Tage. Damit gehört Sachsen-Anhalt zu den Ländern mit den kürzesten Fristen. Einer Fristverlängerung kann zugestimmt werden, auch wenn im Ländervergleich der Zeitraum noch immer relativ kurz ist.
Zu bedenken wäre die in § 57 neu fixierte Regelung hinsichtlich der Behandlung gesetzlicher Fristen und Termine als Ausschlussfristen. Das würde bedeuten, dass grundsätzlich keine Verlängerung oder Nachsicht bei Fristüberschreitung durch Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand möglich ist.
Zum Einsatz von elektronischen Stimmenzählgeräten. Diese Veränderung beinhaltet die notwendige Ausgestaltung von Regularien und damit eine Novellierung des Landeswahlgesetzes, die es ermöglicht, die Stimmabgabe elektronisch zu steuern und zu speichern. Die Vorteile liegen in der Reduzierung des zeitlichen Rahmens für die Stimmenauszählung, in der Durchführung einer Wahlstatistik, in der Einsparung von Stimmzetteln und in der Einsparung bei der personellen Besetzung des Wahlvorstandes.
Zur Durchführung einer Wahlstatistik. Damit erfolgt eine Anpassung an die materiellen Anforderungen des Landesstatistikgesetzes, die besagen, dass Landesstatistiken grundsätzlich einer Anordnung durch Gesetz bedürfen. Ferner werden verfahrensrechtliche Vorgaben zur Gewährleistung des Wahlgeheimnisses getroffen.
Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion stimmt der Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs in den Innenausschuss zu. Es bedarf sicherlich noch Diskussionen im Ausschuss über die genannten Grundsätze der Wahlkreisneuaufteilung, wobei bereits an dieser Stelle auf ein Problem hingewiesen werden soll.
Die Verwaltungsgemeinschaft Droyßiger-Zeitzer Forst soll als einzige weiter aus zwei Wahlkreisen bestehen, obwohl beide Wahlkreise nicht die vorgeschriebene Toleranzgrenze erreichen. Damit sehen wir den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Darüber sollte im Ausschuss eindeutig geredet werden.
Allerdings ist eine Vielzahl der beabsichtigten Änderungen unausweichlich, auch aufgrund der bei den bisherigen Wahlen gemachten Erfahrungen. - Ich danke.