Vielen Dank. - Ich rufe dann zur Debatte der Fraktionen auf. Sie wird eröffnet für die FDVP-Fraktion durch den Abgeordneten Herrn Mokry. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag für eine Unterstützung des Spezialwerkes der Deutschen Bahn AG in Halberstadt findet die Zustimmung der Fraktion der FDVP. Wir können nicht einfach hinnehmen, dass Schritt für Schritt in den Restbeständen industrieller Kerne die Lichter ausgehen und die Zahl der Arbeitslosen sich weiter erhöht.
Meine Damen und Herren! Wir sollten allerdings nicht verkennen, dass die Verkehrspolitik der Bundesregierung diese verhängnisvollen Vorgänge begünstigt und beschleunigt. Solange die Deutsche Bahn AG auch durch die Ökosteuer benachteiligt wird und Streckenstillegungen voranschreiten, werden folgerichtig dem Fahrzeugbau die Standbeine gekürzt oder sogar entzogen. Richtige Prioritäten in der Verkehrspolitik zu setzen und dabei die einzelnen Verkehrsträger nicht auf Kosten anderer zu schwächen bedeutet auch die langfristige Zukunftssicherung anderer Bereiche.
Wenn die Deutsche Bahn AG künftig auch Wert auf geringste Laufleistung und Phantomstillstand neuer Wagen analog dem gepanzerten Dienst-Mercedes unseres
bescheidenen Ministerpräsidenten Herrn Dr. Höppner legt, dürfte insgesamt einem Aufschwung der Fahrzeugbranche nichts mehr im Wege stehen.
Wir wissen, wie schwierig die Situation der Bahnindustrie seit Jahren ist. Die zurückgestellten Aufträge der Deutschen Bahn als entscheidender Großkunde der Schienentechnikhersteller verschärfen diese Entwicklung. Weitere Konzentrationsprozesse deuten sich an, die mit dem Personalabbau einhergehen. Zurückzuführen ist das auf einen anhaltenden Investitionsstau für neue Bahnfahrzeuge. Überkapazitäten, Preisverfall und Stellenabbau kennzeichnen die deutsche Bahnindustrie. Der Präsident des Verbandes der Bahnindustrie, Peter Witt, stellte fest, dass von den gegenwärtig rund 33 000 Beschäftigten in den kommenden Jahren weitere 4 500 Stellen zur Diskussion stehen.
Vielleicht wird sich der Bundeskanzler bei der nächsten Ostvisite nicht nur auf der „Fröhlichen Dörte“ auf Saale und Unstrut einschiffen, sondern die Gelegenheit beim Schopfe packen, den teils veralteten und verrotteten Wagenpark der Deutschen Bahn AG zu benutzen, damit diese Bahn nicht länger das Stiefkind des Autokanzlers bleibt. Das wäre dem Fahrzeugbau und auch SachsenAnhalt mehr als dienlich. - Ich bedanke mich.
Schönen Dank. - Bevor ich den nächsten Debattenredner aufrufe, darf ich Gäste vom PDS-Seniorenregionalverband Halberstadt unter uns begrüßen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Situation und die Entwicklung bzw. die Nichtentwicklung im Werk Halberstadt ist uns seit längerem bekannt. Neu ist, was Herr Dr. Eckert vorgetragen hat, das absolute Desinteresse der DB AG.
Bisher hatte ich es so verstanden, dass auch die DB AG an einem geordneten Prozess der Weiterführung interessiert ist. Nicht umsonst sind die Verkaufsdinge immer im Gespräch gewesen. In dieser Verkaufsabsicht und in einer konzeptionellen Unterlegung - sonst bekommt man ja keinen Käufer - haben wir auch immer die Chance für dieses Werk gesehen. Daher sind wir auch etwas irritiert, dass wir jetzt in der Öffentlichkeit so darüber sprechen. Der Minister hatte angedeutet, dass man wirtschaftliche Dinge nicht unbedingt im öffentlichen Plenum bespricht.
Das hatten Sie anscheinend im Juni auch so gesehen, denn Ihr Antrag datiert auf den Juni dieses Jahres. Es ist mir bis jetzt verschlossen gewesen, was Sie dazu bewegt hat, uns den Antrag doch noch hier vorzutragen.
(Frau Dr. Sitte, PDS: Das ist relativ einfach! Wenn Sie über Ammendorf reden, müssen Sie auch über Halberstadt reden! - Herr Dr. Bergner, CDU: Das ist wahr! - Herr Dr. Daehre, CDU: Ja!)
- Nun gut, es gibt aus meiner Sicht eine Gemeinsamkeit, nämlich die Arbeitsmarktsituation. Sicher kann man die Standorte so vergleichen, aber hier geht es um an
gestrebte Verkaufsverhandlungen. Wie gesagt, wer kauft schon gern ein Unternehmen, das in der öffentlichen Diskussion steht?
Das ist zumindest ein Gedankenansatz, den ich immer verinnerlicht hatte. Wir haben das, wie gesagt, von der Unternehmensleitung und inzwischen auch vom Betriebsrat ebenfalls zur Kenntnis bekommen. Unsere Kollegin Leppinger und auch ich sind vor einiger Zeit im Werk vorstellig geworden. Wir haben uns dort kun- dig gemacht. Es war unser Empfinden, dass dies vor Ort so gesehen wird. Ich habe das entsprechend hier vorgetragen.
Meine Damen und Herren! Wenn ich das jetzt angedeutet habe, wollte ich Ihnen in gewisser Weise auch ein Geständnis machen; denn wir als SPD-Fraktion wissen nicht so recht, wie wir mit dem Antrag umgehen sollen. Die PDS-Fraktion hat zwar eine Zielrichtung und auch Forderungen an die Landesregierung erhoben, aber spätestens nach dem Vortrag von Verkehrsminister Dr. Heyer ist zu erkennen, dass sich die Landesregierung in der Vergangenheit durchaus aktiv und kontinuierlich für den weiteren Bestand des Unternehmens eingesetzt hat. Das wird sie auch weiterhin tun.
Es gibt gar keinen Grund, Misstrauen zu hegen. Das sollte vielleicht an dieser Stelle noch einmal zum Ausdruck gebracht werden.
Ich überlege auch, wie oft wir annähernd gleiche Anträge für Halberstadt einbringen wollen; denn seit dem Jahr 1998 befinden wir uns in einem kontinuierlichen Prozess, gerade auch in Bezug auf den Standort Halberstadt. Es besteht aus unserer Sicht momentan kein direkter politischer Handlungsbedarf. Jedoch ist das Desinteresse der DB AG neu für uns.
Wir wollen zur Glaubwürdigkeit der Politik in diesem Land beitragen und sie nicht zerreden lassen. Wir wollen ebenfalls mittelfristige und hauptsächlich langfristige Lösungen; denn wir sind uns darüber im Klaren, dass der Standort Halberstadt für die Stadt, für den Harz und für unser Land ein ganz wichtiger Wirtschaftsstandort ist.
Wir möchten bewusst auch an die Akteure vor Ort appellieren. Ich erlaube mir das als Dessauer, der im Jahr 1994 ebenfalls eine solche Situation gemeinsam mit der Landesregierung, gemeinsam mit der Stadt, gemeinsam mit dem Unternehmen zu bewältigen hatte. Zur damaligen Zeit standen rund 900 Personen auf der Straße. Ich spreche von der Fahrzeugtechnik Dessau, die damals total zusammengebrochen war. Es gibt dieses positive Beispiel dafür, dass man mit dem gebündelten Engagement aller Akteure einiges erreichen kann.
Die Landesregierung hat nach meiner Auffassung jederzeit ihre Bereitschaft dazu gezeigt. Leider liegen zumindest uns bis jetzt keine entsprechenden Konzepte von der Deutschen Bahn vor, sodass wir zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht konkret sagen können, wie wir uns einbringen können.
Wir begrüßen es, wenn wir im Ausschuss im Detail über konkrete Handlungsmöglichkeiten sprechen können, und sind ebenfalls für die Überweisung dieses Antrages in den Ausschuss.
Kollege Sachse, ich müsste einen kleinen Punkt in Ihren Ausführungen ergänzen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie die neue Situation, die seit dem 20. Juli 2000 durch die Antwort von Herrn Mehdorn an den Vorsitzenden des Betriebsrates vom Fahrzeugbau Halberstadt Herrn Breunel besteht, kennen. Dort sagt er - ich zitiere -:
„Die Produkte der Spezialwerke sind am Markt zu kaufen. Es gibt keine Notwendigkeit und keinen wirtschaftlichen Vorteil, diese Werke in der Regie der DB AG zu betreiben. Sie stehen deshalb zum Verkauf an.“
Das ist eine konträre Entscheidung zu dem Vorstandsbeschluss, den die DB AG unter dem vorhergehenden Vorstandsvorsitzenden gefasst hatte.
Ich will nur betonen, dass das eine neue Situation ist, und ich möchte Sie fragen, ob Ihnen diese neue Situation zum Werk Halberstadt, also der Verkauf, bekannt ist. Seit 1997 hieß es: Dieses Werk bleibt mit einer neuen Struktur im Konzern erhalten.
Herr Kollege Kasten, diese konkrete Situation und das Schreiben, das Sie hier angeführt haben, sind mir so nicht bekannt. Ich kenne aber die Tendenz, Verkaufsverhandlungen anzugehen, aus Gesprächen, die ich gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Leppinger im Werk geführt habe. Ich erinnere daran, dass wir uns seit Juni dort bemühen. Sie selbst haben Gespräche geführt bzw. auch die CDU-Fraktion - sie wird nachher noch darauf eingehen -
hat einen Termin eingeräumt bekommen. Es gibt auch im Ausschuss einen Antrag, sich in Selbstbefassung diesem Problem zuzuwenden. Wir werden sicher im Zusammenhang mit der Überweisung Ihres Antrages auch die anderen Aspekte mit berücksichtigen.
Entschuldigung, Herr Sachse, die Frau Abgeordnete Leppinger hat sich zu einer weiteren Frage gemeldet.
Herr Sachse, Sie haben eben schon erwähnt, dass wir gemeinsam den Fahrzeugbau besucht haben. Es haben außerdem viele Gesprächsrunden auf unterschiedlichen Ebenen stattgefunden. Herr Dr. Eckert war auch Teilnehmer dieser Gesprächsrunden. Es war immer ganz deutlich erkennbar, dass sich Minister Heyer mit ganzer Kraft für den Fahrzeugbau einsetzt.
Meine Frage: Können Sie daher verstehen, dass ich gerade bei diesem sensiblen Thema das Empfinden habe, dass Herr Eckert dieses Podium nutzt, einen politischen Schaukampf gegen den Bundeskanzler zu veranstalten?
Den Hintergrund Ihrer Frage kann ich durchaus verstehen. Ich habe vorhin auch meine Verwunderung zur Antragseinreichung zum Ausdruck gebracht. Ich habe auch zum Ausdruck gebracht, dass es anerkennenswert ist, wie die Landesregierung gerade diesen Standort neben den anderen Standorten in unserem Land in der Vergangenheit begleitet hat und wie man versucht hat, hier zu Lösungen zu kommen.
Noch eine Frage? - Sie haben Gelegenheit, noch einmal zu fragen, Herr Dr. Eckert, aber bitte eine kurze Frage.