Protocol of the Session on June 23, 2000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde die Chance nutzen, mich kurz zu fassen, da wir bereits gestern einigen Zeitverzug hatten.

Der Landtag hat den zeitweiligen Ausschuß eingesetzt und beschlossen, halbjährlich einen Bericht im Plenum zu hören. Wir haben uns in den ersten sechs Sitzungen im ersten Halbjahr vornehmlich mit den grundlegenden Aussagen des Leitbildes befaßt. Dazu wurde eine ganze Reihe von Anhörungen im Ausschuß durchgeführt. Wir haben uns in einzelnen Details abweichend von dem Arbeitsplan mit der Umstrukturierung der Umweltverwaltung befaßt. Diese Befassung wird aber auch im Herbst fortgesetzt.

Herr Präsident! Da alles andere in der Unterrichtung nachzulesen ist, werde ich meinen Bericht beenden und es mir ersparen, das, was Sie auch lesen können, mündlich vorzutragen.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Budde. - Eine Debatte war zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vorgesehen. Ich frage aber, ob es Wortmeldungen gibt. - Das ist nicht der Fall.

Es wird beantragt, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Es war bisher üblich, daß auch die Kenntnisnahme durch Handzeichen angezeigt wird. Ich frage sicherheitshalber: Wer hat diesen Bericht zur Kenntnis genommen? - Möchte jemand signalisieren, daß er den Bericht nicht zur Kenntnis genommen hat?

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? - Die gibt es auch nicht. Wir haben den Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 18 abgeschlossen.

(Frau Budde, SPD: Ich bedanke mich, Herr Prä- sident!)

Ich rufe jetzt wie vereinbart Tagesordnungspunkt 37 auf:

Beratung

Erledigte Petitionen

Beschlußempfehlung des Ausschusses für Petitionen Drs. 3/3298

Bevor ich Frau Knöfler bitte, Bericht zu erstatten, darf ich zunächst Damen und Herren von der Kreisvolkshochschule Haldensleben als Gäste in diesem Hause begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Bitte schön, Frau Knöfler, Sie haben das Wort zur Berichterstattung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde die Halbjahresberichterstattung in der gebotenen Kürze vortragen.

Ihnen liegt die Drucksache vor. Sie wurde im Ausschuß einstimmig beschlossen. Wir dürfen Sie bitten, dieser Beschlußempfehlung zuzustimmen.

Vielleicht sollten die einzelnen Fraktionen noch einmal intensiver nachschauen, wo sind die Schwerpunkte, zu welchen Themenkreisen sind die meisten Petitionen eingegangen, wo gibt es Sorgen, Nöte und Ängste der Petenten.

Wir wissen, daß wir nicht alle Petitionen im Sinne des Petenten erledigen können. Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Aber das würde zeigen, daß die Verwaltungen nicht gut arbeiten.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die intensiv im Ausschuß mitarbeiten, die Abgeordneten und die Damen und Herren vom Ausschußsekretariat. Ich darf mich

ebenfalls bei den Behörden bedanken, die eine gute Zuarbeit leisten.

Ich wünsche uns allen einen angenehmen Tag. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der PDS und von Herrn Dr. Fikentscher, SPD - Herr Dr. Bergner, CDU: So ein freundlicher Redebeitrag!)

Vielen Dank, Frau Knöfler. Das ist zwar ein wenig übliches Ende für eine Berichterstattung, aber gut gemeint war es auf alle Fälle.

Eine Debatte ist nicht vorgesehen. Gibt es trotzdem Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir über die Empfehlung des Ausschusses für Petitionen in der Drs. 3/3298 ab. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Dieser Beschlußempfehlung ist einstimmig zugestimmt worden, und die Beratung zum Tagesordnungspunkt 37 ist abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung

a) Die Osterweiterung der EU - Frieden sichern und Chancen nutzen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/3245

b) EU-Reform für weniger Bürokratie und mehr Entscheidungsrechte der Länder und Kommunen

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/3270

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/3323

Zu diesen beiden Anträgen ist eine verbundene Debatte vereinbart worden. Ich bitte um die Einbringung des Antrages der SPD-Fraktion. Dazu spricht der Abgeordnete Herr Tögel. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eher zufällig war das zeitliche Zusammentreffen des Besuches des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten in der letzten Woche in Brüssel mit den heute auf der Tagesordnung stehenden Anträgen. Ich denke aber, der Besuch des Ausschusses und die vielen Gespräche, die wir in Brüssel geführt haben, sowie die Eindrücke, die vor allem die Mitglieder des Ausschusses gewonnen haben, die nicht so häufig die Gelegenheit haben, in Brüssel zu sein, waren so gestaltet, daß sie für diese Debatte sehr gut gepaßt haben und auch einige Argumente für diese Diskussion liefern.

Ich will kurz den Antrag der SPD-Fraktion in seinen einzelnen Punkten erläutern.

Punkt 1 bezieht sich auf die Osterweiterung. Das ist der zentrale Punkt in diesem Antrag. Es ist ein historisches Unterfangen, das sich die Europäische Union vorgenommen hat. Die Erweiterung der Europäischen Union um die osteuropäischen Staaten und unter Umständen um Malta, die Türkei und Zypern ist ein Unterfangen, das es in der Weltgeschichte in dieser Dimension noch nicht gegeben hat.

Die Übertragung europäischen Rechts auf neue Mitgliedsstaaten ist ein staatsrechtlich komplizierter Vor

gang. Er hat bereits eine ganze Zeit gedauert und wird auch noch seine Zeit brauchen. Nach dem Wegfall alter Feindbilder und nach der neuen europäischen Friedensordnung ist es dringend notwendig, die Osterweiterung herbeizuführen. Nach dem Wegfall der Mauer in der Mitte Europas ist dies sozusagen der historisch notwendige zweite Schritt.

Daß diese Erweiterung für die Friedenssicherung dringend notwendig ist, zeigen die Ereignisse in Ex-Jugoslawien, die in der Mitte Europas ein schlechtes Beispiel für die Nachwendeordnung in Europa sind.

Es geht allerdings nicht nur um die Sicherung des Friedens und die Stabilität und Sicherheit in Europa, sondern es geht auch um die Nutzung wirtschaftlicher Chancen im Rahmen des Erweiterungsprozesses. In diesem Zusammenhang gibt es natürlich nicht nur Hoffnungen, sondern auch Ängste und Vorbehalte bei den Menschen. Diese müssen durch Aufklärung und Sachargumente ausgeräumt werden.

Wir haben im Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten in der letzten Zeit versucht, uns aufklärerisch mit diesem Thema zu befassen. Der Antrag dient dazu, daß wir dies in Zukunft weiterführen, aber nicht nur im Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten, sondern auch im Landwirtschaftsausschuß, im Ausschuß für Recht und Verfassung und im Innenausschuß. Dies ist unter Punkt 4 dargelegt. Die Landesregierung soll regelmäßig berichten, was sie im Wirtschaftsausschuß bereits tut. Wir verbinden damit die Hoffnung, daß das, was im Wirtschaftsausschuß bereits geschieht, auch in anderen Ausschüssen auf Interesse stößt.

Der zweite Punkt in unserem Antrag gilt den Unterstützungen, die das Land im Rahmen der Osterweiterung geben kann. Hierfür gibt es ganz konkrete Projekte. Auch darüber sind wir in Brüssel informiert worden. Es gibt die sogenannten Twinning-Programme, in deren Rahmen Beamte und Mitarbeiter aus den Verwaltungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Zusammenhang mit den Beitrittskandidaten Weiterbildungs-, Fortbildungs- und Austauschprogramme machen. Sachsen-Anhalt ist in dieser Hinsicht vor allem in Tschechien und Litauen bereits seit einiger Zeit aktiv.

Am Montag dieser Woche hat der Ministerpräsident in Brüssel an einer Konferenz Sachsen-Anhalts mit der GTZ - das ist die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit - teilgenommen, die sich speziell mit der Übertragung der Erfahrungen, die wir in Sachsen-Anhalt gesammelt haben, auf die osteuropäischen Länder beschäftigt hat. Dort war zum Beispiel auch die bulgarische Botschafterin bei der Europäischen Union anwesend, so daß die traditionellen Verbindungen, die Sachsen-Anhalt nach der Wende wieder nach Bulgarien aufgenommen hat, zum Ausdruck kamen.

Unter Punkt 3 wird noch einmal auf die besondere Bedeutung hingewiesen, die regionale und kommunale Verwaltungen für den Aufbau einer demokratischen Struktur haben. Der Ausschuß der Regionen in Brüssel unterstützt dieses zum Beispiel aktiv, indem er polnischen Kommunal- und Regionalpolitikern die Möglichkeit gibt, einen Beobachterstatus im Ausschuß der Regionen einzunehmen.

Teilweise waren die polnischen Politiker, die auch im Ausschuß der Regionen mitarbeiten, in diesem Jahr in Sachsen-Anhalt zu Besuch. Es gab den Besuch einer polnischen Delegation von Woiwoden, mit denen die

Innen- und Wirtschaftsausschußmitglieder sprechen konnten. Es gibt eine Menge an Erfahrungen im Aufbau von regionalen Strukturen, die wir weitergeben können.

Punkt 4 habe ich schon erwähnt.

Punkt 5 bezieht sich auf die Regierungskonferenz. Da ist noch eine Menge zu regeln, was in den letzten Jahren nicht gemacht worden ist. Das heißt, die Europäische Union muß selbst erst einmal erweiterungsfähig werden. Es geht zum Beispiel um die Frage von Mehrheitsentscheidungen oder um die Zahl der Kommissare oder der Mitglieder im Europäischen Parlament und viele andere Fragen mehr, die natürlich geklärt werden müssen, damit die Europäische Union, die einmal mit fünf Mitgliedern begonnen hat und derzeit 16 Mitglieder umfaßt, im Endstadium mit 27 Mitgliedern handlungsfähig ist.

Der sechste Punkt bezieht sich speziell auf die Möglichkeiten, die der Landtag hat, um diesen Prozeß zu unterstützen. Seit einiger Zeit versuche ich, den Prozeß der internationalen Kontakte des Landtages zu befördern; denn gerade in bezug auf Osteuropa ist es notwendig, daß die wirtschaftlichen Kontakte auf politischer Ebene begleitet werden. Die politischen Rahmenbedingungen und die gesetzgeberischen Kompetenzen, die in den von uns angestrebten Kontakten zu einzelnen Regionen vorhanden sind, sollten durchaus genutzt werden, um die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß es interessant wird für die Wirtschaft, in Osteuropa zu investieren.